Mit gerade mal 22 Jahren steht Sean an einem Scheidepunkt. Aufgewachsen im von der Wirtschaftskrise erschütterten Belfast, inmitten von Arbeitslosigkeit, Tristesse und den schwelenden Nachwirkungen der Nordirland-Konflikte, scheint sein Traum, Schriftsteller zu werden, vollkommen unerreichbar. Stattdessen hängt er fest in einem Teufelskreis aus Partys und Drogen - bis er im Rausch einen jungen Mann niederschlägt und vor Gericht landet. Erst jetzt findet er die Kraft, sein Leben neu zu sortieren. Wie konnte er zu dem Menschen werden, der er ist, der ihm aber doch so fremd ist? Eine offenherzige, gleichermaßen raue wie zarte Selbsterkundung, zutiefst berührend in ihrer Verletzlichkeit.
Sean wächst in Twinbrooks auf, einem sozialen Brennpunkt. Die Auswirkungen der Troubles sind hier noch deutlich zu spüren. Dennoch schafft Sean es, studieren zu gehen und einen Abschluss zu machen. Bei ...
Sean wächst in Twinbrooks auf, einem sozialen Brennpunkt. Die Auswirkungen der Troubles sind hier noch deutlich zu spüren. Dennoch schafft Sean es, studieren zu gehen und einen Abschluss zu machen. Bei seiner Rückkehr in die Heimat gerät er aber schnell in ein Umfeld, dass ihn dahingehend kaum unterstützt. Schließlich beginnt er eine Schlägerei, für die er zu Sozialstunden verurteilt wird und sein Leben nimmt eine Wendung.
Ich habe schon bei der Leseprobe gemerkt, dass dieser Roman genau mein Ding ist und ich habe mich nicht getäuscht. Man spürt Seans Zerrissenheit zwischen den Zeilen, wie sehr er mit sich im unreinen ist. Einfach toll geschrieben! Immer wieder musste ich die Troubles und auch Belfast googeln und es ist einfach alles so stimmig und passend, als würde Sean für die Stadt Belfast stehen, die so hin und her gerissen ist zwischen modern und abgeranzt. Ein wahres Highlight.
Der 22-jährige Sean hat sich schon einmal aufgemacht, um sich von den Traumata seiner Familie, den Nordirlandkonflikt erlebt zu haben, zu lösen. Er hat Literaturwissenschaften studiert. Doch jetzt ist ...
Der 22-jährige Sean hat sich schon einmal aufgemacht, um sich von den Traumata seiner Familie, den Nordirlandkonflikt erlebt zu haben, zu lösen. Er hat Literaturwissenschaften studiert. Doch jetzt ist er wieder zurück in seinem alten zuhause. Mit dem, was er vorzuweisen hat, eine passende Arbeit zu finden, war aussichtslos und nun hält er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, verbringt seine Zeit mit Alkoholkonsum und Drogen, um der Perspektivlosigkeit und der inneren . Machtlosigkeit, sein Leben zu gestalten, kurzzeitig zu entkommen. Dann, eines Nachts, verprügelt er auf einer Party, berauscht, einen Mann. Der Schock über das, was er getan hat, ist groß. Das Gefängnis bleibt ihm zum Glück noch einmal erspart. Stattdessen hat er Sozialstunden abzuleisten. Und er beschließt, es noch einmal zu versuchen, sich selbst aus dem Sumpf herauszuziehen und eine Chance zu suchen, wo doch eigentlich keine ist.
Dieses Buch nimmt einen mit, mitten hinein in diese so bittere reale Welt dieser Zeit danach. Der Krieg ist beendet, doch gut ist nichts. Die Menschen haben schwere Traumata erlitten, dafür steht Seans Mutter, die so unaussprechlich schlimme Dinge erlebt hat während des Nordirlandkonflikts. Und unweigerlich mit im Boot sind die Kinder, die nun erwachsen, leben sollen, als wäre dies alles nie geschehen. Wir begleiten diesen jungen Mann, fühlen die Hoffnungslosigkeit, die Verzweiflung und dann doch wieder ein Gefühl von Perspektive, das Kraft gibt und sie erneut zurückbringt, die Hoffnung auf ein wirkliches Leben.
Mit viel Authentizität kommt diese Geschichte daher und sie berührt. Schaut hinein in dieses Buch, es ist es wert, gelesen zu werden.
Sean ist Anfang 20, wohnt in Belfast, hat in Liverpool sein Studium der englischen Literatur abgeschlossen und lebt, zurück in seiner Heimatstadt, von prekären Jobs in der Gastronomie. Sean hat aber auch ...
Sean ist Anfang 20, wohnt in Belfast, hat in Liverpool sein Studium der englischen Literatur abgeschlossen und lebt, zurück in seiner Heimatstadt, von prekären Jobs in der Gastronomie. Sean hat aber auch einen anderen jungen Mann kürzlich bei einer Auseinandersetzung körperlich angegriffen und verletzt, woraus Sozialstunden resultieren, welche er in einer Art Gartenbaubetrieb ableisten muss.
Sean kommt aus eher ärmlicheren Verhältnissen mit mehreren Geschwistern in einem Patchworkverbund. Seans Mutter hat die Ausschreitungen und Anschläge des Nordirlandkonflikts noch voll miterlebt und war teilweise auch in derartige Aktionen involviert.
Sean hat sich eigentlich mit seinem Uniabschluss ein Stück Freiheit und gewisse Optionen erarbeitet, kann diese aber nicht stringent umsetzen und wird immer wieder, wie magnetisch, in die ihn umgebende Welt aus Drogen/Sucht, Armut, Gewalt, Mißbrauch, Betrug sowie Arbeits - und Wohnungslosigkeit hineingezogen.
Die meisten Personen, welche man im Roman kennen lernt, sind durch die destruktiven Umstände, traumatisiert und orientierungslos. Die (katholische) Kirche kann den Betroffenen scheinbar auch keinen Halt bieten, sondern verschärft oft Situationen aus Sicht des Protagonisten noch (MIíßbrauch in katholischen Heimen, Korruption...). Es gibt in diesem Chaos demnach nur wenige Figuren, bei denen Sean Halt finden kann. Dazu gehört Mairéad, seine Freundin aus Kindertagen. Obwohl die Verbindung zunächst unverbindlicher Natur zu sein scheint, ist sie in ihrem Wesen wie sich zeigt, sehr stabil, gegenseitig und verlässlich.
Immer wieder scheint Sean sich aus trostlosen Situationen aufzurappeln und einen guten Neuanfang zu machen, der ihn endlich aus seiner Misere katapultieren soll. Die Zukunft wird zeigen müssen, ob sich Sean auch auf Dauer eine stabile Existenz ohne Exzesse aufbauen kann.
Michael Magees Schreibstil ist atemlos. Schonungslos treibt seine Hauptfigur Sean die LeserInnen in seiner direkten doch einnehmenden, teilweise brutal ehrlichen Ich-Erzählung durch Gegebenheiten, Handlungen und Anschauungen, die sich in schneller Abfolge rund um ihn und in ihm ereignen. Man erhält als Leser/in den Eindruck, als säße man in Seans Kopf und würde dort alles in Echtzeit miterleben. Gegenwart und Vergangenheit scheinen dabei teilweise in Seans Gedankenstrom zu verschmelzen. Michael Magee schafft es meiner Meinung nach optimal, die Situation in Nordirland früher und gegenwärtig anhand seiner Erzählweise und -perspektive darzustellen.
Er legt empfindliche Stellen und Traumata der (nordirischen) Gesellschaft wie Mißbrauch,Arbeitslosigkeit, Drogensucht und Gewalt offen, er nimmt die LeserInnen mit in Seans innerstes Erleben und Erinnern. Das Buch ist wie eine literarische Sozialstudie, die auch insbesondere deutlich macht, wie schwer es ist (aus ex- und intrinsischen Beweggründen) oder einem gemacht wird, solchen problembehafteten Milieus zu entfliehen oder diese aufzulösen.
Für mich ein kleines Meisterwerk, dieses Buch!
Sehr lesenswert!
„Close to Home“ ist das Debüt des in Belfast lebenden Autors Michael Magee.
Der 22-jährige Sean ist in Belfast aufgewachsen und wird täglich mit den Auswirkungen der Nachwirkungen des Nordirland-Konflikts ...
„Close to Home“ ist das Debüt des in Belfast lebenden Autors Michael Magee.
Der 22-jährige Sean ist in Belfast aufgewachsen und wird täglich mit den Auswirkungen der Nachwirkungen des Nordirland-Konflikts konfrontiert. Obwohl er in Liverpool englische Literatur studiert hat, ist er nach seinem Abschluss nach Belfast zurückgekehrt und lebt dort - ebenso wie seine Freunde und Familie - unter prekären Wohnverhältnissen. Die Situation ist mehr als schwierig und an einen kontinuierlichen Job heranzukommen scheint fast unmöglich zu sein. Partys, Drogen und Alkohol beherrschen den Alltag und nachdem Sean bei einer Schlägerei seinen Gegner schwer verletzt hat, muss er vor Gericht.
Die Ereignisse werden aus der Perspektive von Sean geschildert. Dadurch konnte ich mich sehr gut in seine Situation hineinversetzen.
Diebstahl, Lügen und Betrug gehen ihm leicht von der Hand, Alkohol und Drogen sind etwas Alltägliches und eigentlich müsste ich entsetzt über sein Verhalten und Handeln sein. Aber das bin ich nicht, stattdessen machen mich die Verhältnisse unter denen Sean lebt betroffen. Ich spüre die deprimierende Hoffungs- und Trostlosigkeit, aus der es keinen Ausweg zu geben scheint.
Michael Magee beschreibt hier anschaulich die düstere Atmosphäre des Lebens in Nordirland. Kleine Hoffnungsschimmer verblassen ebenso schnell wie sie aufblitzen und es ist nur nur Seans Generation die leidet. Seine Mutter ist durch den Krieg traumatisiert, musste Gewalt und Unrecht hinnehmen wodurch sie in permanenter emotionaler Unsicherheit lebt.
Obwohl es sich bei diesem Buch nur um einen kleinen Ausschnitt aus Seans Leben handelt, spiegelt es durch ihn, seine Freunde und Familie gelungen die Situation vieler Menschen in Nordirland wider.
Es ist ein schonungslos offener, erschütternder, erschreckender und zugleich zutiefst berührender Roman, der mich gespannt auf weitere Werke des Autors warten lässt.
Ein erschütterndes Buch über Belfast, wo noch heute ganz gravierende die Nachwirkungen des Nordirlandkonflikts zu spüren sind und die Jugend keine Perspektive hat, die Arbeitslosigkeit, die Armut, der ...
Ein erschütterndes Buch über Belfast, wo noch heute ganz gravierende die Nachwirkungen des Nordirlandkonflikts zu spüren sind und die Jugend keine Perspektive hat, die Arbeitslosigkeit, die Armut, der Drogen- und Alkoholkonsum, all dies ist die Folge jener Tristesse. Sean ist inzwischen 22 Jahre alt, hat in Liverpool Literaturwissenschaften studiert. Aber auch dort war keine Chane, eine Arbeit zu finden und so kehrt er nachhause zurück. Mit seinem Freund Ryan bewohnt er eine Wohnung in einem heruntergekommenen Haus. Doch auch dort hat er bald keine Bleibe mehr und er zieht zurück zu seiner Mutter und bewohnt dort eine kleine Besenkammer ohne Fenster. Seine Mutter ist schwer traumatisiert, sie hat als junge Frau den Krieg miterlebt und ist nicht nur einmal knapp den Tod entkommen. Von ihren Männern wurde sie verlassen und so zog sie die Kinder alleine auf. Sean jobbt als Aushilfskellner, trifft sich mit seinem Freunden, es fließt Alkohol und ohne Drogen geht keine Party. Da ihm das Geld hinten und vorne nicht reicht, stiehlt er sich Lebensmittel mit einer gut ausgeklügelten Taktik. Eines Nachts verprügelt er auf einer Party einen anderen Gast und schlägt ihn krankenhausreif. Er landet vor Gericht und kommt noch einmal vom Gefängnis davon und wird zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt, die er auch ableistet. Einziger Halt in seinem desolaten Leben ist seine frühere Freundin Mairead. Doch dann nimmt er sein Schicksal nochmals in die Hand, findet ein Wohnung im Studentenviertel. Ob er sich nun ganz aus dem Sog dieser Stadt abwenden kann? Der Autor beschreibt hier eine Teil des Lebens von Sean. Trotz seines Studiums bekommt er keinen Job und muß Aushilfsarbeiten machen. Die Stadt und ihre Jugend sehen keine Perspektiven mehr und man kann sein tristen Leben nur noch im Rausch ertragen. Eine Milieustudie, die mich als Leser mehr als nachdenklich macht. Jahre nach dem Konflikt ist das Land und seine Bewohner noch nicht in die Höhe gekommen. Schonungslos wird hier das Leben gezeigt und es in alle Facetten beschrieben. Die Sprache ist sehr gut zu lesen und zu verstehen und es wird hier kein Blatt vor dem Mund genommen. Man liest das Buch und meint, in einem ganz anderen Leben zu sein. Das Buch macht Furore und läßt mich sehr nachdenklich zurück. Junge und dynamischen Leuten werden ständig Steine in den Weg gelegt. Allein schon das Cover erregt Aufsehen. Es zeigt in Großaufnahme den Mund eines Kindes, weit aufgerissen zu einem fürchterlichen Schrei,.