✎ Kathrin Schrocke - Weiße Tränen
"Weiße Tränen" - ein Begriff, den ich vor dieser Lektüre nicht kannte, obwohl ich mich seit einiger Zeit intensiv mit dem Thema '(Alltags)Rassismus' auseinandersetze. Daran merke ich, dass es einfach noch ...
"Weiße Tränen" - ein Begriff, den ich vor dieser Lektüre nicht kannte, obwohl ich mich seit einiger Zeit intensiv mit dem Thema '(Alltags)Rassismus' auseinandersetze. Daran merke ich, dass es einfach noch sooo viel zu lernen gibt ...
Kathrin Schrocke nimmt Jugendliche mit ihrem Buch ein Stück weit an die Hand. Sie zeigt ganz klar Missstände auf ohne mit dem Finger darauf zu zeigen. Sie hält der privilegierten Gesellschaft einen Spiegel vor, den man nicht einfach abwischen kann. Sie gibt diskriminierten Gruppen eine Stimme.
Obwohl wir die Geschichte aus der Perspektive des weißen Lenni erleben, kommen Schwarze und Menschen mit Kopftuch zu Wort - zwei Gruppen, die ständig mit (Alltags)Rassismus zu leben/kämpfen haben. Und doch ist der Jugendroman nicht für sie geschrieben wurden. Sondern eben für jene, die denken, sie würden sowas nicht tun. Die in einer Blase leben, die so nicht existiert - an einer "Schule ohne Rassismus".
Mir gefällt, wie hier aufgezeigt wird, wo überall Alltagsrassismus lauern kann. Privilegierte haben da einfach kein Auge für, wenn sie sich noch nie damit beschäftigt haben.
Und trotzdem kaut die Autorin nicht einfach alles vor, sondern gibt Denkanstöße zum Beispiel mit Fragen, die oft unbedacht gestellt werden. Das fand ich wichtig und richtig, weil ich auch immer wieder merke, dass Personen nur scheininteressiert sind. Wenn man ihnen nicht alles auf dem Silbertablett serviert, vergessen sie es einfach wieder. Aber ich denke, wenn man selbst recherchiert, sieht man erstmal, wie groß das Thema wirklich ist ...
Am liebsten würde ich dieses Werk direkt den Deutschlehrenden an unserer Schule in die Hand drücken, weil es ein Buch ist, welches wirklich in den Klassen besprochen gehört. Ich weiß, dass Schulen nicht alles abfangen können und dass auch Erziehende in der Pflicht sind. Doch es gibt eben auch Menschen die damit nie in Berührung kommen, wenn man sie nicht mit der Nase darauf stößt. Im Klassenverband würde man auf einen Schlag sehr viele SuS erreichen. Und die Kinder hätten direkt Leute um sich, um über den Inhalt reden zu können.
Mein Exemplar wird auf alle Fälle in die Schulbibliothek wandern.
Obwohl der Roman großartig ist, gibt es kleinere Begebenheiten, die etwas runder hätten sein können. Meiner Meinung nach hätte man da noch ein My (µm) mehr herausholen können. Vor allem bei der angepeilten Zielgruppe. Es gibt zum Beispiel eine weiße Person, die für mich zu sehr im Hintergrund gelassen wurde. Ihr hätte ich einen größeren Wirkungskreis gewünscht. Sie geht in der Masse einfach unter. Und ein Ereignis, lässt die Geschichte nun einfach im Raum schweben.
Wobei auch hier wieder positive Aspekte hervorstechen: Wer das Geschriebene wirklich verstanden hat, wird sich nun näher damit beschäftigen. (wer es nicht sowieso bereits tut)
Daher finde ich es eben als Schullektüre sehr gut geeignet. Es MUSS nachbesprochen werden. Es MUSS sich etwas ändern.
Ein großen Pluspunkt erhält "Weiße Tränen", weil man sich die Mühe gemacht hat, ein Sensitivity Reading in Anspruch zu nehmen. (warum werden die eigentlich nicht wie Übersetzer*innen gennant, sondern nur im Nachwort erwähnt?) Im Nachwort erklärt die Verfasserin zudem, warum man die Personen so handeln lässt, wie sie handeln.
Es gibt auch eine Liste mit Lektüre- und Podcast-Empfehlungen.
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