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Veröffentlicht am 23.11.2023

Jugendsünden und andere Verfehlungen

Saat der Sünde
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Vor achtzehn Jahren verschwand der amische Bischof Ananias Stoltzfus spurlos, nun wurden seine Überreste gefunden, daneben die Waffe eines Mannes, der damals im Streit mit dem Toten lag. Der Verdächtige ...

Vor achtzehn Jahren verschwand der amische Bischof Ananias Stoltzfus spurlos, nun wurden seine Überreste gefunden, daneben die Waffe eines Mannes, der damals im Streit mit dem Toten lag. Der Verdächtige wurde verhaftet, ihm droht die Todesstrafe. Kate Burkholder, Polizeichefin in Painters Mill, war mit dem inhaftierten Jonas Bowmans als Kind befreundet, bis dieser aufgrund eines Vorfalls, in den Kate verwickelt war, mit seinen Eltern weggezogen ist. Die Ältesten der Gemeinde von Jonas bitten Kate um Hilfe, die aufgrund der gemeinsamen Vergangenheit zusagt, obwohl sie als Privatperson ermitteln muss, da sie in Pennsylvania keinerlei Befugnisse hat.

Beim vorliegenden Buch handelt es sich bereits um den vierzehnten Fall für Polizeichefin Kate Burkholder, in die immer amische Personen verwickelt sind. Kate selbst hat die amische Gemeinde bereits als Teenager verlassen, kennt die Sitten und Gebräuche also gut und spricht auch die Sprache noch, was oft von Vorteil ist. Immer noch hat die Welt der Amischen für mich nichts an Faszination eingebüßt, auch der vierzehnte Teil der überaus erfolgreichen Buchreihe konnte mich gut unterhalten. Jedes Buch kann übrigens unabhängig voneinander gelesen werden, die Autorin versteht es wirklich gut, die wichtigsten Aspekte, was Kate und die Personen in ihrem Umfeld betrifft, in die Geschichte einzubauen.

Der vorliegende Fall konnte mich nicht ganz so fesseln, wie mancher Vorgänger, allerdings war es unfassbar interessant, wieder einiges aus der Kindheit von Kate zu erfahren. Ihre Erinnerungen unterbrachen immer wieder die Erzählung, besonders die Beziehung zu dem Mordverdächtigen bekam so viel Raum im Buch. Die laufende Ermittlung beinhaltete viel Lauferei und das Sammeln von Fakten war im Vordergrund, die ständigen Wiederholungen der dabei gewonnenen Erkenntnisse haben mich hierbei oft irritiert. Die Autorin wollte wohl unbedingt vermeiden, dass ich etwas falsch verstehe, ich aber fand dies unnötig, da ich mich in der Lage sehe, einfachste Fakten über mehrere Kapitel hinweg zu behalten. Dies ist allerdings nur mein Empfinden, der ein oder andere Leser wird diese Erzählweise wahrscheinlich zu schätzen wissen.

Insgesamt war es ein toller Kriminalroman, von Thriller kann ich hier leider nicht sprechen, dafür fehlte mir überwiegend schlicht und ergreifend die nervenaufreibende Spannung, obwohl diese im letzten Drittel dann plötzlich explodierte. Der Fall war verzwickt, die Auflösung schlüssig und das Ende für mich absolut zufriedenstellend. Ich freue mich bereits sehr auf weitere Fälle mit Kate Burkholder. Gerne vergebe ich vier Sterne und spreche eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 15.11.2023

Killer ohne Reue

Das Gästezimmer
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Aidan Thomas ist in seiner Nachbarschaft beliebt; kürzlich Witwer geworden, kümmert er sich fürsorglich um seine dreizehnjährige Tochter Cecilia, ist Nachbarn gegenüber aufmerksam und hilfsbereit. Niemand ...

Aidan Thomas ist in seiner Nachbarschaft beliebt; kürzlich Witwer geworden, kümmert er sich fürsorglich um seine dreizehnjährige Tochter Cecilia, ist Nachbarn gegenüber aufmerksam und hilfsbereit. Niemand ahnt, dass in seinem Gästezimmer Rachel lebt, die er seit fünf Jahren gefangen hält und seiner Tochter gegenüber als eine Bekannte ausgibt, die niemanden sonst hat und der er das freie Zimmer vermietet, weil sie ihr Zuhause verlor. Als Aiden anfängt, die junge Barkeeperin Emily zu daten, befürchtet Rachel schlimmes, weil eine solche Aufmerksamkeit für die meisten Frauen tödlich endet.

Das Buch startete großartig, auch wenn der Schreibstil ungewöhnlich war, denn die Sicht von Rachel wurde durchgehend aus einer Perspektive erzählt, in der die Leserschaft permanent persönlich angesprochen wird. Dies war stellenweise sehr intim, sodass ich oft das Gefühl hatte, zusammen mit Rachel in der Erzählung gefangen zu sein. Weitere Personen nutzten die Ich-Perspektive, so entstand genug Abstand und eine bedrohliche Atmosphäre, um die ungewöhnliche Situation realitätsnah zu schildern. Die Details der Tat und das Geschehen der vergangenen Jahre kamen erst nach und nach ans Licht, ich war überwiegend darauf angewiesen, dass Rachel mir diese verriet. Das Schicksal der gefangenen Frau war grausam und ich war dankbar, dass die Autorin zwar vieles angedeutet, die sexualisierte Gewalt aber nie in aller Ausführlichkeit beschrieben hat. Hier verließ sie sich ganz auf das Kopfkino der Leserinnen und Leser.

Zwischendurch gab es viele Stellen, an denen ich mir mehr Tempo gewünscht hätte, einige Situationen waren unnötig in die Länge gezogen und eine Kürzung wäre von Vorteil gewesen, dennoch war durchgehend eine gewisse Spannung vorhanden, ein Nervenkitzel, erzeugt aus den Möglichkeiten, die oft im Dunkeln geblieben sind. Im letzten Drittel zog die Geschichte aber noch einmal an, ich war dermaßen neugierig, dass ich fast vorgeblättert hätte, so gespannt war ich darauf, welchen Abschluss mir die Autorin bieten wird. Zum Glück wurde ich nicht enttäuscht, mir gefiel die Richtung, die die Story nahm und auch das Ende war passend gewählt. Ein außergewöhnlicher Psychothriller, den ich gerne gelesen habe und mit vier Sternen bewerte.

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Veröffentlicht am 13.11.2023

Verbotene Verbindung

Übertretung
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Wir schreiben das Jahr 1975, in Belfast, der Hauptstadt Nordirlands, eskaliert der Bürgerkrieg. Die vierundzwanzigjährige Cushla Lavery kümmert sich um ihre alkoholkranke Mutter Gina, wenn sie nicht gerade ...

Wir schreiben das Jahr 1975, in Belfast, der Hauptstadt Nordirlands, eskaliert der Bürgerkrieg. Die vierundzwanzigjährige Cushla Lavery kümmert sich um ihre alkoholkranke Mutter Gina, wenn sie nicht gerade Grundschüler unterrichtet oder ihrem Bruder Eamonn in dem Familienpub hilft. Die Familie Lavery ist katholisch, der Pub in einer überwiegend protestantischen Vorstadt, da wird jedes Wort auf die Goldwaage gelegt, jeder Satz seziert. Als Cushla sich in Michael Agnew verliebt, riskiert sie viel; der angesehene Prozessanwalt ist nicht nur doppelt so alt wie Cushla und verheiratet, sondern dazu auch Protestant. Als wäre das nicht explosiv genug, engagiert sich Cushla für Davy und dessen Familie, deren Familienoberhaupt fast totgeschlagen worden ist. Der Preis für ihren Einsatz ist hoch.

Der nordirische Bürgerkrieg nimmt im Buch einen großen Raum ein, auf fast jeder Seite sind die Auswirkungen auf das Leben der Menschen zu spüren. Die Liebesgeschichte zwischen Cushla und Michael daneben ist verstörend, verdient sie meiner Meinung nach diese Bezeichnung nicht. Ich würde von Hörigkeit sprechen, einer Abhängigkeit und Missbrauch, nichts anderes sehe ich darin. Die junge Frau ist fasziniert von Michael, der ältere Mann ist gebildet, charismatisch, vermögend und dazu manipulativ genug, um zu wissen, wie er vorgehen muss, um ein unbedarftes, naives Mädchen für sich einzunehmen. Viele Male bin ich angewidert, will Cushla schütteln, sie warnen, ihr sagen, was sie machen soll beziehungsweise was sie auf keinen Fall tun darf. Aber... Natürlich gibt es ein Aber, das gibt es fast immer, denn es gibt auch Augenblicke der Freude, der Hoffnung, liebevolle Zeiten neben all dem Zorn und der Wut. Die Auflösung sehe ich dennoch nicht kommen, trotz der Andeutung zu Beginn habe ich einen anderen Ausgang erwartet und bin überrascht, wie weh mir das Geschehene tut.

Arbeitslosigkeit, Ausweglosigkeit und keine Perspektive, wer so aufwachsen muss, der ist nicht zu beneiden. Louise Kennedy hat die damalige Zeit authentisch dargestellt, sehr detailliert abgebildet und realistisch wiedergegeben. Ein eindrucksvolles, wenn auch düsteres und trauriges Buch, das etwas Wissen über die geschilderte Zeit erfordert, das mir überwiegend fehlte, was dazu führte, das ich manche Situationen wahrscheinlich falsch eingeschätzt habe. Dennoch ein beeindruckendes Werk, das ich gerne gelesen habe und das mir im Gedächtnis bleiben wird. Vier Sterne und eine Leseempfehlung gibt es dafür von mir.

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Veröffentlicht am 06.11.2023

Schmerz ist nicht teilbar

Die Dauer der Liebe
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Was bleibt, wenn der geliebte Mensch geht? Diese Frage muss sich die Übersetzerin Renata Spaziani stellen, als ihr eines Morgens ein Polizist die Nachricht überbringt, dass ihr Lebensgefährte Konrad Grasmann ...

Was bleibt, wenn der geliebte Mensch geht? Diese Frage muss sich die Übersetzerin Renata Spaziani stellen, als ihr eines Morgens ein Polizist die Nachricht überbringt, dass ihr Lebensgefährte Konrad Grasmann auf einem Parkplatz gestorben ist. Gestern bereits, informiert wurde jedoch nur die Familie, denn Renata und Konrad waren zwar fünfundzwanzig Jahre zusammen, aber nicht verheiratet. Konrads Familie hat Renata nie akzeptiert, ein rechtsgültiges Testament fehlt und so muss Renata zusehen, wie ihr nach und nach alles genommen wird.

„Wenn ich vor dir tot sein sollte, werde ich aus Sehnsucht nach dir im Jenseits noch einmal sterben. Konrad hat Renata viele solcher Sätze ins Ohr geflüstert. Was Konrad nicht ahnen konnte: dass auch die Sehnsucht der Überlebenden lebensgefährlich ist.“ (Seite 34)

Das abrupte Ende einer großen Liebe ist schlimm genug, wenn dazu aber noch eine herzlose und geldgierige Verwandtschaft des Partners die Trauer stört, ist das an Grausamkeit nicht zu überbieten. Renata ist wie paralysiert, sie realisiert anfangs nicht, worauf die plötzliche Zuwendung eines Familienmitgliedes Konrads hinausläuft. Ich konnte fast nicht mitansehen, was da passierte, meine Gefühle schwankten zwischen Mitgefühl, Zorn und Wut. Immer wieder fragte ich mich, ob ich genauso entscheiden, oder anders reagieren würde, aber solche Fragen können nur rein hypothetischer Natur sein, denn eine solche Situation ist so persönlich und intim, dass es keine allgemeine Antwort darauf gibt. Und das ist auch gut so.

Zu Beginn habe ich ein wenig gebraucht, um mich an den Schreibstil zu gewöhnen, Gedanken und Erinnerungen kreuzten die Gegenwart, Vergangenes und Gegenwärtiges vermischte sich und es kam ziemlich viel Unruhe rein. Diese Erzählweise passte jedoch zur Situation, was mir half, mich darauf einzulassen, und bald fiel es mir gar nicht mehr auf. Der Fokus liegt überwiegend auf Konrad; seinen Werdegang, seine Karriere und die Liebe zur Kunst. Neben der Trauer nahmen die kulturellen Ausschweifungen einen großen Raum ein und dies ist für mich auch der einzige Kritikpunkt, der in der zweiten Hälfte des Buches meiner Begeisterung einen kleinen Dämpfer verpasst, das Lesevergnügen insgesamt aber nur etwas geschmälert hat.

Ein wunderbares Buch, viele Zitate habe ich markiert und las sie erneut; so schön fand ich sie. Feinfühlig und empfindsam, behutsam fast führte mich die Autorin durchs Buch. Dafür gibt es von mir vier Sterne und eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 24.10.2023

Vertraut und doch fremd

Auf dem Nullmeridian
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Der Ich-Erzähler ist ein ägyptischer Immigrant, allerdings kein Muslim, sondern ein koptischer Christ. Zehn Jahre ist seine eigene Flucht her, auf seiner Suche nach einem sicheren und besseren Leben landete ...

Der Ich-Erzähler ist ein ägyptischer Immigrant, allerdings kein Muslim, sondern ein koptischer Christ. Zehn Jahre ist seine eigene Flucht her, auf seiner Suche nach einem sicheren und besseren Leben landete er schließlich in London, wo er, mittlerweile eingebürgert, in der Wohnraumbehörde tätig ist, in einem für seinen hohen Anteil an Migranten bekannten Bezirk. Eine Tätigkeit, die an der Bürokratie verzweifelt, denn Sozialwohnungen, die man vermitteln könnte, existieren schlicht und ergreifend nicht. Eines Tages bittet ihn sein Onkel, das Begräbnis eines jungen Syrers zu organisieren, der nach seiner Flucht plötzlich und unerwartet in London verstarb.

Shady Lewis kam selbst 2006 als Einwanderer nach London und war mehr als zehn Jahre im sozialen Dienst der Stadtverwaltung tätig, hat also genug eigene Erfahrungen gemacht, um dieses Thema in seinem Buch aufgreifen zu können. Der namenlose Erzähler plaudert quasi aus dem Nähkästchen und dies tut er manchmal so beiläufig, dass man fast vergessen könnte, wie tragisch das Erzählte eigentlich ist. Das Leben der Geflüchteten ist schon schwer genug, diese Umstände gepaart mit der diesen Menschen gegenüber erfolgenden Willkür, dem stetigen Rassismus und der erfolglosen Suche nach einer Wohnung, sind stellenweise an Absurdität und Tragik kaum zu überbieten.

„Die erstaunliche Lektion, die ich in meinem damals sehr jungen Alter lernte, war die, dass uns Unrecht häufig dann weniger schlimm vorkommt, wenn wir erfahren, was das Motiv dafür war. Schlimm ist nur Unrecht, das man sich nicht erklären kann.“ (Seite 19)

Manchmal wurde mir die Erzählung zu phantastisch, Träume wechselten sich ab mit Situationen, die ich nur als surreal beschreiben kann. Darauf muss man sich als Leser einlassen können, ich jedenfalls habe dafür ein paar Seiten gebraucht. Hierbei gefiel mir besonders gut, dass die Gesellschaftskritik zwar offen, aber nicht aggressiv erfolgte; die Ironie vieler Ereignisse entging mir dabei nämlich nie. Ein interessanter Blick, der mir einiges aufzeigte, über das ich mir keine Gedanken gemacht habe, der mich gut unterhalten und manchmal sogar zum schmunzeln gebracht hat. Gerne vergebe ich vier Sterne und empfehle diesen Roman weiter.

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