Die vielen Facetten von Liebe
Ginny und Adrian sind jung, erfolgreich und zu einander hingezogen. Eine Beziehung könnte so einfach sein, wenn Andrians selbst auferlegte emotionale Enthaltsamkeit und Ginnys alles verzerrende Essstörung ...
Ginny und Adrian sind jung, erfolgreich und zu einander hingezogen. Eine Beziehung könnte so einfach sein, wenn Andrians selbst auferlegte emotionale Enthaltsamkeit und Ginnys alles verzerrende Essstörung und Selbstzweifel nicht immer wieder eine tiefe Kluft zwischen den beiden schlagen würde. Wie kann man jemanden lieben, der dazu nicht im Stande zu sein scheint und was ist, wenn man selber dieser Person ist?
Mit der Behandlung von Essstörungen spricht der Roman ein wichtiges Thema an, welches nach wie vor einer wertfreien gesellschaftlichen Auseinandersetzung bedarf und auch in der Gegenwartsliteratur nicht fehlen sollte. Noyes gibt aus erster Hand tiefe Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt einer Betroffenen und scheut sich nicht auch schmerzhafte und erschreckende Wahrheiten mit viel Fingerspitzengefühl und bohrender Klarheit aufs Papier zu bringen. Sprachlich gradlinig und ohne viel Geschnörkel fliegt man durch die Seiten und kann durch die häufigen Perspektivenwechsel und überwiegend kurze Kapitel in beide Protagonisten eintauchen und deren Beweggründe nicht nur nachvollziehen, sondern auch verstehen. Dabei ist es kein typischer Coming-of-Age Liebes-Roman, der den Transit vom Teenager zum Erwachsenen behandelt, sondern sich in vielen Facetten mit der ebenso unsicheren und beängstigenden Zeit danach beschäftigt: Wer bin ich, was will ich und bin ich es wert, von mir und anderen geliebt zu werden?
"Guy's Girl" macht nachdenklich und zeigt die vielen hellen und dunklen Seiten von Liebe, romantisch, platonisch, toxisch und selbstzerstörerisch ohne dabei zu werten oder zu bevormunden. Ein mutiges Buch und eine große Leseempfehlung.