Nach einer Scheidung von Ehemann Sebastian zieht die Mittzwanzigerin Nina Parr wieder in das Haus von Mutter Delilah und Stiefvater Malcolm. Nach einem nicht bestandenen Studium arbeitet Nina in einem Anwaltsbüro und langweilt sich zu Tode. Der Job ist nicht der richtige und auch ihr Leben fühlt sich nicht richtig an. Lieber verbringt sie ihre Zeit in der Bücherei und träumt vor sich hin. Mit ihrem Ex-Mann verbindet sie immer noch eine enge Freundschaft, aber ansonsten gibt es in Ninas Leben nichts Aufregendes zu vermelden. Eines Tages begegnet ihr eine alte Dame in der Bücherei, die sie zu kennen glaubt, doch Nina hat sie noch nie gesehen. Daheim findet sie einen mysteriösen Brief in ihrer Handtasche, der sie verwirrt, denn die Zeilen offenbaren ihr, dass ihr angeblich toter Vater, ein Schmetterlingsforscher, immer noch am Leben ist und es ein Anwesen namens Keepsake gibt. Ihre Mutter bleibt ihr die Antworten auf ihre Fragen schuldig, so beginnt Nina selbst mit eigenen Nachforschungen, die sie auf ein altes Geheimnis stoßen lassen…
Harriet Evans hat mit ihrem Buch „Das Jahr der Schmetterlinge“ ein etwas mysteriöses Buch vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und gut zu lesen, wirkt aber seltsam emotionslos und recht leblos. Die Handlung teilt sich auf in die Gegenwart, Rückblenden in die Vergangenheit und dazu gibt es Ausschnitte aus diversen Büchern, die für die Handlung relevant sind. Der Leser bekommt durch die verschiedenen Perspektiven einen Einblick in die Familiengeschichte der Vorfahren von Nina Parr und ihrer eigenen. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten sind sehr detailliert und geben dem Leser ein genaues Bild des alten Familiensitzes Keepsake und seines verwahrlosten Zustands. Der Spannungsbogen ist sehr niedrig angelegt und steigert sich leider auch nicht im weiteren Verlauf der Handlung. Die Autorin lässt den Leser durch die verschiedenen Perspektivwechsel durch die Handlung springen und dies ist leider gar nicht gelungen. Die Handlung wirkt unausgegoren und durcheinander, es findet sich keine richtige Struktur, so dass das Lesen Spaß macht.
Die Charaktere sind nur oberflächlich gestaltet, weshalb es dem Leser schwer fällt, eine engere Beziehung zu ihnen aufzubauen. Nina Parr wirkt für ihr Alter noch sehr naiv, verwirrt und gutgläubig, Sie stellt nichts in Frage und beugt sich sämtlich den Wünschen anderer. Besonders zeigt sich dies in der Beziehung zu ihrer Mutter. Delilah stöhnt ständig rum und wirkt wie eine Egoistin. Oftmals möchte man Nina schütteln und sie anschreien, endlich mal ihre Meinung zu sagen. Sie ist ebenso unschlüssig, was ihre Beziehung zu Sebastian angeht. Doch im letzten Drittel kriegt Nina wenigstens etwas die Kurve und sagt ihrer Mutter endlich mal halbwegs die Meinung. Stiefvater Malcolm ist ein sehr netter Mann, der sich sowohl um Delilah als auch um Nina immer gekümmert hat. Sebastian ist nicht Fleisch, nicht Fisch. Er ist ebenso wankelmütig, was es nicht leicht macht, ihn und seine Gefühle einzuschätzen. George ist ein merkwürdiger Kautz, der vermeintlich nur an sich denkt und keinerlei wirkliches Interesse an seiner Tochter Nina zu haben scheint. Seine Beweggründe werden dem Leser leider viel zu spät offenbart, um ihm halbwegs Sympathie entgegenbringen zu können. Theodora ist die einzige Persönlichkeit in diesem Roman, was einfach zu wenig ist.
„Das Jahr der Schmetterlinge“ ist ein Roman über ein altes Familiengeheimnis. Leider ist die Umsetzung durch die blassen Charaktere und die recht wirre Erzählweise nicht sehr gelungen. Am Ende sind zwar fast alle Fragen geklärt, jedoch hat man leider das Gefühl, seine Zeit für dieses Buch verschenkt zu haben. Kein Buch, dass einem in Erinnerung bleibt – leider.