Toller Regionalkrimi aus dem Raum Erfurt
Mit „Der Tod vergisst nicht“ legt der Autor einen spannenden Regionalkrimi mit glaubhaften Charakteren und einer realistischen Hintergrundstory vor.
Was mir bei diesem Buch besoners gut gefallen hat, ...
Mit „Der Tod vergisst nicht“ legt der Autor einen spannenden Regionalkrimi mit glaubhaften Charakteren und einer realistischen Hintergrundstory vor.
Was mir bei diesem Buch besoners gut gefallen hat, ist der flüssige Schreibstil und die dynamischen Dialoge. Gerade wenn die beiden ermittelnden Kommissare Christoph und Lina aufeinander treffen, gibt es hitzige Diskussionen, die die Seiten nur so dahinfliegen lassen. Auch bei der Wahl der Perspektive ist der Autor geschickt vorgegangen, denn die laufende Story bekommen wir aus Sicht eines allwissenden Erzählers nähergebracht, da die Personen und Schauplätze oft wechseln und man so nie etwas verpasst. Dann gibt es zwischendurch aber immer wieder Ich-Passagen, die einen direkten Einblick in die Gefühlswelt des/der Täter/in ermöglichen.
Meinen einzigen Minikritikpunkt muss ich aber auch hier gleich anbringen, denn gerade zu Beginn hält sich der Autor sehr mit Personen- und Schauplatzbeschreibungen auf. Prinzipiell ist das angebracht, allerdings werden hier teilweise seitenlang Personen beschrieben, die dann im weiteren Verlauf gar keine Role mehr spielen. So ist mir der Einstieg ein wenig schwer gefallen, was sich dann zum Glück aber schnell gelegt hat.
Die Protagonistin Lina hat mich als leitende Ermittlerin überzeugen können. Sie steht in jeder Sitation ihre Frau und strahlt eine unglaubliche Stärke aus. Meiner Meinung nach hat der Autor es geschafft, eine gelungene Balance zwischen Arbeitsleben und Privatem hinzubekommen. Er hat mal keine Kommissarin erschaffen, die nur und auschließlich für die Arbeit lebt, sondern auch versucht, ein Privatleben zu führen.
Ihr Kollege Christoph bildet da einen krassen Kontrast. Ihm sind alle Mittel recht, um seine Karriere voranzutreiben und vor allem ist ihm Lina ein Dorn im Auge, weil er eine chauvinistische Ader hat. Nichtsdestotrotz können sich seine Kollegen auf ihn verlassen, wenn es darauf ankommt.
Auch der Rest vom Ermittlerteam war sympathisch und doch glaubwürdig. Jeder hat hier wohl sein Päckchen zu tragen, aber trotzdem konnten sie in ihren Rollen mehr als überzeugen (der hitzige Chef, der nicht aus der Ruhe zu bringende Kollege der Spurensicherung, die junge Kollegin, die gegen Vorurteile kämpfen muss). Selbst die Opfer wurden nach ihren Toden so gut dargestellt, dass man sich bildlich vorstellen konnte, wie sie wohl zu Lebzeiten gewesen sein mussten.
Die Spannung war nach dem bereits erwähnten Einstieg durchgängig vorhanden. Im Verlauf der Geschichte gibt es mehr als eine Wendung und auch die wahren Zusammenhänge offenbaren sich erst nach und nach. Gerade das Ende hat es dann noch einmal in sich, weil man eine ganze Weile nicht weiß, wer diese Taten verübt haben soll. Der Autor versteht es, ein wirres Netz aus Vermutungen zu weben, damit dem Leser die Spannung so lange wie möglich erhalten bleibt.
Wir haben es hier mit einem unblutigen (bis auf Tatortbeschreibungen und Autopsie) Krimi zu tun, der in Erfurt und Umgebug spielt. Allerdings hätte er auch an jedem anderen Ort stattfinden können, weil der Leser von Erfurt nicht viel mitbekommt. Selten werden ein paar bekannte Plätze erwähnt (z.B. die Krämerbrücke), aber das war es dann auch schon. Ich persönlich finde es ein bisschen schade, weil ich gerne mehr von Erfurt kennengelernt hätte. Ansonsten kann man sagen, dass die Ermittlungsarbeit im Vordergurnd stand, was ich aber auch genau so erwartet habe.
Insgesamt ein toller Krimi, der viele positive Überraschungen parat hält und vor allem durch sein tolles Charakterdesign und den flüssigen Schreibstil überzeugen konnte. Das war sicher nicht mein letztes Buch von Andreas Hultberg.
4,5 Sterne