Unterhaltsam, informativ und regt zum Nachdenken an!
Das Cover von "Das Buch der Phobien und Manien", verfasst von Kate Summerscale, ist sehr schön gestaltet. Die Schrift ist goldglänzend und strahlt Eleganz aus. Die Spinne auf der Vorderseite und der Clown ...
Das Cover von "Das Buch der Phobien und Manien", verfasst von Kate Summerscale, ist sehr schön gestaltet. Die Schrift ist goldglänzend und strahlt Eleganz aus. Die Spinne auf der Vorderseite und der Clown auf der Rückseite passen sehr gut zum Thema des Buches. In Natura sieht das Buch noch schöner aus als auf Bildern. Innen ist die Gestaltung ebenfalls gelungen. Immer wieder gibt es gezeichnete Bilder, die thematisch zu den jeweiligen Phobien und Manien passen. Vermutlich ist dies aber nicht so geeignet für Menschen, die wirklich an einer Phobie leiden, wie z. B. an einer Batrachophobie (Angst vor Fröschen) wenn diese Personen dann einen Frosch erblicken müssen.
Zu Beginn des Buches ist eine alphabetische Auflistung der Fachbezeichnungen der Phobien und Manien mit Seitenangaben. Nach zahlreichen Quellenangaben am Schluss folgen schließlich noch mal alphabetische Listen mit den deutschen Bezeichnungen der Phobien und Manien. So kann man sich schnell einen Überblick machen, falls man schnell nach etwas Bestimmten sucht.
Inhalt:
Das Buch beginnt mit einer Einführung der Autorin in das Thema. Gleich zu Anfang merkt man, wie sehr sie sich in das Thema vertieft hat. Die Begriffe "Phobien" und "Manien" werden erläutert und was alles zutreffen muss, damit eine Aversion als Phobie diagnostiziert wird. Zudem lernt man die Unterscheidungen und verschiedene Kategorien kennen. Auch verschiedene Theorien, warum Phobien und Manien überhaupt auftreten und entstehen und verschiedene Therapiemöglichkeiten werden erläutert. Dies alles kann man als Laie gut verstehen, ohne sich mit der Materie auskennen zu müssen.
Die jeweiligen Phobien und Manien werden gut anhand von Beispielen erklärt. Diese können historisch, aber auch aus neuerer Zeit sein. Zumeist werden die Begriffe gleich zu Beginn übersetzt, z.B. die Ablutophobie. Abluere kommt aus dem lateinischen und heißt abwaschen. Phobie kommt von dem griechischen phobos, was Furcht oder Angst bedeutet. Also bedeutet die Ablutophobie, dass man Angst vor dem Waschen hat. Für Sprachbegeisterte ist dies auf jeden immer interessant. Auch erfährt man, wann eine Phobie zum ersten Mal erwähnt und beschrieben wurde. Es werden auch teilweise geschichtliche Hintergründe beschrieben, was für mich persönlich auch immer wieder interessant ist. Aber am Bewegendsten sind natürlich die einzelnen Schicksale. Ich habe mit gefiebert und mich gefreut, wenn ich gelesen habe, dass die Personen erfolgreich behandelt wurden. Aber nicht immer wird berichtet, ob die Menschen die Phobie "besiegt" haben. Dies fand ich schade, wobei vor allem bei älteren Geschichten vielleicht auch einfach die Quellen fehlen.
Es gibt viele verschiedene Therapiemöglichkeiten, wie die klassische Konfrontationstherapie. Bei einem Experiment bekamen Probanden für Millisekunden, also so kurz, dass sie es gar nicht bemerkten, Bilder von Spinnen zu sehen. Danach hatten sie weniger Angst vor Spinnen. Auch Medikamente können eine Therapiemöglichkeit sein, bei der Erinnerungen neu rekonsolidiert werden. Die Gründe für eine Phobie oder Manie können vielfältig sein und sind oft wichtig, um eine Therapiemöglichkeit zu finden. Oft gibt es ein Ereignis in der Vergangenheit, der ein Auslöser war. Besonders interessant fand ich es, dass die Evolution dabei auch eine Rolle spielt, dass viele z. B. Angst vor Schlangen oder vor Höhen haben. Eigentlich ist das naheliegend, aber einem ist das nicht immer bewusst. Natürlich kann damit nicht alles erklärt werden und auch nicht, warum dann nicht alle Menschen vor diesen Sachen Angst haben. Ich fand es gut, dass verschiedene Meinungen und Theorien mehr oder weniger gleich thematisiert wurden und sich nicht auf eine Expertenmeinung festgelegt wurde.
Die verschiedenen Phobien und Manien haben unterschiedlich viele Seiten bekommen. Je verbreiteter und bekannter etwas ist, desto mehr Forschungsmaterial gibt es natürlich. Auch zeigt Kate Summerscale bei manchen Phobien und Manien gesellschaftliche Änderungen von Sichtweisen, wie bei der Angst vor Keimen. Vor Corona wurden Menschen belächelt, wenn sie sich mehr
vor Keimen und Bakterien fürchteten. Während der Pandemie hat man Menschen nicht verstanden, wenn diese sorglos waren. Auch ist bei manchen Manien nicht klar, ob es diese Manien wirklich in der Form gab oder ob man sie überhaupt so bezeichnen kann (Tulpenmanie oder Beatlesmanie)
Die Sammlung ist eine gute Mischung aus bekannten und unbekannteren Phobien und Manien. Alle können dabei etwas dazu lernen, egal ob man selber betroffen ist oder nicht. Obwohl man vermutlich sagen kann, dass es niemanden gibt, der sich nicht irgendwo wieder findet. Zumindest eine Aversion wird jeder und jede haben. Ich persönlich habe erkannt, dass ich es auch unangenehm finde, wenn es still ist, wenn normalerweise das Radio läuft.
Kate Summerscale hat es geschafft, einen feinfühligen Blick auf Phobien und Manien zu werfen, ohne über die betroffenen Menschen zu werten oder gar sich lustig zu machen. Es ist jedoch kein Ratgeber und ersetzt natürlich keine Therapie und Behandlung. Das Buch ist unterhaltsam wie auch informativ und gibt, neben der Psychologie natürlich, auch kleine Einblicke in die (Evolutions-)Biologie, Anatomie, Kultur und Geschichte. Mir hat das Lesen sehr viel Spaß gemacht und mich zum Nachdenken angeregt.