Profilbild von Magnolia

Magnolia

Lesejury Star
offline

Magnolia ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Magnolia über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.11.2023

Spannend, mysteriös, manipulativ

Totenlichter
0

Evelyn steht an der Empore der Thaddäus-Kirche - sie will ihrem Leben ein Ende setzen. Der grauenvolle Busunfall im Elbtunnel hat sie körperlich schwer gezeichnet und tiefe Spuren in ihrer Seele hinterlassen. ...

Evelyn steht an der Empore der Thaddäus-Kirche - sie will ihrem Leben ein Ende setzen. Der grauenvolle Busunfall im Elbtunnel hat sie körperlich schwer gezeichnet und tiefe Spuren in ihrer Seele hinterlassen. Als dann die Polizeipsychologin Anna Wasmuth in ihrer gerade neu bezogenen Wohnung einen Umschlag mit mysteriösem Inhalt entdeckt, der an Evelyns Suizid zweifeln lässt, nimmt sie mit dem LKA-Ermittler Jan Nygård Kontakt auf.

„Totenlichter“ aus der Feder von Aaron Sander ist der zweite Fall der Reihe um den Hamburger LKA-Ermittler Jan Nygård und der Polizeipsychologin Anna Wasmuth. Auch wenn Anna und Jan mir hier zum ersten Mal begegnen, so bin ich doch gut zurechtgekommen. Beide neigen zu Alleingängen, was ihnen nicht immer gut bekommt. Aber was bleibt ihnen anderes übrig, wenn die Situation sofortiges Handeln erfordert, ein Zögern könnte tödlich enden. Sie verbeißen sich regelrecht in ihre Fälle, denn bei diesem einen Todesfall bleibt es nicht, es sind noch weitere Tote zu beklagen. Bald sehen sie auch klarer, wenngleich sie immer wieder eingebremst werden. Es gibt nicht nur einen Verdächtigen, mir sind so einige schon aufgrund ihrer Handlungsweise ziemlich suspekt. Schlussendlich kristallisieren sich für mich zwei Typen heraus, denen ich alles zutraue. Und doch kommen mir – je weiter die Story fortschreitet – Zweifel, ob ich mit meinem Spürsinn richtig liege. Schlussendlich kommt es ganz anders als erwartet.

Die Story zieht sofort an, ich bin ab Seite eins im Geschehen und weiß doch nicht, wohin mich das Ganze führen mag. Denn Aaron Sander versteht es, Hinweise zu streuen, die sich zwar als hilfreich herausstellen, die aber gefühlt nicht so zielführend sind, wie ich es mir vorstelle. Irgendwann verliert sich die Spannung ein wenig, um dann umso rasanter zum nervenaufreibenden Abschluss zu kommen.

Aaron Sanders Schreibstil fesselt. Er zieht seine Leser regelrecht ins Geschehen, seine Charaktere sind vielschichtig und lebensnah angelegt, er liefert eine - bis auf einige zu langatmig geratenen Passagen - fesselnde Story mit so manch grausamen und auch manipulativen Momenten. Es waren spannende Lesestunden, die mich so manches Mal haben innehalten lassen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.11.2023

Einmal Spion, immer Spion

Spy Coast - Die Spionin
0

Tess Gerritsen bürgt für Spannung, the queen of thrill hat mit „Die Spionin“ ihre neue Thrillerreihe SPY COAST gestartet. Lloyd, Ingrid, Ben, Declan und natürlich Maggie waren in ihrem früheren Leben allesamt ...

Tess Gerritsen bürgt für Spannung, the queen of thrill hat mit „Die Spionin“ ihre neue Thrillerreihe SPY COAST gestartet. Lloyd, Ingrid, Ben, Declan und natürlich Maggie waren in ihrem früheren Leben allesamt Spione und nun haben sich in den kleinen Ort Purity zur Ruhe gesetzt. Man könnte durchaus behaupten, dass sie eher in einem Zustand der Unruhe ihre Treffen zelebrieren.

Als eines nicht so schönen Tages die Leiche einer Frau direkt vor Maggies Haus liegt, holen sie die alten Zeiten ein - bis vor sechzehn Jahren hat Maggie für die CIA gearbeitet. Die Blackberry Farm ist ihr Rückzugsort, keiner kennt sie hier, keiner weiß von ihrer Vergangenheit. Bis eben hat sie gemeint, hier unerkannt zu bleiben. Was es mit dem Tod dieser jungen Frau auf sich hat, kann sie der ortsansässigen Ermittlerin nicht sagen, sie muss sich der Sache selber annehmen. Eins steht fest: Die Behörde hat Bianca geschickt, die nun tot in Maggies Einfahrt liegt, es geht um einen alten Fall, sie alle sind aufs Höchste alarmiert. Eine rasante Jagd beginnt.

Die Autorin hat tolle Typen geschaffen, allen voran Maggie, die toughe 60jährige. Sie hält Hühner, verkauft die Eier, sie ist eine Farmerin durch und durch. Sie ist aber auch vorsichtig, ihr Grundstück wird lückenlos elektronisch überwacht. Der zunächst fast nüchtern anmutende Ton weicht bald einem atmosphärischen Erzählstil, der mir besser zusagt. Atemlos geht es nach besagtem Leichenfund von Kontinent zu Kontinent, wir begegnen den finstersten Gesellen mit den übelsten Absichten. Maggie kann sich dank ihrer CIA-Vergangenheit aufs Beste abschirmen, ihr ist nichts unbekannt. Ihre Vergangenheit wird zwischendurch in Rückblenden erzählt und bald schon meint man, sie gut zu kennen. Ihr beschauliches Leben in Purity, das durch den Martini-Club mit ihren alten Spionage-Freunden so manch feuchtfröhliche Stunden bietet, ist so ganz anders als ihr ruheloses früheres Wirken für die Behörde. Sie ist oft nahe dran an den ganz Üblen dieser Welt, sie hat gelernt, immer auf der Hut zu sein. Sie mitfühlend und warmherzig, sie durchlebt viel Schmerz und erleidet so manche Verluste.

Tess Gerritsen versteht es, ihre Leser bestens zu unterhalten. Ihre hier geschaffenen Figuren sind nett oder durchtrieben, harmlos oder abgrundtief böse, sie sind mit allen Wassern gewaschen, trauen keinem über den Weg und sie sind ihr Leben lang auf der Flucht. Denn – einmal Spion, immer Spion. Der Auftaktband zu SPY COAST ist gelungen, ich freu mich auf die Folgebände.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 19.11.2023

Rasanter Thriller

Im Sturm der Macht
1

Helsinki im Jahre 2028: Nachdem sich die politische Lage dramatisch zugespitzt hat, beschließt die finnische Regierung, Flüchtlinge auf einer stillgelegten Kreuzfahrtfähre unterzubringen. Derweilen wird ...

Helsinki im Jahre 2028: Nachdem sich die politische Lage dramatisch zugespitzt hat, beschließt die finnische Regierung, Flüchtlinge auf einer stillgelegten Kreuzfahrtfähre unterzubringen. Derweilen wird Leo Koski, der ehemalige Ministerpräsident, mit unlauteren Mitteln zurück ins Land gelockt. Kurz nach seiner Ankunft wird die Ministerpräsidentin erschossen. Viel zu spät erkennt Leo, dass er in eine Falle gelockt wurde.

Tuomas Oskari nimmt sich eines nicht nur in Finnland aktuellen Themas an. Das Flüchtlingsproblem ist so einigen ein gewaltiger Dorn im Auge. Die sogenannte Heimatschutzgarde setzt alles dran, das Land von diesen unerwünschten Individuen zu befreien. Dabei ist ihnen jedes Mittel recht – Intrigen, Morde, hinterhältige Fallen, auch mithilfe von KI und Fake-Bildern und –Nachrichten machen es ihnen einfach, alle Blicke in die für sie richtige Richtung zu lenken.

Den Vorgänger „Tage voller Zorn“, Okaris Thriller-Debüt, habe ich nicht gelesen, werde dies aber schnellstens nachholen. Als Politik- und Wirtschaftsjournalist weiß er, wovon er schreibt. Das in der nahen Zukunft angesiedelte Szenario beschreibt den Rechtsextremismus und den allgegenwärtigen Fremdenhass treffend. Um das Politische mit all seinen Auswüchsen rankt sich der rasante Thriller, der erschreckend realistisch daherkommt. Die Leser bekommen durch die wechselnden Perspektiven einen detaillierten Blick auf das Geschehen und auf die hier Agierenden. Diese vielschichtig angelegten Charaktere sind durchweg gut gezeichnet, wenngleich so einige hart an der Grenze des Glaubhaften sind. Wahrscheinlich steht mir da mein naiver Glaube an die Menschheit im Wege.

„Im Sturm der Macht“ ist ein dynamischer Thriller mit erschreckend realistischen Bezügen und viel Action - spannend in Szene gesetzt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.11.2023

Witzig-spritzig gute Unterhaltung

Die mörderischen Cunninghams (Die Cunninghams 1)
1

Gleich mal werde ich in die Geheimnisse der Zunft der Krimischreiber eingewiesen – was gehört in einen guten Kriminalroman und was eben nicht und auch zwischendurch höre ich dieses Rüstzeug für einen Schreiberling. ...

Gleich mal werde ich in die Geheimnisse der Zunft der Krimischreiber eingewiesen – was gehört in einen guten Kriminalroman und was eben nicht und auch zwischendurch höre ich dieses Rüstzeug für einen Schreiberling. Ja, ich höre es, denn Simon Jäger hat die Hörbuchversion eingesprochen. Er leiht Ernie Cunningham seine Stimme – und das macht er gut. Gleich zu Anfang wird deutlich, dass es sich hierbei um einen Krimi mit Schmunzelfaktor handelt. Also, richte ich meine Antennen ganz danach aus und freue mich auf durchaus vergnügliche zehneinhalb Stunden.

Eine Leiche lässt nicht lange auf sich warten, sie ist fürchterlich zugerichtet, die Schilderung dessen lässt mich schaudern. Aber was ist das denn? Lebt diese angebliche Leiche vielleicht doch noch? Für alles Weitere verweise ich auf das Hörbuch oder auch auf das Buch, das Hören bzw. Lesen gestaltet sich trotz des mörderischen Hintergrundes als sehr genussvoll.

Als „rasante Hommage an den klassischen Detektivroman“ wird dieser kriminalistische Leckerbissen beschrieben. Die einzelnen Familienmitglieder werden nach und nach vorgestellt und mit eingebunden. Es geht nicht nur um diese eine Leiche, es geht auch um den nicht mehr unter den Lebenden weilenden Vater, um einen Serienmörder geht es auch.

So manche Passagen waren mir dann doch zu langatmig. Da ging es eher gemächlich vorwärts, zu viele Details mussten unbedingt erzählt und in die Story integriert werden. Was an und für sich nicht schlecht ist, nur wollte ich vorwärts. Waren die zehn Gebote des Detektivromans anfangs noch witzig, fand ich die wiederholten Anmerkungen dann doch etwas nervig. Wenngleich ich dieser ganz spezielle Art des Erzählens schon mochte, was beileibe kein Widerspruch an sich ist. Mein Fazit zum Schluss: Man sollte sich diese Cunninghams nicht entgehen lassen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.11.2023

Swinging Berlin

Lindy Girls
1

Ganz Berlin swingt, die Tanzpaläste bieten in den Goldenen Zwanzigern dem staunenden Publikum stets Aufregendes. Auch die Tanzlehrerin und Choreographin Wally hat einen großen Traum – sie will den Berlinern ...

Ganz Berlin swingt, die Tanzpaläste bieten in den Goldenen Zwanzigern dem staunenden Publikum stets Aufregendes. Auch die Tanzlehrerin und Choreographin Wally hat einen großen Traum – sie will den Berlinern die Musik und die neuen Tänze aus Amerika auf ihre Bühnen bringen. Ihre Tanzgruppe sucht sie direkt auf der Straße, sie schaltet Anzeigen, sie holt aus den tanzbegeisterten jungen Frauen alles heraus. Der Zugang zu den großen Bühnen bleibt ihnen zunächst verwehrt und doch geben sie nicht auf. Tagsüber kämpfen sie ums Überleben und die halbe Nacht üben sie für ihre Auftritte. Auch mischt Wallys on/off-Freund Toni kräftig mit. Neben den Schwierigkeiten rund die Bühnen, die ihre Sehnsuchtswelt bedeuten, spielt auch die Liebe mit hinein.

Anne Stern entführt ihre Leser in eine pulsierende Zeit. Die 1920er Jahre waren geprägt von Fülle und Vergnügungen auf der einen Seite und andererseits von Entbehrungen, von Hunger und schon bei geringsten Verfehlungen vom Verlust des Arbeitsplatzes. Daneben machen die Braunhemden die Straßen unsicher. Es ist eine Zeit der Extreme, dominiert von der allmächtigen Männerwelt.

Anne Stern bürgt für eine gut durchdachte Story und für gute Unterhaltung. Ihre „Lindy Girls“ haben mich schon alleine wegen des Tanzens sehr angesprochen, auch lese ich viel über die damalige Zeit der gesellschaftlichen Widersprüche. Größte Not und ein Leben im Überfluss bilden das ungerechte Nebeneinander, die Herkunft der Girls und die damit einhergehende Erwartungshaltung werden anschaulich beschrieben. Sie bieten einen aufschlussreichen Einblick in die Glitzerwelt dieser Jahre und auch wenn der schöne Schein durchaus viele Risse erkennen lässt, so wird das gesellschaftliche Gesamtbild deutlich sichtbar.

Vor dem politischen und gesellschaftlichen Hintergrund nimmt die Story rund um das Tanzen, um die Musik und all das Zwischenmenschliche viel Raum ein. Und ja – zwischendurch erklingen die Songs von damals, „…all we scream for ice cream…“ den Ohrwurm bring ich so schnell nicht mehr los. Und nicht nur dieser und etliche andere heute noch bekannte Songs hallen nach. Die „Lindy Girls“ haben mich gut unterhalten und mich in eine gar nicht so goldene Zeit zurückgeführt, die trotz Entbehrungen voller Hoffnungen und Leben war.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere