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Veröffentlicht am 27.11.2023

Eine neue Weltordnung

Welt in Aufruhr
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Bei einem Buch wie dem des Politikwissenschaftlers Herfried Münkler tue ich mich schwer damit, das Buch in wenigen Wochen abgeschlossen und ganz erfasst zu haben. Da sind so viele Informationen, die mich ...

Bei einem Buch wie dem des Politikwissenschaftlers Herfried Münkler tue ich mich schwer damit, das Buch in wenigen Wochen abgeschlossen und ganz erfasst zu haben. Da sind so viele Informationen, die mich interessieren, die mir bei einer persönlichen Einordnung der Weltlage Grundlagen bieten und die letzten 30 Jahre von der Auflösung der Sowjetunion bis heute abdecken.

Wo werden wir in Europa in einigen Jahren stehen? Werden die USA uns weiterhin verlässlich schützen können? Werden sie es überhaupt wollen oder sind sie mit Problemen im eigenen Land beschäftigt? Welche großen Mächte werden neben dem westlichen Bündnis mehr und mehr hervortreten?

Herfried Münkler wagt vorsichtige Prognosen über neue Ordnungen und Konfliktlinien, wie sie sich im 21. Jahrhundert herausbilden könnten.

Folgt man den täglichen Nachrichten, so ist es kaum möglich, diese in einen Gesamtzusammenhang zu bringen.
Das gelingt Herfried Münkler ganz hervorragend. Und so reiht sich ein Aha-Effekt an den anderen und Fragen, die man sich vielleicht noch gar nicht offen gestellt hat, werden hier bereits beantwortet.

Das Werk zeigt einmal mehr, dass aktuelle Prozesse vielfältige historische und politische Ursprünge haben.

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Veröffentlicht am 19.11.2023

Sei besonnen waghalsig

Dieses schöne Leben
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Schon das farblich sehr harmonisch abgestimmte Cover lädt zum Lesen dieses Buches ein. Die gelben und blauen Blumen passen sehr gut zueinander und angelehnt am Thema „Sterben“ sind Autorin und Titel des ...

Schon das farblich sehr harmonisch abgestimmte Cover lädt zum Lesen dieses Buches ein. Die gelben und blauen Blumen passen sehr gut zueinander und angelehnt am Thema „Sterben“ sind Autorin und Titel des Buches auf einer Schleife um die Blumen gewunden. Die Rückseite der Schleife zeigt eine Landkarte von New York und dort spielt die Handlung auch.

Clover verdient ihren Lebensunterhalt als Sterbebegleiterin. Schon als Kind war ihr der Tod nicht fremd, sie verlor bereits mit 6 Jahren ihre Eltern durch einen Unfall, und die Beschäftigung mit dem Thema ließ sie in der Folgezeit nicht mehr los. In den Augen ihrer Mitschüler machte sie das zwar zur Außenseiterin, sie aber fühlte sich in diesem Umfeld wohl und gut aufgehoben. Sie wuchs bei ihrem Großvater in New York auf, einem Biologieprofessor, der sie sehr prägte. Clover entwickelt sie sich zu einer sehr zurückgezogenen jungen Frau, die nie Freundinnen hatte, ganz zu schweigen von einem Partner.

Clover ist gespalten zwischen ihrem Wunsch nach Zugehörigkeit und der Furcht, wieder enttäuscht zu werden. Die Totgeweihten sind da noch die besten Gesprächspartner, ihnen bleibt keine Kraft und Zeit mehr, sie noch zu enttäuschen. Ihnen steht sie in ihren letzten Tagen bei und bereitet sie auf das Sterben vor. Ein kleines Notizbuch mit den letzten Worten der von ihr begleiteten Menschen birgt für sie Weisheiten und Anleitungen zum Leben.

In einem Death Café trifft sie auf Sebastian, der sie seiner todgeweihten Großmutter Claudia vorstellt und mit Claudia verändert sich Clovers Leben. Claudia ist Clover in den wenigen Tagen ihrer Bekanntschaft eine wertvolle Lehrerin. Überhaupt ist es oft so, dass Clover aus den Gesprächen mit den Sterbenden viel für sich selbst herauszieht. Es sind Therapiestunden für sie selbst.

Außerdem ist da noch Sylvie, die junge Nachbarin, die sich ebenfalls von Clover nicht abschrecken lässt und sich hartnäckig für sie und ihren Beruf interessiert.

Das Buch von Mikki Brammer ist eines jener Werke, die nach dem Lesen mit vielen Haftmarkern geschmückt sind. Viele Stellen möchte man sich merken, will sie zitieren und wiederverwenden. Sie regen zum Nachdenken an.

Am besten in Bezug auf Clover fand ich Claudias letzte Worte an sie: „Sei besonnen waghalsig“. Vielleicht könnte man es übersetzen mit:
Trau dich ein wenig aus deiner Komfortzone heraus, aber bleibe dabei du selbst und authentisch. Schön, dass Clover dieser Aufforderung folgt!

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Veröffentlicht am 17.11.2023

Wissensfundus für die Zeit um 1500

Um 1500
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„Romedio Schmitz-Esser entfaltet das faszinierende Panorama Europas am Beginn der Neuzeit. Durch die Brille des Universalgenies Albrecht Dürer erleben wir die vielfältige Lebenswirklichkeit einer ungemein ...

„Romedio Schmitz-Esser entfaltet das faszinierende Panorama Europas am Beginn der Neuzeit. Durch die Brille des Universalgenies Albrecht Dürer erleben wir die vielfältige Lebenswirklichkeit einer ungemein dynamischen Epoche.“

Diese Ankündigung des Theiss-Verlages drückt schon ziemlich genau aus, was den Leser mit diesem Buch erwartet.

Auf 454 Seiten entfaltet sich das Leben und Umfeld der Menschen von der Geburt bis zum Tod, einmal das enge Umfeld im Kreis der Familie und im beruflichen Umkreis, aber auch der Blick über den Tellerrand kommt nicht zu kurz.

Eine sehr große Menge an Informationen wurde herangezogen, allein die Bibliografie umfasst 34 Seiten und so kann man in Teilbereichen, für die man noch tiefergehende Informationen wünscht, auch noch weiter in die Materie einsteigen.

Das Buch ist hochwertig gestaltet, die Papierqualität unterscheidet sich deutlich von der anderer Hardcover oder Taschenbücher. Damit einher geht die gute Druckqualität der Holzstiche und Zeichnungen.

Für mich ist das Buch in erster Linie ein Nachschlagewerk für die Zeit um 1500. Wie bereits im letzten Leseabschnitt angekündigt, werde ich es dem Europäischen Burgeninstitut für seine umfassende Bibliothek zur Verfügung stellen.

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Veröffentlicht am 08.11.2023

Was geschah mit Beutekunst der Nazis

Das neunte Gemälde
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Leonard Lomberg ist Kunstexperte, Wertgutachter und Experte in Sachen Beutekunst der Nazis in besetzten Ländern. Er erhält eines Tages im April 2016 einen Anruf eines Herrn namens Dupret, der ihn drängt, ...

Leonard Lomberg ist Kunstexperte, Wertgutachter und Experte in Sachen Beutekunst der Nazis in besetzten Ländern. Er erhält eines Tages im April 2016 einen Anruf eines Herrn namens Dupret, der ihn drängt, die Rückgabe eines verschollenen Gemäldes zu organisieren. Kurz darauf wird Dupret tot aufgefunden und von dem Gemälde fehlt jede Spur.

Lomberg nimmt sich dieses Auftrags nur an, weil der mysteriöse Anrufer ihm die Verquickung des eigenen Vaters in die Geschichte des mutmaßlichen Picassos suggeriert hat. Er macht sich auf die Suche nach dem neunten Gemälde und taucht damit tief ein in die Geschichte, die im ersten Weltkrieg ihren Anfang nahm.

Picasso, Derain und Braque malten ab 1913 einen Sommer lang zusammen in einem kleinen Dorf im Süden Frankreichs. Der erste Weltkrieg riss sie aus ihrer Kooperation, die beiden Franzosen wurden eingezogen, Picasso als Spanier blieb in Südfrankreich. Dort entstanden Bilder, die später in Kunstsammlungen eingingen, entweder von Museen oder von Privatleuten. Oft gehörten reiche jüdische Familien zu den privaten Sammlern. Die Nazis bezeichneten die Bilder dieser jungen Künstler als entartete Kunst, die jüdischen Familien wurden enteignet und ihre Bilder eingezogen, die Menschen selbst wanderten in die Konzentrationslager in Polen und Tschechien und wurden ermordet.

Aber natürlich wussten auch die Nazis damals schon um den Wert dieser Kunstwerke und so wird heute vermutet, dass bei öffentlichen Verbrennungen von Bildern die eher wertlosen auf den Scheiterhaufen landeten, während die namhaften Bilder in dunklen Kanälen verschwanden und oft ihren Weg in die Schweiz fanden. Die Schergen der SS bereicherten sich an diesen Geschäften.

Andreas Storm vermischt sehr geschickt Wahres mit Fiktion und das macht das Buch absolut lesenswert. Der Einordnung zum Genre Kriminalroman würde ich nicht uneingeschränkt zustimmen, zwar ging es auch um die Aufklärung eines Mordes, aber es war genauso ein historischer Roman und eine detektivische Aufarbeitung des damaligen Geschehens über die 60er Jahre bis in die Neuzeit hinein. Und es zeigte, wie in der Vergangenheit begangenes Unrecht noch Generationen später nachwirkt und seinen oft zerstörerischen Einfluss ausübt.

Auch der Einblick in den Kunstmarkt von heute, die engen internationalen Verflechtungen, das alles übte eine Faszination auf mich aus, ich spreche gerne eine Leseempfehlung für das Buch aus.

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Veröffentlicht am 18.10.2023

Späte Rache

Wetterleuchten im Roussillon (Roussillon-Krimi 2)
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Ich schäme mich ein wenig, es zuzugeben, aber französische Nachkriegsgeschichte lerne ich mittlerweile aus Krimis. Und glücklicherweise gibt es Autoren, die gut recherchieren. Bei Philippe Georget gibt ...

Ich schäme mich ein wenig, es zuzugeben, aber französische Nachkriegsgeschichte lerne ich mittlerweile aus Krimis. Und glücklicherweise gibt es Autoren, die gut recherchieren. Bei Philippe Georget gibt es im Anhang des Buches einen kleinen Katalog mit Literatur, um das Thema zu vertiefen.

Gilles Sebag ermittelt in diesem Fall parallel in zwei Fällen, später werden es sogar noch mehr. Zum einen ist ein Klassenkamerad seiner Tochter tödlich verunglückt. Der in den Unfall verwickelte Fahrer eines Lieferwagens kann sich, trotzdem er unter Alkoholeinfluss stand, an ein kleines Auto erinnern, dem er ausweichen musste. Nur leider glaubt ihm das niemand. Später wird sich seine Aussage bestätigen.

Ganz in der Nähe wird ein alter Mann erschossen, auch für diesen Mord ist der Inspektor zuständig. Auf der Tür prangt auffällig die Signatur OAS, eine französische Guerillaorganisation, die in der Zeit des Algerienkrieges gegen ihre Vertreibung aus Algerien mit allen Mitteln anging. Wenige Zeit später folgt ein weiterer Mord mit der gleichen Signatur.

Die Kollegen vom Kommissariat tauchen tief in die Zeit des Algerienkrieges ein. Das führt natürlich zu gewissen Längen und nimmt dem Krimi manchmal die Geschwindigkeit. Hier fand ich es aber besser, mehr über die Hintergründe zu erfahren. Wie gesagt: eine kleine zusätzliche Geschichtsstunde:)

Mir gefallen die Bücher von Philippe Georget und besonders gefreut hat es mich, dass es nun auch einen vierten Band gibt. Er steht schon auf meiner Wunschliste!

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