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Veröffentlicht am 18.02.2024

Begeisterung auf ganzer Linie

Fräulein Gold: Der Himmel über der Stadt
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„Fräulein Gold - Der Himmel über der Stadt“ von Anne Stern ist der dritte Teil der gleichnamigen Reihe, in der es um die junge Hebamme Hulda Gold geht, die sich um die werdenden Mütter kümmert, aber auch ...

„Fräulein Gold - Der Himmel über der Stadt“ von Anne Stern ist der dritte Teil der gleichnamigen Reihe, in der es um die junge Hebamme Hulda Gold geht, die sich um die werdenden Mütter kümmert, aber auch Missständen auf den Grund geht.

Berlin, 1924: Hulda hat eine neue Stelle als Hebamme an der Frauenklinik Berlin-Mitte angetreten. Dort versorgt sie auf dem neuesten Stand der Dinge die Frauen und ihre Neugeborenen. Doch nach kurzer Zeit kommt es zu einem tragischen Unfall: Bei einem Kaiserschnitt verblutet eine junge Schwangere. Die Operation wurde vom ehrgeizigen Doktor Egon Breitenstein durchgeführt. Zufällig stolpert Hulda über Ungereimtheiten, doch als sie anfängt Nachforschungen anzustellen, ist niemand dazu bereit ihr Auskunft zu geben.

2024 wird wahrscheinlich das Jahr von Hulda Gold bei mir. Die ersten beiden Teile habe ich im letzten Jahr gelesen und dieses Jahr möchte ich die restlichen Bände der Reihe lesen, so dass ich im Dezember 2024 direkt mit Band 7 weitermachen kann.
Ich war schnell wieder in der Welt von Hulda Gold gefangen. Der Schreibstil von Anne Stern und wie sie die Dinge beschreibt, gefällt mir wahnsinnig gut. Ich habe das Buch kurz unterbrochen, weil ich dann doch erstmal das andere Buch beenden wollte, dass ich parallel gelesen habe und es war kein Problem wieder in die Geschichte reinzukommen.
Für Hulda ändert sich in diesem Buch viel, dadurch, dass sie in einer Klinik anfängt zu arbeiten. Die Umstände für ihren Wechsel wurden für mich einleuchtend dargestellt und an ihrer Seite habe ich den Klinikalltag und die Unterschiede zu ihrer vorherigen Tätigkeit als freie Hebamme kennengelernt.
Die Autorin hat die Zeit, meiner Meinung nach, wieder einmal grandios eingefangen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es so ähnlich gewesen ist im Jahr 1924. Ich habe miterlebt, wie es nach der Hyperinflation wieder bergauf geht. Die Menschen finden neue Arbeit, es gibt wieder Waren, neue Stadtteile entstehen und insgesamt scheint es den Menschen besser zu gehen.
Es sind hier manchmal auch die Kleinigkeiten, die eingewoben sind. Politik spielt in diesem Roman keine übergeordnete Rolle und doch bekommt man hier und da mit, was passiert und was in Teilen der Gesellschaft schwelt. Ich als Leserin weiß bereits, was da in der Zukunft lauert und dadurch hat mir so manche Szene im Buch auch Angst gemacht vor dem zukünftigen Schicksal einiger Personen.
Insgesamt habe ich wieder sehr mit Hulda mitgefiebert und konnte mich gut in sie hineinversetzen. Sie ist sehr hilfsbereit und hilft auch denjenigen, die ihr nicht unbedingt nur Gutes wollen. Sie kann hartnäckig sein, wenn es darum geht an Informationen zu kommen. Sie versteht es ihr Leben zu genießen, ist manchmal aber auch sehr nachdenklich.
Die Beziehung zu Karl North ist auch in diesem Band sehr kompliziert und mir wurde manchmal gemeinsam mit Hulda sehr schwer ums Herz. Es gab sehr schöne Momente, aber eben auch die, in denen klar wird, dass es so nicht weiter gehen kann. Das fand ich so gut eingefangen von der Autorin. Es werden auch ernste Themen angesprochen und es wird deutlich, dass die Liebe nicht der Heilsbringer für alles ist. Depressionen und Alkoholsucht sind Dinge, die eine Beziehung sehr belasten können.
Ich mag die Mischung in diesem Roman sehr gerne. Diese Reihe ist für mich so lebensnah und ich habe einen Faible für die Weimarer Republik entwickelt. Ich empfinde diese Zeit als sehr spannend und faszinierend. Allerdings wird diese Reihe auch als Krimi beworben und da muss ich sagen, das mit dem Krimi ist etwas kurz gekommen. Ja, Hulda ist immer mal wieder mit den vereinzelten Todesfällen bei der Geburt beschäftigt, aber das läuft alles sehr im Hintergrund und wird dann zum Schluss ganz schnell aufgeklärt. Mich persönlich hat das nicht gestört, weil ich eh nicht so der Hardcore-Krimi-Fan bin und ich immer so gefangen in der Geschichte und dem drumherum bin. Ich kann mir allerdings schon vorstellen, dass richtige Krimi-Fans da eher enttäuscht sein werden.
Mich hat ein wenig gestört, dass Kinder auch in diesem Band abfällig als Gören bezeichnet werden. Ich mag das nicht. Es wird allerdings ein bisschen wieder wett gemacht in Szenen, in denen Hulda sich liebevoll um ein Neugeborenes kümmert. Ich bin gespannt, ob wir sie irgendwann auch als Mutter erleben werden.

Fazit: Ein wunderbarer dritter Teil, der viele Veränderungen mit sich gebracht hat und wieder so lebensnah erzählt worden ist, dass man mitfühlt und das Buch kaum zur Seite legen kann. Ich mag die Mischung Historie, Alltag und einer Prise Krimi sehr gerne. Wer sich für die Zeit der Weimarer Republik und die Arbeit als Hebamme interessiert, ist bei dieser Reihe genau richtig. Krimi-Fans kommen glaube ich nicht so ganz auf ihre Kosten bei dieser Reihe.

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Veröffentlicht am 26.11.2023

Ein runder Abschluss für die Reihe

Paradox 3
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„Paradox 3 - Ewigkeit“ von Phillip P. Peterson ist der finale Band der Paradox-Reihe, in der es um eine vierköpfige Astronautencrew geht, die geleitet von einer künstlichen Intelligenz den Geheimnissen ...

„Paradox 3 - Ewigkeit“ von Phillip P. Peterson ist der finale Band der Paradox-Reihe, in der es um eine vierköpfige Astronautencrew geht, die geleitet von einer künstlichen Intelligenz den Geheimnissen des Universums auf den Grund geht. Dieser Roman ist im Juli 2019 im Selbstverlag erschienen.

Achtung! Spoiler enthalten, da finaler Band einer Reihe.

Von ihrer letzten Mission für Q haben Ed, Grace, Wendy und David ein Wurmloch für die Menschheit mitgebracht. Ein Wurmloch, dass eine Zukunft für die Menschheit bereithält, dass jedoch sofort von dieser abgelehnt und zerstört wird. Die Zukunft der Menschheit scheint somit besiegelt, doch Q hat noch eine weitere Aufgabe für die vier Astronauten. Er schickt diese zu einem Planeten, der den Gesetzmäßigkeiten des Universums trotzt und in dieser Form gar nicht existieren sollte. Ed, Grace, Wendy und David sollen die Geheimnisse dieses Planeten lösen.

Dieses Buch versprach unterhaltsame Lektüre für die Rückfahrt von der FBM zu werden und mit seinen 340 Seiten war es auch nicht allzu lang.
Die Ereignisse schließen direkt an denen aus dem vorherigen Band an und so war ich direkt wieder drin im Geschehen. Ich war gespannt, was sich der Autor diesmal ausdenkt, denn mit dem Ende des zweiten Bandes hätte man zufrieden sein können.
Dieses Buch legt einen gewissen Pessimismus an den Tag, was die Menschheit betrifft, den ich für gerechtfertigt halte. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, dass genauso gehandelt wird, sollten wir eine solche Chance wie im Buch erhalten. Allerdings hat der Autor auch einen Plan B eingebaut, den wir in diesem finalen Band erkunden. Jedes Buch dieser Reihe hatte seine ganz individuelle Geschichte, aber auch übergeordnet ergibt sich am Ende ein harmonisches Bild.
Diesmal sollen die vier Protagonisten also einen fernen Planeten erkunden, der der künstlichen Intelligenz Q Rätsel aufgibt. Hierbei werden diesmal Themen wie die Relativitätstheorie, schwarze Löcher, Quantenphysik, der Omega-Punkt und noch einiges mehr behandelt. Es war nicht ganz so überladen wie der mittlere Band, aber auch hier wurden wieder viele Theorien angesprochen, die es wirklich gibt. Dabei versteht es der Autor gut, den wesentlichen Kern dieser Theorien zu vermitteln, so dass es auch für mich als Laien verständlich war.
Bei Science-Fiction kann ich deutlich besser Dinge hinnehmen als in anderen Genres, wie z.B. dass es mit gewissen Antrieben ein Leichtes sein könnte, durch unser gesamtes Universum zu fliegen. Es gibt echte Theorien dazu und diese werden in dieser Reihe halt erkundet. Ob es wirklich so ist, werden wir wahrscheinlich nicht erfahren, aber ich mag es einfach mir das vorzustellen. Diese Reihe appelliert an mein kindliches „Was wäre, wenn das Universum so und so funktionieren würde“ und ich liebe es.
Die Protagonisten habe ich ausreichend kennen und schätzen gelernt. Ed legt auch diesmal wieder seinen gewohnten Sarkasmus an den Tag. David ist ein bisschen vorsichtiger unterwegs, hat aber viel zum Gelingen der Mission beizutragen. Wendy und Grace muss ich im Nachhinein sagen, sind wieder einmal etwas blass geblieben. Insgesamt hat die Crew sich sehr gut ergänzt und jeder hatte seine Daseinsberechtigung. Q hat mit seiner unvergleichlichen Art wieder für eine interessante Reise gesorgt. Q schlüpft gerne in die Rolle eines Wissenschaftlers, dessen Theorie etwas mit der Aufgabe für die Crew zu tun hat und dessen diebische Freude ansteckend ist.
Am Ende gibt es noch ein kurzes Nachwort, in dem der Autor Informationen zu den verwendeten Theorien ergänzt und zu manchen auch Lektüre empfiehlt, sollte man sich tiefergehend mit diesen beschäftigen wollen.

Fazit: Die Paradox-Reihe hat mit diesem Band einen runden Abschluss erhalten. Mir hat die Reise der vierköpfigen Astronautencrew zum rätselhaften Planeten sehr gut gefallen. Ich wurde gut unterhalten und der Autor versteht es die Theorien verständlich zu vermitteln.

Veröffentlicht am 18.11.2023

Ein mega Abschluss für eine ganz wunderbare Reihe

Die Totenärztin: Schattenwalzer
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„Die Totenärztin - Schattenwalzer“ von René Anour ist der vierte und letzte Teil dieser Reihe, in der es um die Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann geht. Erschienen ist der Roman bei Rowohlt im März 2023. ...

„Die Totenärztin - Schattenwalzer“ von René Anour ist der vierte und letzte Teil dieser Reihe, in der es um die Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann geht. Erschienen ist der Roman bei Rowohlt im März 2023.

Wien 1909: Erneut eine Leichenbeschau am Tatort für Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann und ihren Kollegen Franz. Diesmal ist es ein besonders heikler Fall. Ein Diplomat wurde nackt auf seinem Schreibtisch vorgefunden - umgeben von Rosen. Bei der Ermittlung der Todesursache kommt ihr die Warnung eines alten Bekannten wieder in den Sinn und es soll nicht nur bei einer Leiche bleiben. Dieser Fall wird gefährlicher denn je und eines der Opfer wird Fanny sehr nahe stehen.

Das Lesen dieses Buches wird mir wahrscheinlich noch länger in Erinnerung bleiben. Die letzten 100 Seiten habe ich auf dem Weg zur FBM gelesen. Ich wollte das Buch unbedingt beenden, bevor ich auf der Messe bin. Einerseits weil ich so neugierig auf das Ende dieser Reihe war und anderseits auch, weil ich etwas Angst vor Spoilern hatte. Die meisten, die ich kenne, hatten die Reihe nämlich bereits beendet.
Diesmal war ich sofort in der Geschichte drin, was sicher auch daran lag, dass ich nicht viel Zeit zwischen dem Lesen von Band 3 und 4 verstreichen lassen habe. Der Einstieg ins Geschehen war gut gewählt. Der Prolog war geheimnisvoll und hat neugierig auf die weiteren Geschehnisse gemacht. Der erste Mord lässt diesmal nicht lange auf sich warten.
Der Spannungsaufbau war wie in den vorherigen Romanen. Es fängt recht ruhig und interessant an, ich habe mich gefreut die altbekannten Personen wieder zu treffen und ein bisschen etwas aus deren Leben zu erfahren und dann fängt es an sich kontinuierlich von der Spannung her zu steigern. Ab der Hälfte des Buches mag ich nicht mehr wirklich aufhören zu lesen und zum Ende hin ist die Spannung kaum noch zu ertragen.
Für mich macht diese Reihe ihre tolle Mischung aus. Einerseits habe ich ein bisschen was zu Wien und den Entwicklungen Anfang des 20. Jahrhunderts erfahren, andererseits gibt es die Kriminalfälle, die Fanny aufzuklären versucht und dann gibt es noch die Ebene der Protagonisten, an deren Leben ich total beteiligt bin. Zusätzlich kommt dieser grandiose Humor hinzu, der für mich das ganze abrundet. Die Szene kann noch so spannend sein und doch gibt es oftmals noch etwas zum Schmunzeln sowie zwischendrin Ereignisse, die alles wieder etwas auflockern und einen zum Lachen bringen.
Ich hatte bei diesem Band die ganze Zeit einen gewissen Abschiedsschmerz. Ein letztes Mal Frotzeleien von Franz in Richtung Dr. Valdéry, ein letztes Mal Fanny, die Dr. Valdérys Eitelkeit für sich nutzt, ein letztes Mal Tilde, die die unpassendsten Sprüche bringt und ein letztes Mal Schlomo, der Fanny für so manches Abenteuer verkleidet hat. Umso mehr habe ich das alles beim Lesen genossen.
Ich liebe die Charaktere dieser Reihe. Ich liebe die Freundschaft von Fanny, Tilde und Schlomo, die in diesem Band besonders zur Geltung kommt. Ich liebe es, wie viel Vertrauen und Stolz Fannys Vater für seine Tochter hat. Ich mochte sogar Tante Agathe, auch wenn sie manchmal etwas übergriffig ist. Max hat sich in diesem Band allerdings eher unbeliebt gemacht. Gut hingegen fand ich, dass auch mal eine Beziehung gezeigt wird, in der nicht immer eitel Sonnenschein herrscht. Fanny und Max haben ihre Differenzen, die sie lösen müssen. Franz ist mir sympathisch wie eh und je und ich habe in diesem Band ganz neue Talente entdeckt. Fanny und Franz gemeinsam zu erleben, finde ich immer wieder schön.
Insgesamt hat mir der Abschlussband dieser Reihe sehr gut gefallen. Die Reihe hat ein rundes Ende bekommen. Manches hat mich zum Schluss etwas überrascht, beim längeren drüber nachdenken, hingegen wiederum auch nicht. Einige Entwicklungen in diesem Roman haben mir zwischendrin so gar nicht gefallen, wurden aber gut aufgelöst und manche sind an den Aufgaben, die ihnen gestellt wurden gewachsen.
Natürlich gibt es auch diesmal wieder ein Nachwort, dass ein bisschen was zu Wahrheit und Fiktion verrät. Im Glossar kann man den ein oder anderen medizinischen bzw. österreichischen Begriff nachschlagen und vorne findet man noch eine Karte von Wien mit den wichtigsten Schauplätzen.

Fazit: Ein wunderbarer Abschluss für eine grandiose Reihe. Mir haben alle vier Bände dieser Reihe sehr gut gefallen und das sage ich über eine historische Krimi-Reihe. Diese hat meinen Nerv mit ihrer Mischung aus Krimi, Historie und Humor total getroffen. Ich bin froh, dass sich mir dadurch ein neues Genre erschlossen hat und ich freue mich auf viele weitere Bücher von René Anour. Also auch wenn ihr bisher keine Krimis mochtet, traut euch gerne an diese Reihe ran.

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Veröffentlicht am 23.04.2023

Mit Humor und Spannung weiß auch der zweite Teil zu überzeugen

Die Totenärztin: Goldene Rache
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„Die Totenärztin - Goldene Rache“ ist der zweite Teil der Totenärztin-Reihe von René Anour, in dem die Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann eine rätselhafte Mordserie aufklärt. Erschienen ist dieser historische ...

„Die Totenärztin - Goldene Rache“ ist der zweite Teil der Totenärztin-Reihe von René Anour, in dem die Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann eine rätselhafte Mordserie aufklärt. Erschienen ist dieser historische Krimi im Oktober 2021 bei Rowohlt.

Wien, 1908: Noch immer liebt Fanny die Arbeit in der Gerichtsmedizin und endlich darf sie auch selber Obduktionen durchführen. Ihr neuester Fall hatte eine geheime Botschaft dabei. Für wen diese bestimmt ist, weiß Fanny nicht. Dass sie vom Mörder stammt, kann sie nur vermuten. Hereingezogen wird sie in eine Fehde zwischen zwei mächtigen Männern, die sie dazu zwingt, unmögliche Entscheidungen zu treffen, um ihr nahestehende Personen zu schützen und auch Kunst wird diesmal eine wichtige Rolle spielen.

Mein Vorhaben die Totenärztin-Reihe noch vor der Leipziger Buchmesse weiterzulesen, habe ich umgesetzt.
Mit seinem unvergleichlichen Humor zieht René Anour einen direkt wieder ins Buch hinein und die erste Leiche lässt nicht lange auf sich warten. Auch diesmal wieder konnte ich es kaum erwarten weiterzulesen und so war dieser Band innerhalb weniger Tage gelesen.
Der Spannungsbogen war gut gesetzt. Den Fall, den Fanny in diesem Buch zu lösen hat, ist interessant. Ich mochte die Obduktionen und wie sich das Ganze immer weiter aufgebaut hat. Im Hintergrund läuft noch eine weitere Sache, die im letzten Band begonnen hat und die mich sehr zum Weiterlesen animiert hat. Im letzten Drittel ist die Spannung kaum noch auszuhalten und dennoch hat es René Anour auch dann geschafft, mich zum Lachen zu bringen.
Der Humor in diesem Buch ist wieder allererste Sahne. Es ist teilweise makaber, manchmal sarkastisch, manchmal sehr trocken. Ich habe die verbalen Schlagabtausche im medizinischen Institut sehr genossen. Für mich ist es Kunst, wenn ein Buch total spannend ist und die Protagonisten in einer sehr brenzligen Situation sind und ich dennoch laut loslachen muss. Wirklich Chapeau für das Humor-Level dieser Reihe.
Die Themenmischung hat mir sehr gefallen. Ich habe etwas über die Stadtentwicklung Wiens gelernt, etwas über die Sprache der Blumen, über Kunst. Natürlich spielen Historie und Medizin wieder eine Rolle. Gerade Letzteres hatte mein Interesse an der Reihe überhaupt geweckt, aber ich war dennoch skeptisch, weil mit mir und den historischen Krimis hat es bisher nicht so funktioniert, aber hier passt einfach alles.
Es gibt an dieser Reihe auch so viele Kleinigkeiten, die das Buch zu einem Leseerlebnis machen. Die Mischung der Charaktere ist toll. Es gibt tolle Beziehungen untereinander. Es gibt echte Freundschaft. Der Autor versteht es fast vergessene Charaktere wieder ins Spiel zu bringen. Ich habe mit den Charakteren mitgefühlt.
Die Entwicklung von Fanny hat mir insbesondere an diesem Teil gefallen. Sie ist selbstbewusster geworden und steht für sich ein. Ich liebe es, dass sie so eine tolle Beziehung zu ihrem Vater hat und sich um ihn kümmert. Manchmal ging mir ihre Schwärmerei für Max etwas auf die Nerven und dann konnte ich sie wieder verstehen.
Schlomo war für mich wieder mal ein Highlight. Durch seine Arbeit beim Theater kommt ein bisschen Glamour in die Geschichte. Er steht Fanny zur Seite und hilft ihr bei ihren Undercover-Einsätzen. Er ist mir einfach sympathisch und ich habe seine Geschichte gerne verfolgt.
Max und Franz finde ich beide auf ihre Art toll. Max als Polizist steht für ein bisschen mehr Abenteuer und er hat das Herz am rechten Fleck. Franz mag ich, weil er die Extrameile geht, um Fanny eine Freude zu machen und weil er sie an seinem Wissen auf Augenhöhe teilhaben lässt.
Das ist vielleicht ein kleiner Spoiler: Graf Waidring spielt in diesem Teil wieder eine große Rolle. Ich mochte ihn sehr und das obwohl er einer der Antagonisten in diesem Buch ist. Alles ist irgendwie ein bisschen geheimnisvoll und verworren in seiner Nähe. Ich habe ihn verabscheut, war gleichzeitig aber auch fasziniert. So Bösewichte, die nicht nur böse sind, sondern irgendwie auch gute Anteile haben, sind für mich die Besten. Die Begegnungen von Fanny und Graf Waidring sind immer wieder ein Ereignis.
Als Zusatzmaterial gibt es neben einer Karte Wiens noch ein kurzes Nachwort sowie ein Glossar zu medizinischen und österreichischen Begriffen. Ein Personenverzeichnis gibt es nicht. Die Anzahl an Personen ist übersichtlich und ich bin auch ohne gut zurechtgekommen.

Fazit: Ein gelungener zweiter Band und eine Reihe, die sich zu einem echten Highlight für mich entwickelt. Es war spannend und humorvoll zugleich und ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Wenn all meine Ausführungen zum Buch für euch interessant klingen, bin ich mir sicher, dass es euch auch gefallen wird.

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Veröffentlicht am 05.02.2023

Der erste historische Krimi, der mir richtig gut gefallen hat

Die Totenärztin: Wiener Blut
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„Die Totenärztin - Wiener Blut“ von René Anour ist der erste Fall für Fanny Goldmann, einer junger Ärztin, die als Prosekturgehilfin in der Gerichtsmedizin Anfang des 20. Jahrhunderts arbeitet. Erschienen ...

„Die Totenärztin - Wiener Blut“ von René Anour ist der erste Fall für Fanny Goldmann, einer junger Ärztin, die als Prosekturgehilfin in der Gerichtsmedizin Anfang des 20. Jahrhunderts arbeitet. Erschienen ist der Roman im Juli 2021 bei Rowohlt.

Wien, 1908: Der Fall scheint zunächst klar zu sein, als ein obdachloser Toter in die Gerichtsmedizin eingeliefert wird. Auf den ersten Blick deutet nichts auf einen Mord hin. Doch die junge Ärztin Fanny Goldmann hat einen Blick für die Details und so fällt ihr einiges auf, dass nicht ins Bild passen will. Sie entschließt sich die Leiche heimlich in der Nacht zu obduzieren und gerät so in eine Verschwörung, in der Diebe, windige Grafen und ein verschwundener Diamantstern Kaiserin Sisis eine große Rolle spielen. Ihre Ermittlungen führen Fanny an die unterschiedlichsten Schauplätze Wiens und bringen sie nicht nur einmal in Gefahr.

Ich kann freudig verkünden: Ich habe einen Krimi gelesen, in diesem Fall sogar historisch, und dieser hat mir richtig gut gefallen. Es gab schon den ein oder anderen Krimi, den ich ok fand, aber so richtig begeistern konnte mich dieses Genre bisher nicht. Mein Experiment mit den Krimi-Kurzgeschichten und der richtigen Erwartungshaltung finden, ist also geglückt.
Das Buch lässt sich nicht lange bitten und startet direkt mit der Obduktion einer Leiche. Mir hat es den Einstieg erleichtert, da es gleich zu Beginn viele interessante Informationen gibt und ich konnte mir alles sehr gut vorstellen. Das hier Medizinhistorie mit einem Kriminalfall verbunden wird, war eine der Dinge, die mich schon vor dem Lesen angesprochen haben. Darüber hinaus schafft es René Anour das Wien des 20. Jahrhunderts einzufangen und alles durch Humor aufzulockern. Mir hat diese Mischung wahnsinnig gut gefallen.
Fanny war mir sehr sympathisch und ich habe sie gerne begleitet. Anfang des 20. Jahrhunderts war es nicht selbstverständlich für eine Frau zu studieren und zu arbeiten. Sie hat sich dennoch für den Weg entschieden, der ihrem Wesen entspricht, auch wenn dies nicht den Konventionen der Zeit entsprach. Die Freundschaft von ihr und Tilde hat mir sehr gut gefallen. Tilde hat den Fokus so manches Mal etwas anders gelegt, aber sie war immer an Fannys Seite und sie hatte so manche hilfreiche Idee. Vielleicht tue ich den anderen Büchern in dieser Hinsicht unrecht, aber so eine Freundschaft zwischen zwei Frauen so wirklich frei von Missgunst und Konkurrenzdenken ist mir selten in Büchern begegnet.
Die gesamte Mischung an Charakteren war super. Fanny hat einen tollen Vater. Franz arbeitet mit ihr gemeinsam in der Gerichtsmedizin und begegnet ihr dort auf Augenhöhe. Schlomo war sein ganz eigenes Kaliber und konnte Fanny mit seinen besonderen Talenten bei den Ermittlungen helfen. Fannys Tante war altmodisch, manchmal etwas nervig, aber dennoch irgendwie liebenswert. Und natürlich gab es auch einige wenige Charaktere, die mir eher unsympathisch waren. Der Institutsleiter, der Fanny nicht ernst nimmt und sie nur als Gefallen an seine Ehefrau eingestellt hat, sei hier stellvertretend als Beispiel genannt.
Alte Hasen des Krimi-Genres konnten wahrscheinlich sehr schnell sagen, wer der Täter ist. Für mich war es sehr gut gemacht. Ich hatte Spaß daran als am Ende das gesamte Puzzle zusammengesetzt wurde und man sich dann an die Hinweise darauf erinnert hat. Es kam nicht ganz überraschend, aber es war immer noch interessant genug die Hintergründe dazu zu erfahren. Wäre es anders gewesen, dann hätte mich das Buch denke ich gelangweilt. Ich finde das immer schade, wenn ich die Auflösung einer Geschichte schon sehr früh ahnen kann.
Das Ende des Romanes hat mich dann nochmal kalt erwischt. Ihr werdet ziemlich sicher direkt weiterlesen wollen. Ich wollte es zumindest, habe mich allerdings zusammengerissen, da ich mein Glück in Bezug auf Krimis nicht überstrapazieren wollte. Ich bin sehr froh endlich einen Zugang zu diesem Genre gefunden zu haben, bin mir aber ziemlich sicher, dass ich jetzt nicht gleich unzählige Krimis hintereinander lesen möchte.
Bezüglich des Zusatzmaterials hat mich dieses Buch vollkommen zufrieden gestellt. Es gibt eine Karte von Wien im Buch, ein Glossar zu medizinischen und österreichischen Begriffen, ein Nachwort, das Fiktion und Wahrheit voneinander trennt sowie eine Danksagung. Die Anzahl der Personen ist übersichtlich, so dass es keines Personenverzeichnisses bedarf.

Fazit: Ein historischer Krimi, der mir von Anfang bis Ende gefallen hat und den ich in zwei Tagen durchgesuchtet habe. Die Mischung aus Medizinhistorie, Humor und Krimi im Wien des 20. Jahrhunderts hat mir wahnsinnig gut gefallen und ich bin sehr gespannt auf die Fortsetzungen. Wer einen Krimi mit einer tollen Freundschaft zwischen zwei Frauen lesen möchte, ist bei René Anour an der richtigen Adresse.