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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.02.2024

Blutrünstig & ein wenig (zu) konstruiert

Gott ist böse
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Der Psychoanalytiker Robert Forster, der sich täglich mit schweren Kriminellen und Psychopathen befasst, wird plötzlich mit einer schockierenden Realität konfrontiert. Während eines seiner Anti-Aggressionstrainings ...

Der Psychoanalytiker Robert Forster, der sich täglich mit schweren Kriminellen und Psychopathen befasst, wird plötzlich mit einer schockierenden Realität konfrontiert. Während eines seiner Anti-Aggressionstrainings explodiert eine Bombe, und ein Patient kommt dabei ums Leben. Die Situation verschärft sich, als sechs seiner Studenten entführt werden. Der Entführer zwingt Forster zu einem beunruhigenden Spiel, bei dem er täglich einen der Studenten töten wird, wenn Forster nicht kooperiert. Es wird klar, dass der Täter Forster kennt und nur er die Studenten retten kann. Es beginnt ein nervenzerreißender Kampf um Leben und Tod.

In „Gott ist böse“ begleiten wir Robert Forster auf der Suche nach dem Verantwortlichen für die bestialischen Morde. In einer der Erzählperspektiven sind die Leser:innen hautnah dabei und erhalten Einblicke in seine Gedanken- und Gefühlswelt. Einerseits fand ich diese Perspektive unheimlich spannend, weil sie nicht nur Forster und seine Herangehensweise offenbarte, andererseits ging mir das doch alles ein wenig zu ruhig von statten. Natürlich merkte man die Angst und die Zeitnot, aber irgendwie konnte ich nicht vollkommen zu ihm durchdringen. Man merkte zwar, dass ihm die Zeit wie Sand in den Fingern zerrann, aber irgendwas fehlte mir, um es ihm komplett abzukaufen.
Eine weitere Perspektive wechselte zwischen den Jugendlichen, die auf grausame Art und Weise gefoltert wurden und immer wieder einen aus ihren Reihen verloren. Ich mochte die Zerissenheit, die in manchen von ihnen unfassbar spürbar war. Der Gefallen am Blutrausch, der sich ganz schnell in die blanke Angst ums Überleben verwandelte.

Ich bin absolut unschlüssig, wie mir der Thriller gefallen hat. Ich mochte die Idee und die Herangehensweise, das Ende bzw. das Aufdecken der Identität des Täters hat mich überrascht, aber nicht komplett aus den Socken gehauen. Zwischendrin gab es immer wieder Dinge, die an die Oberfläche gekommen sind, obwohl sie vielleicht lieber im Verborgenen hätten bleiben sollen, aber irgendwie war mir alles ein wenig too much. Zu brutal & zu konstruiert. Ebenso erinner ich mich an eine Geschichte, die erschreckend viele Parallelen zu dieser hier aufweist. Natürlich kann das Rad nicht immer neu erfunden werden, aber ich meine, dass die Ähnlichkeiten schon verblüffend sind, weswegen mich diese hier wahrscheinlich nicht mehr komplett mitreißen konnte.

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Veröffentlicht am 10.01.2024

Kurzweilig mit einigen Längen

Die Witwe
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Nicole und Tom können ihr Glück kaum fassen. Ein Lottogewinn über mehrere Millionen Euro verändert ihr bis dahin sehr sparsames und einfaches Leben von einen auf den anderen Moment. Das glückliche Ehepaar ...

Nicole und Tom können ihr Glück kaum fassen. Ein Lottogewinn über mehrere Millionen Euro verändert ihr bis dahin sehr sparsames und einfaches Leben von einen auf den anderen Moment. Das glückliche Ehepaar zieht in eine speziell für sie angefertigte und mit Hightech ausgestattete Smartscheune aus Glas, die einen malerischen Ausblick bietet. Doch das Glück des jungen Paares hält nicht lange an, denn eines Tages findet Nicole ihren Ehemann Tom ermordet im Pool auf. Was ist ihm passiert? War es ein Unfall oder Mord? Relativ schnell ist sie sich sicher, dass jemand aus ihrem nächsten Umfeld für Toms Tod verantwortlich sein muss. Doch ihre einzigen Nachbarn sind ein nettes Paar, das zusammen mit ihrer Haushälterin Kitty in einem großen Anwesen lebt. Nicole fühlt sich bedroht und durch das Glaushaus nicht unbedingt unbeobachtet.

Die Geschichte wird aus den unterschiedlichen Perspektiven der Charaktere erzählt. Besonders spannend fand ich, dass irgendwann auch die Perspektive des Opfers einfließt und die Leser:innen so seine letzten Stunden hautnah miterleben können.

Die Charaktere fand ich für die Geschichte ausreichend erzählt und authentisch. Auch wenn ich nicht die Handlungen aller immer zu 100 % nachvollziehen konnte, waren sie für mich in sich schlüssig. Jede:r von ihnen hatte ein oder gleich mehrere Geheimnisse, die nach und nach an die Oberfläche kamen und so die Geschichte immer wieder in neue Richtungen lenkte.

Der Schreibstil war angenehm, flüssig und brachte die Geschichte gut rüber. Hin und wieder waren ein paar Passagen relativ zäh und hätten in sich kürzer oder sogar komplett weggelassen werden können.
Ich mochte die ständigen Geheimnisse, die mich immer wieder auf falsche Fährten gelockt haben, aber irgendwann wollte ich einfach nur noch wissen, wie der Todestag von Tom abgelaufen ist, ohne noch weitere Ausschmückungen lesen zu müssen.

Alles in allem ein solider Roman mit einigen Spannungselementen, der in sich zwar hätte kürzer sein können, aber trotz allem sehr kurzweilig gewesen ist.

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Veröffentlicht am 03.01.2024

Starke Geschichte, schwache Charaktere

Die Übersetzerin
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In Jersey im Jahr 1940 tritt Hedy eine Position als Übersetzerin für die deutschen Besatzer auf der Kanalinsel an. Ihre jüdische Identität bleibt vorerst unbekannt. Während sie heimlich Widerstand gegen ...

In Jersey im Jahr 1940 tritt Hedy eine Position als Übersetzerin für die deutschen Besatzer auf der Kanalinsel an. Ihre jüdische Identität bleibt vorerst unbekannt. Während sie heimlich Widerstand gegen die Nazis leistet, entwickelt sie ausgerechnet Gefühle für den deutschen Wehrmachtssoldaten Kurt, der diese erwidert. Doch ihre wahre Identität bleibt nicht lange verborgen. Gemeinsam mit Kurt und einer engen Freundin plant Hedy mutig, ihren Verfolgern zu entkommen.

Die zentrale Figur ist Hedy Bercu, eine österreichische Jüdin, die 1938 vor der drohenden Deportation nach Jersey flieht. Anfangs wird sie, wie alle Flüchtlinge, eher geduldet als willkommen geheißen. Die Situation ändert sich jedoch 1940, als die Wehrmacht die Insel besetzt und die Registrierung aller Ausländer fordert, vor allem, um Macht zu demonstrieren und Juden aufzuspüren. Zunächst scheint Hedy Glück zu haben, indem sie eine Stelle als Übersetzerin bei den Deutschen bekommt und sogar einen Freund unter den Wehrmachtsoffizieren findet. Doch im Laufe der Zeit verschlechtern sich die Bedingungen, und drei Jahre später bleibt ihr keine Wahl, als ihr Überleben in die Hände anderer zu legen und unterzutauchen.

Obwohl Hedys Erfahrungen und Erlebnisse per se stark emotional sind, hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, die Autorin versucht eine gewisse Distanz zwischen ihrer Geschichte und den Leser:innen zu wahren. Ich hatte keine Chance, an Hedy heranzukommen, da die Autorin scheinbar keinen oder nur sehr wenig Platz für Mitgefühl oder Empathie ließ. Auch Hedy ist als Protagonistin keine wirkliche Sympathieträgerin. Ich verstehe, dass es Teil des Stils ist und Hedy stark und abgehärtet sein msuste, um all das ertragen zu können und sich das natürlich in der Charakterbeschreibung und auch in der Metaebene der Erzählung wiederspiegelt, aber es war mir dann doch ein wenig zu wenig. Gefühlt interessierte es Hedy nur selten, was um sie herum passierte bzw. ließ sie sich nur soweit darauf ein, wie es ihr eigenes Leben nicht streifte. Zum Beispiel bin ich immer noch ratlos, warum sie dem besten Freund nicht stark nachtrauerte oder dessen Frau mehr Trost spenden wollte oder konnte. Stattdessen begegnete sie ihr teilweise mit Überheblichkeit.

Alles in allem ist es eine wirklich starke Geschichte, ein wichtiges Thema, aber durch die Protagonistin ging leider viel Gefühl verloren.

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Veröffentlicht am 20.12.2023

Kurzweiliger Krimi

Der Pakt – Zwei Frauen. Eine Flucht. Und ein dunkles Geheimnis.
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Caroline, die sich dem Schutz des Gesetzes verschrieben hat, hütet ein Geheimnis, von dem niemand ahnt, dass sie bereits gegen ihre eigenen Prinzipien verstoßen hat. Als sie in der Mitte der Nacht zu einer ...

Caroline, die sich dem Schutz des Gesetzes verschrieben hat, hütet ein Geheimnis, von dem niemand ahnt, dass sie bereits gegen ihre eigenen Prinzipien verstoßen hat. Als sie in der Mitte der Nacht zu einer dringlichen Besprechung ins Präsidium gerufen wird, scheint ihre schlimmste Befürchtung Wirklichkeit zu werden: In einem abgelegenen Forsthaus hat eine Explosion mehrere Menschenleben gefordert, und zwei Jugendliche befinden sich auf der Flucht. Caroline wird beauftragt, die Verdächtigen aufzuspüren – eine Aufgabe, der sie sich nur widerwillig stellt. Denn mit einer der flüchtigen Personen teilt Caroline ein düsteres Geheimnis aus ihrer eigenen Vergangenheit ... Mit jedem Schritt in Richtung der flüchtenden Jugendlichen wächst die Gefahr für Caroline selbst.

Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben. Hauptsächlich wechseln sie zwischen der Ermittlerin Caroline und den Flüchtigen Jugendlichen. An sicht hat mir die Erzählweise wirklich gut gefallen, da man quasi in Echtzeit beide Seiten verfolgen konnte und wenig ausgelassen wurde. Sein Schreibstil zeichnete sich durch die perfekte Mischung an Atmosphäre und Zugänglichkeit aus. Hier merkte man jedoch stark, dass der Autor eigentlich ein Drehbuchautor ist. Hin und wieder hat mich der krasse Perspektivwechsel ein wenig rausgerissen, mich aber andererseits auch am Ball gehalten. Da bin ich ein wenig zwiegespalten.

Caroline als Protagonistin überzeugt auf ganzer Linie. Mit einigen Eigenheiten wirkt sie dennoch äußerst authentisch. Ihre Ängste und Panikmotive werden wirklich gut vermittelt, während das zugrundeliegende Geheimnis eine beachtliche Spannung erzeugt, auch wenn es nicht so spektakulär aufgelöst wird, wie ich zunächst gehofft hatte.

Anfangs lässt die Spannung auch eine ganze Weile auf sich warten, gewinnt jedoch im Verlaufe des Buches rasant an Fahrt. Ein regelrechter Showdown entfaltet sich, der allein das Lesen des Buches rechtfertigt. Die actionreichen Kampfszenen sorgen für ein beeindruckendes Kopfkino.

Das Ende war für mich ein wenig arg konstruiert und überzeugen, aber dennoch hatte ich wirklich Spaß beim Lesen und hab mich gut unterhalten gefühlt. Jedoch würde ich sagen, dass es sich hierbei eher um einen Krimi als um einen Thriller handelt.

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Veröffentlicht am 20.11.2023

Miträseln

Abgrund
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Clementine kann es noch immer nicht glauben: Ihre kleine Schwester ist tot. In einer wunderschönen und sternenklaren Nacht, soll sich Poppy von einer Klippe gestürzt haben. Die Untersuchungsergebnisse ...

Clementine kann es noch immer nicht glauben: Ihre kleine Schwester ist tot. In einer wunderschönen und sternenklaren Nacht, soll sich Poppy von einer Klippe gestürzt haben. Die Untersuchungsergebnisse der Ermittlungen lassen keinen Zweifel. Doch Clementine zweifelt. Ihre Schwester soll sich umgebracht haben? Niemals. Doch in besagter Nacht bekam Clementine einen Anruf, der ins Leere lief – von ihrer Schwester Poppy.
Während ihre Eltern gelähmt sind vor Schmerz, findet Clementine keine Ruhe und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Sie taucht ein in Poppys Leben und versucht herauszufinden, was in den letzten Monaten passiert ist. Denn sie ist sich sicher: Poppy hat sich nicht umgebracht. Sie wurde ermordet.

Ich hab die Geschichte um Clementine unwahrscheinlich gern gelesen. Clementine war so voller Selbstvorwürfe, Trauer, Schmerz und dem Willen, ihrer Schwester Gerechtigkeit zu schenken. Die Leute davon zu überzeugen, dass Poppy sich nicht das Leben nahm. Poppy wieder ins rechte Licht zu rücken. Auch wenn mir Clementine an sich nicht sonderlich sympathisch gewesen ist, war ich einfach komplett bei ihr. Ihre von Schmerz, Trauer und Ungläubigkeit getriebene Motivation war einfach mitreißend. Ich musste an ihrer Seite herausfinden, was mit Poppy passiert ist.

Und das tat ich. Und rätselte. Es wurden so viele falsche Fährten gelegt, dass ich kaum noch hinterher kam. Auf einmal waren jede:r und alle verdächtig. Manche Dinge zu offensichtlich und deswegen wieder verworfen, später wieder aufgenommen, weil sie eventuell doch wahrscheinlicher waren als zunächst angenommen. Ich kam aus dem Rätseln nicht mehr raus und hatte unwahrscheinlich Spaß daran, in Sackgassen zu laufen, falschen Menschen zu vertrauen und den richtigen zu misstrauen.

An sich zog sich die Geschichte an manchen Stellen schon sehr in die Länge, aber es machte dennoch Spaß. Besonders auch die Zerrissenheit zwischen Clementine und ihren Eltern, das zarte Band, das sich langsam wieder knüpfte, nur um dann zerrissen zu werden. Ehrliche Kommunikation ist einfach mal wieder der Schlüssel.

Ein Buch, das zum Nachdenken anregt, zum Miträseln einlädt und so voller Trauer ist, dass es einen teilweise zerreißt.

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