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Bianste

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.12.2017

Unterkühlt

Leere Herzen
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Babak und Britta führen ein Unternehmen, das Selbstmörder sucht: entweder, um sie vom Selbstmord abzuhalten oder um sie zu Selbstmordattentätern zu machen. Sie verkaufen die Kandidaten an die entsprechenden ...

Babak und Britta führen ein Unternehmen, das Selbstmörder sucht: entweder, um sie vom Selbstmord abzuhalten oder um sie zu Selbstmordattentätern zu machen. Sie verkaufen die Kandidaten an die entsprechenden Organisationen, weshalb Attentate nur noch perfekt, aber seltener stattfinden.
Die Geschichte spielt in naher Zukunft, an der Regierung ist eine Partei, die nach und nach die Grundrechte einschränkt und abschafft. Britta ist desillusioniert. Sie ist verheiratet, hat Freunde, ein Kind, ihr Mann scheint plötzlich Erfolg mit seinem Unternehmen zu haben, oder doch nicht?
Dann taucht auch noch Julietta auf – die erste Frau, die ein Selbstmordattentat begehen will – und plötzlich sprengen sich am Leipziger Flughafen zwei junge Männer in die Luft – und niemand weiß warum. Doch sie waren mal in Brittas und Babaks Firma und natürlich noch in ihrer Kundendatei …
Die Geschichte überrascht inhaltlich an vielen Stellen. Sie wirkt kühl, weil Britta versucht, so kühl zu sein, um nicht unterzugehen. Doch dadurch wirkt das Buch insgesamt recht kühl, linear, zielstrebig, ohne aber am Ende tatsächlich einem Ende, einer Überraschung, einem Highlight entgegen zu streben. Das Ende bleibt diffus, undeutlich.
Während die anfänglichen (im Text als nicht besonders gut versteckte Belehrungen) Warnungen Brittas vor einem Rechtsruck noch zeigen, wie sehr die Menschen sich treiben lassen, wenn sie ein Gefühl der Ohnmacht haben bzw. wenn sie keine ausreichenden Informationen besitzen, driftet der Roman in der zweiten Hälfte ins Unwirkliche ab. Der erste Teil wird von den Belehrungen (bzw. Warnungen) dominiert, der zweite von Aktionismus, beides überzeugt nicht wirklich.
Trotzdem kann man das Buch gut lesen, es bleibt aber ein Gefühl, dass da noch was fehlt.

Veröffentlicht am 22.11.2017

wenig Spannung

Tod in Deauville
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Die Rechnungsprüfer Eglantine de Tournevire und Jean-Francois Lacroix haben den Auftrag bekommen, die Finanzen des Museums in Deauville zu überprüfen. Noch bevor sie angefangen haben, stirbt der Buchhalter ...

Die Rechnungsprüfer Eglantine de Tournevire und Jean-Francois Lacroix haben den Auftrag bekommen, die Finanzen des Museums in Deauville zu überprüfen. Noch bevor sie angefangen haben, stirbt der Buchhalter Bougival. Eglantine ist exzentrisch, Lacroix eher nüchtern und beamtisch, dazu kommt noch der Kommissar Serano, der ehr unwillig recherchiert.
Das Museum für zeitgenössische Kunst wird von Madame Bokor geleitet, einer eher zwielichtigen Dame mit seltsamen Obsessionen.
Nach dem eher gemächlichen Auftakt bis zum Tod des Buchhalters fährt Holin alles auf, was es an Umtrieben so geben kann. Das Personal besteht zum Beispiel aus einem moldawischen Verbrecher, osteuropäischen Prostituierten, einer Rechnungsprüferin, deren Mutter Rumänin ist, Kommissar Serano ist Halbspanier, der Chef der Stadtpolizei Serbe und der Moldawier hat deutsche Doggen. Natürlich spielt auch ein Pferd eine Rolle, schnelle Autos, Schauspieler, ein gestrandeter Wal …
Das alles ist viel, aber okay. Problematischer dabei ist, dass der Autor in diesem Krimi eine allwissende Perspektive einnimmt und es so nicht möglich ist, als Leser mit einer Figur warm zu werden, sie empathisch zu begleiten. Die Perspektive springt von Innensicht auf Kommentar des Autors und alle Schritte dazwischen, ohne dem Leser dafür Zeit zu geben.
Dadurch bleibt die Geschichte blutleer und reißt einen nicht wirklich mit.

Veröffentlicht am 09.11.2017

Biber in Not

Bibergeil
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Die Bauern im Markt Hallerbach sind sehr unglücklich darüber, dass ihr kleiner Bach von Bibern als Wohnort auserkoren wurde. Sie stauen nicht nur das Wasser auf, sondern unterhöhlen auch Äcker und bringen ...

Die Bauern im Markt Hallerbach sind sehr unglücklich darüber, dass ihr kleiner Bach von Bibern als Wohnort auserkoren wurde. Sie stauen nicht nur das Wasser auf, sondern unterhöhlen auch Äcker und bringen Kapellen zum Wanken.
Kein Wunder, dass man auf Abhilfe sinnt, obwohl die Tiere eigentlich unter Naturschutz stehen. Eines Nachts wird der Bau gesprengt. Kurz darauf taucht eine Leiche auf dem Bau aus, ausgerechnet den Mann von der Naturschutzbehörde hat es dahingerafft. Alles sieht danach aus, als hätten ihn die Biber umgebracht – waren sie natürlich nicht.
Die Geschichte beginnt langsam, stellt viele Figuren vor, die Spannung ergibt sich nur aus der Atmosphäre und den angedeuteten Geheimnissen der Leute. Wir als Leser bleiben aber weit entfernt. Der allwissende Erzähler berichtet abwechselnd aus den verschiedensten Perspektiven, richtig nahe dran kommt man an die Figuren kommt man erst später. Dann nimmt die Handlung auch Fahrt auf, dann wächst uns die Hauptfigur, Kommissar Karl Holzinger, langsam ans Herz. Es gibt überraschende Wendungen, die allerdings etwas übertrieben ausfallen. Überhaupt gibt es viele Geheimnisse, viele unredliche Menschen in und um den Ort herum. Dabei wäre das Geheimnis des Karl Holzinger allein schon ein ganzes Buch wert gewesen.
Hauptsächlich denke ich jedoch, dass die gewählte Perspektive der Hauptgrund dafür ist, dass ich mich nicht richtig einfühlen, mit der Geschichte und den Figuren nicht richtig warm werden konnte.

Veröffentlicht am 26.10.2017

Mehr Spannung als Logik

Die stille Kammer
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Susan Webster verbrachte viel Zeit in der Psychiatrie, weil sie ihr drei Monate altes Baby, Dylan, umgebracht haben soll. Sie selbst kann sich nicht erinnern. Nun mehren sich die Anzeichen, dass ihr Sohn ...

Susan Webster verbrachte viel Zeit in der Psychiatrie, weil sie ihr drei Monate altes Baby, Dylan, umgebracht haben soll. Sie selbst kann sich nicht erinnern. Nun mehren sich die Anzeichen, dass ihr Sohn doch noch leben könnte. Sie beginnt, nach ihm zu suchen und nimmt dabei die Unterstützung ihrer Freundin Cassie und des Reporters Nick an.
Die in der Ich-Perspektive, von Susan, erzählten Passagen beschäftigen sich durchgehend mit der aktuellen Handlung. Dazwischen gibt es zahlreiche Einschübe in einer anderen Erzählperspektive aus den 80er/90er Jahren, in denen (verwirrend) viele Personen vorkommen. Viele sind irgendwie verwandt oder verbandelt, genau lässt sich das, auch wegen der vielen Spitznamen, nicht zuordnen.
Die Geschichte ist spannend erzählt, arbeitet aber durchgehend mit Versatzstücken der Spannungsliteratur und reiht diese aneinander, bzw. verwebt sie zu einem Thriller mit starken Spannungsmomenten, bei denen die Logik allerdings auf der Strecke bleibt. Für eine echte, tiefergehende Figurenzeichnung, die Handlungen und Wirkungen, nachvollziehbar werden ließen, fehlt wohl die Zeit.
Etwa ab der Hälfte hat mich das im Lesefluss gestört, das Ende war dann wieder überraschend, sodass ich mich gefreut habe, dass ich durchgehalten habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 22.09.2017

Moderne Archäologie

Die Stadt des Affengottes
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Douglas Preston nimmt die Leser mit ins Innere des südamerikanischen Dschungels, in ein unerforschtes Gebiet, von dem wir wenig wissen – umso mehr Gerückte um eine große, sehr alte, ehemals sehr reiche ...

Douglas Preston nimmt die Leser mit ins Innere des südamerikanischen Dschungels, in ein unerforschtes Gebiet, von dem wir wenig wissen – umso mehr Gerückte um eine große, sehr alte, ehemals sehr reiche Stadt ranken sich um dieses Gebiet.
Doch bevor es ihm gelingt, dieses Gebiet zu betreten, sind zahlreiche Vorbereitungen zu absolvieren. Einerseits bietet der Autor eine engagierte Darstellung aller bisherigen Versuche, dieses Gebiet zu bereisen, andererseits beschreibt er die Kartierung des Geländes mit hochmodernen Flugzeugkameras ausführlich.
Die Reise in den Dschungel selbst, die Begegnung mit den Gefahren und die tatsächlich gewonnenen Erkenntnisse machen nur einen kleinen Teil des Buches aus. Der letzte Abschnitt widmet sich unter anderem den Nachwirkungen dieser archäologischen Reise für den Autor selbst.
Das Buch liest sich interessant, da der Autor es versteht, sehr präzise zu formulieren und den Lesefluss ansprechend zu gestalten. Leider sind viel zu viele Daten und Fakten verarbeitet worden. In Erinnerung bleibt selbstverständlich ein allgemeiner Eindruck, die einzelnen Stationen bleiben jedoch nicht im Gedächtnis. Einige Szenen im Urwald sind sehr plastisch und auch die sind bleibend.
Begeistert haben mich die heutigen technischen Möglichkeiten und auch einige der Figuren, die ich beim Lesen etwas näher kennenlernen durfte.
Da es sich hier um ein Sachbuch handelt, mögen andere größeres Interesse an den Details haben, für mich wären ein paar weniger mehr gewesen.