Düster, fesselnd, ein Highlight!
Jack the Ripper`s Sammlung der HerzenIn letzter Zeit sehe ich immer wieder neue Bücher, die von Jack the Ripper handeln. Dabei ist es schon über hundert Jahre her, dass der Serienmörder – dessen Identität bis heute nicht geklärt ist – sein ...
In letzter Zeit sehe ich immer wieder neue Bücher, die von Jack the Ripper handeln. Dabei ist es schon über hundert Jahre her, dass der Serienmörder – dessen Identität bis heute nicht geklärt ist – sein Unwesen in London getrieben hat. Fünf Morde gelten als gesichert – diese Frauen starben angeblich durch seine Hand. Als sein letztes Opfer gilt Mary Jane Kelly. Sie wurde grausam verstümmelt, ihr Herz wurde entfernt und entwendet oder verbrannt. Und hier beginnt die Story, die Maya Shepherd um Jack the Ripper und Mary Jane Kelly webt.
Beim Drachenmondverlag ist es einfach ein Muss, auf die genialen Einbände hinzuweisen, und hier hat Alexander Kopainski sich mal wieder selbst übertroffen. Klar, Morde bringen meist Blutvergießen mit sich, und nicht umsonst gibt es unter uns Crime-Liebhabern die Redewendung „die Taten sind so grausam, das Blut tropft schon aus dem Buch“. Das wurde hier fast wörtlich genommen und der Buchschnitt erstrahlt in rubinrot mit goldenen Elementen – unter anderem ein menschliches Herz. Auch das Cover kann sich durchaus sehen lassen; durch die goldene Schrift wirkt die Gestalt im Bild geisterhaft und im Hintergrund erahnen wir das viktorianische London. Ich kann mich gar nicht satt sehen (merkt ihr, oder?).
Das East End als Setting fesselt mich ungemein. Es umfasst die Bezirke östlich des mittelalterlichen Stadtkerns und nördlich der Themse. Heute gilt es als Trendbezirk, doch damals hatte es den Ruf eines riesigen Slums, der von einer unmoralischen und kriminellen Bevölkerung bewohnt wurde. Genau das macht für mich den Reiz aus. Auf der einen Seite haben wir ein verruchtes, dreckiges Viertel - auf der anderen einen Serienmörder, der das Leid der Armen und Kranken ausnutzt. Schurken, Trunkenheit, Last und Sünde. Vor allem Prostituierte. Das perfekte Milieu für Verbrechen.
Mary Jane Kelly erzählt die Story aus ihrer Perspektive. Das hat mich direkt neugierig gemacht, denn sie ist tot und rastlos – ein heimtückischer Plan ihres Mörders, der alles daran setzt, diesen zu verwirklichen.
Dunkle Magie, Morde und Fantasy – hier ist von allem etwas dabei. Nicht nur Mary Jane, sondern auch die anderen Opfer von Jack the Ripper sind greifbar gezeichnet und lassen einen ihre Emotionen spüren. Aufgrund der Dialoge werden die einzelnen Schicksale greifbar, die Lebensweisen authentisch. Oder auch die Denkweisen und Motivationen, warum jemand so und nicht anders reagiert, warum er genau diesen Weg wählt und keinen anderen. Unweigerlich fragt man sich, wie man selbst in den unterschiedlichen Situationen gehandelt hätte. Was hätte ICH getan, hätte man mich erst ermordet und dann - sozusagen - wieder zum "Leben" erweckt? Hätte man mir ein Dach über dem Kopf geboten. Nahrung. Wäre ich dankbar? Wütend? Alles in einem? Man bekommt hier also genug Stoff zum Nachdenken geboten.
Durch die düstere Atmosphäre, die zur damaligen Zeit ja ohnehin vorherrschte, kam noch die Beklemmung, die die Autorin durch den Genre-Mix gekonnt hat einfließen lassen. Ich bin durch vernebelte Gassen gelaufen, habe schmutzige Luft eingeatmet und den Saum meines Kleides durch Pfützen gezogen. Die Autorin schreibt sogartig, bildhaft und weiß, wann sie Dramatik und Spannung einfließen lassen muss, um uns Leser an die Seiten zu binden.
Im letzten Drittel nimmt das Buch noch einmal richtig Fahrt auf. Die Wendungen kommen unvorhergesehen und machen dem bisher aufgebauten Spannungsbogen alle Ehre.
Fazit: Leseempfehlung! Hier wird True Crime mit dunkler Magie gemischt und heraus kommt eine Geschichte, die beeindruckend, fesselnd und düster ist. Ich habe jede Zeile genossen!