Was für ein cooler Auftakt!
Stalking Jack the RipperEine Story, die im viktorianischen England spielt und Jack the Ripper thematisiert, musste ich unbedingt lesen. Einige Rezensenten meinten, dass das Ganze wie ein Crossover zwischen Jane Austen und Rechtsmedizin ...
Eine Story, die im viktorianischen England spielt und Jack the Ripper thematisiert, musste ich unbedingt lesen. Einige Rezensenten meinten, dass das Ganze wie ein Crossover zwischen Jane Austen und Rechtsmedizin anmutet, was für mich erst einmal kurios klang, mich aber dennoch neugierig gemacht hat.
Tatsächlich ist es Maniscalco sehr gut gelungen, die Atmosphäre im London gegen Ende des 19. Jahrhunderts einzufangen. Lebhafte Beschreibungen der Stadt sowie der Gesellschaft zeichnen ein Bild, bei dem ich froh war, es nicht am eigenen Leib erfahren zu haben. Nicht nur die hygienischen Umstände, auch das soziale Umfeld der Protagonistin Audrey Wadsworth bescherten mir so manches Mal eine Gänsehaut.
Audrey hingegen erinnerte mich oft an Hazel aus „Anatomy“ von Dana Schwartz – was die anderen Damen der feinen Teegesellschaft über sie dachten, war ihr egal. Sie ging ihrer Leidenschaft nach, was nur wegen ihrer Privilegien möglich war, und studierte Gerichtsmedizin. Eigentlich waren die „höheren“ medizinischen Berufe den Männern vorbehalten, doch das störte Audrey nicht weiter. Die taffe, wissbegierige und humorvolle Lady hat einfach ihr Ding durchgezogen und mir damit ziemlich imponiert. Sie ist ihrer Zeit weit voraus und der damals noch nicht sehr weit verbreiteten Ansicht, dass Männer nicht aufgrund ihres Geschlechts Respekt gezollt werden muss, sondern sie sich Respekt durch ihre Taten verdienen müssen. Irgendwann wurden mir die Wiederholungen allerdings zu eintönig – obwohl ich Audrey ansonsten sehr gerne mochte.
Dieses Buch ist Maniscalcos Debüt und ich muss sagen, dass ihr hier eine spannende Story über den wohl schrecklichsten Mörder aller Zeiten gelungen ist. Die Personen sind exzellent in das Setting eingebaut worden und glänzen durch ihre Dynamik in verschiedenen Situationen. Gerade die Beziehung zwischen Audrey und (dem teilweise echt arroganten, aber liebevollen) Thomas ist authentisch und realitätsnah. Das Geplänkel zwischen den beiden passierte mehr so nebenbei, sodass die Spannung nicht darunter litt, sondern ständig im Vordergrund war.
Allerdings würde ich die Story trotz der Morde nicht als Horror oder Thriller eingruppieren – ein Spannungsroman würde eher passen. Weder habe ich mich gegruselt noch gab es Folter oder ähnliches. Sicher ist das Sezieren von Leichen und die (gelungene bildliche) Darstellung davon nicht immer harmlos, doch hier hielt es sich im Rahmen.
Das Werk regt außerdem zum Miträtseln an, lässt aber eine tatsächliche Festnahme von Jack the Ripper - oder eine Aufdeckung seiner Identität - offen. Was logisch ist, denn bis heute ist unbekannt, wer sich hinter dem Namen verbirgt. Die Auflösung per se hat für mich auch so gepasst und ließ mich zufrieden zurück.
Fazit: Die meisten werden die Autorin aus dem Fantasy-Bereich kennen („Kingdom of the Wicked“), hier hat sie jedoch eindrucksvoll gezeigt, dass Spannung ebenso zu ihren Stärken gehört wie das Erschaffen von (historischen) Welten. Ich freue mich schon riesig auf den nächsten Band „Hunting Prince Dracula“. Weiterempfehlung!