Toll, mal etwas ganz Anderes
Das Buch der gestohlenen Träume (Das Buch der gestohlenen Träume 1)Der Präsident von Krasnia, Charles Malstain, ist schon an der Macht, seit Rachel geboren wurde. Unter seiner Herrschaft leben die Menschen in Angst und Schrecken, vor allem Kinder werden in ihrer Freiheit ...
Der Präsident von Krasnia, Charles Malstain, ist schon an der Macht, seit Rachel geboren wurde. Unter seiner Herrschaft leben die Menschen in Angst und Schrecken, vor allem Kinder werden in ihrer Freiheit beschnitten, dürfen nicht draußen spielen oder ohne triftigen Grund das Haus verlassen. Zu ihrem elften Geburtstag machen sich Rachel, ihr Bruder Robert und ihr Vater, ein Bibliothekar dennoch auf, um unerlaubt in die Bücherei einzudringen. Bevor der Vater verhaftet wird, schenkt er Rachel ein Buch, das sie niemandem zeigen, sondern an einem Treffpunkt übergeben soll: Das Buch der gestohlenen Träume. Obwohl die beiden Geschwister getrennt werden, tun sie alles, um zu verhindern, dass das Buch in die Hände des Präsidenten fällt, der ihnen dicht auf den Fersen ist. Gleichzeitig versuchen sie, das Geheimnis des Buches zu lösen.
Aufgrund des Covers hatte ich angenommen, dass das Buch für jüngere Kinder geschrieben wurde und die üblichen magischen Geschichten enthält. Doch schon nach ein paar Seiten war klar, dass das Buch etwas sehr Besonderes ist. Die Erzählweise ist in meinen Augen für Kinder schon anspruchsvoll, aber dennoch vermag sie es, den aufmerksamen Leser sofort in ihren Bann zu ziehen. Dabei überraschte mich immer wieder die Verbindung aus Leichtigkeit und Tiefgang. Vor allem Protagonistin Rachel ist ein ganz und gar ungewöhnliches Mädchen, das sich nicht vom Weg abbringen lässt. Ich finde sie unheimlich stark, trotz aller Schicksalsschläge, die sie ereilen.
Überrascht war ich trotz des Klappentextes auch vom Setting in einem totalitären Staat, einer Diktatur des Präsidenten Charles Malstain, bei dem ich unwillkürlich immer wieder an frühere und heutige Tyrannen denken musste und der mir bei jedem Auftritt eine Gänsehaut verpasste. Durch das Buch der gestohlenen Träume, wird dieses gesellschaftspolitische Thema der Verfolgung, der Verbote und der Verbrechen in unnachahmlicher Weise mit Magie verknüpft. Malstain will das Buch unbedingt haben und nur Stück für Stück wird klar, warum er so versessen darauf ist. Daneben spielen der Widerstand gegen die Diktatur und das Festhalten an den eigenen Werten und der Freundschaft eine tragende Rolle. Die Handlung ist eher unterschwellig spannend, da die Protagonist*innen immer Gefahr laufen, entdeckt und bestraft zu werden. Leichte Kost ist das Buch also nicht, eignet sich in meinen Augen aber hervorragend für Gespräche über das System Angst und Verfolgung, Diktatur und Macht, Widerstand und Treue gegenüber den eigenen Werten sowie Verbündeten oder Freunden. Für mich als Lehrerin (und Bibliothekarin) durchaus eine moderne Alternative zu altgedienter (Schul)Lektüre zu diesen Themen. Ein kleines Juwel der Kinderliteratur. 5 Sterne