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Veröffentlicht am 27.12.2023

Frauenpower und der Kampf um das Erbe des Milchhofs

Der Milchhof – Das Rauschen der Brandung
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Der Auftaktband der Milchhof Trilogie spielt zwischen 1890-1914 in der Friesischen Wehde an der Nordsee. Aufgrund eines dummen Fehlers kann sich die Bauerntochter Lina der Ehe mit dem cholerischen und ...

Der Auftaktband der Milchhof Trilogie spielt zwischen 1890-1914 in der Friesischen Wehde an der Nordsee. Aufgrund eines dummen Fehlers kann sich die Bauerntochter Lina der Ehe mit dem cholerischen und egoistischen Thees nicht entziehen. Während die Privatmolkerei wächst und mit Derk Voigt ein talentierter, umsichtiger Obermaier eingestellt wurde, laufen hinter den Kulissen Intrigen, Sabotageakte und eheliche Krisen. Denn erst nach der Hochzeit kommt Lina hinter die Geheimnisse Thees, was sie erpressbar macht.

Doch Linas Liebe zur Molkerei, ein unbändiger Wille, das Erbe ihres Vaters weiterzuführen und sich nicht unterkriegen zu lassen, verhelfen ihr zu manch ungeahnten Ideen und Kräften und sie lernt mit der Zeit, sich ihrem Schicksal zu stellen, auch wenn ihre Gefühle für jemand ganz anderen schlagen.
Die Autorin versteht es, Sympathien und Antipathien zu schüren, eine unterhaltsame und dramatische Story zu kreieren. Aber auch Einblicke in die Milchwirtschaft, die Produktion und dem technischen Fortschritt machen es interessant.

Missverständnisse und langgehegter Groll und Eifersucht sorgen immer wieder dafür, dass Lina zwischen die Fronten gerät und ausbaden muss, was hinter den Kulissen angerichtet wurde.

Obwohl Lina für mich eine wirklich starke, ehrgeizige Frau ist, die trotz aller Umstände treu ihren Pflichten nachkommt und immer wieder aufsteht, empfand ich manche Reaktion dennoch unpassend und nicht immer nachvollziehbar. Auch Derk kam mir manchmal wie ein trotziger Junge vor, der sich aufgrund der Tatsache, dass er nicht bekommen kann, was er haben will in Situationen bringt, die rücksichtslos und unüberlegt sind. Andererseits gibt es aber auch gerade zum Ende Momente, wo er dann wieder wie ein gescholtener Junge in der Ecke steht und alles mit sich machen lässt. Das war zeitweise etwas ermüdend und hat ein paar Sympathiepunkte geraubt.

Alles in allem ist es eine kurzweilige, interessante Geschichte, mit dem so typischen friesischem Dialekt, der in die Zeit des Kaiserreichs abtaucht, in der es für Frauen sehr schwer war, unternehmerisch tätig zu sein. Doch mit Lina lernt man eine mutige, tapfere Frau kennen, die trotz vieler Schwierigkeiten und drohendem 1.Weltkrieg dem Schicksal eine Kampfansage macht.

3,5 Sterne

Nun freue ich mich schon auf Teil 2, der die Familiengeschichte zwischen dem 1. und 2.Weltkrieg weitererzählt.

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Veröffentlicht am 26.12.2023

Ein Kaffeemädchen mit Charme, Fleiß und einigen Überraschungen

Das Kaffeemädchen
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Ein weiteres Jahr steht im Hotel Adonis an, in dem die 17-jährige Eva mit ihren drei Freundinnen als Kaffeemädchen ausgebildet werden und damit den neuen Cafésalon in Schwung bringen soll. Trotz dem Spott ...

Ein weiteres Jahr steht im Hotel Adonis an, in dem die 17-jährige Eva mit ihren drei Freundinnen als Kaffeemädchen ausgebildet werden und damit den neuen Cafésalon in Schwung bringen soll. Trotz dem Spott und Argwohn einiger Mitarbeiter und der Leiterin mausert sie sich zu einem aufmerksamen, hilfsbereiten und freundlichen Mädchen mit schneller Auffassungsgabe.

Das merken auch die Hotelgäste und einige Adelige fordern speziell Eva an, die mit ihren Englischkenntnissen sowohl dem jährlich wiederkehrenden Lord Beauvais als auch einem amerikanischen Gast samt Tochter behilflich sein kann. Auch dem Neffen der Hotelbesitzerin und künftigen Erben Ludwig Karch fällt Eva positiv ins Auge, doch durch zahlreiche Missverständnisse, Lügen und Eifersucht ist sowohl Evas Arbeit als auch die Unterstützung ihrer Familie nicht mehr sicher.

Im ersten Teil hab ich Eva noch für zu sanft, anständig und tadellos gehalten, doch in diesem Teil empfand ich ihre Art gar nicht mehr so störend. Denn trotz armen Elternhauses mit vielen Geschwistern musste sie recht früh erwachsen und gehorsam sein, damit die Familie überlebt und über die Runden kommt. Das kommt ihr nun zugute und ich bin dieses Mal durch die Seiten geflogen, weil es trotz der zeitweise etwas gewöhnungsbedürftigen Sprache und Ausdrucksweise, die dem Ort und dort vorherrschenden Dialekt aber auch der Zeit angepasst ist, sehr ereignisreich und unterhaltsam verläuft.
Besonders die Zeit mit dem englischen Lord und den amerikanischen Gästen fand ich herrlich und ich hab mich köstlich amüsiert, wie Lord Beauvais Eva aus der Reserve lockt, weil er ihr Potential erkennt und spürt, was im Hotel vor sich geht. Er ist einer meiner Lieblingscharaktere. Gleichzeitig hat man noch viel mehr Blick hinter die Fassade der unscheinbaren grauen Maus, die einfach so ist wie sie ist – herzlich, zuvorkommend, fleißig und rücksichtsvoll.

So gibt es Sympathieträger ebenso wie nervtötende, arrogante Persönlichkeiten, die aber alle mit ihrer Art zu guter und wendungsreicher Unterhaltung beitragen und so manche Überraschung parat haben.

Ich hab dieses Buch wirklich gern gelesen, wieder ein Jahr im Hotelwesen in dem berühmten Kurort, dessen Umgebung und damalige Abläufe mit Kurbädern und Trinkkuren neben dem Hotelgeschehen interessant eingearbeitet werden.

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Veröffentlicht am 20.12.2023

Eine ungewöhnliche Begegnung mit außergewöhnlichen Charakteren

Heute leben wir
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Der letzte Kriegswinter im 2.Weltkrieg ist angebrochen und die Deutschen wollen ihren eigentlich eindeutigen Verlust nicht hinnehmen und erhalten den Befehl, den Feind auf jede erdenkliche Weise zu beseitigen.


Die ...

Der letzte Kriegswinter im 2.Weltkrieg ist angebrochen und die Deutschen wollen ihren eigentlich eindeutigen Verlust nicht hinnehmen und erhalten den Befehl, den Feind auf jede erdenkliche Weise zu beseitigen.


Die kleine siebenjährige Jüdin Renée hat schon früh ihre Eltern verloren und wird seitdem an immer wieder wechselnden Orten versteckt. Wieder in Gefahr entdeckt und getötet zu werden, wird sie einem Offizier in amerikanischer Uniform in die Hände gedrückt, der sich aber als SS-Offizier Matthias entpuppt. Allerdings scheint dieses kleine Mädchen etwas an sich zu haben, was ihr trauriges Ende verzögert.


Der Plot gefiel mir sehr und Renée ist ein Mädchen, dass in ihrem zarten Alter so viel Grausames gesehen und erlebt hat, sich eine Art Schutzpanzer angelegt hat und mit ihrer kindlichen, ehrlichen Art ungeschönt die Wahrheit auf den Punkt bringt. Ich mochte sie sehr, auch wenn manche Handlung und Aussage für ihr Alter schon fast zu reif war.


Diese Geschichte zerfließt nicht in Emotionen und Sentimentalität, sondern erzählt in nüchternem und manchmal auch etwas derben Stil die Geschichte zweier ungewöhnlicher Personen, dessen Protagonist nicht gerade in gutem Licht dasteht. Die Handlung ist auch mit wenigen Dialogen, sondern mehr Gedankengängen bestückt, so dass man nach und nach Einblick in die Hintergründe eines Menschen bekommt, der durch den Krieg unerwünschte Veränderungen erlitten hat und geprägt von Erlebnissen vor dem Krieg als Trapper und Freigeist jetzt vor der Frage steht, ob man die NS-Ideologie akzeptieren will oder die Risse in den eigenen Mauern als Chance nutzen will. Matthias ist ein Mensch voller Widersprüche, was ihn zu einer weiteren dramatischen Figur macht.


Außergewöhnlich war auch die kindliche Sichtweise auf den Krieg, das Nichtverstehen eines jungen Kindes, warum Menschen zu Feinden werden und was der Grund dafür sein mag.


Da kam schon so einige Male Gänsehautfeeling auf, weil Renée so aufmerksam, unbedarft und dennoch stark und verständnisvoll reagiert, ein unschuldiges Kind, das seiner Kindheit auf die grausamste Art beraubt wurde und sich einfach nur wünscht, leben zu dürfen und einen Platz im Herzen eines Menschen zu finden. Ich habe ihren Lebenswillen und ihren gewissen Trotz gegen das System bewundert.


Insgesamt ein nachdenklich stimmendes Werk, speziell und gesellschaftskritisch auch heute noch aktuell, weil wichtige Faktoren dieses Romans auch heute noch greifen und jeden Leser zum Hinterfragen anregt. Der Ausgang des Romans lässt einiges offen, was bestimmt beabsichtigt war, um jeden selbst zu überlassen, was er für ein Fazit zieht. Interessant, etwas gewöhnungsbedürftig und es braucht seine Zeit, um mit der Geschichte und dem eigentlichen Sinn warm zu werden. Es gibt so Bücher, bei denen man vollkommen überrumpelt wird, am Ende mit gemischten Gefühlen zurückbleibt, weil die Handlung einerseits beeindruckt, überrascht und einiges an Einwirkzeit braucht, während wichtige Themen wie Überlebenswille, Fürsorge und freier Wille toll herausgearbeitet wurden, die Darstellung von Gut und Böse völlig anders transportiert und die Sinnlosigkeit des Krieges auf den Punkt gebracht wird, mit einem gewissen Anteil von Sarkasmus.

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Veröffentlicht am 11.12.2023

Fort Knox und Blue Sky oder die Spinne und der Adler

The Sky Above Us
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El Capitan – die gefährlichste Felswand im Yosemite Nationalpark und der angesagte Freeclimber Eric Knox möchte diesen ohne Sicherung erklimmen. Das Angebot von Stokes Productions klingt zu verlockend, ...

El Capitan – die gefährlichste Felswand im Yosemite Nationalpark und der angesagte Freeclimber Eric Knox möchte diesen ohne Sicherung erklimmen. Das Angebot von Stokes Productions klingt zu verlockend, denn irgendwie muss sich dieses Hobby finanzieren. Aber nur unter der Bedingung, dass die naturbegeisterte Sky Lane Regie führt. Für sie ist es ein Sprungbrett für ein Studium an der angesagten Filmschule von LA. Doch für beide bedeutet es nicht nur die große Chance ihres Lebens, Träume verwirklichen und dem Wunsch nach Freiheit nachzugehen, sondern auch emotionales Chaos.

Dieser Debütroman mit einem wunderschönen Cover und dem mehr als passenden Titel hat mich wirklich überrascht. Mit einem gefühlvollen, bildhaften Schreibstil nimmt einen die Autorin mit auf eine wilde Gefühlsachterbahnfahrt. Denn obwohl ich Risikosportarten noch nie etwas abgewinnen konnte und nicht verstehen kann, was einem dieser Adrenalinkick gibt, immer mit einem Bein im Grab, so hat mich diese Geschichte aus der abwechselnden Sicht von Sky und Eric ganz schön überrumpelt.
Je mehr man diese beiden sympathischen und bodenständigen Charaktere kennenlernt, desto mehr erfährt man auch über ihre Hintergründe, ihre Vergangenheit und Erlebnisse und aufgrund dessen, bekommt man plötzlich ein ganz anderes Bild.

Erstaunlich, wie man trotz der vielen Seiten ins Geschehen gerissen wird, die Eindrücke des beeindruckenden Parks wahrnimmt, den Duft, die Natur, aber auch das Leben am Filmset, das Miteinander der Crew, den Nervenkitzel an der Felswand und die wiederholten Versuche, wenn gewisse Abschnitte nicht klappen wollen. Da stockt einem schon mal der Atem, man spürt diese Zerrissenheit zwischen Verständnis und gleichzeitiger Sorge, zumal der Prolog schon einen fiesen Twist ankündigt. Die aufkeimenden Gefühle zwischen beiden machen das Chaos perfekt und rütteln die bislang eh schon angespannten Nerven nochmal ordentlich durch.

Trotz anfänglicher Skepsis aufgrund der Sportart konnte mich das Buch gut unterhalten.
Die Autorin gewährt einen schönen Blick hinter die Kulissen, verpackt mit humorvollen als auch romantischen Einlagen und einer gewissen Dramatik. Immer wieder wird auch die Verbundenheit zur Natur, der Tierwelt und all der Schönheit hervorgehoben, mit ein paar schönen Überraschungen. Ein lesenswerter Roman, bei dem mir aber insgesamt das gewisse Etwas fehlte und mir aufgrund der häuslichen Geschehnisse einfach zu viel hin und her entstand, was zeitweise die aufgekommene Spannung wieder rausnahm und zu einigen Längen führte.

Es hat mich auch etwas verwundert, dass erstaunlich viel Ähnlichkeit mit einem Dokumentationsfilm von National Geographic namens Free Solo besteht, obwohl ich keine Bezugnahme im Buch oder in anderen Quellen finden konnte. Einen Hinweis hätte ich allerdings schon passend gefunden.

3,5 Sterne

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Veröffentlicht am 27.11.2023

Molly Gray - Ein Zimmermädchen im Einsatz

The Maid
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Molly Gray ist ein durchstrukturiertes, penibles Zimmermädchen im Londoner Regency Grand Hotel. Aufgewachsen bei ihrer Grandma hat sie wenig soziale Kontakte und durch ihr etwas kurioses Verhalten mit ...

Molly Gray ist ein durchstrukturiertes, penibles Zimmermädchen im Londoner Regency Grand Hotel. Aufgewachsen bei ihrer Grandma hat sie wenig soziale Kontakte und durch ihr etwas kurioses Verhalten mit autistischen Zügen wirkt sie auf andere naiv und dümmlich und wird oft als Spinnerin hingestellt. Als dann noch in ihrem Zuständigkeitsbereich ein schwerreicher VIP-Gast tot aufgefunden wird, deutet alles auf sie als Tatverdächtige.

Das Buch ist sehr speziell, denn autistische und neurotische Menschen haben es oft schwer, von der Gesellschaft akzeptiert und nicht in irgendeine Schublade gesteckt zu werden. Die Autorin hat hier eine Molly geschaffen, die auf ihre Weise herrlich lustig, charmant und liebenswert ist. Allerdings fällt es ihr in ihrer etwas naiven, gutgläubigen Art schwer, andere zu durchschauen. Irgendwie möchte man sie rütteln und gleichzeitig in den Arm nehmen, sie warnen und beschützen und ihr versichern, dass sie ein toller Mensch ist.

Als Leser wird man ziemlich herausgefordert, einerseits weil man schon über ihre trockenen Kommentare und ihre Vorgehensweise lachen muss, andererseits dauert es eine Weile, um in die Geschichte reinzukommen und sich an Mollys Verhaltensweise zu gewöhnen. Es fällt einem nicht ganz leicht zu verstehen, wie sie so arglos und vertrauensvoll sein kann und nicht merkt, wie andere Scherze mit ihr treiben und sie schamlos ausnutzen, aber je mehr man Molly kennenlernt, desto mehr schätzt und versteht man sie. Während die Ermittlungen laufen, erfährt man mehr über ihre Hintergründe und ihr Leben und das hat es ganz schön in sich. Man spürt ihre Hilflosigkeit, die Enttäuschung, wachsenden Zweifel und ihre Einsamkeit.

Die Inhaltsangabe des Buches ist leider etwas irreführend, denn Molly ist keine Ermittlerin, wie ich erst erwartet habe, die Aufklärung des Mordes verläuft ganz anders, was zwar auch gelungen ist, den Leser dennoch auf die falsche Fährte führt.

Ich kann nur empfehlen, das Buch als Hörbuch zu verfolgen, denn durch die sehr gelungene Besetzung mit Anna Thalbach erhält man einen ganz anderen Eindruck und Einblick in die Geschichte, die Charaktere kommen viel besser hervor und dadurch wirkt die Erzählung nicht trocken, sondern lebendig.

Insgesamt ist das Buch eine Mischung aus Monk, Columbo und Forrest Gump – humorvoll, speziell mit einer absehbaren, aber doch rührenden Entwicklung, wobei immer wieder der Wert von echter Freundschaft, Akzeptanz und Verständnis hervorgehoben wird.

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