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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.12.2023

Ganz typischer Stine Pilgaard

Lieder aller Lebenslagen
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MEINUNG:
Von Stine Pilgaard habe ich schon Meter pro Sekunde und Meine Mutter sagt gelesen. Ersteres hat sich mir nicht so richtig erschlossen, aber zweiteres mochte ich wieder. Die Autorin hat einfach ...

MEINUNG:
Von Stine Pilgaard habe ich schon Meter pro Sekunde und Meine Mutter sagt gelesen. Ersteres hat sich mir nicht so richtig erschlossen, aber zweiteres mochte ich wieder. Die Autorin hat einfach einen unverkennbaren Erzählton.
Die namenlose Ich-Erzählerin wohnt in einer Wohngemeinschaft mit ihrer Lebensgefährtin. Sie schreibt Horoskope, die auch zwischen den Kapiteln abgedruckt werden, was ich sehr mochte. Ihre MitbewohnerInnen erzählen ihr gerne Geschichten, die sie dann zu Liedern umdichtet. Die Wohngemeinschaft ist ein bunter Haufen verschiedenster Charaktere, beim ich erst mal durchsehen musste. Allerdings ist es auch nicht so wichtig sich alle Namen und Beziehungen zu merken. Wie so häufig in Stine Pilgaards Romanen gibt es keinen wirklichen roten Faden, keine erkennbare Handlung, sondern eher um Alltagsbeobachtungen. Eigentlich bin ich eine absolut handlungsgetriebene Leserin, aber bei der Autorin weiß ich inzwischenzeit, worauf ich mich einlasse. 
Der Schreibstil der Autorin war wieder unverkennbar lebensklug und poetisch. An der Stelle muss auch der Übersetzer Hannes Langendörfer erwähnt werden, der es schafft, genauso wie Hinrich Schmidt-Henkel, den unverkennbaren Erzählton der Autorin zu bewahren. Ich fühle mich davon immer einhüllt, wie in eine warme Decke, auch wenn ich auf der anderen Seite schwer wieder geben kann, was eigentlich in dem Buch passiert. Gerade aber diese unaufgeregte Fokussierung auf das Alltägliches und auf die zwischenmenschlichen Beziehungen, machen die Romane zu wunderbaren Büchern zwischendurch, vor allem wenn man vorher vielleicht "härtere Kost" gelesen hat.

FAZIT:
Lieder aller Lebenslagen ist ein ganz typisches Buch von Stine Pilgaard. Eine wirklich Handlung gibt es hier nicht, aber es ist eine Fokussierung auf das Alltäglich und gleichzeitig ein Wohlfühlbuch.

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Veröffentlicht am 08.12.2023

Vielversprechender Auftakt

Was wir verschweigen
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MEINUNG:
Artuu Tuominen ist ein weiterer skandinavischer, genauer gesagt finnischer Autor, denn ich natürlich gerne kennenlernen wollte. Ich finde finnische Autoren zunehmend vielversprechend. Was wir ...

MEINUNG:
Artuu Tuominen ist ein weiterer skandinavischer, genauer gesagt finnischer Autor, denn ich natürlich gerne kennenlernen wollte. Ich finde finnische Autoren zunehmend vielversprechend. Was wir verschweigen ist der erste Band der River-Delta-Reihe. Es sind bereits zwei weitere Bände erschienen.
An einem stürmischen Herbsttag wird in Pori, Finnland nach einem Saufgelage in einer Gartenhütte die Leiche eines Mannes gefunden. Auch der Täter ist schnell gefunden. Es kein anderer als der ehemalige beste Freund vom Interims-Leiter der Mordkommission Jari Paloviita - Antti Mielonen. Die beiden hatten einen sehr enge Beziehung zueinander und hatten sich einst bedingungsloses Vertrauen versprochen. Er verdankt ihm außerdem sein Leben. Der Fall stellt Jari auf eine Zerreisprobe. 
Das Buch wird auf zwei Zeitebenen erzählt. Ich muss sagen, dass ich generell immer den Part in der Gegenwart lieber mag und so ging es mir auch bei diesem Buch. Vor allem weil es Teile aus der Kindheit von Jari Paloviita, dem Opfer und dem Täter waren. Dieser Teil ist natürlich wichtig, um erstmal das Verhältnis der drei zu verstehen und natürlich auch um das Motiv. Diese Teile waren allerdings auch ziemlich heftig vor allem in der zweiten Hälfte des Buches, denn einige der Jungen hatten keine gute Kindheit und es wird hier in aller Deutlichkeit beschrieben. Diese Passagen haben mich schon mitgenommen. Ansonsten finde ich, haben wir hier spannende ermittelnde Personen, wie Jari Paloviita selbst. Er wird natürlich von seiner Vergangenheit komplett eingeholt und aus Loyalität macht er ein paar unüberlegte Dinge, wo ich mir beim Lesen dachte, dass er das jetzt nicht wirklich macht. Vor allem steht unter Druck Karriere zu machen, um sein Leben mit seiner Frau und den Töchtern zu finanzieren. Dann gibt es noch Linda, die ein starkes Alkoholproblem hat und ebenfalls auch Probleme Zuhause hat und dann ist da noch Hendrik Oksman, der viele Neurosen hat, aber gleichzeitig er sehr guter und aufmerksamer Polizist ist. Ich mochte alle drei sehr gern. Der Spannungsbogen war konstant und das Ende ein wenig überraschend. 

FAZIT:
Was wir verschweigen ist der erste Band der River Delta Reihe und ich war hier sehr begeistert, bis auf einige Passagen aus der Vergangenheit. Mir gefiel, dass der Täter dieses Mal eigentlich schon bekannt ist, aber es hier um etwas Persönliches zwischen Ermittler und Täter gibt. Ich bin gespannt auf die weiteren Teile.

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Veröffentlicht am 27.11.2023

Speziell, aber Durchhalten lohnt sich

Blutbuch
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MEINUNG:
Blutbuch ist das Gewinnbuch vom Deutschen Buchpreis 2022 und ein sehr besonderes Buch, so jedenfalls meine Erwartungshaltung. Ich habe das Buch schon lange auf meiner "to-read-Liste" und nun war ...

MEINUNG:
Blutbuch ist das Gewinnbuch vom Deutschen Buchpreis 2022 und ein sehr besonderes Buch, so jedenfalls meine Erwartungshaltung. Ich habe das Buch schon lange auf meiner "to-read-Liste" und nun war es endlich soweit.
Nach meiner Interpretation ist das große Thema des Romans die Suche nach der eigenen Geschichte und der eigenen Identität und auch Traumabewältigung. Es erweckt auch den Anschein als wäre der Text sehr autofiktional, denn er weißt viele Parallelen zu der Biographie von Kim de L'Horizon auf. Ganz besonders steht die Geschichte der Großmutter im Vordergrund, die hier verarbeitet und erarbeitet wird. Stilistisch bekommt man mit Blutbuch, was meiner Meinung nach eigentlich eher "Blutbuche" heißen müsste, wirklich etwas außergewöhnliches geliefert. Ich habe selten ein Buch gelesen, was stilistisch so stark in den einzelnen Buchabschnitten wechselt. Der Anfang ist hohe literarische Kunst, denn Text ist voller Metaphern und es ist zum Teil anstrengend zu lesen, aber ich war auf der anderen Seite auch wieder beeindruckt, wie man sowas als Debüt (!) schreiben kann. Es hat sich gelohnt dran zu bleiben, denn die Sprache wechselt in zweiten und dritten Teil des Romans und wird zugänglicher. Es sollte dringend darauf hingewiesen werden, dass es hier sehr derbe und brutale Textstellen hinsichtlich des Sexualverhaltens der Hauptperson gibt. Hier wäre sicher eine Triggerwarnung angebracht. Ich habe nicht so ein Problem mit solchen Stellen, aber habe mich auch gefragt, warum dass in aller Deutlichkeit notwendig ist. Ich denke aber, dass es einfach Ausdruck von so vielem in der Person Kim im Roman ist - Flucht vor eigenen Gefühlen, sich spüren wollen oder auch nicht etc. 

FAZIT:
Blutbuch ist sehr besonderes Buch, welches ich in der Art noch nicht gelesen habe. Es stilistisch gleichermaßen besonders als auch sehr anspruchsvoll. Es ist ein Buch, für das man sich Zeit nehmen sollte. Ich habe auch ein paar Wochen gebraucht und habe immer wieder pausiert, aber das Durchhalten hat sich gelohnt.

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Veröffentlicht am 21.11.2023

Ruhiger, soldier Krimi

Glutspur
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MEINUNG:
Von Katrine Engberg habe ich schon fast die komplette Reihe von Korner und Werner gelesen, wozu z.B. auch Das Nest und Glasflügel gehören. Ich war auch schon auf zwei Lesungen von ihr und finde ...

MEINUNG:
Von Katrine Engberg habe ich schon fast die komplette Reihe von Korner und Werner gelesen, wozu z.B. auch Das Nest und Glasflügel gehören. Ich war auch schon auf zwei Lesungen von ihr und finde es sehr bemerkenswert, wie sie von einer ehemaligen Tänzerin zur Autorin geworden ist. ihre Romane/ Krimis spielen alle in ihrer Heimatstadt Kopenhagen.
Glutspur ist der Auftakt ihrer neuen Reihe um die private Ermittlerin und ehemalige Polizistin Liv Jensen. Liv Jensen bricht in Aalborg alle Zelte ab und zieht nach Kopenhagen. Dort beschäftigt sie sich mit der Ermittlung zu einem 3 Jahre zurück liegenden Mord an einem Journalisten. Sie zieht bei Hannah Leon und ihrem Vater Jan Leon zur Untermiete in Kopenhagen ein. Hannah, die selbst Psychologin ist, hat ihren Bruder durch Selbstmord verloren. Ihr Bruder saß im Gefängnis wegen Mord an seiner Frau. Dann ist da noch Nima, ein junger iranischer Automechaniker, dessen Werkstatt in Hannahs Haus ist und dem eine Affäre zum Verhängnis wird als diese tot aufgefunden wird.
Katrine Engberg hat hier vier parallele Handlungsstränge aufgebaut. Neben den Erzählsträngen von Liv, Hannah und Nima gibt es auch noch einen historischen Strang, der einen Zusammenhang zur Familie Leon vermuten lässt. Die Autorin nimmt sich Zeit für alle Stränge. Man muss sich zunächst ein bisschen zurecht finden und es empfiehlt sich nicht ungeduldig zu werden. Das Erzähltempo ist flüssig, aber gedrosselt, daher würde ich auch hier nicht von einem wirklichen Thriller sprechen wollen. Die typischen Thrillermerkmale treffen für mich nur zum Teil zu, vor allem ist nicht so spannend, dass man hier von einem Pageturner sprechen kann, aber das ist auch nicht typisch für die Bücher von Katrine Engberg. Sie lässt sich viel Zeit für Handlung und für die Charaktere. Ich finde das Buch hat wirklich stark gestartet, aber durch das ausführliche Erzählen leider gegen Ende auch ein paar Längen. Es ist unmöglich mitzuraten, wie alles miteinander zusammenhängt, denn offenbart sich erst ganz zum Schluss und kommt dann auch überraschend.

FAZIT:
Glutspur ist der erste Band, um die private Ermittlerin Liv Jensen. Die Handlung ist ziemlich komplex durch die drei großen Handlungsstränge und hat dadurch vor allem hintenraus ein paar Längen. Ich würde nicht soweit gehen, hier von einem klassischen Thriller zu sprechen, eher von einem Spannungsroman.

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Veröffentlicht am 11.11.2023

Intensive Reflexion zur Mutter-Tochter-Beziehung

Die Wahrheiten meiner Mutter
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MEINUNG:
Mich hat bei Die Wahrheiten meiner Mutter der Titel magisch angezogen, denn ich lese einfach gern Mutter-Tochter-Beziehungen bzw. generell Bücher, in denen es intensiv um die Beziehungen innerhalb ...

MEINUNG:
Mich hat bei Die Wahrheiten meiner Mutter der Titel magisch angezogen, denn ich lese einfach gern Mutter-Tochter-Beziehungen bzw. generell Bücher, in denen es intensiv um die Beziehungen innerhalb einer Familie geht und vor allem wenn diese dysfunktional sind. Außerdem habe ich Vigdis Hjorth bei einer Lesung zu diesem Buch kennengelernt und für mich war klar, dass ich das Buch lesen möchte.
Ich-Erzählerin Johanna ist nach dem Tod ihres Mannes von den USA in ihre Heimat Norwegen zurück gekehrt und ihr Ziel ist es, dass sie wieder Kontakt zu ihrer Mutter findet bzw. mit ihr sprechen möchte. Johannas Mutter weigert sich, mit ihr zu sprechen. Die Beziehung zu besagten Mann, war der Grund, weswegen es zum großen Bruch zwischen Johanna und ihrer Familie kam.
Es gibt keine so wirklich stringente Handlung, aber der Roman arbeitet auf das Ziel hin, das Johanna es schafft mit ihrer Mutter zu sprechen. Der ganze Roman ist wie ein großer innerer Monolog, in dem Johanna uns als Leserschaft teilhaben lässt, wie es zu dem Kontaktabbruch kam, wie sie aufgewachsen ist und wie schwierig die Beziehung zur Mutter war. Der Grund des Kontaktabbruch ist im weitesten Sinne der neue Mann, denn Johanna kennengelernt hat, aber am Ende hat sie die Erwartung der Eltern nicht erfüllt. Es schwiegt außerdem schwer, dass sie sich anstatt für das Jura Studium, welches sie begonnen hatte in ihrer Jugend, für die Kunst entschieden hat. 
Im Laufe des Romans entwickelt. sich Johannas Wunsch die Mutter unbedingt zu sehen zu einer Obsession und sie beginnt diese auch zu verfolgen. Da sie schon lange kein Teil mehr der Familie ist, dichtet sich sie sich auch ihrer Mutter, was diese sagen könnte, ein wenig zurecht und stellt sich vor wie eine Begegnung sein könnte. Manchmal empfand ich dieses ewige Gedankenkarussel, aus dem Johanna sich nicht so richtig befreien kann, als etwas ermüdend. Teil von Johannas Reflexion ist auch das Bewerten ihrer eigenen Beziehung zu ihrem Sohn. Spannend dabei ist aber auch, dass sie beginnt Parallelen zu sich und ihrer Mutter festzustellen. Diese Geschichte lehrt einen auch, finde ich, dass Blut eben nicht immer dicker als Wasser ist und dass es trotz aller Bemühungen nicht unbedingt zu einem Happy End kommt. Ganz im Gegenteil, muss man manchmal lernen, loszulassen, sein eigenes Leben ohne bestimmte familiäre Beziehungen zu führen und dass sich Brüche nicht immer kitten lassen. Das muss auch Johanna lernen. 

FAZIT:
Die Wahrheiten meiner Mutter ist ein sehr intensiver, tw. bitterer Roman, um eine Mutter-Tochter-Beziehung. Ich habe selten so einen Roman gelesen, der sich auf schon fast schmerzvolle Weise diesem Thema widmet, welches in der Literatur nicht selten vorkommt. Für mich war es der erste, aber sicher nicht der letzte Roman von Vigdis Hjorth.

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