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Veröffentlicht am 27.11.2023

Lina

Der Milchhof – Das Rauschen der Brandung
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Linas Vater sieht in Thees Bleeker den idealen Mann für Lina: als zweiter Sohn des Ziegeleibesitzers wird er den Familienbetrieb nicht übernehmen, aber eine gute Partie für Lina sein und gemeinsam mit ...

Linas Vater sieht in Thees Bleeker den idealen Mann für Lina: als zweiter Sohn des Ziegeleibesitzers wird er den Familienbetrieb nicht übernehmen, aber eine gute Partie für Lina sein und gemeinsam mit ihrem Vater den bäuerlichen Milchhof in eine moderne Molkerei umwandeln. Während Thees sich jedoch kaum für Milch, Butter und Käse interessiert, schlägt Linas Herz für das traditionelle Handwerk – und bald auch schon für den frisch eingestellten Obermeier Dirk Voigt. Als verheirateter Frau bleibt Lina nur die fachliche Zusammenarbeit mit Dirk, aber selbst das wird zur Jahrhundertwende nicht gern gesehen. „Een Frau gehört in de Kök“ und nicht in einen Betrieb, der sollte den schlauen Köpfen der Männer überlassen werden.

Der Auftakt zu dieser wundervollen Milchhof-Saga umfasst die Jahre 1890 bis 1914, schildert die Zeit des aufstrebenden Hofs bis hin zum Ersten Weltkrieg. Schauplatz ist der Hafenort Ellenserdammersiel in der Friesische Wehde, einer idyllischen Landschaft an der Küste des Jadebusens. Schnell freundet sich der Leser mit der warmherzigen und lebenslustigen Lina an und fiebert mit ihr mit, wenn das Schicksal es wieder einmal nicht so gut meint mit ihr. Neider jedoch sehen in Lina ein Glückskind, welches immer auf der Sonnenseite des Lebens steht und andere nicht aus dem Schatten treten lässt. So wirbeln die Gefühle durcheinander, welche einen großen Raum einnehmen in diesem sehr stimmungsvollen Roman. Gesellschaftliche Konventionen, wirtschaftliche Überlegungen und nicht zuletzt eine unmögliche Liebe spielen hier die Hauptrollen und lassen einen atemlos durch die Kapitel gleiten, um noch schnell ein wenig mehr vom Milchhof zu erfahren.

Regine Kölpins angenehmer und bildhafter Schreibstil lädt ein zum Verweilen in der Käserei, wo Lina mit schmackhaften Kräutern und stärkendem Bockshornklee experimentiert, lässt Gänsehaut aufkommen, wenn Thees seine Angetraute wie ein Kleinkind aufs Zimmer verweist, weil es sich nicht schickt, dass sie sich in der Fertigungshalle der Molkerei aufhält. Lieber solle sie den Haushalt führen, Wohltätigkeitsveranstaltungen planen oder sticken. Wunderbare Einblicke in den Milchbetrieb erhält der Leser ebenso wie lebendig charakterisierte Figuren, die genau so am Milchhof Bleeker gelebt haben könnten. Machtspiele und Intrigen prägen das Geschehen, stets stellt sich die Frage, ob die Liebe zwischen Lina und Derk eine Chance haben kann.

Abgerundet wird dieses bezaubernde Buch von einem übersichtlichen Personenregister zu Beginn und einer persönlichen Anmerkung der Autorin samt umfassendem Literaturnachweis zu den detaillierten Recherchen am Ende dieses Bandes.
Der Auftakt zur Milchhof-Saga hat mich vollends in seinen Bann gezogen, schön, dass bald die Fortsetzung zu lesen sein wird. Ich empfehle dieses Buch jedenfalls sehr gerne weiter und bin schon gespannt, welche Spuren der Krieg hinterlassen wird.


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  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.11.2023

Was ist wahr?

Lügst Du? Wenn die Wahrheit alles zerstört
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Mira geht kurz nach der Entbindung von Töchterchen Isabelle wieder halbtags arbeiten, bis ihr alles über den Kopf wächst und sie in einen Nervenzusammenbruch schlittert. Vier Wochen verbringt sie in einer ...

Mira geht kurz nach der Entbindung von Töchterchen Isabelle wieder halbtags arbeiten, bis ihr alles über den Kopf wächst und sie in einen Nervenzusammenbruch schlittert. Vier Wochen verbringt sie in einer Spezialklinik, dann entlässt sie sich selbst und freut sich, ihre Familie daheim zu überraschen. Diese Überraschung ist gelungen, allerdings ganz anders als geplant, denn im Schlafzimmer findet sie nicht ihren Mann Samuel und Isy, sondern die blutüberströmte Leiche ihrer Freundin und Geschäftspartnerin Josie. Ein Alptraum beginnt, denn bald weiß Mira nicht mehr, ob sie das alles tatsächlich erlebt oder ob ihr die Psychopharmaka Wahnvorstellungen bescheren.

Gisela B. Schmidt schreibt flott und flüssig. Vom Fleck weg bin ich gefesselt von den detaillierten Einzelheiten, welche die Szenen besser schildern als jeder Film. Kurze Sätze steigern das Tempo, die Handlung lässt einen nicht mehr los. Der stete Wechsel zwischen aktuellen Geschehnissen und früheren Episoden erzeugt eine packende Atmosphäre und unterstreicht Miras Verwirrung, die sich rasch auf den Leser überträgt. Phantasiert die junge Mutter oder führen sie andere Personen an der Nase herum? Die Puzzlestücke, welche einige Hintergründe darlegen und Miras Vorgeschichte erklären, fallen nur langsam an ihren jeweiligen Platz. Als Leser tappt man mit unterschiedlichen Vermutungen bis zum Ende im Dunklen, da nur Mira aus ihrer selektiven Sichtweise erzählt und man keine weiteren Blickwinkel kennenlernt. Genau das aber lässt das Buch so spannend werden und die Neugierde auf die Auflösung beständig wachsen.

Fazit: ein bewegendes Buch mit unerwarteten Überraschungen und einem stimmigen Ende, das ich keinesfalls so vorhergesehen habe. Eine Empfehlung für alle, die logisch durchdachte Psychothriller ohne brutale Szenen lieben. *****

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 16.11.2023

Aussichtslos

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11)
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Die 16jährige Larissa, von allen Lissy genannt, kommt nach dem Eislaufen am Freitagnachmittag nicht mehr nach Hause, auch hat sie nicht, wie geplant, bei ihrer Freundin Sara übernachtet. Als ihre Leiche ...

Die 16jährige Larissa, von allen Lissy genannt, kommt nach dem Eislaufen am Freitagnachmittag nicht mehr nach Hause, auch hat sie nicht, wie geplant, bei ihrer Freundin Sara übernachtet. Als ihre Leiche am Wochenende hinter einem Marienaltar unter der frischen Schneedecke gefunden wird, deuten DNA-Spuren auf einen afghanischen Asylwerber hin, der bereits im Gefängnis gesessen ist. Die Wut der ansässigen Bevölkerung ist groß, allerdings ist Farwad Mahmoudi wie vom Erdboden verschluckt. Bald darauf wird ein Barfüßiger von einem Auto erfasst, der Tote muss aber bereits vor dem Unfall schwer misshandelt worden sein. Zwei Fälle, die aussichtslos erscheinen, denn niemand kann sachdienliche Hinweise liefern, keine einzige Spur führt zu irgendeinem Ziel.

Ein packender Krimi sorgt auf 560 Seiten für großartige Lesestunden und kurzweilige Unterhaltung. Nele Neuhaus schreibt überaus lebendig und vermag die Spannung von Anfang bis zum Ende hoch zu halten und den Leser völlig an die Handlung zu fesseln. Keine einzige Szene ist langweilig, keine Zeile zu viel. Die Kapitel sind übersichtlich auf die Ermittlungstage aufgeteilt, Schauplätze und Blickwinkel wechseln immer wieder ab und enden mit offenen Fragen, sodass der Sog sehr groß ist, stets weiter zu lesen.

Egal, ob man bereits vertraut ist mit dem Team vom K11 oder nicht, die Figuren sind bestens charakterisiert und werden mit wenigen Informationen über deren Privatleben zu ganz realen Menschen mit Stärken und Schwächen. Ihr Handeln wird aus dem Zusammenhang heraus glaubwürdig und authentisch, besonders dann, wenn sie in Gewissenskonflikten gefangen sind. Der Taunus mit seinen kleinen Dörfern, wo jeder jeden kennt und keine sprichwörtliche Leiche im Keller versteckt werden kann, bietet die perfekte Kulisse zu diesem Krimi, denn einerseits herrschen hier Zusammenhalt und Nachbarschaftshilfe, andererseits finden Gerüchte aber auch extrem schnell Verbreitung und säen Misstrauen unter den Bewohnern. Dieses knifflige Mit- und Gegeneinander herauszuarbeiten, gelingt Neuhaus spielend und überzeugend. Werden Missgunst und Argwohn siegen, kann es Gerechtigkeit geben – und wenn ja, dann wie? – das spielt für Pia Sander und Oliver von Bodenstein eine große Rolle und zieht sich wie ein roter Faden durchs spannende Geschehen.

Mich hat dieser Kriminalroman sofort gefesselt mit den phantastischen Ermittlern, die auf der Stelle treten und den gut ineinander verflochtenen Handlungssträngen, die immer dann wechseln, wenn es besonders aufregend ist. Ich spreche sehr gerne eine Leseempfehlung aus und rate dazu, genug freie Zeit einzuplanen, um „Monster“ ohne viele Unterbrechungen genießen zu können.

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Veröffentlicht am 14.11.2023

Vom Freund zum Feind

Die Weite des Horizonts
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Cara Biber verbringt die Sommer ihrer Kindheit in der Normandie, wo sie mit den Nachbarn unbeschwert spielt und sich schließlich in Nic Poulin verliebt. Im Jahre 1942 ist die junge Schwarzwälderin Wehrmachtshelferin ...

Cara Biber verbringt die Sommer ihrer Kindheit in der Normandie, wo sie mit den Nachbarn unbeschwert spielt und sich schließlich in Nic Poulin verliebt. Im Jahre 1942 ist die junge Schwarzwälderin Wehrmachtshelferin und wird just genau in dieses kleine Dorf, Pourville-sur-Mer, versetzt. Während Nic inzwischen nach Kanada ausgewandert ist und als Radar-Experte für die Engländer kämpft, wendet sich die frühere Freundin Isabelle konsequent von Cara ab. Aus Freunden sind Feinde geworden.

Mit ihrer unvergleichlichen Art zu schreiben, fesselt Noa C. Walker auch diesmal den Leser von der ersten bis zur letzten Seite an dieses aufregende Buch. In hervorragender Weise recherchierte historische Details und gut durchdachte romanhafte Handlungselemente verknüpft die Autorin fabelhaft zu einem großen Ganzen, das durch Glaubwürdigkeit und bewegende Emotionen besticht. Das Geschehen driftet dabei niemals in Belanglosigkeiten oder Oberflächliches ab, ganz im Gegenteil, haucht Walker ihren Figuren so viel Lebendigkeit ein, dass man reale Persönlichkeiten vor sich zu sehen meint. Die widerstreitenden Gefühle aller Protagonisten sind spürbar, niemand weiß, wem er noch vertrauen darf und wer welches Spiel spielt, um selbst zu überleben.

Rasch wechselnde Schauplätze und unterschiedliche Blickwinkel halten das Tempo hoch, genaue Angaben hierzu lassen stets den Überblick wahren, wo wir uns gerade befinden und wer im Mittelpunkt steht. So wird aus einem traurigen Kapitel unserer Geschichte ein spannender Roman mit tiefen Einblicken in so manche Entscheidung, welche aus heutiger Sicht fragwürdig erscheint, im Zusammenhang mit der damaligen Zeit jedoch durchaus verständlich beim Leser ankommt. Dazu trägt nicht zuletzt das ausführliche und informative Nachwort bei, welches dieses Buch bestens begleitet.

Ein wunderbarer Roman über Freund und Feind, Vertrauen und Verrat und die bedingungslose Liebe. Ein Buch, das man nur ungern aus der Hand legt, weil es die Vergangenheit nicht vergessen lässt und Mut und Zuversicht immer im Blick behält, seien die Zeiten auch noch so grausam. Wobei wirklich grausame Szenen ausgespart worden sind, sodass ich „Die Weite des Horizonts“ uneingeschränkt empfehlen kann! Fünf Sterne!

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Veröffentlicht am 13.11.2023

Ein Familiendrama

Hope's End
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Die Kranken- und Altenpflegerin Kit wird von ihrer Agentur an eine berüchtigte Adresse geschickt: im herrschaftlichen Anwesen der Familie Hope an der Felsküste muss sie sich um Lenora kümmern, die vor ...

Die Kranken- und Altenpflegerin Kit wird von ihrer Agentur an eine berüchtigte Adresse geschickt: im herrschaftlichen Anwesen der Familie Hope an der Felsküste muss sie sich um Lenora kümmern, die vor fast fünfzig Jahren ihre Eltern und ihre Schwester umgebracht haben soll. Aus Mangel an stichhaltigen Beweisen ist sie zwar nie vom Gericht verurteilt worden, sehr wohl aber von den Menschen, die hier in der Gegend leben. Mittlerweile sitzt sie im Rollstuhl und kann aufgrund mehrerer Schlaganfälle nur noch über die Tasten einer Schreibmaschine kommunizieren. Kit ist zwiegespalten: kann sie Lenora glauben, wenn diese ihre Unschuld beteuert oder betreut sie gerade eine eiskalte Mörderin? Und wie sieht es mit dem Personal aus im alten Familiensitz? Kann man diesem vertrauen? Schreckliche Geheimnisse drängen an die Oberfläche.

Flott der Schreibstil, spannend die Handlung – so wird der Leser sprichwörtlich an dieses Buch gefesselt, das durch die Beziehungen der Figuren untereinander punkten kann. Interessant sind dabei die Betrachtung von Kit, die aus der Ich-Perspektive erzählt und die immer wieder eingeflochtenen Schreibmaschinenseiten, welche Lenora unter größten Anstrengungen nach und nach füllt und damit in kleinen Puzzlestücken das Geschehen im Jahre 1929 preisgibt. Auch wenn Riley Sager sehr ausführlich auf alles eingeht, so fühlt sich dieser Psychothriller an keinem Punkt langatmig an. Im Gegenteil, ebenso wie Kit im Buch, weiß der Leser bald nicht mehr, was er glauben soll, wem er vertrauen darf. Der Familiensitz über den Felsen als Kulisse passt da hervorragend dazu, wenn der Sturm ums Haus heult und an den Fenstern rüttelt, wenn die alte Stiege nächtens knarrt und ein neuer Riss an der Wand entsteht aufgrund des instabilen felsigen Untergrunds.

Über viele Kapitel wird alles Wissenswerte dargelegt, werden die handelnden Figuren genau beleuchtet, aber dann geht es Schlag auf Schlag, ungeahnte Details aus der Vergangenheit werden aufgedeckt, unerwartete Wendungen sorgen für angehaltenen Atem. Selbst wenn die Verstrickungen am Ende schon fast zu viel scheinen, so ist die Auflösung doch gut gelungen und stimmig zu einem passenden Abschluss zusammengeführt. Der Nachsatz ist verblüffend und lässt den Leser staunend zurück – keinesfalls zu früh hier hinblättern!

Mir hat dieses Buch viele packende Stunden und beste Unterhaltung beschert. Sehr gerne empfehle ich Hope’s End weiter!