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Veröffentlicht am 10.01.2018

Eine musikalische Liebesgeschichte

Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie
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Die Straße, in der sich Franks Musikgeschäft befindet, hat schon bessere Tage gesehen. Der Mörtel fällt von den Wänden und Jugendliche ‚verschönern‘ die Läden mit Graffiti. Aber einige dieser Läden sind ...

Die Straße, in der sich Franks Musikgeschäft befindet, hat schon bessere Tage gesehen. Der Mörtel fällt von den Wänden und Jugendliche ‚verschönern‘ die Läden mit Graffiti. Aber einige dieser Läden sind seit vielen Jahren hier, einschließlich Franks Musikgeschäft, das nur Schallplatten verkauft. Er weigert sich, CDs zu verkaufen, was ihn bei den Plattenlieferanten ziemlich unpopulär macht. Aber Franks Laden ist etwas Besonderes. Er hat das Talent, genau das richtige Lied zu finden, das seine Kunden brauchen um glücklich zu werden. Er schafft es, gebrochene Herzen und Ehen zu heilen, und sein Laden ist ein beliebter Ort in der Gegend. Doch eines Tages taucht eine geheimnisvolle Frau in Grün vor seinem Laden auf und bei dieser Frau, einer Deutschen namens Ilse, versagt sein Gespür und so sehr er sich auch bemüht, er kann nicht herausfinden, welche Musik sie glücklich machen kann.

Rachel Joyce hat einen sehr angenehmen Schreibstil, der sich flüssig und gut lesen lässt. Sie nimmt den Leser gekonnt mit in diese kleine Straße in einem Londoner Vorort in den späten 1980er Jahren. Die Geschichte selbst ist eine Hommage an die Musik, und ich wage zu behaupten, dass jeder Musikliebhaber seine Freude an der Geschichte finden wird. Die musikalischen Referenzen sowie das Trivialwissen zu Liedtexten, Bands bzw. Komponisten sind wirklich sehr gut gelungen.
Die Charaktere in dieser Geschichte sind manchmal etwas skurril, aber dennoch sehr liebenswert. Frank zum Beispiel spielt weder ein Instrument, noch kann er Noten lesen, aber er hört das richtige Lied für seine Kunden, genau das Lied, dass dieser Mensch braucht. Doch bei der Fremden, die vor seinem Laden ohnmächtig wird, Ilse Brauchmann, kann Frank kein Lied hören, da ist nur die Stille. Und in dem Moment weiß Frank, dass sich sein Leben ändern wird. Die Geschichte zwischen Frank und Ilse ist nun wirklich unkonventionell. Wer hier eine klassische Liebesgeschichte erwartet, wird eines Besseren belehrt.

»In der Musik geht es um Stille« (Kapitel 6, Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie – Rachel Joyce)

Aber in „Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie“ geht es nicht nur um Frank und Ilse, sondern auch um die Verbindung zwischen Menschen, wie die zwischen einem Mann und seiner Mutter oder einer Gemeinschaft von Menschen, die ums Überleben kämpfen, in einer Gegend, in der kleinere Läden und Familienunternehmen von den großen Ketten vertrieben werden.

Diese Geschichte, in der es um mehr als nur Musik geht, hat mich wirklich sehr bewegt. Denn es geht auch um Liebe, um Beziehungen, aber auch um die Art und Weise, wie sich die Welt entwickelt. Mit diesem Roman erhält man letztendlich nichts geringeres als eine schöne, ergreifende Geschichte, die reich an Atmosphäre und Emotionen ist.

Veröffentlicht am 21.10.2017

»Aber über den wahren Zustand der Welt wollte niemand sprechen. Und davon hören wollte auch niemand.« (S. 137)

Underground Railroad
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Cora wurde als Sklavin auf einer Baumwollplantage Georgias geboren. Dort wird sie wie viele versklavte Schwarze schlechter behandelt als Tiere, und ein Ende der Sklaverei ist nicht in Sicht. Von der Freiheit ...

Cora wurde als Sklavin auf einer Baumwollplantage Georgias geboren. Dort wird sie wie viele versklavte Schwarze schlechter behandelt als Tiere, und ein Ende der Sklaverei ist nicht in Sicht. Von der Freiheit kann sie nur träumen, doch dann bietet sich eine Gelegenheit als sie von der Underground Railroad hört. Mit ihr gelingt ihr die Flucht von der Plantage in Georgia, doch Freiheit scheint ein fernes Land, denn auf ihrer Reise erlebt sie unvorstellbares und begegnet neuen Gefahren.

Underground Railroad von Colson Whitehead wurde 2017 mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet, „für eine intelligente Verschmelzung von Realismus und Allegorie, die die Gewalt der Sklaverei und das Drama der Flucht in einem Mythos verbindet, der das Amerika von heute anspricht“. Meiner Meinung nach eine verdiente Auszeichnung. Whitehead hat für sein Werk Zeugenberichte von ehemaligen Sklaven recherchiert und vermischt hier Fakten zur Underground Railroad mit Fiktion, z. B. handelte es sich bei der Underground Railroad um ein Netzwerk, das Sklaven bei der Flucht aus den Südstaaten der USA unterstützte. Im Gegensatz zu Whiteheads Roman war die Underground Railroad also weder eine echte Eisenbahn, noch verlief sie im Untergrund. Aber gerade dieser fiktionale Anteil an der Geschichte macht das Netzwerk zur Fluchthilfe für den Leser greifbarer und leichter vorstellbar. Eingestreut werden auch immer wieder tatsächlich veröffentlichte Steckbriefe entlaufener Sklaven. Dadurch entsteht ein beeindruckendes Gesamtbild, neben der Geschichte verschiedener fiktionaler Personen, von Schwarzen wie von Weißen, sowie den Erlebnissen von Cora auf ihrer Flucht. Erlebnisse, die zwar fiktional sind, aber im dargestellten Hintergrund dennoch einer gewissen Realität entspringen zu erscheinen. Das ist es auch, was dieses Buch auszeichnet. Denn das Bild, was sich hier darstellt, zeigt die erschreckenden Ereignisse, zu denen der Mensch fähig ist. Doch nicht nur Sklaverei, sondern auch Rassismus lässt sich hier wiederfinden und bedient somit immer noch ein aktuelles Thema, wodurch das Buch noch lange nachklingt.

Underground Railroad bedient sich einem Thema, das an Aktualität nichts verloren hat. Whitehead schafft es, die Fiktion so gekonnt mit dem historischen Hintergrund zu verweben, dass Realität und Sinnbild sich in einem erschreckend realen Bild vereinigen und somit den Leser noch eine Zeit lang nachdenklich zurücklässt.

Veröffentlicht am 23.09.2017

Das Buch zum mamiblock

Mom Hacks
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In „Mom Hacks. Die genialsten Tipps & Tricks für Eltern zum Selbermachen“ stellt Youtuberin Julia Lanzke einige der besten Hacks vom mamiblock vor, aber zeigt auch ein paar neue Tipps. Dabei sind die Tricks ...

In „Mom Hacks. Die genialsten Tipps & Tricks für Eltern zum Selbermachen“ stellt Youtuberin Julia Lanzke einige der besten Hacks vom mamiblock vor, aber zeigt auch ein paar neue Tipps. Dabei sind die Tricks einfach umzusetzen, das benötigte Material dafür bekommt man eigentlich fast in jedem gut sortierten Supermarkt, oder hat es vielleicht eh schon zu Hause.

Die insgesamt 127 Tipps gliedern sich in 11 unterschiedliche Themenbereiche:
1. Basics für Neu-Mamas
2. Food Basics
3. Einfach beschäftigt
4. Kindersicher
5. Kreative Kids
6. Kindergarten und Schule
7. Ordnung im Haushalt
8. Im Badezimmer
9. Auf Reisen
10. Für Notfälle
11. Rezepte gegen Langeweile

Damit findet man Tipps und Tricks für fast alle Lebenslagen. Die „Hacks“ sind zudem einfach nachzumachen und erfordern oft wirklich nicht viel handwerkliches Können und sind wirklich sinnvoll. Einige der „Hacks“ kannte ich schon von den Videos auf mamiblock, andere waren mir neu.
Auch die Gestaltung des Buches fand ich sehr ansprechend. In wenigen Sätzen wird beschrieben, wie der Tipp/Trick funktioniert und dazu gibt es noch mehrere Bilder. Für beschäftigte Mamis und Papis genau richtig, denn im Alltag mit Kind hat man nicht immer viel Zeit zum Lesen (oder zum Videos auf Youtube gucken), da muss es schnell gehen. Und schnell kann man diesen Ratgeber wirklich lesen. Wer doch mal ein Video dazu braucht, kann sich mit der GU Kreativ Plus App auch zu über 70 Tipps und Tricks das dazugehörige Video anschauen.

Die Hacks aus diesem Buch sind wirklich hilfreich und einfach umzusetzen, was sie so genial macht. Da hier auch einige bereits bekannte Ideen vom mamiblock aufgegriffen werden, ist dieses Buch vor allem für diejenigen interessant, die den mamiblock (noch) nicht kennen, aber auch für alle, die gerne ein Buch in der Hand halten, weil sie nicht immer die Videos auf youtube schauen wollen. Außerdem könnte ich mir das Buch als prima Geschenk für werdende und junge Eltern vorstellen.

Veröffentlicht am 29.08.2017

Mathematische Kopfrechen-Zaubertricks

Mathe to go
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Wer die Rechentricks aus diesem Buch kennt, kann seinen Taschenrechner in den Ruhestand schicken. Denn multiplizieren, auch mit größeren Zahlen, quadrieren, dividieren, Wurzel ziehen und logarithmieren ...

Wer die Rechentricks aus diesem Buch kennt, kann seinen Taschenrechner in den Ruhestand schicken. Denn multiplizieren, auch mit größeren Zahlen, quadrieren, dividieren, Wurzel ziehen und logarithmieren kann man auch ohne das technische Hilfsmittel und mit den Tricks aus diesem Buch wird das auch noch kinderleicht. Außerdem verspricht das Buch „Zaubertricks“ und „coole Cocktails“.

»Denn Mathematik ist auch die Wissenschaft der besseren Befriedigung.« (S. 12)

Der deutsche Mathematiker, 1960 in Oberkirchen geboren, promovierte 1987 an der Harvard University in Cambridge, USA. Anschließend lehrte er bis 1991 an der University of California in Berkeley. Zurzeit ist er Professor für Mathematik und Statistik in der Universität München. Hesse veröffentlichte unter anderem Bücher zur angewandten Wahrscheinlichkeitstheorie, aber auch unterhaltsame Bücher über das mathematische Denken wie „Das kleine Einmaleins des klaren Denkens: 22 Denkwerkzeuge für ein besseres Leben“.

Sehr unterhaltsam führt uns Hesse an die magischen Kopfrechen-Tricks heran. Ich fand seinen Schreibstil etwas ungewöhnlich oder auch unerwartet, denn er schreibt so ziemlich locker und beim Lesen hat man eher das Gefühl, dass der Mathematiker vor einem steht und fröhlich vor sich hin plaudert und uns, den Lesern, mal im Vorbeigehen erklärt, wie das denn eigentlich so ist mit dem Rechnen im Kopf. Nebenbei fließen geniale Zaubertricks, natürlich mathematische, ein, die der man durchaus auf Partys jeden beeindrucken könnte. Zwischendurch, wie es auch der Klappentext verspricht, gibt es ein paar „coole Cocktails“, also Rezepte dafür. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, dass der Autor sich selbst nicht so ernst nimmt, aber was er hier an Tricks verrät, schlägt so ziemlich alles, was ich vorher kannte. Meistens dachte ich nur: „Hätte ich das mal schon in meiner Schulzeit gewusst!“ Zum Glück lernt der Mensch nie aus und somit freue ich mich, dass ich jetzt noch so einiges gelernt habe.
Tricks gibt es übrigens en masse. Angefangen mit der Erklärung, wie man mit den Fingern schnelle Multiplikationen berechnen, nähert er sich schnell Größerem. Nämlich größeren Zahlen, dem Quadrieren, wir machen eine kleine Exkursion zu römischen Zahlen, die sehr interessant ist. Division, Wurzeln und Logarithmen berechnen, für all das hat Hesse unglaublich geniale Tipps und Tricks, die sich lohnen zu kennen. Außerdem gibt er noch eine Anleitung, wie man schnell eine Probe durchführen kann und ein Rezept, um von einem beliebigen Datum den dazugehörigen Wochentag zu berechnen.

Meiner Meinung nach sind das wirklich hilfreiche Tricks, die eigentlich jeder kennen sollte. Zudem ist das Buch auch wirklich unterhaltsam, so dass ich gerne eine Leseempfehlung ausspreche.

Veröffentlicht am 27.08.2017

Der Mensch von morgen: Leben in einem düsteren Technologiezeitalter?

Homo Deus
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In seinem neuen Buch „Homo Deus“ beschäftigt sich Yuval Noah Harari mit der Zukunft, genauer gesagt mit einer möglichen Menschheit der Zukunft. Hunger, Krankheit und Krieg gehören in dieser Zukunftsvision ...

In seinem neuen Buch „Homo Deus“ beschäftigt sich Yuval Noah Harari mit der Zukunft, genauer gesagt mit einer möglichen Menschheit der Zukunft. Hunger, Krankheit und Krieg gehören in dieser Zukunftsvision der Vergangenheit an, Homo Sapiens steht an einer Grenze und wann wir er den Homo Deus erschaffen, einen durch Technik verbesserten Menschen? Einen Homo Deus, der sich vom Homo Sapiens deutlich mehr unterscheidet als dieser vom Neandertaler. Harari fragt sich, was dann aus der Menschheit wird, aus dem Humanismus, wenn Maschinen geschaffen werden, die in allerlei Hinsicht besser sind als wir. Was ist, wenn wir uns in unserem Streben nach Gesundheit, Glück und Macht soweit von dem Entfernen, was wir Menschen nennen? Sind wir dann überhaupt noch Menschen?

»Die Menschen haben üblicherweise Angst vor Veränderungen, weil sie das Unbekannte fürchten. Doch die größte Konstante der Geschichte ist die, dass sich alles verändert.» (S. 97)

Yuval Noah Harari, geboren 1976 in Haifa, Israel, promovierte 2002 an der Oxford University. Der Historiker lehrt seit 2005 Geschichte an der Hebrew University in Jerusalem. Er beschäftigt sich derzeit mit Weltgeschichte und makrohistorischen Prozessen. Seine populärwissenschaftliche Monographie „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ wurde zum Weltbestseller und in fast 40 Sprachen übersetzt.

Harari schafft es, mit seinem anschaulichen, kurzweiligen Schreibstil, die Leser mitzunehmen. Manchmal mag er gar zu übertreiben in seinen Anschauungen, was andererseits aber auch wieder dazu führt, dass man darüber nachdenkt, was er da schreibt. Kann das wirklich so sein bzw. werden? Wieviel Wahrheit steckt darin? Und wenn es eine mögliche Option ist, was kann ich dafür oder dagegen unternehmen? Ganz klar schafft es Harari, dass man über das, was er schreibt, nachdenkt und eine Diskussion sucht, mit sich selbst oder mit anderen. Denn das Thema des Buches verlangt es einfach, dass man sich damit auseinandersetzt.
Der Aufbau des Buches besteht aus einer knapp 100 Seiten langen Einleitung, der neuen menschlichen Agenda sowie drei Teilen (Homo sapiens erobert die Welt, Homo sapiens gibt der Welt einen Sinn, Homo sapiens verliert die Kontrolle).
Während er sich in der Einleitung noch damit beschäftigt, wie aus dem Jäger und Sammler der heutige Homo sapiens werden konnte, der viele Ursachen für Tode zu früheren Zeiten – Hunger, Krankheit, Krieg – dezimiert hat, so schafft er es in den nächsten Teilen einen Bogen zu schlagen von der Entwicklung, wie der Mensch seine Umwelt beeinflusst hat, wie sich der Humanismus entwickelt hat bis schließlich zum jetzigen Zeitpunkt und darüber hinaus. Während homo sapiens in den ersten beiden Teilen noch an Kontrolle gewinnt, so verliert er im letzten Teil zunehmend die Kontrolle, denn wenn alle Prozesse automatisiert werden, wo bleibt hier die Kontrolle? Entscheidungen werden Algorithmen überlassen und eine Datenreligion, der Dataismus, löst zunehmend humanistische Werte wie Individualismus, Seele und den freien Willen ab.

»Doch sobald die Menschen ihre funktionale Bedeutung für das Netzwerk verlieren, werden sie erkennen, dass sie gar nicht die Krone der Schöpfung sind. […] Rückblickend betrachtet, wird die Menschheit nichts weiter gewesen sein als ein leichtes Kräuseln im großen kosmischen Datenstrom.« (S.534)

„Homo Deus“ ist intelligent, unvoreingenommen und notwendig. So düster die Zukunftsvision von Harari auch sein mag, so sehr regt sie zum Nachdenken an. Dennoch kann das Buch auf hohem Niveau unterhalten!