Profilbild von DetlefKnut

DetlefKnut

Lesejury Star
offline

DetlefKnut ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit DetlefKnut über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.01.2024

Historische Fakten wunderbar fiktionalisiert!

Der eiserne Herzog
0

Dieser historische Schinken ist der letzte Roman, der noch vor dem Tod des Schriftstellers Ulf Schiewe erschien. Leider konnte er den Erfolg dieses historischen Romans nicht in seiner Gänze auskosten.

Noch ...

Dieser historische Schinken ist der letzte Roman, der noch vor dem Tod des Schriftstellers Ulf Schiewe erschien. Leider konnte er den Erfolg dieses historischen Romans nicht in seiner Gänze auskosten.

Noch als Junge kann sich Guilhem/William dank seiner engsten Freunde der Verfolgung seiner Widersacher entziehen. Guilhem ist intelligent und kann sich behaupten. Seine Freunde schirmen ihn ab und er kann sich als Herzog der Normandie behaupten. Im Laufe des Romans wird klar, dass sich am besten keiner mit ihm anlegen sollte. Schließlich ist er eine, der immer bekommt, was er will. Aber das fällt ihm nicht einfach in den Schoß, sondern er tut etwas dafür. Er bemüht sich darum. Später wird ihm dies mit List, Schläue und Tücke attestiert. Dank einiger weniger getreuer konnte Guilhem als Herzog der Normandie König von England werden.

Ulf Schiewe hat sich in diesem Roman des Themas der Eroberung Englands durch William, den Eroberer, angenommen. Dabei bleibt er nicht bei der bloßen Beschreibung dessen, was hinlänglich aus den historischen Dokumenten bekannt ist. Viel mehr hat Ulf Schiewe sich der historischen Personen angenommen und aus ihnen lebhafte und intelligente Figuren gemacht, die viel über die Taten nachdenken, die sie vorhaben zu tun.

Er hat sie als Menschen dargestellt, wie sie hätten sein können, mit allen Zweifeln, Hoffnungen und Depressionen, mit aller Wut und Enttäuschung, wie sie auch heute im Leben der Menschen vorkommen. Das hat mich stark beeindruckt.

Und nebenbei: Fast alle Figuren des Romans sind real existierende Menschen gewesen. Nur kleine Nebenfiguren sind von Ulf Schiewe frei erfunden worden.

Auf diese Weise wird es den Lesern möglich, hinter die Kulissen eines aufkommenden Krieges zu blicken. Es bleibt also nicht nur bei den bekannten Fakten, das William England übernommen hat, sondern man kann verstehen, wie es zu seiner Entscheidung kam, über England herzufallen. Man erfährt, wie viel Betrug und Intrigen notwendig waren, um ihm den ihm zustehenden Thron vorzuenthalten. Auch, wenn viele Lücken in den historischen Dokumenten von Ulf Schiewe mit Fiktion aufgefüllt wurden.

Als Leser dringt man aber nicht nur in den Kopf von Guilhem/William, sondern auch in die Köpfe seiner Widersacher. Es wird alles plausibel.

Ob die tatsächlichen historische Personen so gedacht haben, bleibt den Lesern natürlich vorenthalten. Aber Ulf Schiewe hat eine Variante angeboten, die es für möglich macht. Ich konnte mich jedenfalls gut in die Leute einfinden.

Insgesamt betrachtet wurden vom Autor lebensnahe Figuren geschaffen, um ehemals realen Menschen neues Leben mit fiktiven Mitteln einzuhauchen. Diese Figuren nehmen uns mit auf spannende Abenteuer, lassen uns mitfühlen und regen unsere Fantasie an. Sie sind mir für einige Stunden zu unvergesslichen Begleitern geworden.

Der Autor ist viel zu früh aus dem Leben geschieden. Schade, dass die Leser auf viele neue Romane von ihm verzichten müssen. Den vorliegenden aber sowie alle zuvor von ihm veröffentlichten Romane bleiben ihm erhalten, um mehr über die Geschichte Europas zu erfahren. Ein Roman, den ich überaus gerne empfehle!

© Detlef Knut, Düsseldorf 2024

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.01.2024

Interessante Figuren in einer spannenden Handlung auf Fischland

Der Sturm: Vergraben
0

»Der Sturm« von Karen Sander ist nun schon die zweite Romanserie nach »Der Strand«. Als Serie von Romanen sind die drei Romane zwar unabhängig lesbar, weil sie abgeschlossene Fälle enthalten. Aber wegen ...

»Der Sturm« von Karen Sander ist nun schon die zweite Romanserie nach »Der Strand«. Als Serie von Romanen sind die drei Romane zwar unabhängig lesbar, weil sie abgeschlossene Fälle enthalten. Aber wegen des Seriencharakters gibt es immer einen Strang, der sich von Band 1 bis Band 3 durchzieht.

Bei »Der Sturm: vergraben« geht es erneut an die Ostsee auf Fischland/Darß zur Kriminalinspektion im fiktiven Sellnitz. Bei einem Sturm, der die Küste heimsucht, werden wegen des Abbruchs eines Stücks von den Klippen die Knochen zweier Menschen gefunden. Einheimische und ältere Kollegen erinnern sich daran, dass es vor der Wende 1989 ein Serientäter gab, der immer Pärchen tötete. Er wurde nie geschnappt und als Darß-Ripper bezeichnet.

Jedoch nicht alles, was in diesem Thriller als Verbrechen passiert, wurde von diesem Ripper getan. Es gibt viele kleine und große Vorkommnisse, die die Leser bei der Stange halten. Karin Sander hat sich da viele Kleinigkeiten einfallen lassen, die neben den Ermittlungen im Hauptfall für Spannung sorgen.

Was das Figurenensemble angeht, so ist es breit gefächert. Da der Thriller in den alten Bundesländern spielt, haben viele Figuren einen entsprechenden DDR-Hintergrund. Der wird nicht besonders herausgekehrt, spielt aber für die eine oder andere Motivation eine Rolle. Außerdem werden die Figuren damit natürlich authentisch. Nichts kann langweiliger sein als in den alten Bundesländern auf Menschen ohne DDR- Vergangenheit zu treffen.

Das Stammpersonal ist selbstverständlich identisch mit dem aus dem vorhergehenden Serie. Im Mittelpunkt stehen Tom Engelhardt, der Leiter der Kripo in Sellnitz sowie die Kryptologin Mascha Krieger vom LKA in Schwerin. Freunde, Verwandte, Bekannte und Kollegen von ihnen sind den Lesern der ersten Serie ebenfalls vertraut. Und so gibt es auch hier so manchen Konflikt zu bewältigen, der den Roman besonders spannend macht. Z. B. die rotznässige Göre, die gerade von der Polizeischule gekommen war, Maschas Bruder, der neidisch auf den Leiter der Kripo ist oder der Adoptivvater von der Kryptologin, der selbst bei der Kripo in der DDR tätig war und bei den Ermittlungen um den Darß-Ripper dabei war.

Diese gesamte Gemengelage macht »Der Sturm: vergraben« interessant, unterhaltsam und angenehm spannend, so dass man ihn kaum aus der Hand legen möchte und er in nillkommanichts durchgelesen ist.

Das Lokalkolorit spielt natürlich auch eine große Rolle. Die bildhaften Beschreibungen laden dazu ein, sich die Winde an der Ostseeküste im Herbst oder im Winter einmal um die Nase wehen zu lassen.

Die Dialoge, die Karen Sander geschaffen hat, wirken real wie aus dem Leben gegriffen und sind jeweils dem Alter der Figuren angepasst. Man bekommt ein Gefühl dafür, sich selbst mit diesen Menschen zu unterhalten.

»Der Sturm: vergraben« ist ein Thriller, den ich den Thrillerfreunden sehr gerne empfehle.

In Karen Sanders zweiter spannender Romanserie auf Fischland an der Ostsee können Leser nicht nur in eine fesselnde Geschichte eintauchen, sondern auch interessante Menschen kennenlernen. Mit vielen Spannungsbögen und einem ununterbrochenen Lesevergnügen ist diese Serie ein absolutes Muss für alle Thrillerfans. Tauche ein in die Welt von Fischland und lass dich von Karen Sanders meisterhaftem Schreibstil fesseln.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2024

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 14.12.2023

Der Nachtwächter und der General

Straffers Nacht
0

Der Roman von Wolfgang Wissler oder vielmehr sein Inhalt regt zum Nachdenken an. Wenn auch ältere Generation die Fakten und Umstände kennen, so können jüngere Generation vielleicht daraus lernen.

Erich ...

Der Roman von Wolfgang Wissler oder vielmehr sein Inhalt regt zum Nachdenken an. Wenn auch ältere Generation die Fakten und Umstände kennen, so können jüngere Generation vielleicht daraus lernen.

Erich Straffer ist Nachtwächter. Er dreht seine Runden als Nachtwächter durch finstere Fabrikhallen. Dabei bewegen sich seine Gedanken nicht nur um seine Kollegen und wie er ein besseres Leben erzielen könnte, sondern sie gehen auch etwa zwanzig Jahre zurück und berichten aus seinem früheren Leben.

Erich Straffer war nämlich im sogenannten Dritten Reich einer der skrupellosesten SS-Generäle, den die Juden begegnen konnten. Mit seinem jetzigen Job versucht er, sich vor den Mühlen der Justiz in der noch jungen Bundesrepublik Deutschland zu verstecken.

Doch aus seinen Gedanken springen auch eine große Menge Neid gegenüber seinen vielen Nazikollegen heraus. Im Gegensatz zu ihm, der sich als Nachtwächter verkriecht, treten andere öffentlich auf und tun so als wären sie sich keiner Schuld bewusst. Ob sie nun Stars im Fernsehen sind oder Ministerposten bekleiden. Ihnen scheint es nichts auszumachen, dass sie noch vor zwanzig Jahren Menschen in Gaskammern geschickt haben. Ja, darauf ist der jetzige Nachtwächter und ehemalige General neidisch.

Er selbst hat sich verkrochen und die Angst vor der Entdeckung sitzt ihm im Nacken. Dabei möchte ein Teil von ihm gerne Wiedergutmachung leisten, ein anderer Teil aber auch wieder pompöser Leben. In den Augen seiner Frau und Kinder möchte er nicht mehr wie ein Jammerlappen wirken.

Stets versucht Straffer in seinen Gedanken eine Rechtfertigung für seine Greueltaten zu konstruieren. Dabei verweist er auf die ehemaligen Kollegen, die jetzt unter Adenauer dienen. Adenauer hatte dies 1952 begründet mit dem Satz: „Man schüttet kein dreckiges Wasser aus, wenn man kein reines hat.“

Aus dem Autor Wolfgang Wissler spricht eine Wut über die Vorgänge und das Vertuschen der Naziverbrechen im jungen Deutschland. Anhand der Figur Erich Straffer findet er einen Weg, seine Wut zum Ausdruck zu bringen. Das ist nicht nur interessant, sondern auch spannend gemacht.

Als Straffer einen neuen Kollegen als Nachtwächter bekommt, wird die Spannung um einiges erhöht. Denn dieser neue Kollege ist Jude, kommt aus Israel und bittet Straffer um Hilfe. Wird er ihm helfen?

Das Leben von Straffer wird allerdings nicht nur von ihm selbst über seine Gedanken und Handlungen beschrieben. Wolfgang Wissler hat sich auch weiterer Figuren bemächtigt, die den ehemaligen SS-General und jetzigen Nachtwächter aus ihrer Sicht heraus beurteilen. So z.B. dessen Ehefrau, aber auch der jüdische Kollege oder ein US-Soldat, der sich um eine Analyse Deutschlands bemüht.

Der Roman lässt über das Nachkriegsdeutschland nachdenken und stellt einige Vorgehensweisen im Hinblick des wieder aufkommenden Antisemitismus infrage. Er ist spannend zu lesen und lässt sich auch gut unter den Weihnachtsbaum packen.

Fazit: In Anbetracht dieser Tatsachen bleibt die entscheidende Frage offen: Wie wird sich der Naziverbrecher entscheiden? Wird er den Weg der Wiedergutmachung wählen oder seinem Judenhass erliegen? Die Zukunft bleibt ungewiss und die Hoffnung liegt in einer gerechten Strafverfolgung. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die jungen Menschen in Deutschland die Geschichte kennen und sich gegen jegliche Form von Hass und Diskriminierung erheben. Nur so können wir sicherstellen, dass sich die Schrecken der Vergangenheit nicht wiederholen. Die Verantwortung liegt bei uns allen, eine inklusive und tolerante Gesellschaft zu schaffen, in der Verbrecher keinen Platz haben.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2023

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.12.2023

Spannung, Konflikte und faszinierende Erklärungen

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11)
0

Bei dem Titel des neuen Romans von Nele Neuhaus dachte ich zunächst: Was ist das denn für ein seltsamer Titel für einen Taunuskrimi? Doch nach einigen Seiten erschließt sich einem der Titel, weil man erfährt, ...

Bei dem Titel des neuen Romans von Nele Neuhaus dachte ich zunächst: Was ist das denn für ein seltsamer Titel für einen Taunuskrimi? Doch nach einigen Seiten erschließt sich einem der Titel, weil man erfährt, dass es hier um die perfidesten Monster der Menschheit geht: um brutale und selbstherrliche Killer, die zudem psychopathisch veranlagt sind.

Nachdem die Leser auf die winterliche Taunus-Landschaft in der Adventszeit vorbereitet wurden und daran erinnert wird, dass es auch mal eine Zeit mit vier Jahreszeiten gab, erfahren sie von dem Verschwinden der sechzehnjährigen Larissa. Das Team um Oliver und Pia aus dem RKI macht sich auf die Suche, setzt sich an die ersten Spuren, um das Mädchen zu finden.

Eine Spur weist auf einen Migranten, den Larissa kurz vor ihrem Verschwinden getroffen haben soll. Es gibt Zeugen. Die DNA dieses jungen Mannes, der vor wenigen Tagen aus der Haft entlassen worden ist, wird an der Kleidung der inzwischen tot aufgefundenen Larissa nachgewiesen. Das Aufeinandertreffen von Larissa mit ihrem Bekannten muss hinterfragt werden. Aber dieser wichtige Zeuge ist plötzlich verschwunden. Keiner will ihn als vermeintlichen Täter sehen. Dazu ist die Spur zu dünn. Aber er könnte der letzte gewesen sein, der Larissa noch gesehen hat und ist deshalb ein wichtiger Zeuge.

Was sich dann vor dem Team auftut, als sie sich auf die Suche nach diesen Zeugen begeben, ist unglaublich für das Team. Für die Leser ist dies Spannung auf höchstem Niveau.

Nele Neuhaus hat ein dermaßen umfangreiches Geflecht an Strängen, Spuren und Konflikten aufgebaut. Man kann gar nicht anders, als von einer Seite zur nächsten zu blättern, ohne zwischendurch Pause zu machen. Beim Lesen dieses Romans bleibt nicht viel Zeit für einen Kaffee.

Dieser Krimi kann zwar auch als Solo-Krimi gelesen werden, denn man es gibt ausreichend Informationen zum Beziehungsgeflecht innerhalb des Teams, aber ich habe mich dabei erwischt, es als wohltuend zu empfinden, dass ich das Personal schon kannte und mich beim Aufschlagen des Buches alle mit einem „hallo“ begrüßten.

Die Gestaltung der Figuren ist ein riesiger Pluspunkt, der mir an der Geschichte dieser Autorin sehr gefällt. Jede Figur hat einen besonderen Lebenslauf, der von Roman zu Roman immer umfangreicher wird. Dennoch schafft Nele Neuhaus es, die wichtigen Eckpunkte davon auch in diesem Roman »Monster« zu benennen, damit man sich nicht allein gelassen fühlt. Und da es nun schon einige Taunuskrimis von ihr gibt, greift sie auch gerne auf bisherige Fälle zurück. Für Neuleser mögen das zusätzliche Informationen sein, die für Plausibilität und Verständnis sorgen. Für alteingesessene Leser gibt es sowas wie ein Aha-Effekt, man greift auf Bekanntes zurück, blättert vielleicht noch mal im Roman mit dem genannten Fall nach. Man ertappt sich bei einem Faktencheck.

Nele Neuhaus nimmt einen mit auf eine unbeschreiblich spannende und interessante Reise in den Taunus. Trotz einiger brutaler Vorgänge, mit denen das Personal des Romans konfrontiert wird. Es ist ein Roman für die ganze Familie!

Fazit: »Monster«, der neue Tauniskrimi von Nele Neuhaus, ist ein absolut spannender Thriller, der einen in seinen Bann zieht. Die Jagd nach einem gefährlichen Serienkiller hält die Leser von der ersten bis zur letzten Seite in Atem. Besonders fesselnd ist dabei das familiäre Team um die Ermittler Pia Sander und Oliver von Bodenstein, deren Charaktere und Beziehung zueinander authentisch und mitreißend dargestellt sind. Mit »Monster« kann man sich perfekt in gemütlichen Winterabenden verlieren und ist gleichzeitig gespannt, wie der Fall gelöst wird. Ein absolutes Must-read für alle Krimifans und solche, die es noch werden wollen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2023

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.11.2023

Als schwarzer Sheriff in einer Kleinstadt in Virginia

Der letzte Wolf
0

Mit dem neuesten Roman von S. A. Cosby hat der Ars Vivendi Verlag einen unfassbar tollen und aufwühlenden Roman in den Buchmarkt und an die Leser gebracht. Der Roman mit dem Originaltitel »All the sinners ...

Mit dem neuesten Roman von S. A. Cosby hat der Ars Vivendi Verlag einen unfassbar tollen und aufwühlenden Roman in den Buchmarkt und an die Leser gebracht. Der Roman mit dem Originaltitel »All the sinners bleed« erschien im Frühsommer diesen Jahres und wurde von Barak Obama in seiner Sommer-Leseliste empfohlen. Zu recht!

S.A. Cosby ist für seine aufwühlenden Themen bekannt, die sich naturgemäß um Rassendiskriminierung und das Zerbrechen der Gesellschaft drehen. Selbst Schwarzer hat er mit dem Schreiben eine Möglichkeit gefunden, über Themen, die ihn bewegen, zu sprechen. Die Themen werden von ihm am Liebsten in Romane mit einem kriminellen Touch gepackt.

Titus Crown war viele Jahre beim FBI tätig. Nach dem Tod seiner Mutter zieht es ihn in seine Heimatstadt Charon, einer kleinen Stadt im Süden, zurück. Dort kandidiert er als Sheriff, gewinnt diese Wahl und ist nun seit einem Jahr der Chef der hiesigen Polizei und hatte einige Männer und Frauen unter sich zu leiten.

Dass er Sheriff wurde, war gar nicht so einfach abzusehen. In einer Region, wo es noch so viel Hass auf Menschen gibt, die „eigentlich doch nur Sklaven sind“.

Sheriff Titus Crown versucht, Gerechtigkeit für die Landsleute mit dunkler Hautfarbe durchzusetzen, die es doch allzu sehr gewohnt sind, von den weißen Polizisten für fast alles verantwortlich gemacht zu werden. Ob sie einen Kaugummi auf der Straße ausgespuckt haben, oder ob es einen Einbruch in einem Laden gab, es sind immer die Farbigen, die dafür an den Pranger gestellt werden. Ihre Autos werden vorrangig kontrolliert, mit und ohne Grund. Titus will das ändern und hofft, dass er dies als schwarzer Sheriff kann.

Es geht ein Anruf im Sheriffbüro ein. An der Schule bedroht ein ehemaliger Schüler die Lehrer und Schüler. Der Amokläufer ist ein junger Farbiger, der bis vor zwei oder drei Jahren selbst noch hier zur Schule ging. Alle kennen ihn, so wie sich eh alle Bürger in einer Kleinstadt kennen.

Der Amokläufer wird von den Männern des Sheriffs erschossen, als er mit einem Gewehr auf sie und die Schüler zustürmte. Ihrer Ansicht nach blieb ihnen gar nichts anderes übrig. Sheriff Titus Crown suspendiert die beiden Schützen trotzdem, weil er erst eine ordentliche Untersuchung abwarten will. Doch sofort wird klar, dass der Amokläufer einen Lehrer getötet hat, der noch an seinem Schreibtisch sitzt. Es war der Lieblingslehrer nahezu aller Schüler in den vergangenen dreißig Jahren.

Bei den Ermittlungen zu dem Amokläufer stoßen die Deputys auf ein Massengrab mit den Leichen jugendlicher Farbiger. Im beschaulichen Charon County in Virginia bricht für viele Bürger eine Welt zusammen. Die zusätzlich vom damaligen Präsidenten angefachten Ressentiments zwischen Weißen und Farbigen flammen stärker auf denn je.

Abgesehen von der wunderbaren Erzählweise, in der S.A. Cosby den Lesern die Region, die Menschen, die Schwierigkeiten des Lebens näherbringt, ist der Autor ein Meister der subtilen Spannung. Für die Leser wird die Spannung nicht im ersten Moment offensichtlich, bis sie merken, ihnen fehlen noch Antworten zu dem einen oder anderen Satz. Immer wieder setzt S.A. Cosby Punkte, die zunächst nicht zu Ende geführt werden, die aber im Kopf der Leser verbleiben und nach einer Lösung bohren. Das sind solche winzigen Punkte, wie der wirkliche Grund des Ausscheidens aus dem FBI, oder die vielen Jahre ohne Kontakt zu seiner ehemaligen Freundin, das Verhältnis zu seiner aktuellen Lebensgefährtin, oder auch das zu seinem Vater und seinem Bruder.

Es sind so viele Stellen in der Geschichte, auf die man nicht sofort eine Antwort erhält. Aber ich verspreche euch, die Antworten wird es geben. Am Ende des Romans bleibt nichts offen und so behält man ihn in Erinnerung.

Wunderbar finde ich zwei Kapitel in »Der letzte Wolf« zwischendurch, die mit „Charon County“ überschrieben sind. Hier gibt es die Mentalität der Menschen in einer Kleinstadt pur. Außerdem fasst der Autor in diesen beiden Kapiteln nochmal zusammen, was bis dahin den Lesern alles bekannt sein sollte. Gut gemacht!

Ein Roman voller Gewalt und voller Dämonen in den Köpfen der Menschen, voller religiösen und anderem Wahn, der einen einfach nicht loslässt.

Es ist eine faszinierende und spannende Geschichte, die es wert ist, gelesen und gekauft zu werden. Ich finde es mehr als toll, dass S.A. Cosby bei Ars Vivendi eine deutsche Heimat gefunden hat, nachdem ich ihn bereits mit den Originalfassungen seiner Romane für mich als herausragenden Schriftsteller entdeckt hatte. Dafür vielen Dank dem Verlag und auch dem Übersetzer Jürgen Bürger für seine wunderbare und passende Übertragung in die deutsche Sprache.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2023

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere