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Veröffentlicht am 17.12.2023

Karneval in Köln

Tödlicher Aschermittwoch (Gustav Zabel ermittelt 2)
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1820, als Köln noch Coeln hieß: Ausgelassen und fröhlich feiert man den Karneval, auch am Aschermittwoch gibt es noch Grund für ein Fest, nämlich das traditionelle Fischessen. Üblicherweise wird in der ...

1820, als Köln noch Coeln hieß: Ausgelassen und fröhlich feiert man den Karneval, auch am Aschermittwoch gibt es noch Grund für ein Fest, nämlich das traditionelle Fischessen. Üblicherweise wird in der letzten Nacht eine Strohpuppe verbrannt, diesmal aber liegen die verkohlten Überreste eines Menschen in der Asche. Kommissar Gustav Zabel stehen schwierige Ermittlungen bevor, denn kaum jemand spricht die ganze Wahrheit, nicht einmal seinen Freunden kann er noch trauen.

Eine interessante Krimihandlung vor realem Hintergrund mit historisch belegten Figuren präsentiert Lorenz Stassen mit seinem tödlichen Aschermittwoch. Ein deftiger Prolog bildet den Auftakt zum Buch, die wenig ergiebige Polizeiarbeit kann sehr glaubwürdig dargestellt werden, der Preuße Zabel in Coeln hat es nicht leicht. Hier gilt nämlich der Kölsche Klüngel „Man kennt sich, man mag sich, man hilft sich.“ Damit hat der Mann aus Berlin aber noch so seine Probleme. Ruhig, ohne große Dramatik, fließt dieser Kriminalroman dahin, der Mix aus historischen Daten und frei erfundener Geschichte sorgt für beste Unterhaltung. Nicht nur die wichtigste Person, Zabel, ist eindrücklich beschrieben, auch andere kann man sich gut vorstellen, sodass glaubwürdige Szenen vor dem geistigen Auge des Lesers entstehen. Menschen mit Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen sorgen für Lebendigkeit und ein Gefühl dafür, wie es damals war, anno 1825.

Viel zum Überlegen und Kombinieren gibt es hier für Kommissar Zabel, ihm dabei gedanklich zuzuhören hat mir gut gefallen, sodass ich mir gleich den Vorgängerband „Rosenmontag“ bestellen werde.

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Veröffentlicht am 07.12.2023

Todesurteil

VITA
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Gegen die Todesstrafe setzt sich Staatsanwältin Justine Callaghan (welch bezeichnender Name!) in jungen Jahren ein. In einer Phase persönlicher Belastung spricht sie allerdings später selbst ein einziges ...

Gegen die Todesstrafe setzt sich Staatsanwältin Justine Callaghan (welch bezeichnender Name!) in jungen Jahren ein. In einer Phase persönlicher Belastung spricht sie allerdings später selbst ein einziges Mal ein Todesurteil aus, obwohl sie weiß, dass sie persönlich mit ihrem Tod bezahlen muss, sollte sich das Urteil als falsch herausstellen. Und tatsächlich taucht Jahre später ein Beweismittel auf, das die Unschuld des Getöteten beweisen könnte. Justine steckt in einer Zwickmühle.

Vom Schreibstil eher nüchtern gehalten, präsentiert sich dieser Roman rund um das Thema Justiz und Bestrafung von Schwerverbrechern, Justine berichtet aus ihrer Sicht der Dinge in der Ich-Form, dazwischen spricht Insasse 39384 aus dem Todestrakt zum Leser. Einige Rückblenden und Gedanken an Justines Studentenzeit erklären, warum diese zu ihrer Überzeugung gelangt ist, dass die Todesstrafe, wenn schon nicht verboten, dann zumindest so selten wie möglich verhängt werden soll, der Rest der Handlung spielt in der Gegenwart und wird entsprechend in der Zeitform der Präsens geschildert. Trotz der sachlichen Erzählweise kann Christina Dalcher den Leser fesseln und dessen Gefühlsebene gut erreichen, bei manchen Szenen spürt man die sprichwörtliche Gänsehaut über den Körper laufen.

Auf faszinierende Weise entwickelt die Autorin ein juristisches Szenario vor dem Hintergrund der Rechtsprechung im US-Bundesstaat Virginia, wo die Todesstrafe zwar sehr selten, aber dennoch bisweilen ausgesprochen wird, allerdings unter dem Aspekt, dass derjenige selbst auf dem elektrischen Stuhl landet, der ein Fehlurteil verkündet hat. Nun könnte unsere Hauptfigur genau in dieses Dilemma schlittern, das sie selbst einige Jahre zuvor noch mitentwickelt hat. Großartig zeigt Dalcher, wie die erfahrene Staatsanwältin mit diesem Fall umgeht, wie sie dieses Problem lösen möchte. Auch wenn dem Leser vielleicht nicht jeder einzelne Handlungsschritt logisch erscheint, so muss man sich doch diese ganz spezielle Situation vor Augen halten, ich jedenfalls wüsste nicht, wie mit solch einer Zwangslage umzugehen wäre. In diesem Sinne kann ich Justines Vorgehensweise voll und ganz verstehen, das Ende, das nicht jede einzelne Frage abschließend beantwortet, passt perfekt zu diesem wunderbaren Gedankenspiel.

Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit - beste Unterhaltung mit einem eher ungewöhnlichen Thema bietet dieser Roman, berührende und erschütternde Szenen bleiben nicht aus, sodass man schnell mit verschiedenen Figuren mitfiebern muss. Ich spreche jedenfalls eine Leseempfehlung aus, insbesondere für jene, die sich für Rechtsprechung und deren Tücken interessieren.

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Veröffentlicht am 03.12.2023

Adventmarkt mit Leiche

Ausgstochen
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Ein weiteres Mal geht es mit dem Klub der Grünen Daumen ins Burgenland. Am hiesigen Adventmarkt liegt bei der Eröffnung ein Mensch zwischen den Kufen des Pferdeschlittens, ein Mensch, der aber nicht mehr ...

Ein weiteres Mal geht es mit dem Klub der Grünen Daumen ins Burgenland. Am hiesigen Adventmarkt liegt bei der Eröffnung ein Mensch zwischen den Kufen des Pferdeschlittens, ein Mensch, der aber nicht mehr aufstehen wird, denn der Mann ist tot. Auf die beiden Polizisten Marlies und Franz warten turbulente Ermittlungen zwischen Punschstand und Weihnachtskeksen.

Verliebte Internet-Nachrichten von Patrick eröffnen den Prolog, dann wird auch schon das Weihnachtsdorf aufgebaut und die Leiche eines wichtigen Mannes im Ort präsentiert. Das Rätselraten von Polizei und gar nicht so amateurhaftem Gartenklub kann beginnen. Locker und humorvoll, mit einem gerüttelt Maß an südburgenländischen Redewendungen und mundartlichen Sätzen, geht es mit Marlies und Franz, Johanna und Vera und vielen anderen (aus früheren Bänden) liebgewonnenen Figuren durch die verschneite Vorweihnachtszeit. Hier scheint die Zeit stillzustehen, da ist die Angetraute des Bürgermeisters noch die „Frau Bürgermeister“, Homosexuelle werden enterbt und beim Wort Plattform denkt man an einen Aussichtspunkt am Csaterberg und nicht an eine Partnervermittlung. Auch wenn bisweilen gar nicht so viel passiert, so unterhält dieser Kriminalroman den Leser durchgehend kurzweilig und strapaziert nicht nur einmal dessen Lachmuskeln. Martina Parker gelingt es prächtig, das bodenständige Flair von Österreichs östlichstem Bundesland einzufangen und das Geschehen höchst lebendig darzustellen. Ihre Figuren sind ausgezeichnet charakterisiert, zuweilen fühlt man sich selbst in eine Runde am Punschstand oder in den Gartentreff hineinversetzt. Allerlei Bräuche rund um Weihnachten lassen die richtige Stimmung aufkommen und der Mörder wird schlussendlich auch noch entlarvt.

Perfekt für die Adventzeit, sowie als wunderbares Weihnachtsgeschenk eignet sich dieser mitreißende Gartenkrimi Numero Vier, den ich allen Freuden von Regionalkrimis und schrägem Humor nur wärmstens mit einem Glaserl Uhudlerglühwein empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 02.12.2023

Stillleben

Reichenburg
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In der schweizerischen March im Kanton Schwyz werden vier bestialisch zugerichtete männliche Leichen in einer abgelegenen Villa aufgefunden, zurückgelassen wie ein Stillleben. Worauf könnte dieses Arrangement ...

In der schweizerischen March im Kanton Schwyz werden vier bestialisch zugerichtete männliche Leichen in einer abgelegenen Villa aufgefunden, zurückgelassen wie ein Stillleben. Worauf könnte dieses Arrangement hinweisen? Gibt es gar eine Verbindung zur griechischen Mythologie?

Mit einem beklemmenden Prolog beginnt dieser Kriminalroman, dessen Handlung streckenweise recht brutale Bilder zutage bringt. Die weiteren Kapitel geben einen sehr detailliert und ausgezeichnet konzipierten Einblick in die Abgründe menschlicher Wesen, welche man kaum zu glauben vermag. Das Ermittlerteam stellt Überlegungen in verschiedenste Richtungen an, kommt allerdings kaum vorwärts. Da verschwinden auch noch drei Personen aus derselben Gegend. Zufall? Valerie kann es kaum glauben, denn die statistische Häufung ist für dieses Gebiet signifikant.

Stilistisch überaus ansprechend, mit regionalen Begriffen, welche mir als Ostösterreicherin fremd sind, fesselt Götschi den Leser vom ersten bis zum letzten Satz. Das Geschehen ist außergewöhnlich, mögliche Motive und Täter müssen genau hinterfragt werden, unter den Verdächtigen herrscht Stillschweigen. Lange Zeit sieht es so aus, als könnte dieser Fall nicht gelöst werden, die Wendung am Ende kommt – natürlich – überraschend.

Ich denke, dass das Ganze noch ein klein wenig spannender ist, wenn man Valerie Lehmanns Vergangenheit kennt, aber auch so gibt es genug Hinweise, um ihrer persönlichen Geschichte folgen zu können. Der Kriminalfall ist abgeschlossen, die letzte Szene weckt jedoch Neugierde auf die Fortsetzung. Da bin ich gerne wieder dabei!


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Veröffentlicht am 28.11.2023

Ein hervorragender (Kinder)Buchautor

Otfried Preußler
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Eine vollständige und vor allem vergnügliche Biografie über das Leben von Otfried Preußler und sein beachtliches Werk präsentiert Tilman Spreckelsen mit diesem übersichtlichen und kurzweiligen Buch.

Geboren ...

Eine vollständige und vor allem vergnügliche Biografie über das Leben von Otfried Preußler und sein beachtliches Werk präsentiert Tilman Spreckelsen mit diesem übersichtlichen und kurzweiligen Buch.

Geboren am 20. Oktober 1923 als Otfried Syrowatka in Reichenberg, heute Liberec in Tschechien, erlebt Preußler eine unbeschwerte Kindheit, geht bei einem sympathischen Lehrer in die Volksschule und wird im März 1942 zum Wehrdienst einberufen. Nach Jahren in russischer Gefangenschaft muss er sich erst neu orientieren. Er heiratet seine Verlobte Annelies, lässt sich zum Lehrer ausbilden und schreibt Texte für Zeitungen und Verlage. Spreckelsen schafft es, sachlich zu bleiben und dennoch den Leser an seine Zeilen zu fesseln. In größeren, detailliert geschriebenen Kapiteln setzt er Schwerpunkte, die allesamt sehr interessant sind und voller Lebendigkeit von Preußlers vielfältigem Schaffen erzählen. Vom kleinen Lausbuben, der sich in der freien Natur austoben darf entwickelt sich das Kind über einen gewissenhaften Schüler zum stolzen Soldaten im Zweiten Weltkrieg. Mit zahlreichen genau beleuchteten Beispielen aus Preußlers Kinder- und Jugendbüchern erfährt der Leser, dass Otfried nicht nur Talent gehabt hat zum Schreiben, sondern auch zum Illustrieren. Welche Beweggründe ihn zu seinen Geschichten geführt haben, weiß Spreckelsen ebenso wie Hintergründe zu Personen, welche für so manche Romanfigur Pate gestanden hat. Daneben gibt es auch viel Wissenswertes über die Literatur für Erwachsene, über seine Theaterprojekte und seine Weggefährten. Preußler war sicher nicht immer ein einfacher Mensch, aber großherzig und gütig, wenn es um Hilfsprojekte geht, um Bedürftige, denen man unter die Arme greifen kann. Über Preußlers Tod am 18. Februar 2013 hinaus findet Spreckelsen Worte, die dem phantastischen Schriftsteller in wunderbarer Weise gerecht werden.

Besonders gefallen haben mir die vielfältigen Informationen zu den Kinderbüchern, welche ich selbst und später gemeinsam mit meinen Kindern gelesen habe. Erinnerungen an eine wunderschöne Zeit voller Märchen und Sagen, Hexen und Wasserwesen werden wach und entführen den Leser erneut in eine fabelhafte Welt von Geschichten, die das Gute in sich tragen. Übersichtlich gestaltete Kapitel mit hübschen Zeichnungen und etlichen Fotos aus Otfried Preußlers Leben bilden ein großartiges Portrait über einen Menschen, der auch Generationen später noch seine Leser begeistern wird. Spreckelsens Biografie über Otfried Preußler empfehle ich gerne weiter.

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