Profilbild von Europeantravelgirl

Europeantravelgirl

Lesejury Star
offline

Europeantravelgirl ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Europeantravelgirl über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.12.2023

Das Haus am See

Wo die Libellen tanzen
0

Es hat sich totgelaufen zwischen Valeria und Felix. Dabei hatte es so hoffnungsvoll begonnen, und Valeria war ihrer großen Liebe nach Berlin gefolgt, hatte für ihn ihre geliebte Arbeit als Klavierlehrerin ...

Es hat sich totgelaufen zwischen Valeria und Felix. Dabei hatte es so hoffnungsvoll begonnen, und Valeria war ihrer großen Liebe nach Berlin gefolgt, hatte für ihn ihre geliebte Arbeit als Klavierlehrerin aufgegeben, um dort miteinander eine Familie zu gründen. Doch manchmal spielt das Leben einfach anders. Felix arbeitet bis spät in die Nacht, mit der Schwangerschaft will es nicht klappen, und so wird Valeria immer einsamer, unzufriedener und frustrierter. Ein heftiger Streit bringt das Fass zum Überlaufen und Valeria packt ihre Sachen und flieht aus der gemeinsamen Wohnung.

Da ist noch eine Lücke in ihrem Leben, die geschlossen werden muss, und so reist sie in den Harz zur Ferienhütte ihrer Eltern, die ihr verstorbener Vater erbaut hatte und in der sie glückliche Kindheitsjahre verbracht hat. Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters hat sich ein Schleier des Schweigens und Verdrängens auf Valeria und ihre Mutter gelegt, den nun bei ihrer Rückkehr aufzubrechen und sich aufzulösen beginnt.

Der Roman schildert einfühlsam Valerias Weg zu sich selbst, denn nichts anderes ist ihre Flucht aus ihrem bisherigen Leben, das ihr nun so gar nicht mehr passen mag. Ich konnte mich sehr gut in ihre Frustration hineinfühlen, wobei sich wieder einmal zeigt, dass das Leben einfach nicht schwarzweiß ist. Denn während ich Felix anfangs als unheimlich kalt und egoistisch erlebte, begann ich ihn im Verlauf des Romans zu verstehen, wohingegen ich befürchtete, dass Valeria sich verrennt und den Weg verliert. Die Abgeschiedenheit der Hütte bildet eine ganz wunderbare Kulisse für Valerias Suche nach der Vergangenheit und nach sich selbst.

Besonders gelungen fand ich die Dorfbewohner, allen voran Georg mit seiner rauen Schale und trockenen Sprüchen, aber ganz großem Herzen. Im Verlauf des Romans beginnen sich die Fäden aus der Vergangenheit mit denen der Gegenwart zu verknüpfen, sozusagen zu einem Faden der Ariadne, mit dessen Hilfe Valeria den Weg aus dem Labyrinth ihres verzwickten Lebens findet. Leider bricht die Erzählung eher abrupt ab und liefert in einem Epilog den Ausblick auf den weiteren Fortgang. Da hätte ich mir an dieser Stelle gewünscht, dass der Übergang mehr auserzählt worden wäre, um auch an dieser Stelle Valerias Gefühle und Motivation vollends verstehen zu können.

Ein wunderbar gefühlvoller Roman!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.11.2023

Darf ein Geschöpf seinen Schöpfer vernichten?

Der Wald
0

Ein Blick in den Briefkasten, ein geheimnisvoller Umschlag und darin Pflanzensamen. Wer könnte da der Versuchung widerstehen, einfach mal zu schauen, was daraus wächst? Und genau diese Neugier hunderter ...

Ein Blick in den Briefkasten, ein geheimnisvoller Umschlag und darin Pflanzensamen. Wer könnte da der Versuchung widerstehen, einfach mal zu schauen, was daraus wächst? Und genau diese Neugier hunderter von Menschen weltweit sorgt dafür, dass sich weltweit plötzlich eine invasive Pflanze ausbreitet. Nicht nur, dass diese außergewöhnlich schnell wächst, nein, auch scheinen nahezu alle Teile hochgradig giftig zu sein. Immer mehr Menschen werden schwer verletzt, und das Gewächs breitet sich weiter mit Gewalt aus. Der Forstwirt und Bestsellerautor Marcus Holland begibt sich mit seiner Kollegin auf Spurensuche nach China, von wo die rätselhaften Samenpäckchen versandt wurden. Auch die Archäobotanikerin Waverly Park, die IT-Spezialistin Ava und eine geheimnisvolle Organisation sind auf der Jagd. Doch wer verfolgt eigentlich welches Motiv?

Nachdem Tibor Rode sein Buch auf dem Crimethrill-Event vorgestellt hatte, war ich so angeteasert, dass ich diesen Thriller einfach lesen MUSSTE. Und was soll ich sagen? Ich wurde nicht enttäuscht! Der Autor kokettiert zwar im Roman augenzwinkernd mehrmals damit, dass dies ja schließlich kein Dan Brown-Roman sein, aber diesen Vergleich braucht er keineswegs scheuen. Die Story bespielt die höchst aktuellen Themen Klimaschutz und KI, sie bietet Geheimgesellschaften und den Wettlauf gegen die Zeit, eine Jagd rund um den Globus und spannende Enthüllungen. Nie weiß man, wer mit doppeltem Boden spielt und vielleicht noch einen Trumpf im Ärmel hat. Ich habe mich beim Lesen allerbestens unterhalten gefühlt wie bei einem großartigen Blockbuster. Besonders originell fand ich auch die eingestreuten Bezüge zu Goethe und vor allem dem Faust. Doch obwohl der Thriller gleich mehrfach die Gretchenfrage stellt, will er insgesamt doch nicht wirklich ein klares Bekenntnis abgeben. Grundlegende Fragen werden angeschnitten, um eine Positionierung wandert die Erzählung jedoch elegant herum. Da fehlte mir letztendlich ein wenig die Tiefe.

Als spannenden und rasanten Thriller kann ich dieses Buch jedoch ganz klar empfehlen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.11.2023

Echt knorke, diese Truppe!

Lindy Girls
0

Es brummt im Berlin Ende der 1920er Jahre. Überall schießen Tanzgruppen wie Pilze aus dem Boden, nicht nur in den schicken Tanzpalästen, sondern auch in den Straßen Berlins wird getanzt. Der Charleston ...

Es brummt im Berlin Ende der 1920er Jahre. Überall schießen Tanzgruppen wie Pilze aus dem Boden, nicht nur in den schicken Tanzpalästen, sondern auch in den Straßen Berlins wird getanzt. Der Charleston tritt seinen Siegeszug an, und Lebensfreude wird nach den bitteren Jahren des ersten Weltkriegs mit voller Wucht verbreitet. Auch Wally träumt vom Erfolg auf den großen Bühnen der Stadt mit ihrer eigenen Tanzgruppe, den „Lindy Girls“.

Wie in einem Reigen hüpfen wir beim Lesen im Lindy Hop von einer Tänzerin zur nächsten, erfahren vom harten Brotjob der einen, der Flucht aus den bürgerlichen Zwängen der anderen. Junge Frauen, die so manchen Kompromiss eingehen müssen auf dem Weg zur Verwirklichung ihrer Träume. Und nicht immer bleiben diese Zugeständnisse ohne Folgen. Der Roman versprüht jede Menge Zeitgeist, Rhythmus und Lebensgefühl und zeigt auch deutlich die Grenzen, an die die jungen Frauen in der männlich dominierten Gesellschaft stoßen. Da wird nichts beschönigt, aber am Ende der Kopf stets hochgehalten: „Eben eine echte Berlinerin, praktisch bis ins Mark. So haben wir es gelernt, so müssen wir sein, um durch dieses Leben zu kommen. Ob wir wollen oder nicht.“ Begleitet wird das Geschehen von der Musik jener Zeit, den frechen und teils frivolen Texten.

Der Roman weist dann auch weniger eine stringente Handlung auf, sondern lässt sich vom Lebensgefühl und der Musik treiben. Stellenweise hätte ich mir da ein wenig mehr Vertiefung gewünscht anstatt von Person zu Person zu hüpfen. Insgesamt ergibt sich jedoch ein aufregendes und aufschlussreiches Gesamtbild, sozusagen eine Momentaufnahme dieser spannenden Zeit im Berlin zwischen den Weltkriegen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.10.2023

Unkonventionell und grandios, aber mit Pauken und Trompeten an der Genialität vorbei

Nightbitch
0

Es beginnt schleichend mit rätselhaften Anzeichen. Ein Haarbüschel. Spitze Zähne. Und irgendwann gibt es keinen Zweifel mehr: Die Mutter verwandelt sich in Nightbitch.

Dieser Roman ist wirklich außergewöhnlich ...

Es beginnt schleichend mit rätselhaften Anzeichen. Ein Haarbüschel. Spitze Zähne. Und irgendwann gibt es keinen Zweifel mehr: Die Mutter verwandelt sich in Nightbitch.

Dieser Roman ist wirklich außergewöhnlich und einzigartig. Zumindest zwei Drittel davon, dazu später mehr. Erst einmal erwartet uns der bekannte alte Konflikt, den so viele Frauen kennen. Gerade noch war die Mutter eine erfolgreiche Künstlerin bzw. Galeristin, nun widmet sie ihr Leben voll und ganz dem kleinen Sohn und der Katze. Ach ja, und ab und zu ist der Vater auch noch da. Doch meistens glänzt er durch Abwesenheit körperlicher oder geistiger Art. Bis eben die Verwandlung einsetzt, und hier spielt das Buch seine große Stärke aus: Die Schilderung ist wild, unkonventionell, ungezähmt und wunderbar archaisch rau und blutig. Einfach grandios zu lesen, ich habe mich allerbestens unterhalten gefühlt und mir immer wieder die Frage gestellt, wie das Buch auf mich gewirkt hätte, als mein Kind so klein war. Denn ehrlich, auch ich stand damals vermutlich kurz vor der Verwandlung in eine Nightbitch! Die Mutter lebt von nun an alles aus, und damit ändert sich auch das Verhältnis zum Vater und zum Jungen grundlegend: „Sie war reines Gefühl gewesen, reine Sehnsucht und reiner Zorn. In die ganze Sache war kein einziger Gedanke geflossen.“ Grandios erzählt, wunderbar surreal und mutig geschildert, auch blutigere Szenen waren stimmig und passten genau in den Kontext.

Dann jedoch kommt Teil 3 im Buch und damit der eingangs erwähnte Bruch. Der Handlungsstrang wird umgelenkt auf ihr Künstlerinnendasein, die ganze Erzählung wird zur Performance. Ab diesem Punkt konnte mich die Geschichte nicht mehr erreichen. Auch die ständig erwähnten seltsamen Kräuter hätte ich überhaupt nicht gebraucht bzw. konnte ich nicht deuten.

Für mich ein äußerst tragisches Buch mit zwei wirklich genialen, vollauf überzeugenden Teilen und einem dritten Teil, der die Geschichte für mich verloren hat. Daher lässt mich die Lektüre frustriert und unzufrieden zurück. Teil 1 und 2 hätten bei mir 5 Sterne bekommen, der dritte Teil höchstens einen. Eine reelle Bewertung für diesen Roman ist daher nahezu unmöglich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.10.2023

Die Sterne über Irland

Lichter, die vom Himmel fallen
0

Der ganz große Durchbruch steht bevor: Die 18-jährige Orla hat eine Managerin gefunden und einen großen Auftritt. Ein erster schüchterner Fan steht auch schon bereit, was kann da wohl noch schiefgehen?

Leider ...

Der ganz große Durchbruch steht bevor: Die 18-jährige Orla hat eine Managerin gefunden und einen großen Auftritt. Ein erster schüchterner Fan steht auch schon bereit, was kann da wohl noch schiefgehen?

Leider so ziemlich alles, wie Orla 10 Jahre später feststellen muss. Aus der Karriere ist nichts geworden, ihr Kind ist bei der Großmutter aufgewachsen und der Rest der Familie meidet sie. Als sie sich daher zur Rückkehr in ihre irische Heimat an den Ring of Kerry entscheidet, rennt sie dort keine offenen Türen ein, sondern stößt überall auf Widerstand. Auch das Verhältnis zu ihrem geliebten Sohn ist schwierig. Einzig eine unerwartete Begegnung mit Aiden, dem neuen Pflegeassistenten des Dorfarztes, ist ein Lichtblick. Und noch ahnt sie nicht, wie schicksalhaft dieses Zusammentreffen wirklich ist.

Mich hat an dem Roman erst einmal das Setting in Irland gereizt, und da bin ich voll und ganz auf meine Kosten gekommen mit den schrulligen Bewohnern von Ballinskellig und den tollen Landschaftsbeschreibungen. Wie der Titel bereits vermuten lässt, spielen die Sterne eine ganz besondere Rolle in der Geschichte. Es geht um einen Lichtschutzpark, das Thema Lichtverschmutzung und Maßnahmen dagegen, um einen möglichst unbeeinträchtigten Sternenhimmel gewährleisten zu können. Ich kann bestätigen, dass der Himmel in diesen abgelegenen Gebieten in Irland eine Sensation ist. Auch bei uns zuhause (übrigens auch am Rand eines Lichtschutzparks!) ist der Sternenhimmel unvorstellbar schön und die Milchstraße wunderbar zu erkennen, aber in den dunklen Nächten in Irland fühlte sich der Blick in den Nachthimmel an wie eine Aussicht in die Weiten des Universums.

Im Roman wird den Sternen eine zusätzliche Bedeutung zugeschrieben durch Großmutter Nan, die allen ihr Horoskop erstellt. Das ist nun ganz persönlich nicht meine Welt, war aber durchaus nett zu lesen. Was die Charaktere anbelangt, konnte ich mich besonders in Aiden hineinfühlen. Orla war dagegen für mich schwerer zu greifen, und besonders ein Sinneswandel am Ende kam mir ein wenig zu überraschend. Aber insgesamt eine richtig schöne Geschichte mit viel Herz, die ich wirklich gerne gelesen habe!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere