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Veröffentlicht am 21.12.2023

250 Jahre Habsburger in Tirol

Die Tiroler Habsburger
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Von den Tiroler Habsburgern sind den meisten von uns nur Herzog Friedrich IV., besser bekannt als „Friedl mit der leeren Tasche“ und sein Nachfahre Maximilian, der als Kaiser Maximilian I. der letzte Ritter, ...

Von den Tiroler Habsburgern sind den meisten von uns nur Herzog Friedrich IV., besser bekannt als „Friedl mit der leeren Tasche“ und sein Nachfahre Maximilian, der als Kaiser Maximilian I. der letzte Ritter, auch über das Heilige Römische Reich herrscht, geläufig. Dabei haben zahlreiche andere Herrscher des Tiroler Zweiges der Habsburger die Geschichte von Tirol zwischen 1406 und 1655 bestimmt.

Diese Zeit ist von zahlreichen Erbstreitigkeiten, Kriegen, persönlichen Fehden und Schicksalsschlägen sowie einer, durch die Silberfunde in Schwaz wirtschaftlichen Blüte des Landes geprägt. Der Aufschwung Innsbrucks beginnt um 1420 als Friedrich IV. seine Residenz von Meran an den Inn verlegt. Als Schnittpunkt der wichtigen Nord-Süd- bzw. West-Ost-Verbindung gewinnt die Stadt rasant an Bedeutung. Nicht nur der Hof siedelt sich an, sondern auch kirchliche Würdenträger, Bürger, Handwerker und Kaufleute. Sie prägen mit ihren Kirchen und Häusern bis heute das Stadtbild von Innsbruck. Neben Innsbruck spielen auch die Städte Schwaz (Silberbergwerk) und Hall in Tirol (Münzprägeanstalt) eine große Rolle.

Insgesamt acht Tiroler Habsburger werden uns von Autor Anton Prock näher vorgestellt. Das sind

Herzog Friedrich IV. mit der leeren Tasche (1406-1439)
Erzherzog Siegmund der Münzreiche (1439-1490)
Kaiser Maximilian I. (1490-1519)
Erzherzog Ferdinand II (1564-1595)
Erzherzog Maximilian III. der Deutschmeister (1602-1612, 1612-1618)
Erzherzog Leopold V. (1618-1632) und Claudia de‘ Medici (1632-1646)
Erzherzog Ferdinand Karl (1646-1662)
Erzherzog Sigismund Franz (1663-1665)

Meine Meinung.

Autor Anton Prock, im Brotberuf Schuldirektor und Kunsthistoriker, stellt das Leben bei Hofe, die wirtschaftliche und kulturelle Blüte während der 250-jährigen Herrschaft der Tiroler Habsburger, die in ganz Tirol ihre deutlich sichtbaren Spuren hinterlassen haben, recht anschaulich vor. Zahlreiche Abbildungen von Kunstdenkmälern sowie eine Zeittafel und Hinweise zu weiterführender Literatur ergänzen dieses interessante Buch über die Tiroler Habsburger. Der Schreibstil ist, man merkt den Lehrer im Autor, manchmal dozierend und trocken.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem, interessanten und in gediegener Aufmachung mit Lesebändchen erschienenen Buch, 4 Sterne.

Veröffentlicht am 21.12.2023

Ein gelungener Regionalkrimi

Garmischer Wut
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Ben Wiesegger ist vor einiger Zeit wieder in seine Heimat Garmisch-Partenkirchen zurückgekehrt, nachdem er vor mehr als zwanzig Jahren in die USA geflüchtet ist. Anlass dafür war ein Streit mit einem Freund, ...

Ben Wiesegger ist vor einiger Zeit wieder in seine Heimat Garmisch-Partenkirchen zurückgekehrt, nachdem er vor mehr als zwanzig Jahren in die USA geflüchtet ist. Anlass dafür war ein Streit mit einem Freund, der wenig später tot am Berg gefunden worden ist. Obwohl es keinerlei Beweise für Bens Schuld gegeben hat, hält ihn die ganze kleine Garmischer Welt für den Mörder. Besonders der Poschinger, der örtliche Polizist, der noch ein privates Hühnchen mit Ben zu rupfen hat, hat ihn im Auge.

Blöderweise stolpert er beim Waldspaziergang mit Beppo, seinem neuen Jagdhund, über die Leiche seines Journalistenkollegen, dessen Tod so manchem nicht ganz ungelegen kommt. Dass der Tote nach einem Hundebiss in den Unterleib verblutet ist, lässt die Menschen in der näheren und weiteren Umgebung eine Jagd auf einen Wolf machen, weil Ben, auf Geheiß seines Chefs, einen reißerischen Artikel über den Toten geschrieben hat.

Gemeinsam mit der Tierärztin Laura, die einen Hundebiss von jenem eines Wolfes sehr wohl unterscheiden kann, versucht er die Büchse der Pandora, die er mit seinem Bericht geöffnet hat, wieder zu schließen.

Meine Meinung.

Obwohl dieser Krimi der zweite einer Reihe ist, lässt er sich unabhängig vom ersten lesen, denn einige Hinweise auf die Vergangenheit sind geschickt eingeflochten. Allerdings schadet es nicht „Garmischer Mordstage“ zu kennen.

Was ich von Ben Wiesegger halten soll, habe ich noch nicht ganz herausgefunden. Er wirkt trotz seiner Zeit in den USA ein wenig unbedarft. Ein so langer Auslandsaufenthalt sollte einen Menschen doch reifen und erwachsen werden lassen. Immer wieder tappt er ins Fettnäpfchen, obwohl er eigentlich nur wissen will, was seinerzeit am Berg oben passiert ist. Auch die anderen Protagonisten haben so ihre Ecken und Kanten.

Gut gelungen ist es dem Autor Roland Krause, das emotionsgeladene Thema Wolf in seinem Krimi unterzubringen. Das Pro und Kontra geht hier quer durch die Familien. Ein weiteres ernstes Thema ist das mit gefälschten Herkunftszertifikaten importierte Holz, das aus nicht EU-Ländern stammt und in der EU mit hohen Gewinnmargen verkauft wird.

Der Schreibstil ist für einen Regionalkrimi aus Bayern passend. So mancher spricht wie ihm oder ihr der Schnabel gewachsen ist. Zünftiges Essen, Bier und das eine oder andere Schnapserl, dürfen natürlich auch nicht fehlen. Das winterliche Garmisch dient hier als Kulisse.

Fazit:

Wer einen flott geschriebenen Krimi mit viel bayerischem Charme und jeder Menge Lokalkolorit sucht, ist hier richtig. Gerne gebe ich diesem Krimi aus dem Emons-Verlag 4 Sterne.

Veröffentlicht am 04.12.2023

Regt zum Nachdenken an

Rudolf Hess
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Als Rudolf Hess, einer der Stellvertreter Hitlers, 1987 in der Festung Spandau stirbt, gibt es, man ist versucht, zu sagen, natürlich, Unklarheiten und Spekulationen um seinen Tod.

Manfred Görtemaker ...

Als Rudolf Hess, einer der Stellvertreter Hitlers, 1987 in der Festung Spandau stirbt, gibt es, man ist versucht, zu sagen, natürlich, Unklarheiten und Spekulationen um seinen Tod.

Manfred Görtemaker versucht auf Basis zahlreicher bisher unter Verschluss gehaltener Dokumente sowie historischer Fakten den Lebensweg des in Alexandria, Ägypten, geborenen nachzuzeichnen.

Wer ist er nun, der Rudolf Hess (1894-1987), die neben Hitler blass wirkende NS-Größe? Weshalb ist er 1941, ohne Wissen des Diktators nach Schottland geflogen ist? War ihm klar, dass Deutschland einen 2-Frontenkrieg nicht gewinnen könnte? Warum hat er nie ein Ministerium erhalten?

Manfred Görtemakers Biografie ist in drei große Abschnitte gegliedert, die jeweils zahlreiche Unterkapitel enthalten.

Erster Teil - Suche nach Orientierung
Zweiter Teil - An Hitlers Seite
Dritter Teil - Häftling der Alliierten

Um es gleich vorwegzunehmen, alle Rätsel, die Rudolf Hess ausmachen, kann der Autor auch mit den neuen Quellen nicht lösen.

Meine Meinung:

Diese mehr als 750 Seiten starke Biografie ist gut strukturiert und lässt sich auch für Laien gut lesen. Allerdings ist mir nicht ganz klar, wer die Zielgruppe dieser Biografie sein soll. Leser, denen Rudolf Hess kein Begriff ist (Gibt es solche?) oder Insider, die sich neue Erkenntnisse erhoffen? Einiges, wie der Röhm-Putsch und andere Intrigen innerhalb der NSDAP sind hinlänglich bekannt und müsste meiner Ansicht nach nicht abermals erklärt werden. Die meisten Leser, die sich mit der NS-Zeit auseinandersetzen, wissen darüber Bescheid. Jedenfalls überfrachtet Görtemaker einige Stationen im Leben des Rudolf Hess mit allzu viel nebensächlichen Detailwissen. Nicht alles, was ein Autor weiß, muss dem Leser nähergebracht werden.

Interessant ist, dass es jeweils Frauen sind, die ihn in seiner Ideologie bestärken: zunächst seine Mutter und später seine Ehefrau Ilse.

Das Buch beleuchtet insbesondere den mysteriösen Flug nach Schottland im Jahr 1941, der Hess' Leben dramatisch verändert und bis heute Rätsel aufwirft. Mit seiner Darstellung der Nürnberger Prozesse und Hess' Verurteilung wirft Görtemaker ein kritisches Licht auf die Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg.

Manfred Görtemaker gelingt es, seinen Lesern die komplexen politischen und persönlichen Entwicklungen zu vermitteln, wobei das eine oder andere durchaus ein wenig gestrafft werden hätte können.

Fazit:

"Rudolf Hess: Der Stellvertreter" bietet einen detailreichen Einblick in das Leben dieser kontroversen Persönlichkeit, die ihre letzten Geheimnisse nach wie vor nicht preisgibt. Gerne gebe ich dieser Biografie 4 Sterne.

Veröffentlicht am 04.12.2023

Regt zum Nachdenken an

Balkanschönheit oder Schlemihls Bastard
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Autor László Végel weiß, worüber er schreibt, ist er doch 1941 in Srbobran (Wojwodina) im damaligen Königreich Jugoslawien als Angehöriger der ungarischen Minderheit geboren. Daher kennt er das Nicht-Dazugehören ...

Autor László Végel weiß, worüber er schreibt, ist er doch 1941 in Srbobran (Wojwodina) im damaligen Königreich Jugoslawien als Angehöriger der ungarischen Minderheit geboren. Daher kennt er das Nicht-Dazugehören sowie die wechselnden politischen Verhältnisse. Nach seinem Studium in Novi Sad sowie in Belgrad, arbeitete als Journalist, Autor von Drehbüchern, Bühnenstücken, Essays und Romanen.

Diese Familiengeschichte spielt in Novi Sad, der aktuell zweitgrößten Stadt in Serbien und Hauptstadt der Vojvodina. Auf Serbokroatisch heißt sie Novi Sad, auf Deutsch Neusatz, auf Ungarisch Újvidék und auf Slowakisch Nový Sad.

Ebenso wie die Stadt haben die Protagonisten dieses Familienromans je nach der historischen Zeit, mehrere Namen Johann Schlemihl oder János Slemil oder Jovan Šlemil – und sein Enkel Franz/Franjo/Ferenc/ leben im Újvidék des 20. Jahrhunderts von der Zeit der Monarchie bis heute auf der ständigen Suche nach ihrer Identität und ihrem Vaterland. Die beiden gehören zu den „kleinen Leuten“, sind Handwerker und wollen eigentlich nur in Ruhe gelassen werden und ihrem Tagewerk nachgehen. Dabei mussten und müssen sie sich mit den jeweils aktuellen Machthabern arrangieren, was mitunter zu komisch anmutenden Szenen führt. So muss Johann, ein gelernter Schmied, mehrmals die Wappen ändern bzw. austauschen.

Gut dargestellt ist die Günstlingswirtschaft für Parteigenossen und ihre Angehörigen, denen Häuser, Wohnungen und Posten zuschanzt, während andere sehen müssen, wo sie bleiben.

Das Buch ist nichts für zwischendurch, da man immer genau lesen muss, in welcher Epoche man sich gerade befindet. Das inzwischen schon übliche Fehlen von Redezeichen erleichtert das Lesen auch nicht.

Der Schreibstil erinnert an manchen Stellen an Schwejk’schen Humor, ohne den vermutlich das Überleben in den wechselnden Machtverhältnissen nicht möglich gewesen wäre. Da passt der Familienname Schlemihl/Slemil/Šlemil recht gut, bedeutet er doch unter anderem „ungeschickte Person“, „Pechvogel“ oder „Narr“.

Das Buch ist in gediegener Ausstattung als Hardcover mit Lesebändchen im Verlag Wieser erschienen. Der Verlag Wieser aus Klagenfurt/Celovec ist bekannt dafür, Kleinode, also Bücher abseits des Mainstreams zu verlegen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch 4 Sterne.

Veröffentlicht am 26.11.2023

„Trotzdem - hinein ins Lesevergnügen“

Trotzdem
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Im Vorwort zu diesem 8. Band der „Geschichten aus dem Mölltal“ heißt es:

„Trotzdem ...ein Wort, das in sich den Widerstand birgt und die Herausforderung, sich den widrigen Umständen oder der sogenannten ...

Im Vorwort zu diesem 8. Band der „Geschichten aus dem Mölltal“ heißt es:

„Trotzdem ...ein Wort, das in sich den Widerstand birgt und die Herausforderung, sich den widrigen Umständen oder der sogenannten Normalität entgegenzustellen. Ein Trotzdem verlangt Mut und Unerschrockenheit und den Willen, den Begehrlichkeiten anderer den Gehorsam zu verweigern, während man fröhlich der Suche nach der inneren Wahrheit folgt.“

In dieser Anthologie ist das Ergebnis aus dem Mölltaler Geschichten-Festival, das 2023 zum achten Mal stattgefunden hat, zusammengefasst. Zum Motto „Trotzdem“ sind eine Vielzahl von Beiträgen eingesendet worden. Diesmal finden 33 Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich, Südtirol und sogar aus Afrika ihren Platz im Buch. Sie haben 33 spöttische, gefühlvolle, kriminelle, schräge, fröhliche oder fantastische Kurzgeschichten geschrieben,

Interessant, wie die Meinungen hier auseinanderklaffen. So unterschiedlich die Menschen, so unterschiedlich die Qualität der Beiträge.

Meine Meinung:

Kurzgeschichten sind ja im Allgemeinen ja nicht so meines, trotzdem lese ich diese Reihe recht gerne. Ich halte diesen Wettbewerb für eine großartige Idee. Vielleicht entwickelt sich ja doch ein neuer Bestsellerautor aus der Gruppe.

Das Spektrum der Einsendungen ist breit gefächert: Vom Schreibanfänger bis hin zum Journalisten.
Nicht alle Beiträge gefallen mir, einige sind witzig, einige sehr ernst und den einen oder anderen mag ich gar nicht. Schmunzeln musste ich über „Das Pralinengeheimnis“, weil ich selbst Pralinen und Konfekt herstelle. Berührend finde ich „Raider“ und beklemmend „Die Puppe“, die das ewige Verdrängen anspricht.

Fazit:

Gerne gebe ich für die achte Anthologie des Mölltaler Geschichten-Festivals 4 Sterne.