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Veröffentlicht am 24.09.2017

Fiona ist Fiona oder doch Fiona? – Schräge Undercover-Ermittlerin im Kampf um ihre Identität

Fiona
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Fiona Griffiths ist eine Frau voller Probleme, aber auch eine sehr gute Polizistin. Als Neuling im Revier hat sie natürlich auch Routinefälle zu bearbeiten. Zum Beispiel diesen: Abrechnungsbetrug bei einem ...

Fiona Griffiths ist eine Frau voller Probleme, aber auch eine sehr gute Polizistin. Als Neuling im Revier hat sie natürlich auch Routinefälle zu bearbeiten. Zum Beispiel diesen: Abrechnungsbetrug bei einem Möbelhaus. Fiona folgt der Spur des Geldes und stößt auf Leichen. Denn es geht um viel Geld. Unglaublich viel. Nun hat Fiona gerade erst eine Ausbildung zur Undercover-Agentin absolviert. Als Putzfrau namens „Fiona Grey“ wird sie in ein betroffenes Unternehmen eingeschleust. Auch die Betrüger erkennen schnell ihre besondere Begabung, Fiona wird Teil ihres Plans – ein gefährliches Spiel. Denn die Grenzen zwischen ihren Persönlichkeiten verfließen zunehmend. Nur Fiona Griffiths kann das ultimative Verbrechen verhindern. Doch was will Fiona Grey?

Der Autor:

Harry Bingham stammt aus Wales. Er hat in Oxford Politik und Wirtschaft studiert, sich danach bei der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung mit dem ökonomischen Wiederaufbau Osteuropas beschäftigt und schließlich eine Karriere bei J.P. Morgan in der Abteilung für Mergers & Acquisitions abgebrochen, um Bücher zu schreiben. Mit der Fiona-Griffiths-Reihe betritt er erstmals die Bühne der Krimiwelt. (Quelle: Rowohlt Verlag)

Reflektionen:

Die junge Polizistin Fiona Griffith will aus dem Polizeialltag ausbrechen, der überwiegend Routinefälle für sie bereithält. Als sie die Gelegenheit bekommt eine Undercover-Ausbildung zu durchlaufen, greift sie zu. Sie absolviert das harte Training mit Bestnoten und wird kurze Zeit später, zu ihrem ersten Undercover-Einsatz berufen. Einem Abrechnungsbetrug, der bereits zwei Frauen das Leben gekostet hat.

Fiona Griffith, ermittelt undercover in der Rolle der Lohnbuchhalterin Fiona Grey. Sie wird als graue Maus in das Unternehmen eingeschleust um den Weg des Geldes zu ermitteln Fionas Legende nach wird sie wegen Körperverletzung gesucht, nach dem sie missbraucht wurde. Sie hat keine Wohnung, kein Geld und muss sich durch zusätzliches Putzen gehen über Wasser halten. In ihrer Rolle ist sie ein leichtes Opfer für die Betrüger, die ihr drohen sie auffliegen zu lassen. Man setzt sie unter Druck, so dass sie als Lohnbuchhalterin das tut, was man von ihr verlangt. Eine ideale Ausgangsbasis, um undercover zu ermitteln.

Während der Ermittlungen entpuppt sich der Fall zu einem millionenschweren Betrug.

Reflektionen:

Der Einstieg in die Geschichte findet holperig statt. Kurze, prägnante Sätze, eine zu einfache, saloppe Sprache, eine scheinbar unrunde Handlung und eine naiv erscheinende Protagonistin, unterstützen nicht gerade den Wohlfühlmodus des Lesers.

Es dauert fast zu lange, um sich in die Geschichte hineinversetzten zu können. Man ist kurz davor die Geduld zu verlieren, das Buch resigniert zuzuklappen, bevor die Geschichte endlich in einem Flow mündet und sich langsam entwickelt.

Fiona erscheint zunächst sogar unsympathisch. Man kann sie nicht einordnen, denn sie passt in keine Schublade. Irgendetwas stimmt nicht mit ihr und es dauert lange, bis man erahnen kann, was ihr Problem ist. Es ist ihre Psyche, die die Verwirrung stiftet. Fiona hat Schwierigkeiten Gefühle zu empfinden und sie auszudrücken. Sie versucht sich so zu verhalten, wie sie glaubt, dass es normal ist. Tränen hat sie seit Jahren nicht geweint und sie scheint ständig auf der Suche, ihren Platz in der Welt zu finden.

Als sie in die Undercover-Rolle schlüpft und somit in einer zweiten Identität lebt, entpuppt sich ihr diese als viel angenehmer, als ihr wahres Leben und ihr wahres Ich. Das dies Konflikte heraufbeschwört ist klar und je länger Fiona Griffith Fiona Grey spielt, verdichtet sich ihr inneres Drama.

Dieser Kriminalfall könnte ein ganz gewöhnlicher sein, wenn da nicht Fionas psychische Erkrankung wäre. Harry Bingham gelingt es gut Fionas Zwiespalt und ihre innere Zerrissenheit darzustellen und er bettet diese Figur geschickt in den spannenden Kriminalfall ein, so dass dieser eine außergewöhnliche und interessante Note erhält. Rückblickend erfährt man ausreichend von Fionas Vergangenheit, um ihre Probleme akzeptieren zu können, aber sicher ist es sinnvoller mit Band eins der Reihe zu beginnen, um die schräge, meist schlagfertige Fiona noch besser einschätzen zu können.

Trotz des wirklich spannenden und angenehm komplexen Falls kommt es immer wieder zu Längen, die zur Mitte hin dann etwas abnehmen. Dadurch zieht das Tempo an und der Krimi mutiert zwischendurch sogar fast zum Pageturner.

Die Geschichte wird in einer Perspektive und aus Fionas Sicht erzählt. Neben der originellen Fiona erscheinen weitere Figuren, fast blass. Das ist okay, denn der Kern der Story ist zwar der Betrugsfall, doch letztendlich dreht sich alles um Fiona, die geschickt, authentisch und heldenhaft ermittelt, bis sie den spektakulären Betrug am Ende aufklärt und für sich einen neuen Weg ins Leben gefunden hat.

Fazit und Bewertung:

Fiona. Als ich tot war ist ein Kriminalroman, der durch eine schräge, außergewöhnliche Ermittlerin besticht, die mit sich einen Identitätskampf ausführt. Zwar kämpft man gegen Längen, muss eine einfache Sprache akzeptieren, aber die Psyche der Hauptfigur Fiona, lässt die Story dann doch noch zu einem interessanten und spannenden Leseerlebnis werden.

4 Sterne

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 13.09.2017

Alles wiederholt sich – Spannender, unblutiger, aber fesselnder Jugendthriller

Mickey Bolitar ermittelt - Der schwarze Schmetterling
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Mickey ist der Sohn von Myron Bolitas verstorbenem Bruder. Nach dessen Tod kümmert sich Myron um den 14-jährigen Mickey, der das alles andere als gut findet. Etwas ihm Unbekanntes stand zwischen den Brüdern ...

Mickey ist der Sohn von Myron Bolitas verstorbenem Bruder. Nach dessen Tod kümmert sich Myron um den 14-jährigen Mickey, der das alles andere als gut findet. Etwas ihm Unbekanntes stand zwischen den Brüdern und Mickey sträubt sich gegen alles, was sein Onkel gutheißt.

Mickey, der Neue auf dem College, handelt prompt, als eine Mitschülerin wegen ein paar Pfunden zu viel gemobbt wird. Sie bewertet seine Hilfe jedoch als Mitleidstour und so nähern sich die beiden nur langsam einander an, bis sie eine tiefe Freundschaft verbindet, die jedoch von Geheimnissen umwittert ist. Zu ihnen gesellt sich Löffel, ein kleiner schmächtiger Kerl, der mit seinem Wortwitz manche Situation rettet. Gemeinsam suchen die drei nach Ashley, einer Mitschülerin, die spurlos verschwunden ist. Mickey und seine Freunde sehen gerade noch, dass ein Polizeiaufgebot am Elternhaus Ashleys präsent ist, doch ein übellauniger Polizist beantwortet Mickeys Fragen nicht.

In der Nähe des Colleges befindet sich ein altes, heruntergekommenes Haus, dass bereits ganze Generationen als Hexenhaus bezeichnet haben. Als die sogenannte Hexe Mickey sieht, wirfst sie ihm Wortfetzen zu, die besagen, dass Mickeys Vater noch lebt. Mickey ist geschockt. Er war bei dem Unfall dabei, als sein Vater starb und er ist emotional noch immer tief in Trauer.

Als die drei Freunde merkwürdige Geschehnisse am Hexenhaus beobachten, nimmt die Geschichte nicht nur an Fahrt an, sondern sie wird auch plötzlich brandgefährlich.

Der Autor:

Harlan Coben wurde 1962 in New Jersey geboren. Als erster Autor wurde er mit den drei wichtigsten amerikanischen Krimipreisen ausgezeichnet: dem Edgar, dem Shamus und dem Anthony Award. Seine Bücher wurden in über vierzig Sprachen übersetzt und stehen weltweit auf den Bestsellerlisten. Mit Mickey Bolitar hat er einen sympathischen Helden für Jugendliche zum Leben erweckt. (Quelle:

Reflektionen:

Harlan Coben lese ich immer wieder äußerst gern. Ich mag seine intelligenten Plots, seine geschickt verschnürten Verstrickungen, seine gut inszenierten Überraschungen und den gekonnten Spannungsaufbau. Harlan Coben ist für mich ein Autor, der meisterhaft eine rundherum harmonisch abgestimmte Geschichte erzählt, die nicht nur in sich stimmig ist, sondern ganz einfach ein bestgeschnürtes Gesamtpaket darstellt.

Der schwarze Schmetterling ist der Reihenauftakt zu der Jugendbuch-Thriller-Trilogie, um Mickey Bolitar, die ich mir trotz, dass ich meine Jugend bereits hinter mir gelassen habe, nicht entgehen lassen konnte. Meine Neugierde auf diesen Jugendthriller hat sich gelohnt.

Der schwarze Schmetterling ist bereits unter dem Titel „Nur zu deinem Schutz“ erschienen (Originaltitel Butterfly Code).

Teil 2 Das dunkle Haus, erschienen Juni 2017
Teil 3 Das geheimnisvolle Grab, erschienen Juli 2017
Die Altersbeschränkung ab 14 Jahren halte ich für sinnvoll zugeordnet.

Alles wiederholt sich, formuliere ich den Titel dieser Rezension. Denn die Geschichte um Mickey Bolitar folgt auf die der Figur Myron Bolitars und dessen Generation. Myron Bolitar ist die Hauptfigur der erfolgreichen 11-teiligen Krimireihe, um den taffen Sportagenten und diese hier weist einige situationsabhängige Ähnlichkeiten auf, während die Legenden beider Figuren intelligent und geheimnisvoll, aber maßvoll, miteinander verknüpft werden.

Harlan Coben schreibt wie gewohnt fesselnd und süffig, wie ein guter Wein. Flüssig, schnell und interessiert gleitet man durch die Seiten, um die Informationen rund um die unheimlichen und rätselhaften Geschehnisse zu erfahren. Der gekonnte Spannungsaufbau gipfelt immer wieder in Spannungshöhepunkten, die Wendungen und gefährliche Verstrickungen mit sich bringen.

Besonders gut gefällt mir die Sprache, die Harlan Coben figur- und situationsabhängig, mühelos und natürlich, anwendet. Sie ist nicht umgangssprachlich, aber dennoch besitzt sie diesen natürlichen Ausdruck und Flair, als wenn du und ich uns unterhielten. Harlan Coben stattet seine Hauptfiguren mit einem gesunden Maß an Selbstironie aus. Eine Portion Witz, die man vor allem in Dialogen und Schlagabtauschen wiederfindet, würzen die packend erzählte Story und lockern sie auf.

Die Figur des Mickey ist intensiv gezeichnet. Er ist ein 14-jähriger Junge, der um seinen geliebten Vater trauert und der von seiner Mutter nichts erwarten darf, da sie sich seit dem Unfall mit Drogen zu pumpt. Mickey ist emotional tief betroffen, aber dennoch eine starke, bodenständige Persönlichkeit, die weder schwach noch auf den Mund gefallen ist. Auch pubertäres Gehabe blitzt nur selten auf und so kann man diese Figur absolut ernst nehmen, während er in Myron Bolitars Fußstapfen schlüpft und darauf brennt Verbrechen aufzuklären.

Fazit und Bewertung:

Der schwarze Schmetterling ist ein überzeugender Auftakt zur Jugendbuch-Thriller-Reihe. Unblutig, aber vollgepackt mit rasanter Spannung, erzählt Harlan Coben die Geschichte um den College-Schüler Mickey Bolitar, der in die Fußstapfen seines Onkels Myron Bolitar tritt, um Geheimnissen und Verbrechen auf die Spur zu kommen.

©nisnis-buecherliebe

4 Sterne

Veröffentlicht am 23.08.2017

Gespür für Gefahr – Spannende Story mit vielschichtigen Charakteren

Dunkles Omen – Ein Cainsville-Thriller
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Gespür für Gefahr – Spannende Story mit vielschichtigen Charakteren

Olivia Taylor-Jones führt das Leben der Reichen und Schönen, sich zu sorgen ist ihr fremd. Eines Tages erfährt sie aus der Presse, dass ...

Gespür für Gefahr – Spannende Story mit vielschichtigen Charakteren

Olivia Taylor-Jones führt das Leben der Reichen und Schönen, sich zu sorgen ist ihr fremd. Eines Tages erfährt sie aus der Presse, dass sie im Alter von zwei Jahren adoptiert worden ist und die Tochter eines Serienkiller-Paares ist. Sie stellt ihre Mutter zur Rede, die sich jedoch ausschließlich davor wappnet, der Presse aus dem Weg zu gehen. Auch Olivias Verlobter hat scheinbar nur seine Karriere im Blick und so ist Olivias Umfeld sichtlich schockiert, als sie sich mittellos auf die Spuren ihrer Vergangenheit begibt.

Im beschaulichen Cainsville angekommen, stößt sie auf den eiskalt wirkenden Anwalt Gabriel Walsh, der einst ihre leiblichen Eltern vertreten hat sowie auf dessen Tante, die das zweite Gesicht besitzt. Olivia recherchiert, bald zusammen mit Walsh, doch die Omen die sich ihr ankündigen, verheißen nichts Gutes und nichts ist wie es scheint.

Die Autorin:

Kelley Armstrong wurde in Sudbury, Kanada, geboren. Sie studierte Psychologie an der University of Western Ontario und Informatik am Fanshawe College. Weil sie schon als Kind schreiben wollte, wandte sie sich bereits während ihres Studiums der Schriftstellerei zu. Heute ist Kelley Armstrong eine erfolgreiche Autorin, deren magische Thriller New York Times-Bestseller sind. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Ontario, Kanada.

Das Omen ist der Auftakt der Cainesville-Thriller-Serie.

Reflektionen:

Dieser Thriller kam mir zunächst nur wie ein solider Thriller vor. Lesenswert war er, aber er begeisterte mich nicht. Erst etwa ab der Mitte des Buchs wuchs für mich die Spannung auf ein Niveau das mir gefiel und das Tempo zog an.

Der Autorin ist es gelungen, die Hauptprotagonistin aus gutem Hause authentisch darzustellen. Zunächst bricht eine heile Welt für Olivia zusammen, als sie erfährt, dass sie die Tochter eines Serienkiller-Pärchens ist. Während sich Olivias Umfeld ausschließlich dem Schussfeld der Presse entzieht, geht sie dennoch straight den Weg in die Vergangenheit zurück, um die Spuren ihrer Kindheit zu entschlüsseln. In Cainsville angekommen muss sich Olivia, die nie gearbeitet hat, plötzlich mit einem Job über Wasser halten, um eine kleine Wohnung und ihren Lebensunterhalt zu begleichen. Olivias Ankommen in der realen Welt des arbeitenden Volkes wird realistisch dargestellt, als sie plötzlich vor dem Nichts steht.

Olivias Emotionen, Ängste und plötzliche Sorgen waren im Kleinen gut erzählt, vor allem produzierte Kelley Armstrong von Anfang an eine mysteriöse und geheimnisvolle Stimmung um Olivia herum, da diese von Ahnungen verfolgt immer wieder Omen um sich herum wahrnimmt, die oft von Kinderreimen begleitet sind, die sie nicht einordnen kann. Trotz dieser doch manchmal überwältigenden Emotionen ist Olivia als eine sehr starke Frau dargestellt, die sich weder einschüchtern noch verunsichern lässt, obwohl es viele Situationen gibt, die ihr eiskalte Schauer verursachen. Eben diese Umstände und ihre taffe und recht unerschrockene, dem Schlagabtausch zugeneigte Entschlossenheit und Persönlichkeit, zeichnen diese Figur vielschichtig und dadurch hoch interessant aus.

Olivias Hauptaugenmerk verabschiedet sich bald von der Frage nach ihrer Herkunft und Kindheit und verlagert sich auf recherchierte Indizien zu der Frage, ob ihre Eltern tatsächlich gemordet haben. Sind sie schuldig oder unschuldig? Im Zuge ihrer und Gabriel Walshs Ermittlungen entdecken sie, dass die Menschen im beschaulichen Cainsville nicht das sind, was sie vorgeben.

Ich persönlich mag es nur maßvoll, wenn spirituelle Dinge die Handlung einer Geschichte begleiten und ich empfand all die Ahnungen und Omen um Olivia nicht sonderlich ansprechend. Letztendlich führen diese Prophezeiungen auch auf keinen ursächlichen Punkt, sie tragen lediglich dafür Sorge, dass die Atmosphäre des Psychothrillers unheimlich und mysteriös unterstrichen wird.

Anspruchsvoll gezeichnet ist auch die Figur des unnahbar erscheinenden Anwalts Gabriel Walsh, mit dem Olivia gemeinsam in der Vergangenheit recherchiert und mit dem sie sich in einige Gefahren begibt, die blutig enden. Er ist gutaussehend, kompromisslos und erscheint anfangs abgebrüht und eiskalt. Im Laufe der Handlung nähern sich Olivia und Gabriel auf eine zwischenmenschliche Ebene, die jedoch weit entfernt von jeder Art Liebesbeziehung ist.

Die Entwicklungen der Figuren miterleben zu dürfen, machte viel Lesespaß, doch die Weiterentwicklung der Handlung und der recht langsame Spannungsaufbau erschien mir anfangs zu gemäßigt. Erst spät war ich so gefesselt, dass mein Lesetempo anzog.

Der Schreibstil der Autorin ist angenehm flüssig. Besonders gefiel mir ihr nüchterner Ausdruck ohne jeden Schnörkel und kurze, knackige Dialoge, die davon zeugen, dass sich die beiden Hauptfiguren in der Redegewandtheit in nichts nachstehen.

Das Ende hat mich nicht vollumfänglich zufrieden zurückgelassen. Zwar mündet die Handlung schon in eine Richtung, die ich mir gewünscht hatte, doch es blieben mir zu viele Lücken, die ich auch mit einem gesunden Kopfkino nicht schließen konnte. Mich störte es auch, dass manch eine Figur nicht noch einmal auftauchte, um der Geschichte inhaltlich einen harmonisch abschließenden Klang zu verleihen.

Fazit und Bewertung:

Trotz meiner kritisch aufgeführten Punkte unterhält dieser Thriller spannend, so dass ich ihn wirklich gern empfehle. Interessant und vielschichtig gezeichnete Charaktere und deren Entwicklung bereichern die mysteriöse Geschichte, so dass sie doch noch zu einem Leseerlebnis wird. Sicher werde ich diese Reihe mit Spannung verfolgen.

©nisnis-buecherliebe.de

Veröffentlicht am 17.08.2017

Die Schatten der Vergangenheit – Atmosphärisch, beklemmend, gut

Ich will brav sein
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Studentin Juli ist glücklich, dass sie in München kurzfristig ein Zimmer zur Untermiete bei der sympathischen und talentierten Schauspielerin Greta beziehen kann. Anfangs erscheint Greta wie eine Freundin, ...

Studentin Juli ist glücklich, dass sie in München kurzfristig ein Zimmer zur Untermiete bei der sympathischen und talentierten Schauspielerin Greta beziehen kann. Anfangs erscheint Greta wie eine Freundin, doch bereits nach kurzer Zeit verschlechtert sich das freundschaftliche Verhältnis der beiden jungen Frauen, bis Greta Juli mit ihrem Ordnungswahn richtiggehend drangsaliert und extreme Starallüren an den Tag legt.

Juli fühlt sich immer unwohler und stößt immer wieder auf Merkwürdigkeiten, die sie nicht erklären und einordnen kann. Im Flur des Hauses trifft sie auf ein geheimnisvolles und stilles junges Mädchen, das nicht spricht und ihr große Angst macht. Auch ihr Job bei dem grimmig kauzigen Obsthändler im Erdgeschoss des Mietshauses ist alles andere als erfüllend. Auch die Suche nach Julis familiären Wurzeln gestaltet sich nur mühselig, ohne dass sie einen Schritt vorwärts käme.

Über München schwebt eine Dunstglocke aus sommerlicher Hitze und so ist es für Juli besonders erschreckend, als sie auf dem Dachboden des Hauses eine fast schon mumifizierte Leiche findet. Dann plötzlich verschwindet Julis neue Freundin und wenige Zeit später wird auch ihre Leiche auf dem Dachboden aufgefunden. Instinktiv weiß Juli, dass sie in höchster Lebensgefahr schwebt.

Die Autorin:

Clara Weiss, geboren 1976 in Thüringen, hat Literaturwissenschaften in Berlin und Bologna studiert. Sie ist im Verlagswesen tätig und lebt mit ihrer Familie in München. Für ihren ersten Roman "Milchsblut", ebenfalls bei Goldmann erschienen, wurde sie nominiert für den renommierten Friedrich-Glauser-Preis in der Sparte "Debüt". (Quelle: Goldmann Verlag)

Reflektionen:

Der Schreibstil der Autorin Clara Weiss erlaubt einen leichten Einstig in die beklemmende Geschichte des Psychothrillers. Der leicht verständliche Ausdruck der Autorin und der sehr lockere, geschmeidige Schreibstil lässt den Leser zunächst zügig lesen. Von Anfang an erscheint die Handlung geheimnisvoll und mysteriös, ohne dass man dieses Gefühl akzentuiert auf den Punkt bringen könnte, denn es sind nur Kleinigkeiten, die einem diese undurchsichtige Atmosphäre präsentieren.

Ich mochte es sehr, wie mich die Autorin inhaltlich und mit einem intelligenten psychologischen Aufbau an der Nase herumgeführt hat. Nur selten besaß ich ein Gefühl von, ach ja, so könnte die Story ausgehen und letztendlich wurde ich tatsächlich überrascht.

Die Handlung wird in zwei Perspektiven erzählt. Die zweite Perspektive, in kursiver Schrift und jeweils kurzgehalten, sorgt für fesselnde Momente und erfrischt. In ihr wird von einem Mädchen erzählt, dass Angst vor einer Zauberin hat, während sie auf einem Dachboden gefangen gehalten wird. Sehr lange Zeit kann man als Leser nicht erahnen, um welche Figur es sich bei dem Mädchen handelt.

Leider jedoch erreichte dieser Thriller nicht die zu erwartende Spannung, die man einem Psychothriller voraussetzen darf. Streckenweise empfand ich gar Längen und mit den ständigen Wiederholungen von Beschreibungen der sommerlichen, nicht auszuhaltenden Hitze, auch wenn sie fundamental zur Handlung gehörten, fühlte ich mich im Lesefluss richtig gestört bis leicht genervt. Trotzdem würde ich ein weiteres Buch der Autorin lesen, da mir ihr Stil gut gefällt, doch mit Ich will brav sein, hat sie leider einiges an Potenzial verschenkt.

Eingefangen war ich dann erneut, als die Rätsel der Handlung mit ihren psychologischen Vertrickungen langsam aufgelöst wurden und es war großartig, dass nichts ist wie es scheint. Der Showdown ist interessant und spannend inszeniert, doch die letzten drei bis vier Seiten erschienen mir dann leider wiederum unglaubwürdig.

Clara Weiss gelingt es, den Leser psychologisch in die Irre zu führen, indem sie die Handlungen der sorgfältig entwickelten, wenigen Charaktere, die wie in einem Kammerspiel auf einer Bühne spielen, dafür benutzt. Die wenigen Charaktere sind vielschichtig, interessant und teilweise maßvoll undurchsichtig erschaffen und es macht Lesespaß, dass sie sich mit der Handlung entwickeln. Doch insgesamt fehlte es mir in diesem Psychothriller an Nervenkitzel, Spannung und Tempo.

Fazit und Bewertung:

Clara Weiss beweist einen gekonnten psychologischen Aufbau, aber sie verschenkt einiges an schriftstellerischen Potenzials, so dass die Story zu langsam und zu ruhig entwickelt wird. Etwas mehr Tempo und Nervenkitzel, hätten den Psychothriller ausreichend gepfeffert, so dass man die interessante Story mit gut ausgearbeiteten Charakteren in vollen Zügen hätte genießen können.

Dennoch würde ich Ich will brav sein denjenigen empfehlen, die es gern etwas ruhiger und doch recht unblutig mögen. Ich würde gern das nächste Buch der Autorin lesen und hoffen, dass sich das hier verschenkte Potenzial darin bündeln wird.

4 Sterne

©nisnis-buecherliebe

Veröffentlicht am 31.07.2017

Das Rätsel jener Nacht – Fesselnd, tiefgründig, aber ruhig

Heartware
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Willenya war Adam Elis Geliebte, sein Selbstbetrug und sein Lebensinhalt. Kennengelernt haben sie sich in einem Bootcamp für schwer erziehbare Jugendliche in Bolivien, aus dem sie zusammen flohen. Neun ...

Willenya war Adam Elis Geliebte, sein Selbstbetrug und sein Lebensinhalt. Kennengelernt haben sie sich in einem Bootcamp für schwer erziehbare Jugendliche in Bolivien, aus dem sie zusammen flohen. Neun Jahre ist es inzwischen her, dass sie sich gesehen oder gesprochen haben, denn damals vor neun Jahren, lässt Willenya Adam Eli bei einem Einbruch in ein Haus, bei dem sie erwischt werden, scheinbar im Stich. Adam Eli wird gefasst und sitzt die nächsten zwei Jahre unschuldig in einem bolivianischen Gefängnis.

Heute will Adam Eli seine Vergangenheit nur noch vergessen. Er lebt zurückgezogen und arbeitet als Ghostwriter. Eines Tages erhält er einen anonymen Videoclip per Mail, auf dem Willenya von ihrer missbräuchlichen Kindheit erzählt. Man verspricht Adam mehr Clips, wenn er sich auf die Suche nach Willenya begibt, die den Prototyp einer künstlichen Intelligenz gestohlen haben soll. Adam kann nicht anders und nimmt den geheimnisvollen Auftrag an, denn er will wissen was in jener Nacht in Bolivien geschah, als sie sich plötzlich verloren hatten.

Eine spannende Jagd von den Urwäldern Boliviens über Dubai bis Tokio beginnt.

Die Autorin:

Jenny-Mai Nuyen wurde 1988 als Tochter deutsch-vietnamesischer Eltern in München geboren. Geschichten schreibt sie, seit sie fünf ist, mit zehn folgte das erste Drehbuch, mit dreizehn ihr erster Roman. Seit ihrem literarischen Debüt «Nijura – das Erbe der Elfenkrone» gilt sie als eine der größten Entdeckungen der letzten Jahre. Nach einem Filmstudium an der New York University lebt Jenny-Mai Nuyen heute in Berlin, studiert Philosophie und widmet sich dem Schreiben.

Reflektionen:

Mit dem Thriller Heart Ware hat Jenny-Mai Nuyen einen sehr atmosphärischen Thriller geschrieben. In einem schönen, klaren und flüssigen Erzählstil fängt die Autorin den Leser mit Leichtigkeit ein. Der Schreibstil, ebenso angenehm und leicht wie eine Feder, ist zwischendurch eine besondere, literarische Perle, leider jedoch nicht durchgehend.

Die Stärke dieses Thrillers ist die düstere, geheimnisvolle, fast mystische Atmosphäre. Jenny-Mai Nuyen kreiert sie durch die besondere Charakterzeichnung der Hauptfigur Adam Elis und dessen Emotionen. Ob es noch Liebe ist zwischen Adam und Will oder ob Adam nur noch wissen will was in jener Nacht in Bolivien passiert ist, ist für den Leser lange Zeit nicht sicher greifbar.

Die Stimmung ist geheimnisvoll bis mysteriös und als sich Adam auf die gefährliche Suche nach Will begibt, wird die Story mit einer zusätzlichen Portion Spannung und Action versorgt. Die Spannung agiert jedoch nicht immer auf einem hohen Niveau. Zwar ist man von der ungewöhnlichen Geschichte gefesselt, man liest fasziniert Auszüge aus den jeweiligen Legenden der wohlgeformten Figuren und fiebert der Auflösung entgegen, aber zwischendurch reißt die Spannungskurve immer wieder ab. Manche Geschehnisse, die die Geschichte nur mäßig vorantreiben, sind langatmig und ohne Tempo erzählt und so konnte mich die Autorin nicht vollumfänglich überzeugen.

Jenny-Mai Nuyen hat die Handlung mit zahlreich agierenden Figuren ausgestattet. Ein konzentriertes Lesen ist daher zu empfehlen. Wie die vielen Figuren im Wechselspiel der Perspektiven miteinander verbunden sind, erschließt sich erst nach und nach und vor allem bleibt man spannender Weise lange im Unklaren, welche Figur gute oder bösartige Absichten hegt.

Besonders berührend und gelungen sind die Emotionen der Figuren dargestellt. Adam Eli ist ein Eigenbrötler, innerlich zerrissen und nie im Einklang mit sich. Die Videoclips, in denen Willenya von ihrer Kindheit und Jugend erzählt, gehen an keinem Leser spurlos vorbei, ohne zu berühren. Im Laufe der Geschichte kommen weitere Figuren hinzu, die jeweils auf ihre Weise berührende Legenden und auch Absichten hegen. Diese sind zunächst nie klar definieret, so dass sie sich immer nur Stück für Stück dem Leser offenbaren.

Jenny-Mai Nuyen ist es gelungen der Geschichte eine außergewöhnliche Tiefgründigkeit zu verleihen, in dem sie einer künstlichen Intelligenz menschliche Emotionen erlaubt. Was im Computerzeitalter oft als Gefahr dargestellt wird, entpuppt sich in dieser Story zu einer unerwarteten Konsistenz, die im Wechselspiel der Perspektiven Wendungen und Erkenntnisse fesselnd in Szene setzt.

Fazit und Bewertung:

Heart Ware ist ein fesselnder Thriller, trotz dass Spannung und Tempo manchmal auf der Strecke bleiben. Sprachlich wohl formuliert treibt man durch ein Meer von Perspektivwechseln und berührenden Legenden interessant gezeichneter Charaktere. Für einen Thriller fehlte es mir etwas an Pfeffer und dennoch hat mir die tiefgründige Handlung angenehme und außergewöhnliche Lesestunden geschenkt.


©nisnis-buecherliebe