„Alles hin.“ Die Mutter, das Geld, das Leben. – Der neue Roman von Wolf Haas
„Ich war angefressen. Mein ganzes Leben lang hat mir meine Mutter weisgemacht, dass es ihr schlecht ging. Drei Tage vor dem Tod kam sie mit der Neuigkeit daher, dass es ihr gut ging. Es musste ein Irrtum vorliegen." Mit liebevoll grimmigem Witz erzählt Wolf Haas die heillose Geschichte seiner Mutter, die, fast fünfundneunzigjährig, im Sterben liegt. 1923 geboren, hat sie erlebt, was Eigentum bedeutet, wenn man es nicht hat. „Dann ist die Inflation gekommen und das Geld war hin." Für sie bedeutete das schon als Kind: Armut, Arbeit und Sparen, Sparen, Sparen. Doch nicht einmal für einen Quadratmeter war es je genug. Endlich wieder ein neuer Roman von Wolf Haas. Ein großes, berührendes Vergnügen.
In diesem Buch begleitet der Protagonist seine Mutter in den letzten Tagen vor ihrem Tod und arbeitet dabei ihre gesamte Lebensgeschichte, aber auch Teile seiner eigenen Vergangenheit auf. Hier werden ...
In diesem Buch begleitet der Protagonist seine Mutter in den letzten Tagen vor ihrem Tod und arbeitet dabei ihre gesamte Lebensgeschichte, aber auch Teile seiner eigenen Vergangenheit auf. Hier werden beim Leser viele Gefühle hervorgerufen, einfach weil es sehr berührend und dramatisch ist, was seine Mutter alles erlebt und doch nie besitzen durfte.
Authentisch ist dabei der Part, der scheinbar aus der Erinnerung der Mutter stammt, da hier in österreichischer Mundart geschrieben wurde. Ich konnte mir dabei vorstellen, wie ich mit der alten Dame bi einem Kakao am knisternden Kamin saß und gebannt ihren Geschichten aus dem Leben lauschte.
Dieses Buch hat mich sehr berührt und ich werde noch oft an die gute Frau Mar. Haas denken, gerade wenn Weltkriegsgeschehen angesprochen werden, auch wenn sie nicht so gut mit la gente konnte.
Eigentlich ist es ja eher befremdlich, wenn jemand über den Tod der eigenen Mutter schreibt. Aber genau das macht Wolf Haas - er beschreibt ihre letzten Tage und nimmt ihr bevorstehendes Ende zum Anlass, ...
Eigentlich ist es ja eher befremdlich, wenn jemand über den Tod der eigenen Mutter schreibt. Aber genau das macht Wolf Haas - er beschreibt ihre letzten Tage und nimmt ihr bevorstehendes Ende zum Anlass, von ihrem Leben zu erzählen und auch sie selbst zu Wort kommen zu lassen. Dabei lässt er auch seine Probleme mit ihr nicht aus.
Wolf Haas' Schreibstil ist sehr eigenwillig und unnachahmlich - ich mag ihn sehr. Besonders wenn er seine Mutter sprechen lässt, höre ich den Dialekt und sehe sie förmlich vor mir. Wie sie ein Leben lang hart gearbeitet und gespart hat, um Eigentum zu erwerben. "Arbeiten, arbeiten, arbeiten" und "sparen, sparen, sparen" und trotzdem hat es nie geklappt.
Haas schreibt sich seine Beziehung zur Mutter und wie sie ihn geprägt hat von der Seele. Es ist aber keine Abrechnung, sondern ein sehr persönliches Buch über seinen Umgang mit seiner Kindheit und Jugend und auch dem Erwachsenensein.
Es wäre nicht Wolf Haas, wenn er nicht auch dieser teilweise schweren Kost mit Humor, aber trotzdem großer Ernsthaftigkeit begegnen würde. "Eigentum" ist mit 157 Seiten ein dünnes Buch, aber großes Lesevergnügen.
Wolf Haas, mir eher bekannt durch seine niveauvollen Brenner-Krimis, gedenkt mit diesem Roman seiner Mutter, die mit 95 Jahren in einem Altersheim verstorben ist.
Mit ihren Worten formt er ein so plastisches ...
Wolf Haas, mir eher bekannt durch seine niveauvollen Brenner-Krimis, gedenkt mit diesem Roman seiner Mutter, die mit 95 Jahren in einem Altersheim verstorben ist.
Mit ihren Worten formt er ein so plastisches Bild von ihr und ihrem Leben, von den Umständen und Zeitläuften, dass man das Buch, einmal begonnen, kaum noch aus der Hand legen mag.
Marianne Haas, eine Tochter aus einfachsten Verhältnissen, mit vielen Geschwistern und keiner Chance auf höhere Bildung, entwickelt sich trotz aller Widrigkeiten zu einer lebenstüchtigen, schlauen und hartnäckigen Frau und Mutter. Sie übersteht den Krieg und arbeitet acht Jahre lang in der Schweiz, um ihren Eltern Geld für ein im Bau befindliches Haus senden zu können. Als sie in jenem Haus dann selbst wohnen möchte, bekommt sie die kleinste Stube mit Küche für sich und ihre Familie. Kein Dank, nirgends, kein Geld, keine Freude.
Haas erinnert sich in diesem Roman also an alles und jedes, was seine Mutter, mit bemerkenswerter Vehemenz und Energie, von sich gegeben hat und wie er es damals und heute bewertet. Gut kann ich mir vorstellen, wie er und sein Bruder das eine oder andere Mal die Augen verdrehten oder das Weite suchten, wenn die Tiraden der Mutter auf sie niedergingen.
Obwohl man beim Lesen ja weiß, dass die Mutter sterben wird, das sagt Haas gleich zu Beginn, ist es kein trauriges Buch, es macht nachdenklich, aber immer wieder musste ich schmunzeln, laut auflachen und manchen Satz zur Erbauung gleich ein zweites Mal lesen. Genau: Lesen lesen lesen – sparen sparen sparen – schreiben schreiben schreiben… Wolf Haas hat es mit dem Denken denken denken, an einer Stelle im Buch beantragt sein Hirn Sabbatical. Ich kann das verstehen, wenn es immer nur denkt, braucht es auch mal Ruhe, selbst wenn es einem Wolf Haas gehört. Und Niedergeschlagenheit findet keinen Platz, egal wie trüb die Aussichten sind.
Mir hat dieser Roman sehr gefallen, besonders die im österreichisch gefärbten Dialekt geschriebenen Gespräche mit der Mutter, ihre Erinnerungen, zeugen von viel Liebe und Warmherzigkeit.
„Bist bes auf mi, Mutti?“ – „Des hättma, finito, Ende der Diskussion."
Ich kann dieses Buch sehr empfehlen.
Das Cover des Buchs hat mich leider nicht auf den ersten Blick angesprochen. Zunächst deutet nichts auf den Inhalt des Buchs hin. Vor allem, weil es auch keinen Klappentext gibt. Beim Lesen des Buchs, ...
Das Cover des Buchs hat mich leider nicht auf den ersten Blick angesprochen. Zunächst deutet nichts auf den Inhalt des Buchs hin. Vor allem, weil es auch keinen Klappentext gibt. Beim Lesen des Buchs, erkennt man dann doch, warum das Buch so gestaltet ist.
Auf berührende Art wird der Lebensweg der Mutter beschrieben. Diese kämpfte sich vor allem durch schwierige Zeiten. Trotz des schwermütigen Themas, hat der Autor eine humorvolle Art zu schreiben. Auch Ironie und Sarkasmus kommen vor. Trotzdem verliert die Beschreibung der Mutter und ihres Lebenswegs nie an Würde. Auch gibt es einen ständigen Wechsel zwischen Kritik und Zuwendung. Auch weitere spannende Stulmittel werden vom Autor verwendet.
Beim Lesen des Buchs wurde ich immer wieder an Erzählungen meiner eigenen Großeltern erinnert.
Trotz des schwierigen Themas habe ich mich fut unterhalten gefühlt. Die knapp 160 Seiten sind schnell gelesen.
Dieses Buch sei allen empfohlen, die keinen Mainstream lesen möchten.
"Eigentum" von Wolf Haas ist ein (auto)biographisch geprägter Roman über die letzten Lebenstage seiner Mutter, die 95jährig in einem Pflegeheim verstirbt. Passagen des Ich-Erzählers Wolf Haas, der die ...
"Eigentum" von Wolf Haas ist ein (auto)biographisch geprägter Roman über die letzten Lebenstage seiner Mutter, die 95jährig in einem Pflegeheim verstirbt. Passagen des Ich-Erzählers Wolf Haas, der die letzten Stunden bei seiner Mutter in seinem Heimatort verbringt, wechseln sich mit Rückblenden ab, in denen er seine Mutter als Ich-Erzählerin von ihrem Leben berichten lässt. Diese Erinnerungen sind umgangssprachlich und mit dialektalen Einsprengseln gehalten. Der Sprachduktus hat mich sehr an die Erzählweise meiner eigenen Großmutter erinnert. Einige Erinnerungen sind bewusst widersprüchlich gehalten, manches wiederholt sich, als würde man tatsächlich einem alten Menschen beim Erzählen zuhören. Bereits durch diese sprachlichen Mittel hatte ich ein lebendiges Bild seiner Mutter vor Augen.
Für die Mutter, 1923 geboren, waren die Kriegsjahre und die erlebten Inflationen prägend. Der Wunsch nach Eigentum war immer da, erfüllte sich zu Lebzeiten jedoch nie - erst mit dem Begräbnis, so sinniert Wolf, bezieht sie erstmals eigenen Wohnraum, die letzte Wohnung für die Ewigkeit, 1,7 qm im bester Lage, unverbaubar.
Das Buch ist geprägt von dem für Wolf Haas typischen Humor und seiner Kunst, die Alltagssprache authentisch einzufangen und literarisch anspruchsvoll zu verarbeiten. Trotz seines manchmal recht bissigen Humors, auch im Angesicht des Todes, und des klaren Blicks auf die Ecken und Kanten seiner Mutter spürt man eine große Zuneigung aus seinen Worten, und das Buch ist eine schöne Hommage an sie und vielleicht auch an viele Frauen aus dieser Generation, die ein ähnliches Leben geführt haben. Lesenswert!