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Veröffentlicht am 01.11.2019

Für Buchliebhaber

Pages & Co. (Band 1)
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Matilda, genannt Tilly, ist elf und lebt nach dem Verschwinden ihrer Mutter Bea bei ihren Großeltern, die in London die Buchhandlung "Pages & Co" betreiben und ihr die Liebe zu Büchern quasi in die Wiege ...

Matilda, genannt Tilly, ist elf und lebt nach dem Verschwinden ihrer Mutter Bea bei ihren Großeltern, die in London die Buchhandlung "Pages & Co" betreiben und ihr die Liebe zu Büchern quasi in die Wiege gelegt haben. Mit Menschen tut sich Tilly manchmal ein wenig schwer, vor allem die Beziehung zu ihrer ehemals besten Freundin Grace hat sich in der letzten Zeit stark verändert. Selbstzweifel nagen an ihr und so fühlt sie sich ihren liebsten Romanfiguren Alice (aus dem Wunderland) und Anne (von Green Gables) näher, als so manchem Menschen aus Fleisch und Blut. Als dann eines Tages ein seltsamer Mann in der Buchhandlung auftaucht und Alice und Anne auf einmal lebendig vor ihr stehen, soll sich Tillys Leben für immer verändern. Sie entdeckt, dass sie das Buchwandeln beherrscht, also in Bücher hineingehen kann. Gemeinsam mit dem Nachbarsjungen Oskar macht sie sich daher auf, ihre Lieblingsbücher zu erkunden und am Ende vielleicht sogar ihre Mutter wiederzufinden.

Zunächst fällt "Matilda und das Geheimnis der Buchwandler" durch seine wunderschöne Gestaltung auf. Nicht nur das Cover und der Schutzumschlag sind geschmackvoll und passend, auch im Inneren ist der Text mit den Illustrationen von Paola Escobar zurückhaltend, aber zauberhaft geschmückt. Die Handlung ist ein Traum jedes Buchliebhabers: einmal die liebsten Charaktere kennenlernen und in Buchwelten abtauchen - das klingt verlockend, ist aber auch keine ganz neue Idee. In Teilen erinnert das Buch doch sehr an "Tintenherz", wobei das Buchwandeln hier deutlich regelbehafteter und organisierter ist, wird es doch von den Mitarbeitern der Underlibrary, einer Bibliothek unter der British Library überwacht. Und während es sich in Cornelia Funkes Reihe um eine unbestimmte, recht märchenhafte Fantasywelt handelt, reist Tilly gezielt in Klassiker der Kinderliteratur.

Im Hinblick auf die Gestaltung und die Grundidee kann sich Erwachsenenliteratur ruhig eine Scheibe von Kinderbüchern abschneiden. Oft sind es, wie eben in diesem Fall, kleine Kunstwerke, die zum Schmökern unter der Decke einladen. Dabei kann und muss man als adulter Leser auch darüber hinwegsehen, dass die Handlung eigentlich schon von der ersten Seite an klar ist. Gerade am Ende hätten der Geschichte ein paar Zeilen mehr auch nicht geschadet, aber schließlich soll es ja in den Folgebänden dieser Reihe noch genug zu erzählen geben. Die Charaktere hingegen, vor allem Tilly und ihr Großvater sind absolut hinreißend und liebenswert, ihre Liebe zu Büchern ist in jedem Satz zu spüren. Ich hoffe, dass dieses Buch Kinder dazu animieren kann, ihre Nase auch einmal in "Die Schatzinsel" oder "Alice im Wunderland" zu stecken, denn dort gibt es so viel zu entdecken!

Veröffentlicht am 03.07.2024

Etwas langweiliger zweiter Band

Emily Wildes Atlas der Anderswelten
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Professorin und Feenforscherin Emily Wilde hat ihrem Partner und Kollegen Wendell Bambleby versprochen, mit ihm gemeinsam das Tor zu seinem Heimatreich zu finden. Doch diese Suche wird heftig gestört, ...

Professorin und Feenforscherin Emily Wilde hat ihrem Partner und Kollegen Wendell Bambleby versprochen, mit ihm gemeinsam das Tor zu seinem Heimatreich zu finden. Doch diese Suche wird heftig gestört, als Attentäter in Cambridge auftauchen und die beiden angreifen. Dahinter steckt natürlich Wendells Stiefmutter, die seinen Thron an sich gerissen hat. Gemeinsam mit Emilys Nichte Ariadne und Dekan Dr. Farris Rose machen die beiden sich ins österreichische St. Liesl auf, um dort endlich die Feentür und vielleicht auch eine verschwundene Wissenschaftlerin wiederzufinden.

„Emily Wildes Atlas der Anderwelten“ ist bereits der zweite Band der Reihe über die gleichnamige Professorin aus der Feder von Heather Fawcett; die deutsche Übersetzung stammt von Eva Kemper. Die Handlung besteht, wie auch im ersten Band, aus Emilys Tagebuch, in welches sie die Ereignisse auf der Forschungsreise in der Ich-Form einträgt. Nur am Ende übernimmt diese Aufgabe einmal Wendell für sie, in seiner typisch ironischen Art.

Ich muss zugeben, dass dieser zweite Band mich nicht so abholen konnte, wie sein Vorgänger. Wo „Emilys Wildes Enzyklopädie der Feen“ Fantasy zum Wohlfühlen und mit vielen sympathischen Figuren ausgestattet war, kommt die Handlung im zweiten Band etwas schwerfällig in Gang. In St. Liesl (Achtung, Klischee!) angekommen, läuft lange Zeit jeder Tag unserer Helden gleich ab: sie suchen nach der Tür, geraten in irgendeine Art von Schwierigkeit und nachts kratzen seltsame Wesen an der Haustür. Als dann endlich ein Abschnitt in Wendells Reich folgt, ist dieser schnell wieder abgehandelt.

Meinetwegen hätte es von zwei Dingen mehr geben dürfen: niedliche Feenwesen, wie zum Beispiel Poe, und offene Zuneigung zwischen Emily und Wendell. Es steht auf der einen Seite zwar eine Hochzeit im Raum, aber Emily scheint Wendell in vielen Situationen geradezu zu meiden und sie schlafen nicht mal in einem Bett? Warum? Emily ist immerhin eine erwachsene Frau und kein Teenager mehr, der beim Anblick des Liebsten auf einmal verlegen ist. Schade, hier hatte ich mir mehr erwartet!

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Veröffentlicht am 17.06.2024

Schöner Roman über Zusammenhalt

Forgotten Garden
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Seit Luisa vor einigen Jahren ihren Mann verloren hat, zieht sie sich von allem zurück. Ihr einziger Fixpunkt ist die Arbeit für eine unerträgliche Chefin, die sie und ihre Kreativität ausnutzt. Doch dann ...

Seit Luisa vor einigen Jahren ihren Mann verloren hat, zieht sie sich von allem zurück. Ihr einziger Fixpunkt ist die Arbeit für eine unerträgliche Chefin, die sie und ihre Kreativität ausnutzt. Doch dann erhält sie ein verlockendes Angebot: In Collaton, einem Küstenort, soll sie ein verwildertes Grundstück in einen Gemeinschaftsgarten verwandeln. Luisa nimmt an, doch die Anwohner scheinen sich nicht für ihr Vorhaben zu interessieren oder legen ihr sogar Steine in den Weg. Nur Cas, Lehrer und Betreuer eines Boxprojekts, unterstützt sie und bald muss Luisa sich fragen, ob sie überhaupt bereit für einen Neuanfang ist.

„Forgotten Garden“ ist der dritte Roman der britischen Journalistin und Schriftstellerin Sharon Gosling. Zuvor hatte ich von ihr bereits „Lighthouse Bookshop“ gelesen, was mir gut gefallen hat. Erzählt wird die Handlung aus der Sicht dreier Charaktere, jeweils in der dritten Person und Vergangenheitsform: Protagonistin Luisa, Lehrer Cas und Harper, eine der Jugendlichen aus seinem Boxprojekt. So ist es uns als Leser*innen möglich, die Geschichte von allen Seiten und aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.

Seit dem Tod ihres Mannes hat Luisa Schwierigkeiten, sich auf andere einzulassen und eigentlich nur ihre Schwester Jo um sich. Im Garten beginnt sie jedoch, sich an die alte Luisa zurückzuerinnern, die es liebte, Landschaften zu gestalten und gemeinsam mit ihrem Mann an Umweltprojekten zu tüfteln. In Harper entdeckt sie eine begabte junge Frau, die jedoch ganz andere Prioritäten im Leben hat, kümmert sie sich doch allein um ihren jüngeren autistischen Bruder. Cas hingegen macht gerade eine schwierige Phase in seiner Beziehung durch und wird außerdem von einem Vorfall in seiner Vergangenheit eingeholt.

Es gefällt mir gut, dass Sharon Gosling sich hier nicht einfach in eine Romanze zwischen Luisa und Cas stürzt, sondern zum Ausdruck bringt, dass manches sich nicht so einfach überwinden lässt. Auch die Idee des Gartens ist schön und bringt die unterschiedlichsten Menschen zusammen; für meinen Geschmack macht die Autorin jedoch zu viele Themen auf einmal auf.

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Veröffentlicht am 11.12.2023

Etwas konstruierter, aber spannender Jugendthriller

A Good Girl’s Guide to Murder
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Vor 5 Jahren wurde in Little Kilton die 17-jährige Andie Bell ermordet. Obwohl ihre Leiche nie gefunden wurde, stand schnell ein Verdächtiger fest: ihr Freund Sal Singh. Pippa hat sich nun vorgenommen, ...

Vor 5 Jahren wurde in Little Kilton die 17-jährige Andie Bell ermordet. Obwohl ihre Leiche nie gefunden wurde, stand schnell ein Verdächtiger fest: ihr Freund Sal Singh. Pippa hat sich nun vorgenommen, für ihr Schulprojekt diesen Fall wieder neu aufzurollen, denn sie glaubt fest an Sals Unschuld. Und so stürzt sie sich, gemeinsam mit dessen Bruder Ravi, in die Ermittlungen und gelangt schnell zu der Überzeugung, dass hinter diesem Mord viel mehr steckt, als bisher geglaubt.

„A Good Girl‘s Guide to Murder“ ist der Debütroman der britischen Schriftstellerin Holly Jackson und gleichzeitig der erste von insgesamt drei Bänden (plus Vorgeschichte) der Reihe um ihre Protagonistin Pippa. Sie ist es auch, die die Handlung in der dritten Person und der Vergangenheitsform schildert. Neben dem erzählenden Text ergänzen aber auch viele andere Dokumente die Geschichte. Das sind vor allem die Protokolle, die Pippa für ihr Projekt anfertigt, aber auch Zeichnungen und Textnachrichten. Das lockert den Handlungsverlauf auf und macht ihn noch dynamischer.

Pippa ist eine sehr sympathische Protagonistin, die sich voller Tatendrang in die Ermittlungen stürzt. Dabei hat sie vor allem persönliche Motive, denn auf der einen Seite war Sal wie ein älterer Bruder für sie. Auf der anderen Seite weiß sie aufgrund ihrer Patchworkfamilie mit ihrem nigerianischen (Stief-)Vater Victor und Halbbruder Josh, wie schnell die Menschen in Little Kilton über andere urteilen, wenn sie anders aussehen, als sie selbst. Aus diesem Grund bringt sie sich auch immer wieder in Gefahr, kommt aber mit ihrer Sturheit der Wahrheit über den Mord immer näher. Oder ist Andie vielleicht sogar noch am Leben?

Das Buch ist definitiv ein Pageturner, da kann ich nichts Gegenteiliges behaupten. Für mich gab es ab einem gewissen Zeitpunkt im Buch aber einfach zu viele Verdächtige und aufgedeckte Geheimnisse. An Krimis oder Thrillern mag ich es besonders, wenn man als Leser*in selbst miträtseln kann. Das war hier leider nicht gegeben und der Schluss erschien mir doch etwas konstruiert. Verfolge ich die Reihe trotzdem weiter? Vermutlich.

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Veröffentlicht am 23.11.2023

Von allem etwas zu viel

Die mörderischen Cunninghams. Irgendwen haben wir doch alle auf dem Gewissen (Die mörderischen Cunninghams 1)
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Es ist das erste Familientreffen seit Jahren für Sachbuchautor Ernest Cunningham, doch dieses Mal ist alles anders: Sein Zwillingsbruder Michael soll an diesem Wochenende aus dem Gefängnis entlassen werden, ...

Es ist das erste Familientreffen seit Jahren für Sachbuchautor Ernest Cunningham, doch dieses Mal ist alles anders: Sein Zwillingsbruder Michael soll an diesem Wochenende aus dem Gefängnis entlassen werden, in welchem er wegen Mordes eingesessen hat – eine Begegnung, die Ernest sich nicht unbedingt herbeiwünscht, denn er hat Michael überhaupt erst dorthin gebracht. Als dann das gebuchte Skiressort eingeschneit und vor der Tür eine Leiche gefunden wird, droht die Situation zu eskalieren.

„Irgendwen haben wir doch alle auf dem Gewissen“ ist der erste Band der Reihe um „Die mörderischen Cunninghams“ aus der Feder des Stand-up-Comedians Benjamin Stevenson. Die Fortsetzung erscheint bereits im August 2024 auf Deutsch, beide Teile wurden von Robert Brack übersetzt. Die Handlung erzählt Protagonist Ernest selbst und wendet sich dabei immer wieder an seine Leserschaft. Er mache humorige Kommentare, springt zwischen unterschiedlichen Zeitebenen und deutet auch immer wieder voraus. Das geht so weit, dass er sogar verrät, auf welcher Seite des Buches jemand sterben wird.

Die Cunninghams sind eine durch und durch seltsame Familie. Ernests Vater, ein Kleinkrimineller, ist verstorben, die Mutter hat kein freundliches Wort für ihren Sohn übrig. Das liegt zuerst einmal daran, dass er vor Gericht gegen seinen Bruder ausgesagt hat; im Verlauf der Handlung wird jedoch deutlich, dass hier noch mehr im Argen liegt. Ernest selbst ist Autor von Ratgebern, wie man einen guten Krimi schreibt und in dieser Manier macht er sich auch an die Auflösung des Falls. Der Rest der Familie hat ebenfalls schwerwiegende Probleme und benimmt sich zunehmend verdächtig, denn jeder von ihnen – so deutet Ernest das an – hat mindestens eine andere Person auf dem Gewissen.

Die eigentliche Kriminalgeschichte hat gute, klassische Elemente (zum Beispiel den abgeschlossenen Tatort und den Amateurdetektiv), aber an vielen Stellen übertreibt Benjamin Stevenson es auch. Vielleicht eine Berufskrankheit? Die ständigen Wendungen an ein Publikum, die Verwicklungen, in die wirkliches jedes Familienmitglied geraten ist und dann noch ein grausamer Serienmörder – das ist einfach zu viel.

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