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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.05.2024

Zeitreisen neu und spannend gedacht

Das andere Tal
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Der Roman „Das andere Tal“ von Scott Alexander Howard hat eine (zumindest mir) bisher so nicht nicht erzählte Version von Zeitreisen als Prämisse. Die junge Odile lebt in einem Tal, das in der Gegenwart ...

Der Roman „Das andere Tal“ von Scott Alexander Howard hat eine (zumindest mir) bisher so nicht nicht erzählte Version von Zeitreisen als Prämisse. Die junge Odile lebt in einem Tal, das in der Gegenwart lebt, während die Täler östlich und westlich davon jeweils 20 Jahre zeitversetzt in Zukunft und Vergangenheit leben. Getrennt und bewacht sind diese Täler zwar, allerdings mit seltenen Ausnahmegenehmigungen zu besuchen. Diese strengen Regeln dienen natürlich der Vermeidung von Störung des Zeitkontinuums und schlimmen Folgen, sollte sich jemand durch Wissen aus den anderen Tälern in die Geschehnisse einmischen. Wie zu erwarten führt dieses potentielle Wissen um Vergangenes und Zukünftiges zu Problemen und Misere, was wir anhand des Lebens von Odile beobachten können, als wir sie bis ins Erwachsenendasein begleiten dürfen.
Es ist ein großartiges Gedankenexperiment, bei dem je nach Lebensabschnitt und Tal sehr fesselnd Tropen wie Coming-of-Age, Zeitreisen, Schuld, Frauenfeindlichkeit, Unterordnung ins System, Hörigkeit, Fremdbestimmtheit ganz wild und gleichzeitig stringent thematisiert und verwoben werden.
Mir haben die verschiedenen Lebensabschnitte von Odile unterschiedlich gut gefallen, aber alle Teile des Buches waren auf einem hohen Niveau, was den Lesegenuss angeht. Das ist umso bemerkenswerter, da mir der Schreibstil, vor allem was Gesagtes/wörtliche Reden anging, manchmal etwas sperrig und unnatürlich vorkam. Das ist allerdings nur ein kleiner Kritikpunkt, der mir an manchen Stellen dieses ansonsten so faszinierenden Buches aufgefallen sind. Außerdem scheint das ein persönliches Problem zu sein, das ich oft mit Übersetzungen habe, dass mir die Sprache dann hölzern vorkommt.
Das Cover, möchte ich hervorheben, ist wunderschön, eines meiner liebsten Diogenes-Designs, die ich grundsätzlich sehr geschmackvoll und zeitlos finde.

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Veröffentlicht am 03.05.2024

Herzlich, kreativ und innovativ

Mein ziemlich seltsamer Freund Walter
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Der Comic dreht sich um das junge Mädchen Lisa, das wegen ihrer Außenseiterrolle und durch Mobbing unglücklich ist. Eines Tages begegnet sie dem Außerirdischen Walter, der hinter ihrem Haus landet namens ...

Der Comic dreht sich um das junge Mädchen Lisa, das wegen ihrer Außenseiterrolle und durch Mobbing unglücklich ist. Eines Tages begegnet sie dem Außerirdischen Walter, der hinter ihrem Haus landet namens Walter und sich mit ihr anfreunden möchte, wodurch eine schöne Geschichte ihren Lauf nimmt.
Ebendiese Geschichte und die Thematik rund ums Anderssein und Mobbing ist wirklich sehr herzlich, kreativ und innovativ erzählt. Mir gefallen vor allem die wörtlichen Reden, die in Kinderbüchern oftmals hochgestochen oder für den normalen Sprachgebrauch unnatürlich wirken, während Sibylle Berg hier auch mal ein bisschen Dialekt oder Umgangssprache nutzt, wie beispielsweise „Willst du vielleicht grad den Unterricht übernehmen?“ oder „Die denken eh schon, ich bin nicht ganz dicht.“. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich dadurch Kinder und Jugendliche, die ja genau die Zielgruppe sind, besser angesprochen und abgeholt fühlen. Mir gefällt außerdem, dass sich Berg hier überhaupt nicht scheut, auch „erwachsenere“ Themen und Probleme zu thematisieren, die auch junge Leser*innen betrifft und diese dadurch früh zu einer kritischen Auseinandersetzung ermutigt.
Ebenso wichtig, wie das Geschriebene, ist bei einem Comic natürlich auch die Illustration, die ich hier genauso gelungen finde. Es sind süße und sehr detailreiche Zeichnungen, die mich direkt ansprechen, unterhalten und die ich sehr einzigartig finde.
Bei meiner Rezension und allen Komplimenten, die ich dem Buch machen möchte, muss ich allerdings auch betonen, dass ich eine 30-jährige Frau ohne Kinder oder Erfahrungen mit Kindern bin, also vielleicht nicht die verlässlichste Quelle dafür, wie geeignet oder ansprechend das Buch für die eigentlich Zielgruppe ist. Ich hoffe aber, dass das Buch einigen jungen Menschen Freude, Interesse und Mut schenkt.

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Veröffentlicht am 08.04.2024

Tiefgreifende Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen unserer Zeit

Alles gut
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In ihrem Roman „Alles gut“ setzt sich Cecilia Rabess nicht nur oberflächlich mit dringenden Problemen und Streitthemen unserer Gesellschaft auseinander, sondern geht tief rein in die innere Zerrissenheit ...

In ihrem Roman „Alles gut“ setzt sich Cecilia Rabess nicht nur oberflächlich mit dringenden Problemen und Streitthemen unserer Gesellschaft auseinander, sondern geht tief rein in die innere Zerrissenheit und Unsicherheit der jungen, schwarzen Jess, die sozial eher in der weißen Mittel- bis Oberschicht verkehrt, aufgrund ihres Jobs und ihrer Freunde/ihres Freundes. Die Zeitspanne der Erzählung reicht von der Wahl Barack Obamas zum US-Präsidenten bis hin zur Wahl Donald Trumps zum Selbigen, was in vielen Gesichtspunkten (kulturell, historisch, gesellschaftlich) eine ereignis- und konfliktreiche Zeit für alle darstellt. Was dieses Buch aber beindruckend herausarbeitet, ist wie viel tiefergehend und anspruchsvoll all diese Ereignisse und Konflikte für eine junge, aufstrebende aber eben schwarze Frau in den USA sein muss.
Trotz der Dicke des Buches habe ich es in 2 Tagen durchgelesen, weil ich es einfach nicht weglegen konnte und wollte. Mich haben die Geschichte und die Gedanken von Jess so sehr gefesselt und ich war schnell emotional sehr investiert in den Werdegang der Protagonistin und ihrer Beziehung zu anderen. Komplett fertig gemacht hat mich dann der Teil, in dem sie zurück bei ihrem Vater ist, ohne zu viel verraten zu wollen. Spätestens da war das Weglegen des Buches keine Option mehr und ich musste wissen, wie es weitergeht. Wollte wissen, wie man mit so etwas umgehen kann und sich wieder fangen kann.
Ich bin großer Fan von der Covergestaltung, finde sie sehr gelungen!
Mein einziger Kritikpunkt ist nicht einmal eine Kritik am Buch selbst, sondern an der Übersetzung. Ich kann natürlich nur vermuten, wie klug und authentisch die Geschichte im Original klingen muss. Die Übersetzung hingegen ist teilweise etwas hölzern und unnatürlich, vor allem wenn es um gesprochene Sprache und Gedanken geht und dann auch noch um zeitgenössische, ist eine deutsche Übersetzung oftmals schwierig. Im Deutschen würde niemand so sprechen, während ich mir gut vorstellen kann, wie dieselben Aussagen und Formulierung im Englischen komplett alltäglich sind. Da das eben nicht am Geschriebenen selbst kritisiert werden kann, ein gängiges Problem ist und zum Teil vielleicht auch einfach nur Geschmackssache, möchte ich keinen einzigen Stern von meiner finalen Bewertung abziehen.
Ich bin so froh, eine neue Autorin entdeckt zu haben, deren Schreibstil, Gedanken und Herangehensweise mich direkt begeistert haben. Die Figuren, deren Umgang und Diskussionskultur untereinander und ihre emotionale und persönliche Entwicklung waren für mich eine Offenbarung. Ich kann es schwer in Worte fassen, wieso das Buch so sehr zu mir gesprochen hat, da fehlt mir leider die literarische Finesse einer Cecilia Rabess :)

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Veröffentlicht am 07.02.2024

Solidarisch und bestärkend

Not Your Business, Babe!
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Ich hatte einige Vorbehalte gegenüber einem Buch, dass behauptet „Alles, was du als Frau über die Arbeitswelt wissen musst“ zu beinhalten. Allerdings hat mich das Buch mit seiner positiven und bestärkenden ...

Ich hatte einige Vorbehalte gegenüber einem Buch, dass behauptet „Alles, was du als Frau über die Arbeitswelt wissen musst“ zu beinhalten. Allerdings hat mich das Buch mit seiner positiven und bestärkenden Message schnell überzeugt. Dass der Schreibstil locker und lustig und dennoch super smart ist, hat mich von Anfang an begeistert. Der Inhalt sprach so sehr zu mir und hat mich direkt an Freundinnen von mir denken lassen, von denen ich unbedingt wollte, dass sie sich das Buch auch zu Herzen nehmen. Hier ein Auszug aus der Notiz, mit der ich eine Ausgabe direkt an eine Freundin verschenkt habe, denn das sagt ziemlich genau aus, wie ich das Buch rezensiere würde und irgendwie trägt es wortwörtlich den Solidaritätsgedanken weiter :)
„[…] Aber das Buch geht noch tiefer und ich dachte an vielen Stellen, dass sie dir und mir und so vielen anderen aus der Seele sprechen. Und es tut immer gut, solche Wahrheiten, die man sich selbst oft nicht eingesteht, einfach mal von anderen zu hören oder sogar in Buchform zu lesen.
Ich hoffe, das Buch gefällt dir nicht nur, sondern dass du dir wirklich erlaubst, wichtige Punkte zu Herzen und zu Verstand zu nehmen. Dein toller Verstand, dein Charakter, deine Stärken, einfach alles, was dich ausmacht, sollten niemals von deiner Arbeit und von dir selbst weniger gewertschätzt werden, als sie es verdienen. Leichter gesagt als getan, ich weiß :) aber vielleicht hilft das Buch, die einiges zu vergegenwärtigen und dir nachhaltig Kraft und Mut und Resilienz zu geben“.
In diesem Sinne, danke für das wichtige, bestärkende Buch in einer Zeit, in der ich es wirklich brauchte!

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Veröffentlicht am 14.12.2023

Eindrucksvolle und berührende Realitätsnähe

GUY'S GIRL
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Der Roman erzählt die Geschichte von den jungen Erwachsenen Ginny und Adrian und ihrem Kennenlernen im gemeinsamen Freundeskreis (der WG, in die Ginny zu ihren College-Freunden zieht) und dem Beginn ihrer ...

Der Roman erzählt die Geschichte von den jungen Erwachsenen Ginny und Adrian und ihrem Kennenlernen im gemeinsamen Freundeskreis (der WG, in die Ginny zu ihren College-Freunden zieht) und dem Beginn ihrer gemeinsamen Geschichte in New York. Zwischen ihnen funkt es direkt und in einem 08/15-Liebesroman würde sich jetzt eine nette oder witzige Liebesgeschichte entfalten, die unweigerlich auf ein Happy End rausläuft. In „Guy’s Girl“ aber wird vielmehr die Realität abgebildet und es geht viel tiefer in die Psyche und die komplizierten Beziehungsdynamiken zwischen allen Charakteren in dem Freundeskreis. Alle haben ihr Päckchen zu tragen, welche von der Autorin Emma Noyes jeweils so gut und authentisch erzählt werden, dass man gar nicht anders kann, als mitzufühlen und mitzufiebern. Man möchte am liebsten in die Geschichte eingreifen können und Ginny und Adrian zu einer besseren und offeneren Kommunikation zwingen können, aber so läuft es nunmal im echten Leben auch nicht. Kein Wunder, dass ich das Buch regelrecht verschlungen habe so sehr emotional involviert war ich.
Es ist auch auf anderen Ebenen nicht einfach „nur“ ein Liebesroman, denn die Lebensrealität, also alle Bedürfnisse, Komplikationen und Sorgen der Protagonist*innen beschränken sich nicht Liebes- und Beziehungsthemen, sondern die jeweilige Alltagsrealität und Vergangenheit bilden die Quellen ihrer Probleme und Motivationen ihrer Handlungen. Es ist beeindruckend, wie der Schreibstil der Autorin so ehrlich schonungslos und nüchtern ist, aber gleichzeitig so schön und subtil poetisch, dass man das Buch einfach nicht weglegen möchte. Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll herausgearbeitet und dabei im allerbesten Sinne so originell und besonders gezeichnet, dass man mit allen sehr mitfühlt und -fiebert, trotz oder eher gerade wegen ihrer nachvollziehbaren Struggles im Leben.
Das Cover ist haptisch und optisch wirklich sehr schön, ein Pluspunkt, den die tolle Geschichte aber nicht einmal bräuchte :)
Alles in allem wirklich eine große Leseempfehlung, denn meine Erwartungen wurden bei dem schwierigen Thema (Essstörungen und weitere mentale Probleme) in dem ausgelutschten Genre „Liebesroman“ komplett übertroffen. Ich finde, solche stigmatisierten Themen aus der Mitte vieler Lebensrealitäten sollten viel mehr und öfter in Geschichten stattfinden. Wenn dies dann auch noch auf so schöne, authentische und mitreißende Art und Weise, wie hier, passiert, ist das ein rundum tolles Leseerlebnis, das mich nachhaltig beschäftigt und in Erinnerung bleibt.

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