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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.01.2024

Lies mich und vergiß mich

Heimwärts
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Kate Mortons "Heimwärts" hat die Zutaten, die in Schmökern momentan en vogue sind: Jess, die Protagonistin, die nach längerer Abwesenheit nach Hause zurückkehrt sowie ein Familiengeheimnis in Form eines ...

Kate Mortons "Heimwärts" hat die Zutaten, die in Schmökern momentan en vogue sind: Jess, die Protagonistin, die nach längerer Abwesenheit nach Hause zurückkehrt sowie ein Familiengeheimnis in Form eines mysteriösen Ereignisses in der Vergangenheit. Als Goodie bekommt die geneigte Leserin zusätzlich noch ein Buch im Buch, in dem ein Journalist einen True-Crime-Fall aus dem Jahr 1959 unter die Lupe nimmt, nämlich den mit Fragezeichen versehenen Tod der Schwägerin (und deren drei Kinder) ihrer Großmutter. Nicht zu vergessen das vierte Kind, noch ein Baby, das seither spurlos verschwunden ist. Keine Frage, dass Jess alles daran setzt, die Wahrheit hinter diesen Geschehnissen herauszufinden.

Dieses Spiel mit zwei Zeitebenen ist typisch Morton, und das beherrscht sie auch. Aber vielleicht sollte man ihr zu verstehen geben, dass es kontraproduktiv ist, die Seiten mit nebensächlichem Geschwafel zu füllen, welches Nullkommanull zum Fortgang der Handlung beiträgt. Stattdessen wäre es sinnvoller gewesen, wenn sie neben der Hintergrundgeschichte auch die Charakterisierung der Personen im Blick behalten hätte, denn diese kommen eigenartig blass und nichtssagend daher.

Die Story an sich ist durchaus interessant, aber die Umsetzunweit weniger gelungen. Ein Zufall jagt den nächsten, logische Entwicklung sucht die Krimileserin vergebens. So bleibe ich am Ende dann doch mit dem Gefühl zurück, weniger einen gut geplotteten Familienroman als vielmehr ein langatmiges und mit diversen Mängeln behaftetes Konstrukt zum schnellen Verbrauch gelesen zu haben, das sich lediglich durch den Umfang von einem Groschenroman unterschieden hat.

Veröffentlicht am 11.01.2024

Aufgebläht und überkonstruiert

Das Bild der Toten
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Eine Frau verschwindet, wird in Spanien tot aufgefunden. Offenbar ist sie bei einem tragischen Unglücksfall ums Leben gekommen und bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Dennoch wird sie von ihren Angehörigen ...

Eine Frau verschwindet, wird in Spanien tot aufgefunden. Offenbar ist sie bei einem tragischen Unglücksfall ums Leben gekommen und bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Dennoch wird sie von ihren Angehörigen identifiziert. Lediglich ihr Ehemann bezweifelt ihren Tod. Und es scheint, als hätte er recht, denn vierzehn Jahre später sieht er ein Urlaubsfoto von Freunden und ist sich sicher, dass die Kamera am Rand des Bildes seine angeblich verunfallte Frau eingefangen hat. Ein Fall für den hochgradig depressiven Hans Rekke und Micaela Vargas, letztere mit familiären Kontakten zum kriminellen Milieu.

Natürlich kann das berufliche Umfeld der Verschwundenen nicht außen vor bleiben, hatte diese doch als Chefanalystin während der Finanzkrise eine zentrale Rolle inne, eine Position, in der man sich nicht nur Freunde macht. Das nimmt David Lagercrantz in „Das Bild der Toten“ zum Anlass, um daraus eine aufgeblähte, abstruse Story zu konstruieren, in der neben russischen Oligarchen, der KGB und sogar Putin ihre Auftritte haben. Und als ob das noch nicht genug wäre, taucht auch noch Gabor, das kriminelle Superhirn und Brekkes Erzfeind aus Jugendtagen, auf. Und wenn wir schon bei der Vergangenheit sind, da gibt es auf Brekkes Seite auch noch einen intriganten Bruder mit politischem Einfluss. Klingelt da etwas? Sollte es, denn es ist offensichtlich, dass der Autor hier mit Conan Doyles „Sherlock Holmes“, dem literarischen Klassiker kokettiert. Diese Bezüge sind zwar ganz nett, aber um dessen Qualität zu erreichen, fehlt hier noch eine ganze Menge.

Die Handlung überkonstruiert und verworren, insgesamt heillos überfrachtet, die Charaktere sind oberflächlich und ohne besondere Tiefe entwickelt, und nicht zuletzt ist die sprachliche Umsetzung mehr als schlicht. Teil 2 einer als Trilogie angelegten Reihe, die ich nicht weiterverfolgen werde.

Veröffentlicht am 28.12.2023

Ein unausgegorener Reihenauftakt

Twelve Secrets -
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Platzierungen auf Bestenlisten können zwar Verkaufszahlen widerspiegeln, geben aber selten eine Auskunft über die Qualität eines Buches, was zahlreiche Beispiele belegen. Werfen wir einen Blick auf Robert ...

Platzierungen auf Bestenlisten können zwar Verkaufszahlen widerspiegeln, geben aber selten eine Auskunft über die Qualität eines Buches, was zahlreiche Beispiele belegen. Werfen wir einen Blick auf Robert Golds Debüt „Twelve Secrets“, hochplatziert in der Sunday Times Bestenliste. Ein Thriller, der das in Großbritannien für Spannungsliteratur beliebte Sujet „eine Kleinstadt und die Geheimnisse ihrer Bewohner“ plus die Suche nach einem Mörder zum Thema hat.

Ben Harper, ein Journalist, der sich mit True Crime Fällen beschäftigt, wird von seiner Vorgesetzten genötigt, zum Todestag seiner Mutter, die sich das Leben genommen hat, einen Artikel zu schreiben. Als Grund für ihren Selbstmord wird der tragische Tod ihres Sohns, Bens Bruder, vermutet. Aber ist dem wirklich so? Um das herauszufinden, muss Ben in sein Heimatstädtchen Haddley zurückkehren und tief in der Vergangenheit graben. Und natürlich gelangt dabei jede Menge verborgener Dreck in Form der „Twelve Secrets“ an die Oberfläche. Als dann auch noch während seines Aufenthaltes ein Mord geschieht, schließt Ben sich mit PC Dani Cash zusammen (wobei dieser allerdings recht wenig Raum gewidmet wird), und gemeinsam versuchen die beiden, unter Missachtung sämtlicher Regeln der Polizeiarbeit, den/die Mörder/in dingfest zu machen.

Der Thriller besteht aus zwei Teile. Teil1 legt Spuren und listet kapitelweise die Geheimnisse der jeweiligen Personen auf, wobei Gold ganz tief in die Klischee-Kiste greift und gefühlt alles an Verfehlungen aufbietet, was man sich vorstellen kann. Dazu kommt noch, dass sehr oft weder die zeitliche noch die personelle Einordnung klar ersichtlich ist. In Teil 2 hingegen versucht der Autor Verbindungen herzustellen, wobei jede Menge (gar nicht so unerwarteter) Wendungen zum Einsatz kommen, bevor die Story in einem abstrusen Finale endet.

Ein unausgegorener Reihenauftakt, der leider nicht zu überzeugen vermag.

Veröffentlicht am 15.12.2023

Quantität ist nicht gleich Qualität

Monster (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 11)
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Die Krimis der Bodenstein-Kirchhoff-Krimis von Nele Neuhaus erreichen sechsstellige Verkaufszahlen und sind regelmäßig monatelang hochplatziert in den Bestseller-Listen zu finden. Woran liegt das?

„Monster“ ...

Die Krimis der Bodenstein-Kirchhoff-Krimis von Nele Neuhaus erreichen sechsstellige Verkaufszahlen und sind regelmäßig monatelang hochplatziert in den Bestseller-Listen zu finden. Woran liegt das?

„Monster“ ist der elfte Band der Reihe, und die Verkaufszahlen gehen schon wieder durch die Decke. Grund dafür ist wohl unter anderem, dass Nele Neuhaus immer wieder leicht lesbar Themen behandelt, die durch den Blätterwald rauschen und die Leserinnen und Leser beschäftigen. Im aktuellen Fall ist das der Mord an einer Sechzehnjährigen, bei deren Obduktion DNA Spuren eines abgelehnten Asylbewerbers gefunden werden, aber auch die Taten einer Gruppe Gleichgesinnter, die das Versagen der Gerichte zum Anlass nehmen, ihren Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit im Geheimen Raum zu verschaffen, sprich Selbstjustiz auszuüben. Allerdings mangelt es ihr an Geschick, dies differenziert zu betrachten, und auch das Ausbreiten des woken Mäntelchens hilft dabei eher weniger.

Und was habe ich in einer Besprechung gelesen? Nele Neuhaus hetzt nicht durch die Seiten. Genau das ist ein weiterer Punkt, der mich beim Lesen immens gestört hat. 560 Seiten, voll mit sinnlosem Geplapper ohne Relevanz für die Handlung und immer wieder Zusammenfassungen des aktuellen Ermittlungsstands. Traut sie ihren Leserinnen und Lesern nicht zu, dass sie dieser wenig komplexen Handlung folgen können? Oder geht es vielmehr darum, im Überfluss zusätzliche Seiten zu generieren?

Man merkt es schon, ich bin kein Fan dieses Krimis, der zusätzlich zu einer unterkomplexen Handlung noch dermaßen schlecht lektoriert ist – Sätze, die im Nirgendwo enden, Worte, die fehlen, Nachlässigkeiten hinsichtlich der Logik, Schreib- und Grammatikfehler im Überfluss - am liebsten hätte ich den Rotstift ausgepackt.

Wieder einmal ein schönes Beispiel dafür, dass Quantität nicht gleich Qualität ist. Und doch verkauft sich dieses Buch wie geschnitten Brot. Positiv im Gedächtnis bleiben lediglich die am Ende aufgeführten Quellen und Statistiken. Aber auch dazu sollte man sich lieber seine eigenen Gedanken machen.

Veröffentlicht am 16.11.2023

Not my cup of tea

Die mörderischen Cunninghams. Irgendwen haben wir doch alle auf dem Gewissen (Die mörderischen Cunninghams 1)
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Zu Beginn des 20. Jahrhunderts versammelten sich in dem „Detection Club“ bedeutende Repräsentanten des „Golden Age“, unter ihnen u.a. Agatha Christie und Dorothy Sayers, aber auch der amerikanische Priester ...

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts versammelten sich in dem „Detection Club“ bedeutende Repräsentanten des „Golden Age“, unter ihnen u.a. Agatha Christie und Dorothy Sayers, aber auch der amerikanische Priester Ronald Arbuthnott Fox, dessen Vorliebe für Kriminalromane ihn zu den „Zehn Regeln für einen fairen Kriminalroman“ (Father Knox Decalogue) inspirierte, nach denen seiner Meinung nach der klassische Detektivroman komponiert sein sollte.

Diese Regeln legt der australische Stand-Up Comedian und Autor Benjamin Stevenson seiner Reihe mit den „mörderischen Cunnighams“ zugrunde, von der im Original bisher zwei Bände verfügbar sind. Ein netter Gag, wenn man Krimis mag, in denen neben dem Verbrechen der Schreibprozess immer wieder thematisiert wird, was wir ja bereits von den Hawthorne-Romanen des britischen Autors Anthony Horowitz kennen. Wenn aber dann auch noch die Handlung permanent von einem allwissenden Erzähler überheblich kommentiert wird, ruft das mit fortschreitender Lektüre heftiges Augenrollen hervor.

Für mich hat dieses Konzept aus verschiedenen Gründen nicht funktioniert, die sich am ehesten aus Vergleichen ergeben. Dem Stil fehlt die Eleganz der Golden Age Autoren/Autorinnen, z.B. einer Dorothy Sayers. Die Kommentare des Erzählers können es bei weitem nicht mit der Gewitztheit aufnehmen, wie wir sie von „Knives Out“ kennen, kommen eher als eine müde Aneinanderreihung von Gags daher, die vielleicht in ein Comedy-Bühnenprogramm, aber nicht in einen Kriminalroman passen. Und last but not least fehlt den Beschreibungen der Charaktere die Empathie, die wir von Richard Osmans Donnerstagsmordclub-Reihe gewohnt sind.

Sorry, but not my cup of tea.