Ein einfallsreiches, mitreißendes, humorvolles und für mich rundum überzeugendes Krimiabenteuer für Groß und Klein!
Als ich mit "Der Spurenfinder" begonnen habe, hatte ich keine Ahnung, worum es genau gehen wird, in welchem Genre sich das Buch bewegt, an welche Zielgruppe es sich richtet und was auf mich zukommen wird. ...
Als ich mit "Der Spurenfinder" begonnen habe, hatte ich keine Ahnung, worum es genau gehen wird, in welchem Genre sich das Buch bewegt, an welche Zielgruppe es sich richtet und was auf mich zukommen wird. Ich wusste nur, dass Marc-Uwe Kling die Geschichte zusammen mit seinen Zwillingstöchtern Johanna und Luise geschrieben hat und das Buch demnach bestimmt gut werden wird. Recht hatte ich: "Der Spurenfinder" hat mir ein lustiges, originelles und fantasievolles erstes Jahreshighlight beschert!
Das Cover ist mit den von Bernd Kissel im Comic-Stil gezeichneten Silhouetten der Hauptfiguren, der im Baumstumpf steckenden blutigen Axt und den starken weiß-rot-Kontrasten sehr passend zur Geschichte gestaltet und auch der Titel "Der Spurenfinder" ist treffend gewählt. Ich habe mir sagen lassen, dass der Roman in Print-Form Illustrationen enthält, welche ich im Hörbuch natürlich leider verpasst habe. Dennoch muss ich Marc Uwe Klings Bücher einfach immer in Hörbuchform konsumieren! Auch hier kann ich die vom Autor vorgelesene Version sehr empfehlen. Nicht nur vermag er es, seine Figuren durch seine geübte Erzählstimme zum Leben zu erwecken, auch Witze wie die Stimme verändernde Stimmonade kommen erst im Hörbuch richtig gut zur Geltung.
Der Autor erzählt hier auf 336 Seiten eine mitreißende und originelle Abenteuergeschichte, die sich rund um einen Kriminalfall mit magischen Elementen aufspannt. Wir lernen den berühmten Spurenfinder Elos von Bergen kennen, der an den entlegensten Ort des Königreichs Dreibrücken - Friedhofen - ausgesucht hat, um mit seinen Kindern Ada und Naru ein ruhiges Leben zu führen. Als dann allerdings der Dorfvorsteher brutal ermordet wird, muss er seine alten Fähigkeiten wieder hervorkramen und beginnt mit den Ermittlungen, die ihn auf einen magischen Jahrmarkt, in einen dunklen Monsterwald und schließlich sogar auf eine lange Reise in ein fernes Königreich führt...
"Spuren suchen kann ja jeder. Auf das Finden kommt es an."
Der Spannungsbogen ist dabei flüssig und logisch aufgebaut mit dem Kriminalfall als roter Faden, der ständig weiterentwickelt wird. Wenn die Rahmenhandlung und das magisch-mittelalterliche Worldbuilding zu Beginn noch recht einfach und kindgerecht wirken, wird mit der Zeit klar, dass doch mehr Gedanken und Komplexität in der Geschichte stecken als zu Beginn gedacht. Immer, wenn ich beim Lesen dachte, den doch recht einfachen Fall durchschaut zu haben, überraschten mich die drei Klings mit einer neuen, unvorhersehbaren Wendung. Und genauso - sobald der Schauplatz etwas zu gemütlich wurde, führte das Autorentrio in ganz neue Gefilde ihrer Fantasywelt. So war ich beim Rätselraten immer auf der Höhe der Figuren, keine der Wendungen war für mich vorhersehbar und auch der Ausflug durch das fantasievolle Land über Dreibrücken bis Syndrakos konnte mich mit jedem Kapitel mehr überzeugen. Kurzum: je mehr ich gelesen habe, desto begeisterter war ich von der Geschichte!
Dabei tut auch der Schreibstil sein Übriges. Die drei Klings schreiben flüssig, kindlich-direkt, leicht lesbar, dabei aber dennoch gewohnt witzig und geistreich. Durch die Mitarbeit von Klings Töchter sind die Perspektiven der Kinder ganz authentisch getroffen. Positiv hervorzuheben ist aber, dass die kindliche Erzählperspektive den beiden jungen Spurensuchern sowie den jugendlichen oder erwachsenen Lesenden viel zutraut und die Geschichte auf so hohem sprachlichen wie auch inhaltlichen Niveau ist, dass auch Erwachsene gut unterhalten werden. Besonders toll ist dabei natürlich auch wieder der typische Kling-Humor, der mit wiederkehrenden Insiderwitzen, Wortspielen, Situationskomik, ironischen Bemerkungen, trockenen Witzen, Popkulturreferenzen (z.B. Zitaten aus Büchern und Filmen, die man sofort wiedererkennt) und vielen kreativen Details (wie zum Beispiel das Glotzoskop, der Schdip oder auch die Stimmonade) regelmäßig zum Lachen bringt. So wird die Geschichte zu einer interessanten Fusion von Fantasy, Krimi und Komödie, die mich ganz wunderbar unterhalten hat.
"Sie sind der schäbigste Spurensucher, von dem ich je gehört habe"
"Aber Sie haben von ihm gehört", sagte Ada nicht ohne Stolz."
Zuletzt konnten mich auch die Figuren sehr überzeugen. Der Spurenfinder Elos ist ein liebevoller Vater, der es mit seinen beiden Zwillingen nicht gerade leicht hat. Trockener Humor, viele "hms" und ein messerscharfer Verstand machen ihn zu einem tollen Charakter, dem man gerne auf ein Abenteuer folgt. Die beiden jüngeren Protagonisten Naru und Ada haben mich aber fast nochmal etwas mehr überzeugen können, als ihr Vater. Sehr gut gefallen hat mir, dass die aufgeweckten, abenteuerlustigen Zwillinge, die zunächst etwas stereotyp gezeichnet wirkten, schnell vielschichtiger werden. So wächst die intelligente, strebsame Ada durch neue Herausforderungen über sich hinaus und stellt sich ihren größten Ängsten, während der sportliche, aber dafür recht denkfaule Naru mit erstaunlich treffsicherer Intuition überrascht, wenn sich scheinbar blödsinnige Theorien als wahr herausstellen. Die beiden bieten auf jeden Fall viel Identifikationspotenzial für große wie kleine LeserInnen und bringen nicht nur viel Leichtigkeit und Frische in die Geschichte, sondern treiben diese auch aktiv voran.
Auch Nebenfiguren wie die Oma Martens, der Dorfvorsteher Emmett, der Zwerg oder die anderen Dorfbewohner sind einprägsam und mit humorvollem Unterton geschrieben und selbst vermeintliche Bösewichte bekommen alle eine differenzierte Betrachtung. Besonders gut gefallen hat mir, dass man die drei Hauptfiguren eigentlich aus ihrer magischen Welt direkt in unsere setzen könnte und eine ganz normale Familie dabei rauskäme. Die dynamischen Interaktionen, die flapsigen Sprüche und nachvollziehbaren Konflikte von Elos und seinen Kindern, lesen sich sehr authentisch und aus dem Leben gegriffen. Gewisse Parallelen zwischen dem realen Schreiber-Trio und dem fiktiven Spurensucher-Trio heranzuziehen fällt nicht schwer und so erscheinen die drei Hauptfiguren durch das Vater-Töchter-Team sehr greifbar und lebensnah. Der Mix aus märchenhaftem Schauplatz und authentischen Figuren schafft eine einzigartige Atmosphäre, die mich in den Bann gezogen hat.
Kritisch sehe ich an der Geschichte eigentlich nur, dass sie mit 336 Seiten sehr schnell gelesen ist, obwohl sie definitiv noch Platz für mehr Erkundung gelassen hätte. Zwar ist der Fall in einer sehr runden Auflösung am Ende dieses Romans abgeschlossen, allerdings macht ein Cliffhanger Lust auf hoffentlich weitere Bände des Trios, denn es gibt noch viel zu Entdecken in den verlorenen Provinzen ...
Fazit:
Ein einfallsreiches, mitreißendes, humorvolles und für mich rundum überzeugendes Krimiabenteuer für Groß und Klein! Marc Uwe Kling und seine beiden Töchter präsentieren in "Der Spurenfinder" eine interessante Fusion aus Fantasy, Krimi und Komödie, die mich ganz wunderbar unterhalten hat.