Klappentext:
„»Der Osten hat keine Zukunft, solange er nur als Herkunft begriffen wird.«
Was bedeutet es, eine Ost-Identität auferlegt zu bekommen? Eine Identität, die für die wachsende gesellschaftliche ...
Klappentext:
„»Der Osten hat keine Zukunft, solange er nur als Herkunft begriffen wird.«
Was bedeutet es, eine Ost-Identität auferlegt zu bekommen? Eine Identität, die für die wachsende gesellschaftliche Spaltung verantwortlich gemacht wird? Der Attribute wie Populismus, mangelndes Demokratieverständnis, Rassismus, Verschwörungsmythen und Armut zugeschrieben werden? Dirk Oschmann zeigt in seinem augenöffnenden Buch, dass der Westen sich über dreißig Jahre nach dem Mauerfall noch immer als Norm definiert und den Osten als Abweichung. Unsere Medien, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft werden von westdeutschen Perspektiven dominiert. Pointiert durchleuchtet Oschmann, wie dieses Othering unserer Gesellschaft schadet, und initiiert damit eine überfällige Debatte.“
Selbst nach über 30 Jahren Mauerfall sprechen wir immer noch von Ost und West. Der Ostdeutsche wird gern in gewisse Schubladen gepackt und ja, einige Ostdeutsche sehen sich auch gern darin. Autor Dirk Oschmann ist Professor für Neuere deutsche Literatur an der Uni Leipzig und hat eben dieses Buch verfasst. Der Titel ist recht eindringlich und als Frau, die eben im Osten geboren und aufgewachsen ist, empfand ich diese als unglaublich spannend. Nach beenden des Buches steht für mich definitiv fest: dieses Buch muss gelesen werden und es wird absolut den Weitblick dafür schärfen endlich aus diesem Schubladen-Denken zu entkommen. Oschmann zeigt auf, dass der Westen ebenfalls ein gewisses Klischeedenken mit sich trägt und dies gern mit dem Osten vergleicht. Fest steht, dass unsere Generation sowie die Nachkriegsgeneration zu einer Zeit groß geworden ist, als das Land von einem Weltkrieg wieder aufgebaut werden musste und kurze Zeit später sogar geteilt wurde. Wir waren alle gespalten damals und die Suche nach Heimat, nach Hier-gehöre-ich-hin fehlte bei allen! Wenn man so will wurde nicht nur die politischen Grenzen in Deutschland so neu definiert sondern auch der dort lebende Mensch. Ost und West war nun Realität und diese hielt 40 Jahre lang an. Genau dies bekommt man nicht so ohne weiteres aus den Köpfen der Menschen. Egal ob Ost oder West - diese Situation hat etwas mit uns allen gemacht! Dirk Oschmann packt das alles genau an dieser Wurzel an und zeigt, wie der Osten zu dem wurde, was irgendwie heute wie ein Damocles-Schwert imaginär immer noch über ihm schwebt. Der Ossi wird gern verurteilt aber es muss doch die Ursprungshandlung bzw. das Denken dessen beleuchtet werden warum er so handelt! Autor Dirk Oschmann beleuchtet eindringlich aber er gibt dem Osten dadurch auch keinen Freifahrtschein. Als Ost-Frau empfand ich das alles mehr als gerecht und keineswegs diffamierend. Einerseits ist es nicht nur die Ost-West-Denke sondern auch die Denke zwischen Männern und Frauen. Ost-Männer denken oftmals anders als deren Frauen und sehen das Vergangene auch anders. Im Westen sieht das nicht anders aus. Oschmanns Schreibstil ist eindringlich ja, aber auch oft schwer zu verstehen, da sein Ausdruck sowie seine Wortwahl doch recht wissenschaftlich sind. Nichtsdestotrotz ist bei langsamen Lesen oder Wiederholungen der Sinn schnell erkannt bzw. verstanden. Das trübte etwas den Lesefluss aber tat keinen Abbruch an der Qualität des Textes. Der Autor versucht sich als neutrale aber auch mahnende Stimme und es gelingt ihm von der ersten bis zur letzten Seite sehr gut.
Fazit: Dieses Buch gibt genügend Denkanstöße und hallt unheimlich nach, diese Ost-West-Denke gründlich zu überdenken. Als Ost-Frau kann ich dieses Buch klar empfehlen und sagen: Wir sind ein Volk! 4 sehr gute Sterne dafür