Katharina ist Mitte Dreißig, lebt mit ihrem Freund in Berlin und ist nach eigener Aussage noch heute ein „Papa-Kind“. Als ihr geliebter Vater ihr offenbart, dass er unheilbar krank ist und sie bittet, für ihn nach Portugal zu reisen und dort nach seiner Jugendliebe Marisa zu suchen, zögert sie nicht lange und mietet einen alten Camper von Surferboy Nuno. Ihr Freund ist von dieser Art des Urlaubs gar nicht so begeistert, kommt aber dennoch mit. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach Marisa, die ihn den Wirren der Diktatur und der darauffolgenden Nelkenrevolution verschwand und erst später wieder auftauchte, um sich von Katharinas Vater zu trennen und ihn zurück nach Deutschland zu schicken. Eine abenteuerliche Reise durch Portugal beginnt und hält für alle Beteiligten so einige Wahrheiten und Überraschungen bereit.
Das Thema des Buches hat mich sofort interessiert. Ich war vor zwei Jahren selbst mit dem Mietwagen in Portugal unterwegs und bin noch immer verzaubert von diesem Land. Über die in den 70er Jahren noch herrschenden Diktatur und die befreiende Nelkenrevolution wusste ich aber bis heute sehr wenig. Und so habe ich mir einige geschichtliche Hintergründe und eine schöne Fantasiereise in das wunderschöne Land erhofft. Diese Hoffnung wurde allerdings nur zum Teil erfüllt. Zwar habe ich einiges über die Geschichte erfahren, und besonders schockiert war ich über den Umgang mit Frauen und der allgemeinen Bevölkerung, die absichtlich klein und dumm gehalten wurde. Allerdings sind die geschichtlichen Hintergründe nur sehr oberflächlich beschrieben, mir fehlte es an Tiefgang und Details, die ich nicht in 5 Minuten googlen könnte. Schade, hier hätte es mehr Potential gegeben.
Sehr schön fand ich die landschaftliche Beschreibung des Landes, ich habe mich in meinen Urlaub zurückversetzt gefühlt. Ich hatte allerdings auch das Gefühl, dass so viel Landestypisches wie möglich eingebaut werden sollte, was jedem Touristen bei einem Besuch in Portugal zwangsläufig über den Weg läuft: die Puddingtörtchen Pasteis de Nata, Vinho Verde, Fado. Geheimtipps leider Fehlanzeige. Für das Portugalfeeling hat es aber gereicht.
Der Schreibstil war gut zu lesen. Sehr gut hat mir gefallen, dass die Perspektiven zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit gewechselt haben und dennoch sehr gut miteinander verknüpft waren. Teilweise war mir der Schreibstil aber etwas zu einfach, die Protagonisten, vor allem Vater Gerd und Katharina, hatten Ausdrucksweisen, die ungewöhnlich sind für erwachsene Menschen. Auch für erwachsene Berliner. Das Ende war mir etwas zu heile Welt, zu viele Zufälle, es lief zu glatt.
Dennoch: Ein schönes Buch für alle, die sich noch nicht viel mit Portugal auseinandergesetzt haben, die ein wenig über das Land und die Geschichte lernen wollen. Nicht empfehlenswert für Menschen, die schnell an Fernweh erkranken, denn das kann das Buch: Sehnsucht nach Portugals Sonne wecken. Und nach Puddingtörtchen.