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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.01.2024

Traurig und schön

Eine Geschichte von sieben Leben 02
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Die Badehausbesitzerin Yoshino freundet sich mit dem Straßenkater Machi an. Nicht nur Yoshinos Bruder Kippei ist darüber verwundert, sondern auch Machis Freund Nanao, wirkte Machi doch immer sehr verhasst ...

Die Badehausbesitzerin Yoshino freundet sich mit dem Straßenkater Machi an. Nicht nur Yoshinos Bruder Kippei ist darüber verwundert, sondern auch Machis Freund Nanao, wirkte Machi doch immer sehr verhasst den Menschen gegenüber. Doch Machis ursprüngliche Verachtung für Menschen hat einen traurigen Grund, über den auch Nanao bisher nichts wusste. Machis Sinneswandel sorgt nun aber auch dafür, dass Nanao seinen eigenen Menschenhass hinterfragt.
Derweil überlegt Yoshino, dauerhaft in der Stadt zu bleiben und auch die Verantwortung für das Badehaus weiterhin zu tragen. Mit Kippei zusammen grübelt sie, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, abseits der in der Nachbarschaft organisierten Katzenfütterung die Tiere zusätzlich zu unterstützen.

Es bleibt eine interessante Geschichte, und das Bonusmaterial am Ende des zweiten Bandes war sehr lustig. Ich bin gespannt, was der abschließende dritte Manga bereithalten mag.

Veröffentlicht am 03.01.2024

Ein unglaublich wichtiges Sachbuch!

Femina
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Dass uns das Mittelalter Europas als düster, grausam und frauenfeindlich vermittelt wurde, liegt u.a. daran, dass die Deutungshoheit der Geschichte lange Zeit Männer innehatten. Archäologische Grabstelle ...

Dass uns das Mittelalter Europas als düster, grausam und frauenfeindlich vermittelt wurde, liegt u.a. daran, dass die Deutungshoheit der Geschichte lange Zeit Männer innehatten. Archäologische Grabstelle ausgebuddelt, Waffen gefunden – kann ja nur ein Mann sein. Wie falsch diese Annahmen überwiegend männlicher Historiker, Archäologen und Konsorten ist, darin gibt dieses Buch einen Einblick, indem es anhand derselben Fakten und Belege untersucht wie Aberdutzende Historiker:innen zuvor und den Fokus hin zu einer diversen Betrachtung des Mittelalters verschiebt.

Ein Blick ins Mittelalter hält so viel mehr bereit als Jeanne d'Arc und Hildegard von Bingen. Janina Ramirez gibt beispielsweise Einblicke in Æthelflæd, eine umsichtige frühmittelalterliche Herrscherin des angelsächsischen Königreichs Mercia. Auch mit Hedwig von Anjou, heilige Hedwig von Polen, die im 14. Jahrhundert den Titel König (nicht Königin) von Polen innehatte, stellt Ramirez eine weitere hochinteressante historische Persönlichkeit vor. Ein richtiges It-Girl war Margery Kempe, die im 15. Jahrhundert als Mystikerin mit ihrem Book of Margery Kempe eine Art erste Autobiografie der englischen Sprache verfasste, in der sie ausgedehnt über ihre Pilgerreisen zu den heiligen Stätten Europas berichtet und mit ihrem exzentrischen Verhalten die kirchlichen Autoritäten unter dem Blick der Häresie auf sich zieht.

Von manchen der vorgestellten Frauenfiguren gibt es so gut wie keine überlieferten Belege. Im Zuge der Reformationsbewegungen wurden Bibliotheken immer wieder nach kontroversen Texten durchsucht, weibliche Autorenschaft mit der Randnotiz „Femina“ versehen und damit oftmals direkt als nicht aufbewahrenswert gekennzeichnet. Heute würden wir wohl „Ablage P“ sagen. Im Laufe der Jahrhunderte sind viele Texte verloren gegangen, und an manche historische Frauen kann man sich nur annähern, indem man Texte männlicher Historienfiguren auf ihre Anwesenheit hin untersucht.
Ramirez hat mit ihrem Buch einen ganz wundervollen Ansatz geschaffen, der hoffentlich einen großen Trend widerspiegeln wird, um Frauen in der Geschichte den würdigen Platz zu bescheren, den sie verdient haben.

Veröffentlicht am 30.12.2023

Was für ein leises, melodisches, schönes, weiches Buch

Der Klang der Wälder
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Tomura ist im Abschlussjahr seiner weiterführenden Schule fern seiner Heimat in den Bergen. Statt sich wie seine Mitschüler:innen in den freien Nachmittag ins Wohnheim zu flüchten, kommt er der Bitte seines ...

Tomura ist im Abschlussjahr seiner weiterführenden Schule fern seiner Heimat in den Bergen. Statt sich wie seine Mitschüler:innen in den freien Nachmittag ins Wohnheim zu flüchten, kommt er der Bitte seines Lehrers nach, den Klavierstimmer in die Halle zu lassen, wo dieser den großen Konzertflügel stimmen soll. Er sieht dem Mann bei seiner Arbeit zu, und während dieser prüfend die Tasten des Instruments anschlägt, lassen die Töne in Tomura eine Landschaft aus den Wäldern seiner Heimat entstehen.
Die Begegnung mit dem Klavierstimmer lässt ihn nicht los, und im folgenden Jahr besucht er die Fachschule für Klavierstimmer:innen, um das Handwerk zu erlernen. Zwei Jahre später hat Tomura das Glück, eine Stelle in dem Instrumentenhandel zu ergattern, in der auch der Klavierstimmer von damals angestellt ist. Von ihm und seinen neuen Kollegen hofft er zu lernen, um besser zu werden. Denn irgendwann will auch er in der Lage sein für andere Menschen die Wälder seiner Heimat in den Bergen vor dem inneren Auge entstehen lassen. Doch stets ist da die Angst zu versagen, nicht genug Talent zu besitzen und nicht auszureichen.
Bei dem Termin eines Zwillingsschwesternpaars lauscht Tomura dem gemeinsamen Klavierspiel der beiden und erfährt ein schicksalhaftes Gefühl von Verantwortung, dieses Spiel auf das höchste Niveau begleiten zu wollen mit seinen Fähigkeiten als Klavierstimmer.

Autorin Natsu Miyashita kannte ich schon durch ihre autobiografische Reportage „Der Spielplatz der Götter“, dessen Erzählweise mir ungemein gefiel. Nun also habe ich es endlich geschafft, „Der Klang der Wälder“ zu lesen, und dieses Buch ist ein so stilles, ruhiges, dass es einem komplett den Alltag entschleunigt. Die Erzählung ist so unglaublich sinnlich und poetisch, dass auch ich, die sich mit Musik gar nicht auskennt, hineinfühlen konnte wie in wohltemperiertes Badewasser. Es ist ein ganz und gar wunderbarer Roman mit einer eigenen Wirkung. Die Geschichte selbst hat, anders als Melodien, wenige Höhen und Tiefen, und doch habe ich mich von den Schilderungen dermaßen einfangen lassen.

Veröffentlicht am 25.12.2023

Bissiger Schlagabtausch zwischen Hund und Frauchen

Der Hund hat Recht
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Eine Frau holt sich einen Hund aus dem Tierheim. Eine gute Tat, denkt sie sich, aber der Hund weiß es besser. „Nicht mir zuliebe hast du mich aus dem Tierheim geholt, sondern damit du dir auf die Schulter ...

Eine Frau holt sich einen Hund aus dem Tierheim. Eine gute Tat, denkt sie sich, aber der Hund weiß es besser. „Nicht mir zuliebe hast du mich aus dem Tierheim geholt, sondern damit du dir auf die Schulter klopfen kannst“, entlarvt der Hund seine neue Besitzerin sofort. Und nun sind die beiden in trauter Zweisamkeit zusammen für Dialoge, die es in sich haben.
Humorvoll, bissig, unterhaltsam! Mehr braucht man über dieses Büchlein gar nicht zu sagen, der Hund hat oft recht und entwaffnet seine Besitzerin allzu oft mit seiner Kritik, bei der man sich auch als Leser:in irgendwie im Wesen angesprochen fühlt. Doch hier und da verpasst sie ihm eine Retourkutsche, und so scheinen die beiden auch ganz gut zusammenzupassen.
Wer mal nicht weiß, was für ein Buch er verschenken soll – dieses hier ist es.

Veröffentlicht am 25.12.2023

Ferien mit Problemen

Kiosk, Chaos, Canal Grande
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Noah wird im Sommer zu seiner Oma nach Venedig geschickt. Oma Violetta hat Noah erst ein einziges Mal getroffen, als sie zu Besuch kam. Trotz der Aussicht, dass er gar nicht so richtig weiß, wer oder was ...

Noah wird im Sommer zu seiner Oma nach Venedig geschickt. Oma Violetta hat Noah erst ein einziges Mal getroffen, als sie zu Besuch kam. Trotz der Aussicht, dass er gar nicht so richtig weiß, wer oder was ihn erwartet, können die Ferien aber eigentlich nur gut werden - zu Hause ist nämlich dicke Luft. Während Noahs Vater noch immer seiner gescheiterten Geschäftsidee hinterhertrauert, bekommt seine Mutter eine vielversprechende Stelle in Berlin angeboten.
Oma Violetta hat nicht einfach einen Kiosk - sondern eine Edicola. Stolz wie eine Diva macht die ehemalige Opernsängerin sich allmorgendlich in hohen Schuhen auf in ihre Edicola mitten auf dem Platz mitten in Venedig, wo zu jeder Tageszeit die unterschiedlichsten Menschen an diesem Treffpunkt zusammenkommen. Und Noah ist mittendrin zum Helfen. An einem sonnigen Tag begegnet ihm das Mädchen aus dem Hotel nebeman mit dem seltsamen Namen Ombretta, mit der Noah gerne mehr zu tun haben würde. Und obwohl es eine Sprachbarriere gibt, weil Noah kein Italienisch spricht, wird ziemlich schnell klar, dass die beiden einander nicht so richtig leiden können, obwohl sie sich leiden können wollen. Was startet wie der Sommer der Langeweile, wird für Noah auf mehr als einer Ebene zu einer Erfahrung, die ihn über sich hinauswachsen lässt.

Ein kurzweiliges Kinderbuch, das mit den Sorgen eines Jungen beginnt und wie ein Sonnenaufgang Licht und Wärme in die Geschichte bringt. Oma Violettas Edicola ist ein Treffpunkt für die Nachbarschaft, mehr noch: ein Ort der Gemeinschaft, an dem alle zusammenkommen, wenn es drauf ankommt. Total schön zu beobachten ist, wie Noah im Lauf des Buches über seine Sorgen und sogar über sich hinauswächst.