Ein bittersüßer Coming of Age-Roman
Sylter WelleInhalt: Jahrelang hat Max die Sommerferien mit seinen Großeltern auf der Insel Sylt verbracht - bis die Pubertät eintrat und im Nachgang andere Dinge (vermeintlich) wichtiger wurden. Doch: Die Großeltern ...
Inhalt: Jahrelang hat Max die Sommerferien mit seinen Großeltern auf der Insel Sylt verbracht - bis die Pubertät eintrat und im Nachgang andere Dinge (vermeintlich) wichtiger wurden. Doch: Die Großeltern sind mittlerweile nicht mehr die Jüngsten, fahren nun zum letzten Mal auf die Insel und Max will es sich nicht nehmen lassen, die beiden für ein paar Tage zu besuchen. Der Besuch wird für Max zu einer Reise in die Vergangenheit - zumindest teilweise. Denn seine Oma Lore ist standfest und resolut wie eh und je; mit seinem Großvater hingegen scheint irgendetwas nicht zu stimmen...
Persönliche Meinung: "Sylter Welle" ist ein Coming of Age-Roman mit autobiographischen Zügen von Max Richard Leßmann. Erzählt wird die Handlung aus der Ich-Perspektive der Figur Max. Die Kernhandlung des Romans thematisiert Max' Besuch bei seinen Großeltern auf Sylt: So erzählt Max u. a. von seiner Anreise, dem Schwimmen in der Nordsee und einem Konzertbesuch an der Musikmuschel. Darin geht die Handlung aber nicht vollends auf: Mehrfach wird die Kernhandlung durch assoziative Rückblenden unterbrochen, die mal von Max' Kindheit und Jugend, mal von seiner Familie handeln. Max sinniert hier, wie er wurde, wer er heute ist, und welchen Einfluss seine Familie dabei hatte. Dabei ist Max' Coming of Age voller ulkiger und skurriler Momente, die stellenweise sehr speziell sind. Dennoch ist es relatable: Trotz aller spezifischen Besonderheit wird vermutlich jeder Lesende etwas Bekanntes finden, dass auch für seinihr Heranwachsen oder seine*ihre Familie zutrifft (wie z. B. die Fluchtgeschichten und gewisse Härte der Großeltern). Aktiv treten in dem Roman nur drei Figuren auf: Max, seine Großmutter Lore und sein Großvater Ludwig. Durch die Erinnerungen Max' werden allerdings noch andere Figuren lebendig wie bspw. sein Cousin, sein Onkel oder einzelne seiner Ex-Freundinnen. Jede Figur ist markant, hat einen spezifischen, teilweise hyperbolisch gezeichneten Zug, der sie von den anderen Figuren unterscheidet. Trotz aller Skurrilität und Drolligkeit der Geschichte driftet "Sylter Welle" nicht komplett ins Klamaukhafte ab. Zwischen den Zeilen - aber deutlich spürbar - lastet auf der scheinbar leichten Handlung ein Schatten: Die Tragik, dass mit dem eigenen Erwachsen- und Älterwerden auch die geliebten Menschen um einen herum älter werden - bis sie irgendwann nicht mehr da sind. Max' Gedanken, Sorgen und Ängste in Bezug auf diese Tragik werden authentisch und nachvollziehbar geschildert. Der Schreibstil von Max Richard Leßmann ist flüssig zu lesen; die Handlung wird flott und eingängig erzählt. Ingesamt ist "Sylter Welle" ein Coming of Age-Roman mit skurrilen Figuren und Szenen, der aber dennoch eine gewisse Ernsthaftigkeit nicht vermissen lässt.