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Veröffentlicht am 28.12.2023

Morgen machen wir es besser.

Der Schacherzähler
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Wunderschöner Roman über eine alleinerziehende Mutter mit einem hyperaktiven, intelligenten neunjährigen Sohn. Sie haben es nicht leicht. Der Vater hat sich aus dem Staub gemacht, wie er erfahren hat, ...


Wunderschöner Roman über eine alleinerziehende Mutter mit einem hyperaktiven, intelligenten neunjährigen Sohn. Sie haben es nicht leicht. Der Vater hat sich aus dem Staub gemacht, wie er erfahren hat, dass Malu schwanger ist, die Eltern haben sich von ihr losgesagt. Zum Glück hat sie einen guten Arbeitsplatz in einem Cafe in der Kleinstadt, einen netten und verständnisvollen Cafe Inhaber, eine wirklich beste Freundin, auf die sie sich verlassen kann und vor allem: eine positive Lebenseinstellung, die sie auch Janne übermittelt. “Morgen machen wir es besser” ist ihr und Jannes Lebensmotto, ein Motto, das ich mir auch zu Herzen nehmen will. Die Schule entwickelt sich für beide zur Katastrophe. Die Lehrerin schickt Malu ständig Nachrichten über die angeblichen Untaten Jannes und merkt nicht einmal, was für ein Armutszeugnis sie sich selbst damit ausstellt. Ich bewundere Malu, wie sie zu ihrem Kind hält und die pädagogisch inkompetente Lehrerin in ihre Schranken weist. Ich wünschte, ich hätte dieses Buch gelesen, damals, als mein Jüngster in der Schule war.
Janne freundet sich im Park mit einem alten Mann an. Oldmann ist Rentner, verwitwet und einsam. Er trägt schwer an einer jahrzehntelangen Schuld herum. Aber die Freundschaft mit dem aufgeweckten Knaben tut ihm gut, er holt ihn aus seiner Lethargie und Trauer heraus. Er bringt Janne das Schachspiel bei. Janne fliegt direkt auf das Schachspiel zu. Die Figuren und ihre Bewegungen kann er sich auf Anhieb merken, er kann sich voll auf das Spiel konzentrieren und bei der Sache bleiben. Nichts mehr zu sehen von einem Zappelphilipp oder Hans-Guck-in-die-Luft. Langsam nähern sich die beiden einander an, die Mutter Malu, anfangs übervorsichtig, wird auch in diesen Kreis aufgenommen, langsam vergrößert sich der Kreis, die anderen Personen im Buch gehören irgendwann auch dazu. Es ist dieses Ineinandergreifen der Lebenskreise, die ich in diesem Buch wunderschön finde. Liv und ihre Familie müssen ein schweres Thema verkraften, Oldmann hat auch sein Geheimnis, über das er aus Liebe zu Lieschen, seiner verstorbenen Frau, nie sprechen konnte, Hinnerk und sein Partner, Frau Oberförster, die Jugendlichen von der Skaterrampe, Anne und ihr Hund Sokrates. Sie alle spielen eine Rolle im Buch, beeinflussen sich gegenseitig, helfen sich wortlos und ohne viel Aufhebens.
Dies ist wieder mal ein Buch der leisen Töne, unaufgeregt, und doch ergreifend. Um mit dem Kleinen Prinz zu sprechen, man hört nur mit dem Herzen gut. Und dieses Buch geht zu Herzen.

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Veröffentlicht am 28.12.2023

Wer ist Freund, wer ist Feind?

Schneesturm
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Die Ausgangssituation ist der ideale Start in einen spannenden Plot. Die Geschichte geht langsam an. Freunde treffen sich nach zehnjähriger Pause wieder, trinken zusammen, unterhalten sich, erinnern sich ...

Die Ausgangssituation ist der ideale Start in einen spannenden Plot. Die Geschichte geht langsam an. Freunde treffen sich nach zehnjähriger Pause wieder, trinken zusammen, unterhalten sich, erinnern sich an ihre Kindheit, an den verstorbenen Freund, Bruder und Ehemann. Und dann wird eine Leiche gefunden. Die ganze freundliche Atmosphäre ist mit einem Schlag dahin.
Wie in einem guten Krimi (und dies ist einer), rücken abwechselnd die Freunde in den Mittelpunkt, werden verdächtigt, der Mörder zu sein, um dann einem anderen Freund diesen “Ehrenplatz” zu überlassen. Das Ganze findet auf einer kleinen irischen Insel Inishmore statt, während ein tobender Schneesturm jeglichen Kontakt zum Festland unterbindet. Das bedeutet aber auch, der Mörder ist auf der Insel und kann jederzeit erneut zuschlagen, wie in einem klassischen “Closed Room Krimi” .
Cara, die einzige Polizistin auf der Insel, muss gegen ihre eigenen Freunde ermitteln. Kein leichtes Unterfangen. Von vertrauensvoller Freundin zur misstrauischen Polizistin innerhalb weniger Momente geworden, deckt sie im Laufe ihrer Ermittlungen immer neue Ungereimtheiten auf, sammelt immer mehr Verdachtsmomente gegen die einzelnen Mitglieder dieses Kreises an. Es sterben noch mehr Menschen, bevor die Auflösung uns von der Spannung erlöst. Letztendlich wird der Mörder entlarvt und ein zehn Jahre zurückliegendes Schiffsunglück wird auch restlos geklärt. Cara kann endlich ihren Frieden finden. Der tosende Schneesturm nimmt gleichzeitig mit der Handlung an Intensität zu, als ob die Natur mit involviert sei und nicht nur ein passiver Zuschauer zu dem Drama auf der Insel. Und erst als die Morde restlos aufgeklärt sind, flaut auch der Sturm komplett ab, obwohl er in der Intensität schon mal kurz vorher nachgelassen hatte, die Menschen sich aber nicht sicher waren, ob er nun wirklich vorbei war oder wieder über die Insel herfallen würde. Interessant und stilistisch einwandfrei dargestellt, diese Parallele zwischen dem Sturm und der Jagd nach dem Mörder.

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Veröffentlicht am 26.12.2023

Ewige Jugend

Starling Nights 1
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Schöne Geschichte und ein hochinteressanter Einstieg, der mich eben auf die schöne Geschichte neugierig gemacht hat. Zwei Freundinnen, grundverschieden vom Temperament her, gehen auf eine merkwürdige Party, ...

Schöne Geschichte und ein hochinteressanter Einstieg, der mich eben auf die schöne Geschichte neugierig gemacht hat. Zwei Freundinnen, grundverschieden vom Temperament her, gehen auf eine merkwürdige Party, die eine bleibt auf der Party, die andere verlässt sie und begegnet einem faszinierenden Studenten. Von hier an spinnt Merit Niemeitz ihre Geschichte um das Thema der ewigen Jugend fort, wir steigen in eine geheimnisvolle und gefährliche Welt der Magie ein.
Es scheint, als ob eine Gruppe von Studenten, ein sozusagen innerer Kreis, dazu imstande sei, Gedanken und Gefühle anderer Studenten zu manipulieren, bis hin zum Selbstmord. Solche Anhäufungen von Selbstmorden passieren alle paar Jahre, immer an Elite-Universitäten, der Reihe nach, wenn an einer Uni Gras drüber gewachsen ist, kehren sie zurück.
Mabel, die besorgt um ihre Freundin Zoe ist, die immer mehr Ashton verfällt, findet heraus, dass Ashton und seine Entourage einem jahrhundertealten Bund der Stare angehören. Was es aber mit diesen Staren auf sich hat, wird uns erst nach und nach enthüllt. Darin ist Niemeitz eine Großmeisterin, ihre Leserschaft mit Andeutungen und Teilenthüllungen bei der Stange zu halten. Die Auflösung ist fast schon ungeheuerlich und unglaublich. Aber wir Mädels glauben ja auch an Einhörner und schick glitzernde Vampire, warum also nicht auch an einen jahrhundertealten Bund der Stare?
Spaß beiseite, dieses Buch ist in Sachen Fantasy und Liebesgeschichte richtig gut und bereitet den Leserinnen angenehmen Gruselspaß (gibt es solch ein Wort?). Es ist so, wie wir uns Chicklit von seiner schönsten Seite vorstellen. Mädels, greift zu!.

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Veröffentlicht am 19.12.2023

Henriette gibt sich nicht auf

Henriette lächelt
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Was und wann ist bei Henriette schief gelaufen? Henriette ist nicht zu belächeln oder verspotten. Sie ist zu bedauern. Das Fett hat die Herrschaft über ihren Geist und Körper ergriffen. Sie muss ständig ...

Was und wann ist bei Henriette schief gelaufen? Henriette ist nicht zu belächeln oder verspotten. Sie ist zu bedauern. Das Fett hat die Herrschaft über ihren Geist und Körper ergriffen. Sie muss ständig essen, um ihren unstillbaren Hunger zu stillen. Ihre Mutter, die sich ständig in ihr Leben einmischt, ist dabei das größte Problem. Mit den spitzen Nebenbemerkungen, ihrem ganzen ablehnenden Verhalten bestärkt sie ja Henriette mehr in ihrer Ess-Sucht. rst als die Mutter sich aus ihrem Leben für immer verschwindet, kann Henriette durchstarten. Diese Verwandlung fand ich fantastisch.
Der Stil des Buches ist einzigartig. In den ersten Kapiteln beginnt gefühlt jeder zweite Satz mit Henriette. Henriette denkt dies, Henriette denkt das, Henriette sagt dies, Henriette tut das. Und vor allem: Henriette lächelt. Auf all die fiesen oder gut gemeinten Worte der Mutter lächelt Henriette nur, stimmt ihr zu, wehrt sich nicht. Man hat den Eindruck, Henriette wird zur Kugel, an der alles abläuft, was die Mutter sagt oder tut. Henriettes gesamtes Leben spielt sich nur in ihrer Wohnung ab. Seit sie online arbeiten kann, geht sie nicht mehr aus dem Haus. Essen bestellt sie per Internet oder per Telefon. Freunde, die sie besuchen oder die sie besuchen will, hat sie keine mehr. Einzig mit ihrem Kollegen/Chef hat sie noch Kontakt. Erst als sie bewusst auf ihre Nachbarin eingeht und sie enstellt, bei ihr zu putzen, hat sie zum ersten Mal nach langer Zeit wieder Kontakt zu Mitmenschen, direkt, nicht nur virtuell. und da beginnt zwar langsam, aber immerhin, die Verwandlung. Sie geht in der Wohnung auf und ab, etwas was sie früher nicht mehr tun konnte. Dann, als die Mutter sie plötzlich verlässt, traut sich Henriette aus ihrer Wohnung, auf die Straße, in die Läden zum Einkaufen. Je mehr Bewegung sie macht, umso besser geht es ihr. Das Ende des Buches gibt Aufschluss darüber, wann und wo und wie Henriettes Ess-Sucht begonnen hat. Es ist erschütternd und so alltäglich. Überall in der Nachbarschaft kann so etwas passieren, die Kinder sind schutzlos brutalen Angehörigen ausgeliefert.
Wenn wir also dicke Menschen sehen, bitte nicht belächeln. Es kann eine schlimme Kindheit dahinter stecken, oder eine Schilddrüsenerkrankung, oder eine andere Ursache. Dieses Buch ist ein Plädoyer, Verständnis für diese Menschen aufzubringen.

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Veröffentlicht am 26.11.2023

Wer ist der Gute, wer ist der Böse?

Bevor die Welt sich weiterdreht
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Beim Lesen dieses Buches musste ich anfangs an Thomas Mann denken. Die Assoziation fällt nicht schwer. Der Zauberberg von Thomas Mann spielt auch mit diesen Themen: Schweiz, Davos, Lungensanatorium, Tuberkulose, ...

Beim Lesen dieses Buches musste ich anfangs an Thomas Mann denken. Die Assoziation fällt nicht schwer. Der Zauberberg von Thomas Mann spielt auch mit diesen Themen: Schweiz, Davos, Lungensanatorium, Tuberkulose, Patienten die sterben, nur um durch andere ersetzt zu werden, Menschen aus ganz Europa kommen da zusammen. Damit aber hören die Gemeinsamkeiten auf. Der Stil ist ein ganz anderer, als bei Thomas Mann (OK, der ist unerreichbar), der Satzbau ist knapp, der Stil direkt.
Die Handlung nimmt einen sofort gefangen. Schon bald fragt man sich, wer ist krank, wer simuliert? Wer spioniert für wen und gegen wen? In Davos scheinen sich legale und geheime Vertreter aller Krieg führenden Nationen die Klinke in die Hand zu drücken. Neid, Missgunst, Hass, Ressentiments gegen andere Völker sind an der Tagesordnung. Wir erfahren auch über die Gewaltherrschaft der Belgier über den Kongo oder wie die Armee des deutschen Kaisers Belgien überrannt hat, um schneller in Frankreich einzufallen und was für ein brutales Blutbad das war, sowohl im Kongo als auch in Belgien. Das sind Nebenschauplätze der Geschichte, die leider zu schnell Gefahr laufen, in Vergessenheit zu geraten. Luca Brosch macht uns diese Taten gegenwärtig, holt sie ans Tageslicht. Auch die Rolle Deutschlands im Ausbruch der großen Oktoberrevolution in Russland findet Eingang ins Buch. Die Hölle von Verdun ist äußerst präsent im Roman. Eine Krankenschwester, ein Arzt und Deserteur, ein Soldat, sie haben sich dort zwar nicht getroffen, aber das gleiche erlebt und sind davon für ihr Leben gezeichnet. Diese Erfahrungen fließen in die Romanhandlung ein. helfen uns die Beweggründe der handelnden Personen zu verstehen. Die Schweizer, als neutrale Personen, wollen kräftig mit dabei verdienen. Der Krieg ist ja für alle da. Für manche zum Sterben, für andere, um noch reicher zu werden, auch wenn das eigene Land dadurch in Gefahr gerät, von einer der kriegführenden Parteien überrannt zu werden.
Der Schluss des Buches ist noch nicht das Ende des Romans. Dafür sind zu viele Enden lose oder gar offen. Es sind zu viele Fragen unbeantwortet.Die Handlung erstreckt sich über ein paar Monate, zwischen November 1916 und das erste Drittel von 1917. Was geschieht mit den Spionen und Personen, die das erste Buch überlebt haben? Es ist so passend und praktisch, dass alle, die Johanna und Elli gefährlich werden könnten, einen gewaltsamen Tod sterben auf den letzten Seiten und dadurch Johanna den Weg ebnen als Ehefrau eines schweizer Magnaten und Spionin des deutschen Kaiserreichs. Was geschieht mit Johanna nach Kriegsende Wird sie für die Räterepublik spionieren müssen und wird irgendwann die Gestapo an sie herantreten und sie zur unfreiwilligen Mitarbeit zwingen? Luca Brosch, lassen Sie uns bitte nicht zu lange warten auf die Fortsetzung!

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