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Veröffentlicht am 03.01.2024

Die Kraft des Einzelnen

Es werde Wald!
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„...1979 Der Fluss war unartig gewesen. Er war über die Ufer gestürmt und hatte unzählige Wasserschlangen auf den Sandbänken verteilt. In der gleißenden Sonne, ohne den Schatten eines Baumes, waren sie ...

„...1979 Der Fluss war unartig gewesen. Er war über die Ufer gestürmt und hatte unzählige Wasserschlangen auf den Sandbänken verteilt. In der gleißenden Sonne, ohne den Schatten eines Baumes, waren sie vertrocknet...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein Kinderbuch, das das Leben des Inders Jadav Payeng erzählt.
Der Schriftstil ist kindgerecht. Die Texte sind kurz und klar gegliedert.
Jadav hat gegen alle Widerstände Bäume auf der Sandbank gepflanzt. Die Erwachsenen glaubten nicht an seinen Erfolg, gaben ihn aber einen Sack mit Bambussetzlingen. Damals war Jadav 16 Jahre alt.
Sehr genau wird geschildert, wie der junge Mann vorging, sich ein eigenes Bewässerungssystem einfallen ließ und bald auch andere Baumarten pflanzte. Als der Wald zu wachsen begann, kehrten die Tiere auf die Insel zurück.
Schöne farbige Bilder veranschaulichen die Handlung.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt, was ein Einzelner in der Natur erreichen kann, wenn er konsequent handelt.

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Veröffentlicht am 03.01.2024

Wieder ein Toter im Gasteiner Tal

Sturzwasser
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„...Ungebremst fiel das Wasser senkrecht nach unten. War der Fluss oben noch eine grüne Welle aus glasklarem Wasser, zerstob er nach wenigen Metern zu einer weißen Gicht, die sie von unten schon gesehen ...

„...Ungebremst fiel das Wasser senkrecht nach unten. War der Fluss oben noch eine grüne Welle aus glasklarem Wasser, zerstob er nach wenigen Metern zu einer weißen Gicht, die sie von unten schon gesehen hatte...“

Carolin ist mit Bruno auf den Weg zur Wiesneralm. Nicht nur der Wasserfall ist beeindruckend. Als sie dann allerdings eine Bottich gekühlte Getränken entnehmen wollen, finden sie darin einen Toten. Er ist eine Russe und gehört zu einem Immobilienkonsortium, das die Alm kaufen will.
Die Autorin hat erneut einen spannenden Krimi mit viel Lokalkolorit geschrieben. Dafür sorgt auch der stellenweise verwendete Dialekt. Die Geschichte lässt sich gut lesen. Der Schriftstil ist fein ausgearbeitet und bietet viele Facetten von Spannung bis Emotionalität.
Natürlich lässt der Todesfall Carolin keine Ruhe. Doch es gibt noch mehr Ungereimtheiten im Ort. Das Bauamt scheint es mit den eigenen Auflagen nicht allzu genau zu nehmen. Carolin hat ihr eBike nur für wenige Minuten aus den Augen gelassen und schon ist es weg.

„...Ein eiskalter Schreck fuhr ihr in die Glieder. Ihr Fahrrad! Sie war ganz sicher, dass sie es vorhin genau hier gegen die Wand gelehnt hatte. Aber da war nichts...“

Und im Kulturhaus werden die Papierkörbe nicht alle geleert.
Den Fall des Toten bearbeitet Revierinspektor Valentin Herzinger. Erster Verdächtiger ist der Almbauer Gerald Grassl. Der wollte seinen Grund und Boden auf keinen Fall verkaufen. Das sieht Carolin anders. Warum sollte er dann einen der Investoren erschießen? Es bleiben ja noch genug übrig.
Der Fall wird gekonnt in das Leben in dem kleinen Ort Gastein eingebunden. Natürlich blühen auch Klatsch und Tratsch. Kaum wird Carolin mit einem Mann gesehen, ist sie schon so gut wie verlobt, um es etwas überspitzt auszudrücken.
Das Geschehen auf der Alm gibt dafür immer mehr Rätsel auf. War es wirklich so, wie es scheint? Als Carolin anhand ihrer Fotos plötzlich auf eine heiße Spur stößt, ist sie in Lebensgefahr.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es verfügt über einen hohen Spannungsbogen und strahlt doch ein gewisse Leichtigkeit aus.

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Veröffentlicht am 02.01.2024

Schönes Kinderbuch

Pfiffikus Pfeffernuss - Sammelband
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„...Rubert hatte genug Zeit, sich aus dem Staub zu machen, denn Blüml musste ja die Teiglinge formen, aufs Blech legen, mit Wasser bestreichen, kurz gehen lassen und in den Backofen schieben...“

Rubert ...

„...Rubert hatte genug Zeit, sich aus dem Staub zu machen, denn Blüml musste ja die Teiglinge formen, aufs Blech legen, mit Wasser bestreichen, kurz gehen lassen und in den Backofen schieben...“

Rubert Rappl ist ein Räuber, der gerade den Bäcker bestohlen hat. Diese Zeilen stehen in der ersten Geschichte. Das Zitat zeigt schon, dass sich der Schriftstil den historischen Gegebenheiten anpasst. Er ist kindgerecht und kommt schnell auf den Punkt. Hier wird sehr bildhaft die Arbeit des Bäckers beschrieben.
Wir befinden uns im Jahre 1805. Napoleon hat Europa mit Krieg überzogen. Ab und an kommt das kurz zur Sprache, ohne dass der Krieg die Handlung tangiert.
Gut gefällt mir die Wahl der Namen. Sie sind für Kinder eingängig und manchmal fast selbsterklärend. Eine Spur feinen Humors fehlt ebenfalls nicht.
Das Buch besteht aus neun Geschichten. In der ersten Erzählung gerät Pfiffikus Pfeffernuss in den Ort Glückshausen im Donauries. Er bekommt eine Stelle bei Griselda Guglhupf. Schnell wird klar, dass die Leute im Ort nicht nur zusammen feiern, sondern auch zusammen halten.
In der zweiten Geschichte sucht Pfiffikus nach seinen Wurzeln. Es ist die Hexe Holterdipolter, die ihm dabei hilft. Sie ist eine ziemlich ungewöhnliche Hexe.
Pfiffikus ist sich für keine Arbeit zu schade. Außerdem macht er seinen Namen alle Ehre und hat in schwierigen Situationen gute Einfälle.
Die nächsten drei Geschichten beschäftigen sich mit dem Leben im Dorf, lassen mich als Leser an manchem Fest teilnehmen und bergen die eine oder andere Überraschung.
Lustige Szenen mit einem Siebenschläfer und Pfiffikus` Hochzeit folgen in der sechsten Erzählung. Die lebenskluge Griselda erklärt Pfiffikus:

„...Griselda sagt, sobald die Gewohnheit einkehrt, wechselt die Begeisterung in stille Liebe. Es kommt halt darauf an, dass man ehrlich ist und im Streitfall eine gerechte Lösung findet...“

Im nahen Schloss Glücksburg lebt der Graf mit seine zwei Sprösslingen. Die Prinzessin träumt vom Märchenprinz, der Prinz kommt an keiner Süßigkeit vorbei. Um sie drehen sich die siebte und achte Geschichte. Auch hier gibt es eine Ermahnung:

„...Nichts ist so ernst, dass man es nicht auch von heitere Warte aus betrachten könnte...“

In der letzten Geschichte werden dann alle Handlungsstränge konsequent zu Ende geführt. Manch einer beginnt ein völlig neues Leben.
Als Besonderheit sind in dm Buch viele alte Volkslieder enthalten. Außerdem gibt es eine Menge an Sprüchen. Pfiffikus ist auch ein begnadeter Dichter. Das zeigt sich, als er den Nachtwächter vertritt und jede Stunde ein neues Verslein aufsagen muss. Sie sind aktuell und auf den Ort bezogen. Doch auch andere können das. Beispiel gewünscht?

„...Weizenmehl und Gerstenmalz,
Hefe, Wasser, Etwas Salz,
Buttermilch und Roggenschrot,
backe mir ein Vollkornbrot...“

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es führt die Kinder in die historische Zeit und hat trotzdem viele märchenhafte Züge.

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Veröffentlicht am 31.12.2023

Schwierige Entscheidungen

Novembernächte
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„...Er schob die zähe Masse durch seinen Mund. Der beißende Geschmack von zerhackten Kohlebriketts fraß sich unbarmherzig in Nathanaels Nervenenden. Wie konnte man Grünkohl so zu Tode kochen?...“

Mit ...

„...Er schob die zähe Masse durch seinen Mund. Der beißende Geschmack von zerhackten Kohlebriketts fraß sich unbarmherzig in Nathanaels Nervenenden. Wie konnte man Grünkohl so zu Tode kochen?...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein spannender historischer Roman, der die Novemberrevolution von 1918 zum Inhalt hat. Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Er ist gut ausgearbeitet und gibt das Geschehen authentisch wieder.
Nathanael ist Matrose auf der SMS Köln. Die Soldaten sind sauer. Während man ihnen jeden Tag irgendeinen Fraß vorsetzt, tafeln die Herren Offiziere vom Feinsten.
An diesem Tag verweigern die Matrose einen Befehl. Nathanael würde lieber weiter Physik studieren, als sich in Kriegseinsatz schicken zu lassen. Sein logisches Denkvermögen sagt ihm, dass die Verweigerung nicht gut gehen kann. Doch er hat sich mit Wiltzi, einem breitschultrigen Hünen, angefreundet. Und der will sich nichts mehr gefallen lassen. Und Nathanael hat seine Prinzipien:

„...Nein, er musste sich sein Freiheit bewahren, und wenn es auch nur die Freiheit in seinem eigenen Kopf war. Sie durften ihn nicht kleinkriegen! Es war feige, seine Kameraden zu verpfeifen...“

Ella ist in einem begüterten jüdischen Haushalt aufgewachsen. Bei der Auseinandersetzung mit Glaubensfragen hat sie den Weg zu den messianischen Juden gefunden. Sie studiert Nationalökonomie und Jura. Sie hat einen Blick für die Nöte der Ärmsten. Ihre Eltern lassen sie großzügig ihren Weg gehen.

„...Die Ungerechtigkeit krampfte ihren Bauch zusammen. Mit jeden Tag, den dieser Krieg schon dauerte, wurde ihr bewusster: Es musste endlich aufhören. Doch was konnte sie dafür tun?...“

Ella stellt sich an die Seite der USPD. In Kiel sehen sich Nathanael und Ella das erste Mal. In Berlin treffen sie wieder aufeinander. Eigentlich sind sie wie Feuer und Wasser. Ella ist mittendrin im revolutionären Geschehen, Nathanael engagiert sich nur dann, wenn er einen Freund helfen oder Ella nahe sein will. Dafür hat sie allerdings noch keinen Blick. Die USPD ist ihm suspekt. Außerdem ist Nathanael Atheist.
Zwischen beiden entwickeln sich tiefgründige Glaubensgespräche. Die gehören für mich zu den sprachlichen Höhepunkten der Geschichte.
Mit der Zeit fragt sich Ella, ob sich ihre Aktivitäten mit ihrer Glaubensüberzeugung vereinbaren lassen. Während Nathanael schon eher sieht, was schief läuft, ist Ella lange der Meinung, auf der richtigen Seite zu stehen. Je radikaler die Auseinandersetzungen werden, desto unsicherer wird sie.

„...War sei selbst irgendwo falsch abgebogen? Hatten sie richtig gehandelt in diesen Revolutionswirren? Hätte man das hier verhindern können?...“
Ab und an wird Ella schon mit antisemitischen Sprüchen konfrontiert. Eine alte Jüdin hatte ihr in der Synagoge gesagt:

„...Rabbi Johanan sagt im Talmud, dass das jüdische Volk wie ein Olivenbaum ist. Er bringt sein teures Öl nur hervor, wenn man seine Frucht zerstößt...“

Die politischen Auseinandersetzungen werden detailliert und realistisch geschildert. Natürlich gibt es dabei auch heftige Szenen.
Ein umfangreiches Nachwort enthält zusätzliche Informationen zum Geschehen sowie über die wichtigsten historischen Personen. Die sind in der eigentlichen Handlung fett gekennzeichnet.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 29.12.2023

Bewegende Geschichte einer jungen Frau

Der Geschmack meiner Jugend
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„...Eine Kirche, ein Spielplatz, einundsiebzig Straßenlaternen, knapp zweihundert Einwohner. Die Elbe nicht weit. Die Highlights: Zwei Bushaltestellen, die Freiwillige Feuerwehr, eine Kegelbahn...“

So ...

„...Eine Kirche, ein Spielplatz, einundsiebzig Straßenlaternen, knapp zweihundert Einwohner. Die Elbe nicht weit. Die Highlights: Zwei Bushaltestellen, die Freiwillige Feuerwehr, eine Kegelbahn...“

So beschreibt die Ich-Erzählerin den Ort Hinterelbe in Sachsen-Anhalt, in dem sie aufgewachsen ist. Die Einleitung zeigt: Es gibt Stellen im Buch, da ist der Schriftstil spartanisch, kurz und prägnant. Das sind häufig besonders wichtige Stellen. Ansonsten lebt das Buch von einer Menge an Emotionen. Ab und an blitzt ein sehr trockener Humor auf.
Im Buch erzählt Malina von ihrer Kindheit und Jugend. Ihre Eltern waren 1992 aus den Westen in das kleine Dorf gezogen. Malina war Außenseiterin. Das lag schon darin, dass sich ihr Wortschatz von dem der Einheimischen häufig unterschied. Was für sie eine Bücherei war, war für andere eine Bibliothek, um ein Beispiel herauszugreifen. Ihre Eltern wiederum gaben sich keine Mühe, im Dorf dazu zu gehören.

„...Nicht einmal in den Heimatverein traten sie ein und da hatte man natürlich gleich verloren. Ohne eine umfangreiche Art von Beteiligung am Dorfgeschehen geht gar nichts...“

Die Grundschulzeit wird sehr lebendig beschrieben. Es gibt Probleme, aber auch viele Glücksmomenten. Malina ist unangepasst, kommt jedoch zurecht. Obwohl sie in der Schule gern träumt, schafft sie den Übergang zum Gymnasium. Das aber bedeutete, dass sie nicht mehr mit ihrer besten Freundin die gleiche Schule besuchte.
An ihrem dreizehnten Geburtstag teilt ihr der Vater per Brief mit, dass er die Familie verlassen wird. Für Marina ist das ein Schock. Und er hinterlässt Spuren, die sie über Jahre begleiten werden. Wenig später formuliert sie, was sie selbst will:

„...Ich wollte eine Leben voller Widerstände, voller Ecken und Kanten, an denen man sich ständig die Birne anhaute, hinfiel, Narben behielt, aber doch immer wieder aufstehen und weitermachen konnte, weil man brannte für starke Emotionen...“

Sie probiert eine Menge aus, was die Jugendkultur der Zeit so bietet. Liebesbeziehungen zu Jungen allerdings sind kein Thema. Mit dem neuen Freund ihrer Mutter kommt sie nicht klar. Sie sieht, wie sich ihre starke Mutter in der Beziehung verändert. Das kann und will sie nicht nachvollziehen. Dass sie selbst nach der Trennung der Eltern psychische Probleme hat, ist ihr nicht bewusst.
Dann lernt sie einen Jungen kennen. Er gibt ihr wieder Lebensmut. Doch die Beziehung wird toxisch. Sie kann nicht mit ihm und nicht ohne ihn. Es folgen depressive Phasen. Es sollte lange dauern, bis sie sich lösen und ein selbstbestimmtes Leben führt kann.
Der Epilog ist ein Kapitel der Hoffnung und des Neuanfangs.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es geht in die Tiefe und zeigt, welche Folgen das Verhalten Erwachsener für Kinder haben kann.

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