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Veröffentlicht am 28.02.2024

Überleben

Demon Copperhead
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Das Cover des Buches „Demon Copperhead“ von Barbara Kingsolver ist in seiner Gestaltung einerseits zurückhaltend und schlicht- es gibt nur den Titel und Autorin preis- andererseits mit einer unglaublichen ...

Das Cover des Buches „Demon Copperhead“ von Barbara Kingsolver ist in seiner Gestaltung einerseits zurückhaltend und schlicht- es gibt nur den Titel und Autorin preis- andererseits mit einer unglaublichen Farbgewalt. Der Autorenname in kräftigem Rot, der Titel in Knallorange und das auf einem dunkelvioletten Grund, ebenso stark wie die Erzählung und der Protagonist selbst.

Der kindliche Ich-Erzähler und Namensgebende des Titels Demon Copperhead (eigentlich Damon Fields- die Anlehnung an Dickens' "David Copperfield" ist beabsichtigt) wird auf seinem äußerst schwierigen Lebensweg begleitet.
Er wird unter den denkbar schlechtesten sozialen Bedingungen in einem Trailerpark in Lee County geboren. Die Mutter, ein Teenie auf Entzug, der Vater (verstorben) - es fehlt das wohlige Nest. Zugleich hat Demon jedoch das große Glück, daß die Nachbarsfamilie Peggot und deren Enkel eine gewisse Zeit seine (Ersatz-)Familie werden.
Seine Odyssee durch das Pflegefamiliensystem, Armut, Hunger, Opiodsucht, das hinterwäldlerische "Land" und immer wieder Gewalt beginnt mit dem Tod seiner Mutter. Aber Demon nimmt den (oft grausamen) Kampf an, auch wenn es manchmal aussichtslos scheint, woher er auch seine (kindliche) Hoffnung beziehen mag.

Autorin Barbara Kingsolver, selbst aus den Appalachen, gelingt es hier, die Scham über das "dumme Hinterland" abzulegen und den Zusammenhalt der ärmsten Bewohner in den Vordergrund zu rücken. Sie schreibt zwar über soziale Ungerechtigkeiten, die Armut, Opiodsucht und Gewalt, aber sie verurteilt die Protagonisten nicht- eher klingt in jeder Zeile auch Verständnis für ihre Charaktere mit. Und die Hoffnungsschimmer der Geschichte erschafft sie mit ihren Nebenfiguren (Tommy, Tante June, Miss Betsy, der Coach, Miss Annie) selbst.

Ihre Widmung: „Für die Überlebenden“ sagt alles aus, was das Buch so bemerkenswert macht.

Die Lebensgeschichte eines Außenseiters- geschrieben in einem jungenhaften Schreibstil, der direkt und eindringlich und dennoch flüssig ist, hat mich sehr berührt und gefesselt.
Seine Entwicklung auf diesen Irrwegen, die man Leben nennt, zu einem starken Charakter, der entschlossen seinen Weg geht, war schmerzhaft und zugleich beglückend.

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Veröffentlicht am 31.12.2023

Placebo- Liebe?

Wellness
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Das Cover wäre mir zu grell in seiner Gestaltung, aber vielleicht ist das die gewünschte Wirkung?
Daß es schmerzt?

Anfang der 90er, Jack und Elisabeth
entfliehen ihren grundverschiedenen, dennoch beidseits ...

Das Cover wäre mir zu grell in seiner Gestaltung, aber vielleicht ist das die gewünschte Wirkung?
Daß es schmerzt?

Anfang der 90er, Jack und Elisabeth
entfliehen ihren grundverschiedenen, dennoch beidseits lieblosen Familien und wollen sich in "der großen Stadt" neu erfinden und alles hinter sich lassen. Während sie sich zuerst im Dunkeln gegenseitig beobachten und am Leben des Anderen teilhaben, ist die Annäherung im realen Leben schwieriger. Aber es klappt. Und sie werden ein Paar. Ein Liebespaar. Das aneinander klebt, alles teilt, sich in den Träumen wiederfindet, ineinander fließt... bis zur Gegenwart. Mit getrennten Schlafzimmern, Optimierungswahn, Selbstzweifeln.

Wie konnte das geschehen?

Zwischen Selbsttäuschung und -betrug, zu hohen Erwartungen gefangen, wird das Erzählen und (unser) Beobachten der Geschichte einer Ehe fast zu einer Sezierung. Einer sehr guten allerdings, denn Autor Nathan Hill versteht seine Figuren. Und so werden sie, ihre Ängste, aber auch ihre Hoffnungen hier lebendig.
Der extrem flüssige Schreibstil nimmt den Lesenden mühelos mit in die fesselnde Handlung, die das (Ehe-)Leben von Elisabeth und Jack auf so vielschichtige Weise beleuchtet.

Dabei läßt Nathan Hill nicht nur die Vergangenheit auferstehen, sondern taxiert ebenso gut die Momfluencerin, den Immobilienhai und Fitness-Guru gleichermaßen, die alle absurd von den modernen Technologien abhängig sind. Zugleich führt er klar den Beweis an, wie Menschen (hier Jacks Vater) durch den Algorithmus (von FB) beeinflußt werden.

Welche Meinung haben wir (von wem)? Woher kommen unsere Fakten? Auf wen können wir uns verlassen?

Fazit: extrem detailliert geschrieben- bis zur emotionalen Schmerzgrenze, ein unfassbar guter Schreibstil. Ein Buch, das ich kaum aus der Hand legen konnte und wohl immer wieder lesen werde.

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Veröffentlicht am 31.12.2023

fesselnder Genremix

Starling Nights 1
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Das Cover ist genretypisch und anziehend mit den aufflatternden Staren und Spiegelungen gestaltet. Auch die Farbwahl, die sich allein auf schwarz und kupfer beschränkt, wirkt wie die weiche Haptik sehr ...

Das Cover ist genretypisch und anziehend mit den aufflatternden Staren und Spiegelungen gestaltet. Auch die Farbwahl, die sich allein auf schwarz und kupfer beschränkt, wirkt wie die weiche Haptik sehr hochwertig.

Hauptprotagonistin Mabel möchte eigentlich nur in Ruhe ihr Studium durchziehen. Als Stipendiatin in Cambridge ist sie sich ihrer Auszeichnung und Pflichten sehr bewußt. Doch zwischen all den reichen, meist arroganten Studenten fällt ihr das gar nicht so leicht. Nur mit Zoe und Davie hat sie Freundschaft geschlossen. Die meisten Freizeit verbringt sie dennoch in den Bibliotheken.

Als Zoe sie jedoch zu einem Treffen einer geheimen Verbindung mitnimmt, scheint sich ihre ablehnende Haltung dieser Bünde nur zu bestätigen.
Auch die sich häufenden seltsamen Vorfälle an der Uni verleiten Mabel dazu, mehr über diesen "Bund der Stare" herausfinden zu wollen.

Allerdings ist neben Zoes Verehrer Ashton auch Cliff Mitglied dieser Vereinigung. Und obwohl sein eher ablehnendes, melancholisches Verhalten sie irritiert, fühlt sie sich vor allem von ihm angezogen.
Als Zoe sich immer mehr verändert und auch Davie bedroht wird, will Mabel sie unbedingt vor Ashton und seinen Freunden schützen- und riskiert damit alles, auch ihr eigenes Leben.

Obwohl der Roman "Starling Nights" von Autorin Merit Niemeitz wohl eher dem Jugendgenre zugeordnet wird, fühlte ich mich (44 Jahre) hier absolut bestens unterhalten. Ihr Schreibstil ist absolut fesselnd und doch leicht lesbar. Sie versteht es, die Spannung immer hochzuhalten- nie war eine Passage langweilig. Mysteriöse Fantasy mischt sich hier sehr unterhaltsam mit Lovestory und zum Teil sogar Thrillerelementen.

Absolute Empfehlung!

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Veröffentlicht am 07.05.2023

Grace- Superfrau!

Die unglaubliche Grace Adams
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Das Cover spricht mich zwar nicht an, paßt aber mit seinen schrillen Farben (Chaos) gut zur Handlung. Der Untertitel (oberhalb des Titels)
"Grace kann alles. Außer ruhig bleiben".

Grace, 45 und Übersetzerin, ...

Das Cover spricht mich zwar nicht an, paßt aber mit seinen schrillen Farben (Chaos) gut zur Handlung. Der Untertitel (oberhalb des Titels)
"Grace kann alles. Außer ruhig bleiben".

Grace, 45 und Übersetzerin, lebt unfreiwillig von Mann und Teenietochter getrennt- und möchte nun beide zu Lottes 16. überraschen. Auch, wenn sie nicht eingeladen wurde.

Und so macht sie sich am heißesten Tag des Jahres auf den Weg. Läßt ihr Auto einfach im Stau stehen, läuft sich in neuen Sneakers die Fersen blutig, gibt einer Obdachlosen ihre letzten 20 Pfund....und lernt einiges über sich.

Der Schreibstil ist flüssig und locker. Es gibt angenehme Unterhaltung mit einigen Wendungen, jedoch auch tiefgründige Fragen, ein wenig Drama und Einblicke in die komplizierte Beziehung zwischen Mutter und Tochter.

Fazit: Ein großartiger Roman über eine großartige Frau. Die an ihre Grenzen stößt, aber dennoch nicht aufgibt.

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Veröffentlicht am 07.05.2023

Ein Geschenk für jeden Lesenden

Das Bücherschiff des Monsieur Perdu
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Endlich gibt es die Fortsetzung um den sensiblen, bibliophilen Monsieur Perdu, seine Bücher (Manuskripte) und der Hilfe, die er den Menschen mit deren Unterstützung angedeihen läßt.
„Das Bücherschiff des ...

Endlich gibt es die Fortsetzung um den sensiblen, bibliophilen Monsieur Perdu, seine Bücher (Manuskripte) und der Hilfe, die er den Menschen mit deren Unterstützung angedeihen läßt.
„Das Bücherschiff des Monsieur Perdu“ ist der Nachfolgeroman zu dem überragenden Erfolg „Das Lavendelzimmer“ der Bestsellerautorin Nina George.

Das Wiedererkennen ist durch das Beibehalten der lavendelfarbenen Gestaltung gegeben- die zarte Zeichnung gibt einen Hinweis auf den sanften, leisen Inhalt.

Hauptprotagonist Jean Perdu kehrt endlich wieder auf sein Bücherschiff zurück, der literarischen Apotheke, die er vor 4 Jahren verlassen hatte.

Obwohl mit Catherine in den Bergen der Drôme in seinem neuen Leben glücklich, vermißt er es doch sehr, für jeden Menschen und jedes Seelenpein das passende Buch zu empfehlen. Und als sich die Chance bietet, greift er (nach anfänglichem Zögern) zu und reist mit Max nach Paris, zum Liegeplatz der "Pharmacie Littéraire".
Auf ihrer Reise finden beide Männer zu mehr Antworten, als sie Fragen stellten.
Und mehr Menschen (und Tiere), die gemeinsam wachsend ein Rudel bilden.

Zwischen den Kapiteln oder vereinzelt auch den Absätzen finden sich Perdus Notizen für die „Die große Enzyklopädie der kleinen Gefühle“, so zum Beispiel seine Erläuterungen zu ' Lesedurst, Übergangstaumel oder Wie man mit der Angst spricht '.

Neben vielen unerwarteten und überraschenden Wendungen der Geschichte (und des Lebens) läßt Nina George wieder die Liebe aufblühen. Zu Büchern, zu Menschen... und sie erinnert uns, daß wir zwar auch allein mit Büchern sehr glücklich sein können- noch mehr jedoch mit anderen (wohlmeinenden) Menschen. Ein leises, sanftes Buch, das doch eine große Kraft birgt.
Das ist vielleicht genau das, was unsere Gesellschaft gerade am meisten braucht.

Meinen Dank auch für dieses Lesevergnügen, das sich daran messen läßt, daß man versucht, langsam zu lesen, um möglichst lange diesen Genuß auszukosten. Ein Vorhaben, das natürlich aussichtslos und zum Scheitern verurteilt ist.

Wäre ich nicht schon zuvor durch die wunderbare Sprache und die zauberhaften (herrlich unperfekten) Protagonisten diesem Buch gnadenlos verfallen, spätestens bei der Erwähnung von " Der Eleganz des Igels" (DAS Buch überhaupt für mich!) war ich zu Tränen gerührt und verliebt in jede Zeile, jede Person und natürlich, Autorin Nina George!

Und wie Nina George selbst von einem inneren Nach-Hause-Kommen spricht, so gelang es ihr erneut, auch mich wieder Ankommen zu lassen.
Durch ihren ' Büchertrost '.

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