Ein Must-Read-Jugendthriller
Diese lose Fortsetzung, übersetzt von Petra Bös, steht Firekeeper's Daughter in nichts nach.
Es sind Sommerferien, und eigentlich will Perry Firekeeper-Birch nichts weiter als chillen und angeln gehen. ...
Diese lose Fortsetzung, übersetzt von Petra Bös, steht Firekeeper's Daughter in nichts nach.
Es sind Sommerferien, und eigentlich will Perry Firekeeper-Birch nichts weiter als chillen und angeln gehen. Doch es kommt ganz anders: Ihr Auto geht kaputt und sie muss die ganzen Sommerferien bei einem Praktikum schuften, um die Reparatur zu bezahlen. So landet sie bei dem etwas schrulligen Cooper, dem Leiter des Tribe-Museums, wo sie die Aufgabe bekommt, die Repatriierung (Rückführung/Rückgabe) des “Warrior Girls”, eines menschlichen Skellets, das in der nahe gelegenen Universität aufbewahrt wird, einzuleiten. Sie erfährt, dass das Gesetz “NAGPRA” (Native American Graves Protection and Repatriation Act) eigentlich dafür sorgen soll, dass diese so schnell wie möglich zurückgegeben werden, was aber in den seltensten Fällen geschieht.
Als immer mehr Frauen aus Perrys Community verschwinden, entwickelt sich ein spannender Jugendthriller, den ich einfach nicht mehr aus der Hand legen konnte. Boulley zeigt auch in diesem Buch, dass sie komplexe Themen anschaulich, verständlich und vielschichtig vermitteln kann. Sie konzentriert sich darauf, wie indigene und kolonisierte Körper damals wie heute ausgebeutet und kontrolliert werden - und schreibt gleichzeitig eigenwillige, empowernde indigene Charaktere, die alles für ihre Community und ihr Überleben tun.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir eine Szene, in der Perry “menschliche Überreste” in einer Cornflakes-Packung findet. “Überreste” - die Vorfahren von jemandem, die auf so gewaltsame Weise entmenschlicht werden. Auch in Deutschland lagern in Museen, Stiftungen, Archiven und Privathaushalten unzählige Knochen und Schädel, die während der Kolonialzeit geraubt, für rassistische Forschungszwecke missbraucht und als bloße “Objekte” betrachtet und entmenschlicht wurden (Decolonize Berlin e.V. 2022).
Fazit: Warrior Girl Unearthed hat mir, wie man wohl an dieser ausführlichen Rezension sieht, sehr sehr gut gefallen - es regt total zum Nachdenken an und ich hoffe sehr, dass noch viele weitere Bücher von Boulley erscheinen werden.
Anmerkung 1: Ich schreibe “menschliche Überreste” in Anführungszeichen, da es sich um einen verständlichen Begriff handelt. Perry und ihre Community sprechen im Buch aber von Vorfahren oder Ahnen - wissenschaftlich wird im Englischen oft “ancestral remains” genutzt (Decolonize Berlin e.V. 2022).
Anmerkung 2: In der deutschsprachigen Übersetzung das I-Wort reproduziert. Zwar an Stellen, an denen es eingeordnet wird, aber es hätte, meiner Meinung nach, zumindest eine einordnende Anmerkung der Übersetzung gebraucht.
Decolonize Berlin Quelle: Gutachten von www.ecchr.eu/fall/human-remains-ancestors/ unter "Dokumente"