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Veröffentlicht am 18.01.2024

Eine befremdliche Insel

Bermuda
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Ein stattliches Kreuzfahrtschiff gerät im bekannten Bermuda-Dreieck in einen gewaltigen Sturm. Den Untergang der Sea Quest überleben nur wenige Mannschaftsmitglieder und Passagiere. Eine bunt zusammengewürfelte ...

Ein stattliches Kreuzfahrtschiff gerät im bekannten Bermuda-Dreieck in einen gewaltigen Sturm. Den Untergang der Sea Quest überleben nur wenige Mannschaftsmitglieder und Passagiere. Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Menschen aus verschiedensten Herkunftsländern findet sich auf einer unbewohnten Insel wieder und muss überlegen, wie sie bis zur erhofften Rettung überleben kann. Sonderbare Phänomene wie wild kreiselnde Kompassnadeln oder unheimliche Lichterscheinungen und grauenvolle Geräusche bei Einbruch der Nacht lassen Angst unter den Überlebenden aufkommen.

Mit einer Episode aus dem Jahre 1533 beginnt dieser spannende Mystery-Thriller, bevor wir an Bord des Kreuzfahrtschiffes Sea Quest gehen. Recht flott schreitet die Handlung voran und beschreibt die unglaublichen Ereignisse, welche während des tosenden Sturmes die Reisenden erschüttern. Und schon erwachen ein paar Überlebende am Strand einer Vulkaninsel. Fesselnd und spannend verlaufen die folgenden Tage, Thomas Finn vermag den Leser in einem steten Sog gefangen zu nehmen mit wissenschaftlichen Fakten und fantasiehaften Elementen. Detailgenaue Beschreibungen der unglaublichen Umgebung lassen alles sehr lebendig werden und das Geschehen wie einen schillernden Film vor den Augen des Lesers ablaufen. So ist es kein Wunder, wenn man Kapitel um Kapitel verschlingt und die Neugierde wächst, wie die Gruppe sich entwickelt, welche Überlebensstrategien entwickelt werden und welche Möglichkeiten es gibt, der Insel zu entkommen oder die Außenwelt zu kontaktieren. Der Schreibstil ist flüssig, auch wenn man etliche „eh“ durch „ohnehin“ oder „mit was“ durch „womit“ ersetzen könnte. Lange hält sich die Spannung auf konstantem Niveau, lediglich gegen Ende des Buches wird es etwas langatmig, aber das ist natürlich Ansichtssache.

Ein empfehlenswerter Schmöker für jene Leser, welche einsame Inseln, Gruppendynamik, ein wenig Physik und Maya-Kultur mögen, gekonnt verquickt mit mysteriösen, fantastischen Elementen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 01.01.2024

Nordische Mythen und Mysterien

Im Eis
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Amelie Fischer schreibt eine Arbeit über die Polarexpedition 1878 und stößt dabei auf Informationen, dass nicht nur zwei, sondern drei Schiffe daran beteiligt waren. Alsbald ist ihre eigene Expedition ...

Amelie Fischer schreibt eine Arbeit über die Polarexpedition 1878 und stößt dabei auf Informationen, dass nicht nur zwei, sondern drei Schiffe daran beteiligt waren. Alsbald ist ihre eigene Expedition geplant, um den verschollenen Handelsfahrer „Sirene“ aufzuspüren. Als sie eindringlich davor gewarnt wird, die Reise anzutreten, wird Amelie nur noch neugieriger, was es mit den unheimlichen Beschreibungen voller Mythen und Mysterien aus Kapitän Werkmeisters Tagebuch auf sich hat.

Nach dem Prolog lernt man sogleich Amelie kennen, mit ihrem fast starren Ehrgeiz und der akribischen Durchsicht alter Tagebücher, welche die schwierige und mit dem zusätzlichen Schiff "Sirene" fast unheimliche Lage im Jahre 1878 verdeutlichen. Über längere Strecken übernehmen die Zeilen aus Werkmeisters Aufzeichnungen die Handlung und versetzen den Leser um 150 Jahre zurück, lassen Packeis drohend auf einen zukommen, Nebel und steifgefrorene Glieder den Alltag am Schiff wie am eigenen Leib spüren. Nicht zuletzt sorgen sorgfältig recherchierte Seemannsausdrücke für die passende Atmosphäre an Bord. Allerdings hat Amelie nur Teile dieser Schriften zur Hand, so ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie höchstselbst herausfinden möchte, was sich im hohen Norden Grönlands damals tatsächlich abgespielt hat. Damit wechselt die Handlung ins Jetzt, Amelie besteigt mit einer klug ausgewählten Mannschaft die „Frost“, um auf den Spuren Kapitän Werkmeisters gen Norden zu steuern. Während die frühere Zeitebene den Leser fesselt, wird es hier ein wenig verworren und ist die Handlung nicht immer gut nachvollziehbar, samt dem nicht ganz überzeugenden Ende. Leider finden sich auch einige Logikfehler im Text: so werden die Eskimos bereits im Jahre 1878 manchmal als Inuit bezeichnet in Werkmeisters Tagebuch oder fährt die „Frost“ erst mit Schweröl, später mit Diesel. Dennoch ist das Thema im Buch durchaus spannend, sodass ein großteils stimmiges Ganzes daraus entstanden ist und – wie man den letzten Zeilen entnehmen kann, Amelie durchaus noch in einem anderen Buch eine Rolle spielen wird. Auch das könnte noch interessant werden, hoffentlich ohne QR-Codes mitten im Text, welche auf weitere Informationen bezüglich Klimawandel & Co. hinweisen.

Fazit: gut recherchierte Details, nordische Mythen und eine ehrgeizige Frau, welche mehr Nachforschungen anstellt, als anderen lieb ist. Trotz einiger Makel gerne vier Sterne!

Veröffentlicht am 25.12.2023

Ankommen

We Are Like the Wind
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Kitesurf-Legende Ethan braucht kurz vor der nächsten WM eine Auszeit. Obwohl ihm der Sport Spaß macht, setzen ihm gerade das harte Training, der strikte Ernährungsplan, der Erfolgsdruck und seine Instagram-Follower ...

Kitesurf-Legende Ethan braucht kurz vor der nächsten WM eine Auszeit. Obwohl ihm der Sport Spaß macht, setzen ihm gerade das harte Training, der strikte Ernährungsplan, der Erfolgsdruck und seine Instagram-Follower ordentlich zu. Auf Malcolm Island sucht er Zuflucht und Ruhe, niemand weiß, wo er steckt und warum. Aber seine Gedanken können nicht abschalten - sein Trainer ruft Ethan wiederholt zur Raison. Lediglich bei Ausflügen mit der scheuen, zurückhaltenden Bibliotheksleiterin Laiana kann er zu sich selbst finden. Wird Ethan dadurch genug Energie tanken, um seinen Weg als Leistungssportler fortzusetzen?

Nach den beiden ersten Bänden der „Like us“-Trilogie war ich schon gespannt auf diesen dritten Teil. Auch hier wieder ist Malcolm Island die schöne Kulisse, wobei ich das gewohnte freundliche Miteinander der Einwohner im Fischerdorf Sointula ein wenig vermisse und auch den Zauber der Liebesgeschichte zwischen Ethan und Laina erst spät spüre. Die wechselweise Sicht aus den Blickwinkeln der beiden Hauptfiguren hat sich auch diesmal bewährt, insbesondere, wenn ein und dieselbe Szene von Laina und Ethan erzählt wird. So wird ganz deutlich, wie unterschiedlich Situationen wahrgenommen werden, wie wichtig es ist, dem anderen zuzuhören und sich in ihn hineinzuversetzen. Sowohl Laina, die meint, ihre Mutter erwarte eine bestimme berufliche Ausrichtung von ihr, als auch Ethan, der aus ärmlichen Verhältnissen kommend, nun mit seinen Erfolgen auch die Familie unterstützen kann, sind wunderbar und sehr glaubhaft charakterisiert. Man spürt beim Lesen ihre Schwierigkeiten, auf ihr Bauchgefühl zu vertrauen und den Weg zu gehen, den ihr Innerstes vorgibt. Ob sie einander Stütze sein können und ankommen können? Lest selbst, welche Hürden sich vor den beiden aufbauen und wie sie damit umgehen.

Leider kommt Numero Drei nicht ganz an seine Vorgänger heran, dennoch ist es ein schöner Abschluss dieser Trilogie.

Veröffentlicht am 23.12.2023

Selbstgewiss

Eine Frage der Chemie (Schmuckausgabe)
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Elizabeth Zott kämpft in den 1950er-Jahren gegen festgefahrene gesellschaftliche Regeln und Konventionen, welche Frauen das Leben erschweren und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern ein Fremdwort sein ...

Elizabeth Zott kämpft in den 1950er-Jahren gegen festgefahrene gesellschaftliche Regeln und Konventionen, welche Frauen das Leben erschweren und Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern ein Fremdwort sein lassen. Als ehrgeizige und kluge Chemikerin verdient sie nur einen Bruchteil dessen, was Männer bekommen, als alleinerziehende Mutter eines unehelichen Kindes wird sie schräg angeschaut. Diplomatie kann man Elizabeth nicht nachsagen, vielmehr ist sie eine, die geradeheraus sagt, was sie denkt, auch wenn es nicht in ihre Zeit passt. Selbstgewiss, das ist die Eigenschaft, die perfekt auf sie zutrifft.

Die Geschichte beginnt im November 1961 und beschreibt kühl und treffend, wie es damals war: Frauen in Hemdblusenkleidern, die sich brav um Haushalt und Kinder kümmern, während Elizabeth ins Labor marschiert, um ihre Forschungen voranzutreiben. Sodann schwenkt Autorin Bonnie Garmus um etwa zehn Jahre zurück, um zu zeigen, warum Elizabeth so ist, wie sie eben ist. Interessante Szenen mit chemischen Details, gut gezeichnete Figuren vom Kind über Erwachsene bis hin zum Hund, eine teils sachliche Betrachtung der Dinge, all das ist gekonnt zu einem großen Ganzen komponiert. Allerdings wiederholen sich manche Einzelheiten mehrmals, ziehen sich einige Darstellungen zu sehr in die Länge, was die Spannung bisweilen zu stark bremst. Was hingegen Elizabeths Lebensweg wundervoll ergänzt, sind die beiden Bonuskapitel am Ende des Buches: einmal steht Hund Halbsieben im Mittelpunkt, der stets geistreiche Meldungen von sich gibt, das andere Mal wird das absolut unkonventionelle Kennenlernen zwischen den beiden Chemikern Elizabeth und Calvin näher beleuchtet.

Eine Frage der Chemie ist das Bild von Elizabeth und ihrer Tochter Madeline, die beide Probleme haben mit der Diplomatie, die geradeheraus fragen, warum man nicht sagen soll, was man denkt. Verbiegen, anpassen und sich einfügen in gesellschaftliche Normen, das ist nicht ihre Vorstellung vom Leben – mit trockenem Humor stellt Garmus dar, wie sie es schaffen, gegen den Strom zu schwimmen. Vier Sterne und eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 19.12.2023

Drei Schicksale

Wellenkinder
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Heute: Die Ehe von Familienvater Jan ist gescheitert und zu allem Überdruss muss er in seine Heimat Rügen zurückkehren, wo ihn eine unerwartete Nachricht trifft.

1970: Oda träumt von einer Künstlerkarriere ...

Heute: Die Ehe von Familienvater Jan ist gescheitert und zu allem Überdruss muss er in seine Heimat Rügen zurückkehren, wo ihn eine unerwartete Nachricht trifft.

1970: Oda träumt von einer Künstlerkarriere im Westen. Allerdings scheitert ihr Fluchtversuch aus der DDR und sie landet in der berüchtigten Strafanstalt Hoheneck.

1945: Die Russen im Rücken, kann Margit am Ende des Zweiten Weltkriegs über die Ostsee entkommen, wo sie einer lebensmüden Mutter das Baby entreißt.

Drei Geschichten auf unterschiedlichen Zeitebenen begegnet der Leser in diesem Buch. Anfangs meint man, drei Handlungen, auseinandergeschnitten und wirr neu zusammengefügt, vor sich zu haben. Die Gemeinsamkeiten kristallisieren sich erst nach und nach heraus. Klar ist nur, alle drei Hauptfiguren sind auf der Suche nach Freiheit und sehnen sich nach dem Schoß einer Familie. Eher düster und mit überwiegend traurigem Unterton stellt Autorin Liv Marie Bahrow die einzelnen Szenen dar, tatsächlich handelt es sich um eine schwere Bürde, die unsere Protagonisten zu tragen haben. Auch wenn diese eher unnahbar wirken und die Grauen auf unterschiedlichen Fluchtwegen schrecklich sind, so kann Bahrow doch die Gefühle jedes Einzelnen gut vermitteln und ganz allgemein ein Stück deutscher Geschichte bewahren.

Die drei geschickt miteinander verwobenen Schicksale bergen viele Schwierigkeiten der jeweiligen Zeit, aber die Liebe ist ein steter Begleiter, die Hoffnung ein Licht am Horizont. Das Ende passt stimmig ins Bild, sodass trotz mancher Länge ein lesenswerter Roman bleibt.