Ein unglaublich gutes Buch!
Inhalt
Sie heißen Magdalena, Libusa und Eva und teilen dasselbe Schicksal: Sie wachsen jeweils ohne ihren leiblichen Vater auf. Aber statt an diesem Schicksal, das in den Augen ihrer Umgebung ein regelrechter ...
Inhalt
Sie heißen Magdalena, Libusa und Eva und teilen dasselbe Schicksal: Sie wachsen jeweils ohne ihren leiblichen Vater auf. Aber statt an diesem Schicksal, das in den Augen ihrer Umgebung ein regelrechter Makel ist, zu zerbrechen, entwickeln sie jede auf ihre Art einen unbändigen Freiheitswillen: Magdalena, die mit ihrer Mutter Marie aus dem braun gewordenen Wien flieht. Libusa, die mit ihrer Neugierde auf die Außenseiter der uniformierten Gesellschaft ihre Umgebung in Atem hält. Und Eva, die als Linkshänderin pädagogische Umerziehungsprogramme sabotiert und von fernen Ländern träumt. Alle drei eint die Zuneigung zu ihrer ebenso mürrisch-verschlossenen wie unbeirrbar selbstbewussten, beinahe überlebensgroßen Großmutter „Mama Marie“, die sich als Hebamme im Dorf unentbehrlich zu machen verstand.
ausgezeichnet mit dem Prix Renaudot des Lycéens 2016
Meine Meinung
Beim Lesen zuerst aufgefallen ist mir der rote Faden, von dem im ganzen Buch nie abgekommen wird. Um diesen roten Faden herum werden immer wieder Ergänzungen der Protagonistinnen eingeflochten. Bspw. befindet sich Eva in einem Auswahltest für ein Gymnasium, bei dem sie ein Bild von einem Haus malen soll. Die Lehrerin spricht und an einem Punkt hakt Eva ein, indem sie von iher Mutter, ihrem Vater, ihrer Großmutter und dem Stricken erzählt, für das sie sehr begabt ist. Diese Ausschweife sind ein paar Seiten lang und am Ende dieser wird der Leser sofort von Evas Gedanken wieder in die Realität katatpultiert, in der das Gespräch mit der Lehrerin weitergeht. Diesen Schreibstil könnte man als störend empfinden, aber irgendwie schafft es die Autorin die Gedankengänge nicht gekünstelt wirken zu lassen – das Buch liest sich dadurch sogar noch flüssiger und aufregender! Ich war selbst immer wieder ganz überrascht, als von den Gedanken wieder zur Realität gewechselt wurde, denn ich war so im Lesefluss, dass ich gar nicht bemerkt habe, dass sich die Protagonistin ganz in ihren Gedanken verloren hat – die Figuren haben mich einfach mitgenommen in ihre Welt, so wurde ich immer wieder überrascht und das Lesen hat mir sehr viel Spaß gemacht, der ernsten Thematik zum Trotz. Und dadurch schien die harte Realität damals nur noch härter.
Der Roman ist in 3 Teile gegliedert: Magdalena, Libusa und Eva. Man begleitet Großmutter, Mutter und Enkelin durch ihre Jugend. Die Charaktere sind unterschiedlich gestaltet, sodass jede eine eigene Persönlichkeit darstellt und sich klar von den adnnderen abgrenzt. Sehr interessant ist es dann bei Erzählungen der Töchter, wie sich die Mütter jeweils verändert haben. Waren sie in ihrer Jugend alle unbeschwerte Träumerinnen, so erschienen sie in den Erzählungen ihrer Töchter als gealterte, vom Leben gezeichnete Frauen. Bspw. Magdalena ist Mitte 40 mit einem Mann verheiratet, der sie und ihre Tochter schlägt, allerdings ordnet sie sich ihm völlig unter und wirkt gebrochen – im Vergleich zu der 17-jährigen Magdalena ist das besonders erschreckend, denn wenn man nicht wüsste, dass die gleiche Person beschrieben wird, könnte man denken, es ist eine völlig andere. Das Buch zeigt dem Leser auch erschreckend auf, wie sich Menschen mit der Zeit verändern (können).
Lenka Horňáková-Civade hat in ihrem Buch meisterhaft die Geschichte der Tschechischen Republik mit der Geschichte seiner Bewohner verflochten. Die Schreibart erinnert mich an Christoph Heins „Landahme“, die von Deutschlands Geschichte und der ein paar ausgewählter Bewohner erzählt. Stilistisch besser, spannender und flüssiger als Hein hat Lenka Horňáková-Civade ihren Roman allerdings verfasst, denn er übertrifft „Landnahme“ in allen Punkten bei Weitem.
Fazit
„Das weiße Feld“ ist ein Buch über starke Frauen in schwierigen Zeiten, großartig umgesetzt mit 3 großen Zeitsprüngen im Buch wird die Jugend dreier Frauen beschrieben. Erst auf den letzten Seiten wird das große Geheimnis, das seit dem ersten Kapitel besteht, gelüftet und man erkennt, wie alles irgendwie und unverrückbar zusammenhängt. Und ganz nebenbei erfährt man viel Interessantes über die Tschechische Republik im 20. Jahrhundert. Absolut empfehlenswert!
Dafür auch 5 von 5 Punkten!
Titel: „Das weiße Feld“
Autorin: Lenka Horňáková-Civade
Verlag: Karl Blessing Verlag
Erscheinungsdatum: 11. September 2017
Seitenzahl: 272 Seiten