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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.06.2024

Home sweet home

Weil ich an dich glaube – Great and Precious Things
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Da bahnt sich eine schöne Liebesgeschichte an. Ein junger Mann kehrt nach mehrjähriger Abwesenheit zurück und erhält genau den kalten Empfang von den Bewohnern, den er vorausgesehen hat. Der Vater, dement, ...


Da bahnt sich eine schöne Liebesgeschichte an. Ein junger Mann kehrt nach mehrjähriger Abwesenheit zurück und erhält genau den kalten Empfang von den Bewohnern, den er vorausgesehen hat. Der Vater, dement, schießt auf ihn, der Bruder leicht herablassend, der Polizeichef feindselig. Allein sein ehemaliger bester Freund und die Frau, die er liebt, freuen sich, ihn zu sehen. Der Anfang schon mal ist vielversprechend.
Doch Camden ist nicht nur auf Besuch da, er will für immer bleiben, auch wenn es ihm die eigene Familie und die Ortsbewohner nicht leicht machen. Nur sein bester Freund und Willow halten zu ihm. Camden engagiert sich sofort in die Pflege seines an Alzheimer erkrankten Vaters, er bringt sich effizient und zum Wohle aller in die Entwicklungspläne für seine Stadt ein. Bleibt nur noch die Sache mit Willow. Sie leiben sich heimlich, aber geben es nicht offen zu. Willow galt als die Freundin von Sullivan, Camdens und Xanders verstorbenen Bruder. Das bedeutet, alle, auch Camden,respektieren Willows Schmerz und sehen nicht, dass Willow eigentlich Camden liebt, immer schon geliebt hat. Und dass Sullivan nie der strahlende Held war, als den ihn die anderen gesehen hat. Es wird noch einige Irrungen und Verstrickungen geben, bis diese anfangs so traurig weil unerfüllte Liebesgeschichte ihr wohlverdientes Ende findet, bis Xander als Bösewicht überführt wird und die ganze Stadt Camden als rechtschaffenen Bürger akzeptiert.
Der ansprechende Stil, die interessanten Dialoge, die Darstellung der früheren Ereignisse, die zu den aktuellen Verwicklungen geführt haben, alles zusammen machen das Buch zu einer angenehmen Lektüre, bei der man über einige kleinen trivialen Entgleisungen hinweglesen kann.


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Veröffentlicht am 07.04.2024

Konfuse Handlung dafür aber ein herrlicher Stil

9mm Cut
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Wirklich. Sybille Ruge hat es mit dem Sprüche klopfen drauf. Wer kann bei solchen Sätzen widerstehen? “Ein Land [die Schweiz] von Schiller erfunden, um den Deutschen zu zeigen, wie Heimatliebe geht” (S. ...

Wirklich. Sybille Ruge hat es mit dem Sprüche klopfen drauf. Wer kann bei solchen Sätzen widerstehen? “Ein Land [die Schweiz] von Schiller erfunden, um den Deutschen zu zeigen, wie Heimatliebe geht” (S. 32). oder wenn Eve das Gespräch mit renitenten Zahlern das Gespräch so eröffnet: “Die vertraulichen Einzelsitzungen zur Konsensfindung leite ich mit einer Grundsatzfrage ein. Möchtest Du Invalidenrente? Eine Win-win-situation, besonders aufgrund der geringen Bürokratie" (S. 11). Einer meiner Favoriten ist der Dialog zwischen Eve und Karnofsky: “Ich sage dir etwas. Ich habe die Bilanzen überflogen” Antwort: “Im Sturzflug oder im Heißluftballon?” (S. 132) Damit meint Ruge, der Geschäftsführer hätte die Bilanzen viel früher und genauer studieren müssen. Mein Literatenherz hat bei dem Spruch “Amazon würde Dr. Faust unter Arztroman ablegen” (S. 152) fast einen Aussetzer gemacht. Lakonisch und trocken: “Apropos Poesie, ich halte einen abgetrennten Kopf für eine starke Metapher.” (S. 157). Und so geht es das ganze Buch durch, man liest und blättert nur wegen dieser sprachlichen Bilder und brillianten Einfälle. Ruges trockener Humor ist nicht zu überbieten.
Leider kommt bei dieser tollen Sprache der Krimi an sich etwas zu kurz. Die Handlung scheint mir verworren, etliche Gestalten versprechen einen interessanten Nebenstrang um dann doch nicht ausgebaut zu werden. Die Zwillinge Lara und Laura sind leider nichts mehr als ein Störfaktor im Buch. Ich hätte gerne gewusst, wie sich ihr Leben weiter entwickeln wird. Mit Helene, der neurotischen Mutter (Spitzname “Hell”) können die Mädchen nicht weiter leben, ob der Vater sich mehr um sie kümmern wird?
Alles in allem, ein unterhaltsamer Krimi mit einigen Schwächen aber einem hervorragenden Gebrauch der Sprache.

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Veröffentlicht am 21.03.2024

Ein historischer Schmöker nach meinem Geschmack

Die Mönchin
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Dies ist ein Historienroman nach allen Regeln der Kunst. Eine junge Frau, Adriana, belesen und hoch gelehrt, gibt sich als Mann und Mönch aus, um in einem Kloster Studien zu betreiben und insgeheim nach ...

Dies ist ein Historienroman nach allen Regeln der Kunst. Eine junge Frau, Adriana, belesen und hoch gelehrt, gibt sich als Mann und Mönch aus, um in einem Kloster Studien zu betreiben und insgeheim nach einer apokryphen Schrift, das sogenannte Testament des Athanasius, zu suchen. Diese Schrift könnte die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttern, wenn sie öffentlich bekannt werden würde. Die Päpstin und der Name der Rose lassen grüßen. Der Grunddiskurs ist die Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit Gottes. Sind Gott, Jesus und der heilige Geist eine Einheit oder ist Jesus der Sohn Gottes und nicht markierender Teil Gottes? Nun, darüber mögen sich Theologen und Exegeten bis in alle Ewigkeit streiten (oder solange das Christentum besteht), aber im Jahr 1405 war das ein wichtiges Thema und die Meinung der allein seligmachenden katholischen Kirche zählte.
Um dieses Schriftstück werden nun Kabalen und Intrigen gesponnen, es kommt zu Morden und gruseligen Vorfällen.
Die Handlung ist linear erzählt, es gibt kaum Platz zu Nebenschauplätzen und Handlungssträngen außer dem Hauptstrang. Und doch ist dies ein spannendes Buch, das Narrativ ist straff gespannt, man fiebert der Auflösung entgegen.
Adriana / Adrian ist der rote Faden und auch der Lichtstrahl, der durch die Geschichte leitet und letztendlich für die Leser die Geschichte zu einem guten Ende bringt. Als besonderes Schmankerl hat Peter Orontes den Lageplan des Klosters dargestellt und die Einteilung des Klostertages nach Gebeten.zu festen Stunden.
Das Titelbild mit dem schönen Kirchenportal weist jedem Liebhaber von historischen Romanen den Weg zum Buch.

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Veröffentlicht am 07.01.2024

Ivy League und Geheimbünde - Stoff für Lovestories und Thriller

Auden Hill University – How Far We Fall
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Das Coverbild passt wunderbar zum Thema. Die Efeublätter am Rand des Bildes auf grünem Hintergrund und der Titel Auden Hill University sind stimmig.
Gleich von Anfang an wird klar wer die Kontrahenten ...

Das Coverbild passt wunderbar zum Thema. Die Efeublätter am Rand des Bildes auf grünem Hintergrund und der Titel Auden Hill University sind stimmig.
Gleich von Anfang an wird klar wer die Kontrahenten an der Auden Hill University sind: einerseits die reichen Söhne und Töchter einflussreicher Leute und andererseits die Stipendiaten, die aufgrund Ihrer Intelligenz und Lernerfolge an unterprivilegierten Schulen hier gelandet sind. Geld und Macht gegen Fleiß und Intelligenz. Schlagende Studentenverbindungen und Burschenschaften gibt es auch an manchen deutschen Universitäten für manche Studienrichtungen, aber in Auden Hill scheint es sämtliche Studienrichtungen zu betreffen.
Fassen wir zusammen: Ivy Donovan, armes aber hochintelligentes Mädchen wird Stipendiatin an der Auden Hill, bemerkt gleich beim Einführungskurs was Sache ist. Oliver Rhodes, mehr ein- als gebildet behandelt die Stipendiaten von oben herab, macht ständig Anspielungen dass sie sich sehr anstrengen müssten, um hier studieren zu dürfen, usw. Danach kommt Ivy einem anderen hoch eingebildeten Studenten in die Quere: Reed Jacobi, Beruf: Senatorsohn. Ivy nimmt den Fehdehandschuh auf und es beginnt ein herzerwärmender verbaler Schlagabtausch, bei dem Ivy immer die Oberhand hat. Das hat das Buch lesenswert gemacht. In ihrer Fehde mit der Oberschicht vertieft, klärt sie den Mord an einer ehemaligen Stipendiatin, Delilah Blake auf und bringt den Schuldigen zu Fall. Trotz Handy “aus der Zeit der Pilgrimsväter”, billiger Kleidung und uraltem Laptop. Oder gerade deswegen.
Dies ist die persönliche Liebesgeschichte von Ivy und Reed. Und dank dieser Liebe scheint zumindest für Ivy und ihre Freunde Normalität zu herrschen an Auden Hill. Aber wie kann man die Zweiklassengesellschaft generell überwinden? Das Buch streift nur oberflächlich dieses Thema. Für meinen Geschmack geht es nicht tief und weit genug. Die Romanze zwischen den beiden Protagonisten ist nett, hat Spaß gemacht. Aber das Buch hat Potential, das nicht ausgeschöpft wurde.

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Veröffentlicht am 06.01.2024

Der Hundertjährige Krieg wacht vor unseren Augen zum Leben auf

Essex Dogs
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Dieses Buch widmet sich dem Beginn des hundertjährigen Krieges, der Anlandung in der Normandie und den ersten Schlachten auf französischem Boden. Es ist in drei große Abschnitte eingeteilt: Wasser, Feuer ...

Dieses Buch widmet sich dem Beginn des hundertjährigen Krieges, der Anlandung in der Normandie und den ersten Schlachten auf französischem Boden. Es ist in drei große Abschnitte eingeteilt: Wasser, Feuer und Blut. Aber keine Sorge, Blut fließt in allen drei Abschnitten… Alle Kapitel beginnen mit Zitaten aus zeitgenössische Quellen zu dem beschriebenen Ereignis. Die Karte am Anfang des Buches zeigt uns detailliert wo die Kämpfe in diesem ersten Feldzug stattgefunden haben, von der Landung in Saint-Vaast-la-Hongue bis zu den Schlachten von Blanchetanque und Crecy. Es werden auch die geplünderten und gebrandschatzten Städte beschrieben.
Dan Jones vergleicht den Angriff Englands auf Frankreich mit dem Beginn der Invasion der Alliierten in der Normandie, mit dem D-Day, wie der Tag in die Geschichte eingegangen ist, Zum Glück sind die alliierten Soldaten nicht wie das englische Heer 600 Jahre zuvor vorgegangen. Die Orte wurden befreit, nicht geplündert und niedergebrannt, Frauen wurden nicht vergewaltigt, Menschen wurden nicht getötet.

Die zehn Kameraden, die sich gemeinsam anheuern lassen, um gen Frankreich zu ziehen, sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Sie verständigen sich mit Blicken und knappen Gesten, können sich blind aufeinander verlassen und machen gemeinsam Frankreich unsicher. Obwohl Loveday Fitz Talbot zu Beginn der Kampagne sich und seinen 9 Kameraden, Father, Millstone, Scotsman, Psmire, Romford, Tebbe und Thorp und den zwei Brüdern und Bogenschützen aus Wales versprochen hat, sie alle heil und mit reicher Beute aus dem Krieg nach 40 Tagen wieder heim zu bringen, kann er im Krieg nicht Wort halten. Zwei sterben, ein dritter muss fliehen, Romford, der jüngste wird zum Pagen für den Prinzen von Wales abkommandiert. Das alte Lied von den zehn kleinen … kommt einem in den Sinn.
Die einzige Frau, die im Buch vorkommt, ist geheimnisvoll, tritt nur episodenartig auf, spricht sehr wenig (Dan Jones, bist Du sicher, du hast von einer richtigen Frau gesprochen oder ist das nur Wunschdenken?) und wird wahrscheinlich im Nachfolgeroman eine hauptrolle spielen.
Interessant ist, wie durch alle Zeiten politische Aggressore es verstanden, ihre Angriffe schön zu reden, zu rechtfertigen, als zwingend und patriotisch zu erklären. König Edward III behauptete, die Normandie wäre englisches Land, weil Wilhelm der Eroberer 200 Jahre zuvor von hier aus über England herfiel. Zar Putin will ja auch die Ukraine heim ins Reich holen, die anderen Ex-Sowjet-Staaten folgen noch. Überhaupt, “Heim ins Reich” weckt bitterböse Erinnerungen an das 20. Jahrhundert.
Und noch etwas hat sich im Laufe der Jahrhunderte nicht verändert: Immer, überall und zu allen Zeiten finden Süchtige ihre Drogen. Heute ist es der Dealer an der Ecke (oder im Schulhof) im 14. Jahrhundert waren es die Apotheken, Romford sucht in den geplünderten Städten die Apotheken auf. Da die anderen in diesen Häusern kein Geld oder Gold vermuten, hat Romford freie Auswahl..
Die Kampfszenen alternieren. Wenn die zehn Essex Dogs als Gruppe kämpfen, nehmen sie es mit jedem Actionthriller auf. In genau konzertierten Aktionen schießen die einen ihre Pfeile ab (die gefürchteten englischen Langbögen), während sich die anderen unbemerkt anschleichen und den Rest erledigen, in man-to-man-combat. Kein Dwayne Rock Johnson, oder Expendables kann da mithalten. (Dan Jones hat diese Filme vermutlich auch gesehen). Diese Szenen haben mich teilweise an Sven Hassels Bücher erinnert. Eine kleine eingeschworene Gruppe von Frontkameraden gehen gemeinsam durchs Feuer, siegen oder ziehen sich zurück, aber zurück gelassen wird keiner.
Die Beschreibung der großen Schlachten aber ist realistisch und blutig. Sie erinnern an Schlachtenszenen, wie sie Altdörfer gemalt hat oder der japanische Regisseur Akira Kurosawa in einigen Filmen dargestellt hat. Es ist ein zähes Ringen und blindwütiges Schlachten, niemand kann vor oder zurückgehen, alles findet fast auf der Stelle statt. Mordslust und Überlebensangst zugleich, Hauen und Stechen, sinnloses Morden im engsten Radius. Die große Schlacht spaltet sich in unzählige Einzelkämpfe, die mit dem Tod oder einer schweren Verletzung einer der Kontrahenten enden müssen. Und kaum ist einer gefallen, nimmt ein anderer seine Stelle ein und es geht endlos weiter, bis keiner mehr auf den Beinen ist.
Fazit: ein Buch für Kerle.

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