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Veröffentlicht am 22.01.2024

Temporeich und unterhaltsam

Thieves' Gambit
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Ross Quests Familie ist eine legendäre Diebesfamilie. Kein Wunder also, dass auch sie schon in jungen Jahren an den großen Diebstählen teilnimmt. Doch bei einem Auftrag auf einer Yacht läuft zum ersten ...

Ross Quests Familie ist eine legendäre Diebesfamilie. Kein Wunder also, dass auch sie schon in jungen Jahren an den großen Diebstählen teilnimmt. Doch bei einem Auftrag auf einer Yacht läuft zum ersten Mal etwas schief und Ross wird von ihrer Mutter getrennt. Jetzt muss sie ihre Mutter freikaufen, doch um die hohe Summe aufbringen zu können, gibt es nur einen Weg: Ross muss am Thieves’ Gambit teilnehmen. Einem Spiel, bei dem nur der beste Dieb gewinnen kann.

Die Beschreibung des Buches hält, was sie verspricht: Eine temporeiche und originelle Geschichte. Der Plot erinnert an Filme wie Ocean’s Eleven oder auch an die Tribute von Panem-Reihe (auch, wenn das Buch an Letzteres nicht ganz heranreichen kann). Auf jeden Fall ist es ein kurzweiliges Lesevergnügen und zur Unterhaltung bestens geeignet.

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Veröffentlicht am 07.01.2024

Gelungener Roman

Das Philosophenschiff
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Die hundertäjhrige Architektin Anouk Perleman-Jacob lädt einen Schriftsteller zu sich ein, um ihm von ihrem Leben zu erzählen: "Was niemand weiß, das sollen Sie schreiben."

Und dann beginnt sie zu erzählen, ...

Die hundertäjhrige Architektin Anouk Perleman-Jacob lädt einen Schriftsteller zu sich ein, um ihm von ihrem Leben zu erzählen: "Was niemand weiß, das sollen Sie schreiben."

Und dann beginnt sie zu erzählen, von einer Kindheit in Sankt Petersburg unter den Bolschewiki. Gemeinsam mit ihren Eltern wird sie auf eines der sogenannten Philosophenschiffe gebracht. Zusammen mit anderen Künstlern und Intellektuellen, die den Bolschwiken zweifelhaft oder potentiell gefährlich erscheinen, fahren sie aufs Meer hinaus. Als ein anderer Passagier an Bord gebracht wird, von dem niemand weiß, wer er ist, erkundet Anouk das Schiff und macht die Bekanntschaft von Lenin.

Der Roman ist eine Reise in eine ereignisreiche und politisch sehr interessante Zeit. Köhlmeier stellt dabei mit den Philosophenschiffen ein Ereignis in den Vordergrund, das vielen LeserInnen vorher sicher nicht bekannt war. Zusätzliche Recherchen lohnen sich in diesem Fall, da es die Schiffe wirklich gab. Sie symbolisieren die Angst der Herrschenden vor Künstlern und Wissenschaftlern in unterdrückerischen politischen Systemen. So hat die Geheimpolizei sogar eine extra Abteilung, die nur damit beschäftigt ist, Lyrik zu deuten und in ihr versteckte politische Aussagen zu finden.

Für mich wieder ein gelungener Roman von Köhlmeier.

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Veröffentlicht am 04.11.2023

Kleine und große Verschiebungen

Endstation Malma
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Eine Zugstation. Malma. Dahin führen die Wege von Harriet, Oskar und Yana. Sie führen zum Unausgesprochenen, zu dem, was zwischen den einzelnen Familienmitgliedern steht und Distanz zwischen ihnen schafft. ...

Eine Zugstation. Malma. Dahin führen die Wege von Harriet, Oskar und Yana. Sie führen zum Unausgesprochenen, zu dem, was zwischen den einzelnen Familienmitgliedern steht und Distanz zwischen ihnen schafft.

Alex Schulman erzählt in "Endstation Malma" von Familie und von Eltern-Kind-Beziehungen, die sich fernab von Klischees und Idealen bewegen. Vielmehr stehen das Dysfunktionale und Schmerzhafte im Vordergrund. Schulman zeigt, was Familie aus uns machen kann, wie sich Lieblosigkeit und fehlende Wärme und Nähe in uns festsetzen und unser gesamtes Leben mitbestimmen können.

"Wann weiß man, dass man ein Kind verloren hat? Wahrscheinlich gibt es keinen festen Zeitpunkt, so etwas geschieht schrittweise, kaum spürbare, merkwürdige kleine Verschiebungen."

Eigentlich mag ich Geschichten nicht, in denen es um Familiengeheimnisse geht. Aber Alex Schulmans "Die Überlebenden" hatte mich so begeistert, dass meine Neugier groß war.

Und Schulman kann erzählen! Das zeigt sich auch in diesem Roman. Seine Figuren sind vielschichtig, die Konstellationen zwischen ihnen bestehen aus zahlreichen Graustufen. Trotzdem hat der Roman teilweise etwas konstruiert auf mich gewirkt. Besonders die Verbindungen und Übergänge zwischen den Zeitebenen fand ich zu romanhaft. Dafür nimmt die Geschichte am Ende aber Fahrt auf und das Zusammenfügen der Puzzleteile ist für mich wieder sehr stimmig gewesen.

Eine tiefsinnige und nachdenklich stimmende Lektüre also, die sprachlich überzeugt. Schulmans "bisher bestes Buch", wie auf der Rückseite abgedruckt, ist der Roman jedoch für mich nicht.

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Veröffentlicht am 13.07.2023

Vielfältige Geschichten

So etwas wie Glück
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Man könnte denken, wenn man den Untertitel von John Burnsides Erzählband liest, es würden einen Geschichten über romantische Liebesbeziehung erwarten, aber das wäre zu eng gedacht. Denn es ist vielmehr ...

Man könnte denken, wenn man den Untertitel von John Burnsides Erzählband liest, es würden einen Geschichten über romantische Liebesbeziehung erwarten, aber das wäre zu eng gedacht. Denn es ist vielmehr das Zwischenmenschliche im Allgemeinen als die romantische Liebe im Besonderen, die Burnside interessiert. So geht es beispielsweise darum, wie Liebe langsam in die Entfremdung abrutscht, wie aus Zuneigung Distanz wird oder wie Einsame in der Nähe zu anderen nach Erfüllung und Glück suchen.

Burnside lässt ein heterogenes Ensemble an Figuren auftreten, die in unterschiedlichen Welten leben. Da ist der Junge, der sich zur Besitzerin des Eissalons hingezogen fühlt oder die Ehefrau, die am Ende eines jeden Studienjahres einem Studenten Blumen schenkt und damit ein Stück Leidenschaft und Aufregung in ihr graues Leben zu holen versucht. Da sind die grauen Ehen, die zerbrechenden Freundschaften oder die zum Scheitern verurteilten Liebschaften.

Wie das mit den meisten Erzählbänden so ist, begeistert auch in "So etwas wie Glück" nicht jede Geschichte. Einige wenige bleiben vergleichsweise blass. Doch wodurch sich der Erzählband hervorhebt, ist das stimmige Gesamtbild. Als Lesender taucht man in einen Mikrokosmos ein, in dem bekannte Figuren wieder auftauchen, in dem Themen wie Einsamkeit, Fremdheit und die Suche nach Liebe ein Geflecht ergeben, aus dem heraus sich jede Geschichte auf ganz unterschiedliche Art und Weise entwickelt. Faszinierend ist dabei, wie es Burnside gelingt, eine Vielzahl an Tönen anzuschlagen und seine Figuren auf authentische Weise sprechen zu lassen.

"So etwas wie Glück" ist ein guter Erzählband für den Nachttisch, in dem man zwischendurch schmökern kann, bei dem man auch dann, wenn mal eine Geschichte nicht vollständig überzeugt, sicher sein kann, dass die nächste wieder besser wird!

Übersetzt aus dem Englischen von Bernhard Robben.

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Veröffentlicht am 13.07.2023

Auszüge aus einem Leben

Im Morgen wächst ein Birnbaum
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Was heißt es, "adam gibi" zu sein, sich wie ein Mann zu verhalten, einer zu werden? Wie entspricht man den Erwartungen des Vaters und findet gleichzeitig eigene Vorbilder?
Wie wächst man auf mit zwei ...

Was heißt es, "adam gibi" zu sein, sich wie ein Mann zu verhalten, einer zu werden? Wie entspricht man den Erwartungen des Vaters und findet gleichzeitig eigene Vorbilder?
Wie wächst man auf mit zwei Kulturen? Welche Träume und Sehnsüchte darf man haben und welche muss man hinter sich lassen?

Das sind einige der Fragen, die in Fikri Anıl Altıntaşs autofiktionalem Roman "Im Morgen wächst ein Birnbaum" im Mittelpunkt stehen.

Altıntaş erzählt von seinen Eltern, die von der Türkei nach Deutschland fliehen. Sie landen in Wetzlar, wo er aufwächst. Es ist eine Kindheit und Jugend zwischen zwei Kulturen und Ländern. Und es ist vor allem eine Kindheit voll Sehnsucht nach einer Heimat: "In Deutschland war ich geboren. In die Türkei kehrte ich in meinen Gedanken zurück, weil ich mich nach Halt sehnte."

Gleichzeitig thematisiert Altıntaş Alltagsrassismus, erzählt von Hakenkreuzen, die in den Schrebergarten der Familie geschmiert werden, von einer Wohnung, die die Besitzerin ihnen zuerst vermieten möchte und dann doch nicht mehr, als sie merkt, dass sie es mit einer türkischen Lehrerfamilie zu tun hat und nicht mit einer deutschen.

Der Roman ist ein Auszug aus einem Leben. Er ist die Frage danach, was einen zum Mann macht. Und nicht zuletzt ist er ein Denkmal für die Eltern, die unwegsame Pfade beschreiten mussten und dabei gleichzeitig einen großen Teil ihrer Träume und Sehnsüchte aufgeben mussten.

"Die Selbstverständlichkeit, mit der ich heute gewisse Dinge einfach tue, die kannten sie nicht. Ihr ganzes Leben lang mussten sie sich etwas erkämpfen."

Ein Debüt, bei dem man sich am Ende schon auf den nächsten Roman des Autors freut! 🍐

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