Profilbild von sursulapitschi

sursulapitschi

Lesejury Profi
offline

sursulapitschi ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit sursulapitschi über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.03.2024

Ein hübsch verpackter Gedankenanstoß

Wir werden jung sein
0

Wie wäre es, wenn man nach belieben jünger werden könnte? Kann man so ein Medikament einfach auf die Menschheit loslassen?

In der Berliner Charité wollte man ein Herzmedikament entwickeln und musste feststellen, ...

Wie wäre es, wenn man nach belieben jünger werden könnte? Kann man so ein Medikament einfach auf die Menschheit loslassen?

In der Berliner Charité wollte man ein Herzmedikament entwickeln und musste feststellen, dass bei den Probanden erstaunliche Nebenwirkungen auftreten. Ihr biologisches Alter hat sich plötzlich um 8 Jahre verjüngt.

Immobilienmogul Wenger hatte eigentlich mit seinem Leben abgeschlossen, als plötzlich alle seine körperlichen Beschwerden zu verschwinden scheinen. Dem 17jährigen Jakob kommt die Verjüngung nicht so gelegen. Er, hat endlich eine Freundin, aber sein Körper reagiert nicht mehr so, wie er sollte.

Wir erleben mit, wie die ersten vier Probanden damit fertig werden. Plötzlich jünger zu sein, muss man erst einmal verarbeiten, das eröffnet neue Perspektiven und ändert die Lebensplanung komplett. Das bekommt man plausibel und einfühlsam vorgeführt. Wir schauen in die Köpfe dieser vier repräsentativen Versuchspersonen. Und dann gerät das Ganze auch noch an die Öffentlichkeit.

Maxim Leo spielt hier ein Szenario durch, was sich manch einer wünschen mag, was aber auch weit größere Auswirkungen hätte, als man sich vorstellt. Ein einziges Medikament könnte die Welt, wie wir sie kennen, komplett verändern. Das ruft die Politik, die Wirtschaft, die Ethikkommission und sogar Aktivisten auf den Plan.

Die Geschichte ist höchst originell, unterhaltsam und mit leisem Humor erzählt. Hier bekommt man ein schweres Thema federleicht verpackt. Vielleicht geht es hier und da ein wenig zu glatt. Das ganz große Fass macht der Autor nicht auf. Aber ein hübsch verpackter Gedankenanstoß auf die Problematik ist es schon. Ich habe es sehr gerne gelesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.02.2024

Eiskaltes Verwirrspiel

Arctic Mirage
0

Im Grunde kann man alles über dieses Buch sagen und hat recht. Es ist sperrig, sperrt sich aber auch gegen jede Erwartungshaltung und ist damit dann wieder durch und durch überraschend.

Der Prolog klärt ...

Im Grunde kann man alles über dieses Buch sagen und hat recht. Es ist sperrig, sperrt sich aber auch gegen jede Erwartungshaltung und ist damit dann wieder durch und durch überraschend.

Der Prolog klärt direkt das Thema. Das wird kein Wohlfühlroman.

Karo und Risto hatten einen Autounfall und landen im Hotel Arctic Mirage im tiefsten Lappland. Da gibt es nichts außer viel Schnee und ein paar Touristen. Grundsätzlich müsste es doch toll sein, im Luxushotel zu stranden, aber die Atmosphäre ist unterschwellig gruselig und eiskalt.

Alle scheinen sich seltsam zu verhalten, das Hotelpersonal, der Arzt, die Nachbarn, aber auch Karo und Risto selbst. Früher oder später fragt man sich: Sind hier alle verrückt und haben Wahrnehmungsstörungen oder habe ich was überlesen? Auch die Einblicke in die Vergangenheit der Figuren sorgen nicht für ein klareres Bild.

Die Geschichte ist undurchsichtig, lädt zum Rätseln ein und spielt auch mit den Lesern, manipuliert uns, ärgert uns, verwirrt uns. Man wähnt sich in einem Psychothriller: Einer stirbt und jemand ist verrückt. Wer hier verrückt ist, müssen wir herausfinden, oder irren wir uns selbst?

Das Buch hat mich zu großen Teilen verwirrt und auch geärgert. Es hat reichlich Nebenarme, deren Nutzen man anzweifeln kann, aber am Ende bin ich überwiegend aufgewühlt und beeindruckt.

Es entwickelt eine ganz eigene Art Sogwirkung, ist nicht mein neues Lieblingsbuch, aber auf jeden Fall ein sehr besonderes Erlebnis.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.02.2024

Origineller Grusel

Die Burg
0

Dieses Buch ist originell und gruselig.

Milliardär Nevio will eine ganz neue Erlebniswelt an den Start bringen. Eine Burg wurde zum Freizeitpark umgebaut, in dem man KI-gesteuerte Escape-Erlebnisse nach ...

Dieses Buch ist originell und gruselig.

Milliardär Nevio will eine ganz neue Erlebniswelt an den Start bringen. Eine Burg wurde zum Freizeitpark umgebaut, in dem man KI-gesteuerte Escape-Erlebnisse nach Maß bekommen kann. Du bist die Hauptperson in deinem Spiel und bekommst dein Wunschabenteuer serviert. Natürlich sollte man aufpassen, was man sich wünscht.

Für einen Testlauf hat Nevio ein erlesenes Grüppchen zusammengestellt und ihnen fette Gagen versprochen, wenn sie seine Welt auf Herz und Nieren prüfen. Ein Escape-Experte, eine Influencerin, ein Gamer, ein Historiker, eine Hausfrau sind dabei und landen in einem Spiel, das sich zum Alptraum entwickelt.

Ursula Poznanski brennt hier ein Feuerwerk an morbiden Ideen ab. Diese Welt ist voller Fallen und gruseligen Gestalten, die höchst innovativ grausig sind. Die Testpersonen spielen tatsächlich ein Spiel um ihr Leben, gegen eine KI, die kein Erbarmen kennt, oder tut sie etwa nur, was ihr gesagt wurde?

Man erlebt hier unterhaltsames Grauen auf höchstem Niveau, wobei die Figuren vielleicht die Spur zu blass geraten sind. Manch einen lernt man kaum kennen. Gut gefallen hat mir, wie Influencerin Yvonne es immer wieder schafft, ihr Tussenequipment neuen Verwendungszwecken zuzuführen, ein charmanter running Gag.

Das Hörbuch liest Rainer Strecker wunderbar. Es dauert 13 Stunden und 20 Minuten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.02.2024

Liest sich von selbst

Geordnete Verhältnisse
0

Dieses Buch liest sich von selbst, hat man es aufgeschlagen, ist man schon fast durch.

Es erzählt eine tragische Geschichte, die man nicht so recht einordnen kann. Es ist beinahe eine Liebesgeschichte, ...

Dieses Buch liest sich von selbst, hat man es aufgeschlagen, ist man schon fast durch.

Es erzählt eine tragische Geschichte, die man nicht so recht einordnen kann. Es ist beinahe eine Liebesgeschichte, aber auch eine von besonderen Menschen, die ihren Platz im Leben suchen.

Phillipp und Faina sind anders, schon immer. Schon in der Schule haben sie gemeinsam die Außenseiterecke besetzt. Beide haben unglaublich rote Haare und einen schwierigen familiären Hintergrund, der sie beeinflusst und von anderen abgrenzt und beide haben psychische Probleme, die in ihrer Familie niemanden interessiert. Sie werden Freunde, die gelernt haben, die Eigenarten des anderen zu verstehen, wie sonst niemand.

Das bekommt man hier wunderbar einleuchtend erzählt, nimmt abwechselnd Philipps und Fainas Blickwinkel an, lernt sie sehr gut kennen und beinahe verstehen.

Später sind sie erwachsen, noch immer speziell und führen sehr anschaulich vor, wie toxische Beziehungen entstehen können. Ganz allmählich landet man in einem schrecklichen Drama.

Diese Geschichte ist originell, toll erzählt, sehr fesselnd und berührt. Allerdings bemüht sie sich auch sehr, Dramatik zu erzeugen. Philipp und Faina haben reichlich Probleme, fast ein bisschen viele für meinen Geschmack.

Ein tolles Buch ist es trotzdem. Ich habe es in kürzester Zeit verschlungen und bin nach dem Lesen sehr aufgewühlt. Das Ende ist eine echte Überraschung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.01.2024

Erschreckend plausibler Weltuntergang

Und dann verschwand die Zeit
0

Ganz genau so kann man sich das vorstellen. Während um mich herum Sandsäcke gefüllt werden, kommt mir die Geschichte in diesem Buch vor wie der logische nächste Schritt.

Hier steht England unter Wasser. ...

Ganz genau so kann man sich das vorstellen. Während um mich herum Sandsäcke gefüllt werden, kommt mir die Geschichte in diesem Buch vor wie der logische nächste Schritt.

Hier steht England unter Wasser. Im „High House“ am Rande eines kleinen englischen Küstenorts leben ein paar Menschen weiter, während alle anderen geflohen sind. Als Caro mit ihrem kleinen Bruder Pauly mit letzter Kraft dort ankam, wurden sie von Sally begrüßt. Sally und ihr Großvater hatten die beiden schon erwartet. Alles war gut für sie vorbereitet.

Wie es dazu kam und wie allmählich die Welt untergeht, erzählt dieses Buch plausibel und anschaulich. Ganz allmählich nimmt es einen mit in die Katastrophe. Dabei erzählen Sally, Caro und Pauly abwechselnd die Ereignisse aus ihrer Sicht.

Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen, auch wenn es ab und an etwas ausführlich geraten ist. Der Fokus liegt mehr auf der Gefühlswelt der Figuren als auf Action. Dadurch zieht die Erzählweise aus verschiedenen Perspektiven das Ganze eher in die Länge, als dass es die Geschichte ergänzen würde. Besonders Paulys Gedanken aus Kleinkindersicht wirken ein wenig wie überflüssige Dekoration.

Dieses Buch lässt uns jetzt schon mal erleben wie es sein wird, wenn die Menschen weniger werden und das Wasser mehr, wenn die Insekten und sogar die Vögel verschwinden und die Dorfkirche ein allerletztes Mal läutet. Es erzählt die Geschichte einer Katastrophe, die sich anschleicht, vom trotzdem Weiterleben, nahezu melancholischer Grusel mit einem sehr bitteren Kern.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere