Tolle Atmosphäre
Sommernacht„Sommernacht“ stand schon seit Erscheinen des Paperbacks im März 2021 auf meiner Wunschliste. „Neuschnee“ hatte mir dann aber nicht so gut gefallen und auch „The Paris Apartment“ (= „Abendrot“) konnte ...
„Sommernacht“ stand schon seit Erscheinen des Paperbacks im März 2021 auf meiner Wunschliste. „Neuschnee“ hatte mir dann aber nicht so gut gefallen und auch „The Paris Apartment“ (= „Abendrot“) konnte mich nicht wirklich überzeugen. So geriet das Buch erstmal in Vergessenheit, bis ich es vor kurzem wieder in der Hand hielt. Da war es tatsächlich die haptischer Covergestaltung, wegen der ich dem Buch eine Chance geben wollte 😀 Der Regen ist mit einer Art Folie dargestellt und das abgebildete Haus wirkt düster und gruselig. Es mag an der Jahreszeit und am Wetter liegen, aber somit musste ich das Buch lesen.
Das Setting des Buches bildet eine abgeschiedene Insel vor Islands Küste. Immer wieder kommt es dort zu starken Stürmen und rauem Wetter. Diesen Ort mit einem frisch renovierten Anwesen haben sich Julia und Will als Hochzeitslocation ausgesucht. Sie finden den besonderen Flair charmant und einzigartig, wie die Feier an sich. Also laden sie ihre Gäste ein, dort mit ihnen zu feiern. Geplant ist eine außergewöhnliche Party, die allen noch lange im Gedächtnis bleiben soll. Doch schon kurz nach Ankunft der Gäste, läuft das Zusammensein nicht mehr nach dem strikten Plan.
Wir tauchen in die Handlung ein, während am Vorabend der Hochzeit eine wilde Party steigt. Als es plötzlich zu einem Stromausfall kommt, sind alle Feiernden wie gelähmt vor Angst, doch kurze Zeit später ist der Strom zurück und der Schock ist vergessen. Nach und nach erfahren wir aus sechs verschiedenen Perspektiven, wie die Gäste zueinander stehen und welche Erinnerungen sie teilen. Doch jeder hat andere Erinnerungen und Gedanken, die sich oft sehr von einander unterscheiden. Und jeder trägt Geheimnisse mit sich herum, die verborgen bleiben sollen. Besonders deutlich wird das, als ein heftiger Sturm aufzieht, und die Gäste von der Außenwelt abschneidet. Dann kommt es auf der Insel zu einem schrecklichen Ereignis, bei dem einer der Gäste tot aufgefunden wird. Und es geht das Gerücht um, dass an diesem Ort schon mal etwas grauenhaftes passiert ist.
Die Kapitel sind recht kurz gehalten und enden oft mit Cliffhangern, die öfter mal eine Weile unaufgelöst bleiben. Durch die häufigen Perspektivwechsel springt der Fokus immer mal wieder, was mir anfangs viel Konzentration abverlangte. Als ich die Personen besser kennengelernt hatte, fügten sich die Informationen immer mehr zu einem sinnvollen Gesamtbild und die Geschichte nahm deutlich an Fahrt auf. Schnell wird klar, dass zwischen den Gästen keine so heile Atmosphäre herrscht, wie man sie angesichts der Hochzeit vermutet hätte. Die Charaktere sind authentisch, aber doch sehr düster, dargestellt. In den ersten Kapiteln ist alles noch unscharf, doch ca. ab der Hälfte des Buches hatte ich eine Vermutung, wie die Geschichte ausgeht – und so war es dann auch.
Lucy Foley hat für „Sommernacht“ ein klassisches Strickmuster für diese Art von Whodunnit-Thrillern verwendet. Dabei wurde das Rad nicht neu erfunden und der Plot an sich war recht vorhersehbar – eine abgeschiedene Insel, kein Kontakt zur Außenwelt. Eine Gruppe von Menschen, bei denen jeder dunkle Geheimnisse hat. Ein Mord, der die Anwesenden in Atem hält. Das Rad wurde definitiv nicht neu erfunden, aber das hatte ich anhand des Klappentextes auch nicht vermutet. Der Klappentext verspricht genau das, was das Buch schließlich liefert. Für meinen Geschmack haben ein paar unvorhersehbare Wendungen gefehlt. Ebenso hätte ich mir eine überraschendere Auflösung des Ganzen gewünscht. Aufgrund dieser Kritikpunkte ziehe ich einen Stern ab. Insgesamt war „Sommernacht“ für mich aber ein solider Thriller, der mir spannende Lesestunden geliefert hat. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für jeden, der Thriller mit dieser Plot-Art mag und Lust auf ein atmosphärisch überzeugendes Setting hat.