Skandale Hypes & Instrumentalisierung
YellowfaceRebecca F. Kuangs "Yellowface" ist eine Achterbahn der Emotionen, die die Leser:innen von Anfang an fesselt. Auf den ersten 100 Seiten wird man bereits in eine Welt voller Witz und Schärfe eingeführt. ...
Rebecca F. Kuangs "Yellowface" ist eine Achterbahn der Emotionen, die die Leser:innen von Anfang an fesselt. Auf den ersten 100 Seiten wird man bereits in eine Welt voller Witz und Schärfe eingeführt. Das Umkehren der Perspektive, dass eine weiße Autorin eine Geschichte über eine Minderheit schreibt eröffnet viele sehr wichtige Fragen darüber, wer warum welche Geschichten erzählt oder auch erzählen darf. Kuang schafft es dabei meisterhaft, die Dynamik von Kritik in Zeiten von Social Media zu beleuchten und die unterschiedlichen Plattformen und ihre Tücken zu reflektieren.
June und Athena feiern Athenas erfolge in der Literaturbranche, während June im inneren vor Neid platzt. Durche einen tragisch absurden Tod von Athena ergibt sich für June die Möglichkeit Athenas neuestes Manuskript zu stehlen und es unter ihrem eigenen Namen zu veröffentlichen. Darauf folg eigentlich eine Erfolgsgeschichte sondergleichen, wenn June nicht von moralischen Selbstzweifeln und sich verselbstständigenden Narrativen auf Social Media Plattformen verfolgt wäre...
Die Protagonistin June rechtfertigt sich ständig vor sich selbst und auch den Leser:innen – was eine gewisse Ironie hat. Sie zeigt gewissermaßen ein Bewusstsein für ihre problematischen Handlungen, kommt aber dennoch immer zu dem Schluss, dass sie im Recht ist. Diese Selbstreflexion macht sie trotz ihrer fragwürdigen Entscheidungen auf eine Art und Weise sympathisch und menschlich – diese Sympathie wird sich aber im Laufe der Geschichte noch in alle möglichen Richtungen wandeln und herausgefordert werden.
Kuangs Darstellung von Skandalen, Hypes und politischer Instrumentalisierung ist äußerst beeindruckend. Sie zeigt, wie Schweigen Schaden anrichten kann und wie unkoordinierte Anschuldigungen online Debatte ersticken können, auch wenn wahre Argumente vorhanden sind.
Einige Wendungen und Offenbarungen im Verlauf des Buches sind schockierend und lassen die Leser:innen gespannt darauf warten, was als nächstes passieren wird. Die Vielzahl von Handlungen und Charakteren wird geschickt aufgelöst und verleihen dem Buch eine filmische Qualität.
"Yellowface" ist ein Buch, das einen mit seinen genialen Analysen und Formulierungen fasziniert und zum Nachdenken anregt. Die Geschichte hat ein rasantes Tempo und ist ein absolutes Muss für Leser, die sich von der ersten bis zur letzten Seite mitreißen lassen möchten. Kuangs Werk ist eine brillante Leseerfahrung, die ich jedem uneingeschränkt empfehlen würde.