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Veröffentlicht am 14.01.2024

Cabramatta

All die ungesagten Dinge
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Die junge Ky Tran arbeitet nach ihrem Studium in Melbourne. Ende der 1990er hat sie gerade als Journalistin angefangen. Nach Cabramatta, einen Vorort von Sydney, will sie eigentlich nicht mehr. Dort hat ...

Die junge Ky Tran arbeitet nach ihrem Studium in Melbourne. Ende der 1990er hat sie gerade als Journalistin angefangen. Nach Cabramatta, einen Vorort von Sydney, will sie eigentlich nicht mehr. Dort hat sie immer mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder Denny gelebt. Als vietnamesische Einwanderer leben sie eher zurückgezogen. Doch die Eltern wollen unbedingt das Beste für ihre Kinder. Sie sollen in der Schule zu den Besten gehören und auch später im Beruf. Doch nun haben die Eltern versucht, Ky zu erreichen. Denny ist tot. Nach der Schulabschlussfeier sind er und ein paar Mitschüler essen gegangen. Nur er wurde zu Tode geprügelt.

Nicht einfach ist es für die vietnamesischen Einwanderer in Australien. Niemand hat auf sie gewartet. Und sie haben sich in Cabramatta gesammelt, wo so viele von ihnen leben, dass sie nicht unbedingt Englisch lernen müssen. Die Kinder empfinden es als etwas nervig, wenn sie für ihre Eltern übersetzen müssen. Obwohl sie die Sprache meist gut beherrschen, müssen damit leben, dass sie nicht richtig dazu gehören. Ky ist als Streberin verschrieen und ihre beste und einzige Freundin, die Rebellin, bricht die Schule ab. Denny war immer der gute Junge, der beste Schüler. Nun ist er tot.

Wie muss es sein für Einwanderer und Flüchtlinge? Wahrscheinlich müssen wenige lange in ihrer Umgebung suchen, um Menschen zu finden, die davon erzählen können. Dieses Gefühl des nicht gewollt seins, diese Wurzellosigkeit. Und die nächsten Generationen, die sich einfügen wollen, die den Druck haben, die sich auf eine Art einleben, aber doch nicht so richtig. Und dann passiert in einer Familie so eine Tragödie und keiner kann oder will sagen warum. Ky macht sich auf die Suche nach der Wahrheit. Doch sie und andere Beteiligte reflektieren darüber, wie es überhaupt dazu kommen konnte. In Teilen liest es fast wie ein Kriminalroman. Wichtiger sind jedoch die Gedanken und Gefühle der verschlossenen Elterngeneration und die der Kindergeneration, die den Druck aushalten muss, sich auflehnt oder fügt. Eine packende Familiengeschichte, die viel Verständnis weckt.

Veröffentlicht am 13.01.2024

Precious

Oxen. Pilgrim
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Niels Oxen ist noch dabei sich von seinen schlimmen Erlebnissen zu erholen. Er wandert wie auf einer Pilgerreise durch Dänemark. Zum ersten Mal begleitet ihn sein 15jähriger Sohn. Margrethe Franck steht ...

Niels Oxen ist noch dabei sich von seinen schlimmen Erlebnissen zu erholen. Er wandert wie auf einer Pilgerreise durch Dänemark. Zum ersten Mal begleitet ihn sein 15jähriger Sohn. Margrethe Franck steht kurz vor der Suspendierung, weil sie die Ermittlungen zu den Ereignissen nicht ruhen lassen will. Und eine junge Polizistin kommt nicht über den Mord an ihrem Bruder hinweg. Als Alex Mossmann um Hilfe bei einer Finanzermittlung bittet ist Franck zur Stelle. Margrethe ist froh über die Abwechslung. Nicht etwas, dass sie dadurch von den Mordermittlungen, die sie auch für Sally fortführt, abhalten lassen würde.

Bei diesem sechsten Fall um den Jägersoldaten Niels Oxen geht es zunächst um die Bewältigung der Folgen des letzten Falles. Doch die aktuellen Ereignisse nehmen immer mehr Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch. Der Mord an Sallys Bruder muss einfach aufgeklärt werden, dass ist die einzige Gerechtigkeit, die er noch bekommen kann. Gleichzeitig soll Mossmann einen Kontakt in dieser Finanzsache betreuen. Hier zieht er Franck hinzu, die mit ihrer gewitzten Art bestens geeignet ist für den Schutz der Beteiligten zu sorgen. Zunächst kommen die Nachforschungen nicht so richtig voran. Oxen und seine Freunde gewinnen langsam den Eindruck, dass ihnen irgendjemand Steine in den Weg legt.

Insbesondere zu Beginn gibt es viele Bezüge zu den vorherigen Ereignissen, so dass die Kenntnis der anderen Bände der Reihe von Vorteil wäre. Wenn die Ereignisse der aktuellen Handlung Fahrt aufnehmen, verliert sich das ein wenig. Und wenn es schließlich richtig atemberaubend wird, tritt das in den Hintergrund. Die Vorgänge sind ausgesprochen spannend verknüpft und manchmal fällt man beinahe vom Glauben ab. Finanzen, Politik und arrogante Unsympathen - ein Geflecht, das kaum entwirrt werden kann so scheint es. Wie der Autor das schließlich auflöst, ist schon der Hammer. Wie Oxen und die beiden Frauen als Team zusammenarbeiten und ihre jeweiligen Fähigkeiten einbringen, ist überzeugend geschildert. Nach dem anfänglichen Herantasten an die Protagonisten ist man schnell gefesselt und das fulminante Finale bringt einen echten Knaller.

Veröffentlicht am 12.01.2024

Die Lichtgestalt

Star Bringer
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Zum ersten Mal wird Kalinda, die Tochter der Kaiserin, auf eine offizielle Mission geschickt. Wohl fühlt sich die knapp 20jährige nicht. Und prompt geht alles schief. Das liegt nicht an Kali. Die Raumstation ...

Zum ersten Mal wird Kalinda, die Tochter der Kaiserin, auf eine offizielle Mission geschickt. Wohl fühlt sich die knapp 20jährige nicht. Und prompt geht alles schief. Das liegt nicht an Kali. Die Raumstation wird plötzlich angegriffen oder sabotiert. Chaos herrscht und es gibt Tote und Verletzte. Der Söldner Ian versucht mit einem abgehalfterten Raumschiff zu fliehen. Mit Mühe schaffen er, Kali und einige andere es tatsächlich auf das Raumschiff zu gelangen und sich von der Raumstation zu entfernen. Nun müssen die Sieben sich erstmal finden. Wie kommen sie am besten weg? Welche unterschiedliche Herkunft haben sie? Und was ist überhaupt passiert?

Als Trilogie ist diese Science Fiction Reihe angelegt. Und zu Beginn geht es gleich richtig hoch her. Sieben sehr unterschiedliche junge Menschen finden sich auf einem Raumschiff wieder, das im ersten Moment doch sehr klapprig wirkt. Der Söldner Ian, seine Freunde Max und Cage, die Hohepriesterin Rain und ihr Gardist Merrick, Kalinda und schließlich Beckett, die Rebellin. Diese sehr unterschiedlichen Charaktere finden sich zusammen. Und sie wollen wissen, wieso es diesen Anschlag gab und wer hinter ihnen her ist. Natürlich können sie sich nicht sofort vertrauen. Zunächst jedoch heißt es: „Nichts wie weg.“

So wie sich die unterschiedlichen Persönlichkeiten auf der zusammenfinden müssen, so muss man sich an beim Lesen zunächst an sie gewöhnen, sie kennenlernen. Je länger die Lektüre andauert, desto besser durchblickt man die Beweggründe und desto sympathischer werden die Sieben. Durch einen unerwartetes Ereignis zusammengebracht raufen sie sich zusammen und versuchen nichts anderes als ihre Galaxie zu retten. Dabei geht es am Anfang mehr ums eigene Überleben. Je mehr sie dann über die jeweils anderen und auch über ihr Schiff herausfinden, desto spannender wird es, weil sie die wirkliche Gefahr ebenso offenbart wie die vermeintliche Rettung. Schließlich hat einen die Story richtig gepackt und man verschlingt die restlichen Seiten. Wobei am Schluss der Mund offensteht, weil, wie bei einem ersten Band einer Trilogie nicht anders zu erwarten, die Lage eher aussichtslos erscheint. Die Neugier auf den nächsten Band ist geweckt.

Das Cover hat ein sehr passendes futuristisches Design, mit dem es die Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Veröffentlicht am 12.01.2024

Adeles Schicksal

Feldpost
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Die junge Anwältin Cara gönnt sich in einem Kasseler Café eine Pause. Als sich eine ältere Dame zu ihr setzt entspinnt sich ein kurzes Gespräch, nachdem die Dame verschwindet, nur ein alter Aktenkoffer ...

Die junge Anwältin Cara gönnt sich in einem Kasseler Café eine Pause. Als sich eine ältere Dame zu ihr setzt entspinnt sich ein kurzes Gespräch, nachdem die Dame verschwindet, nur ein alter Aktenkoffer bleibt zurück. Eigentlich will Cara den Koffer zurückgeben, doch um die Besitzerin ausfindig zu machen, muss sie den Koffer öffnen. Und worauf wollte die Dame hinweisen als sie bemerkte, Adele sei verschwunden. Neugierig geworden widmet sich dem Inhalt des Koffers. Sie findet Feldpostbriefe aus dem zweiten Weltkrieg, die offensichtlich ein junger Mann namens Richard an besagte Adele geschrieben hat. Kann Cara im Jahr 2000 die Briefverfasser ausfindig machen? Nach so langer Zeit.

Einmal aus der Gegenwart beginnend mit dem Jahr 2000 und aus der Zeit kurz vor dem zweiten Weltkrieg wird das Schicksal von Adele Kuhn und ihrer Familie nachgezeichnet. Die Kuhns waren angesehene Leute in Kassel. Der Vater besaß eine gutgebende Spedition, die Mutter führte den Haushalt, die Kinder Adele und Albert waren erfolgreich und beliebt in der Schule. Doch in der Nazizeit konnte es sich schnell rächen, dem Regime nicht nach dem Mund zu reden. Und so war der Vater in politischen Kreisen durch seine Überzeugungen gebrandmarkt. Als er sich eines Tages eine Blöße gibt, wird er verhaftet und verurteilt. Welche Auswirkungen das unter den Nazis auf die Familie hatte, beschreibt dieses Buch.

Gewohnt stimmig und einfühlsam vorgetragen wird dieses Hörbuch von Vera Teltz. Die Autorin Mechthild Borrmann hat in diesem Roman Aufzeichnungen verarbeitet, die sie im deutschen Tagebucharchiv gefunden hat. Als Leser hätte man sich ein anderes Schicksal für Adele gewünscht, doch erklärt der reale Hintergrund vielleicht, wieso man schließlich staunt, was Cara und Richard Martens nach der langen Zeit noch herausfinden, man aber doch etwas betrübt ist, weil man sich eine gewisse Gerechtigkeit wünschen würde. Möglicherweise gibt es die im wirklichen Leben einfach nicht häufig genug. Auch wenn Richard nicht sein Leben führen konnte, so hat er doch eine gewisse Zufriedenheit erreicht, wenigstens das. Aber irgendwie ist das nicht genug. Dennoch berührt dieser Roman, weil der die grausamen Machenschaften des Regimes deutlich beschreibt. Wie wurden Kleinigkeiten aufgebauscht, Machtpositionen missbraucht und Menschen zu Handlungen gezwungen, die ihnen nicht entsprachen. Eine Lektüre, die einen nicht so schnell loslässt.

Veröffentlicht am 06.01.2024

Onkel Root

Die Liebeslieder von W.E.B. Du Bois
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Schon seit Jahren fährt die Doktorandin Ailey Pearl Garfield nach Chicasetta, Georgia. Dort lebt ihr Großonkel Root, der lange an einem der ersten Colleges für Schwarze gelehrt hat. Auch Ailey hat dort ...

Schon seit Jahren fährt die Doktorandin Ailey Pearl Garfield nach Chicasetta, Georgia. Dort lebt ihr Großonkel Root, der lange an einem der ersten Colleges für Schwarze gelehrt hat. Auch Ailey hat dort ihren Abschluss gemacht. Nach schwierigen Zeiten möchte sie einen Doktor in Geschichte machen. Dazu beschäftigt sie sich mit der Geschichte ihrer Familie vom Beginn der ersten englischen Einwanderer, die auf die Ureinwohner trafen, über die ersten Amerikaner afrikanischen Ursprungs, die als Sklaven ins Land kamen. Wie gingen die Menschen miteinander um? Und wie hat sich das auf Ailey selbst ausgewirkt?

Für Ailey und ihre zwei Schwestern war es nicht ganz leicht in ihrer Kindheit. Zwar werden sie von ihren Eltern behütet, die eine relativ glückliche Ehe führen. Dennoch haben sie unter ihrem Großvater zu leiden, worüber sie allerdings nicht reden. Trotzdem gehen sie alle ans College. Lydia, die Älteste, bekommt leider Probleme mit Drogen. Coco studiert Medizin. Auch Ailey muss sich nach dem College erstmal sammeln und ihren Weg finden. Dabei hilft ihr Onkel Root, der ihr immer wieder von der Familie erzählt, vom Weg der Schwarzen in die Freiheit. Zunächst einmal die Emanzipation der Schwarzen, die keinesfalls abgeschlossen ist. Und dann auch die Emanzipation der schwarzen Frauen. Ein schier unendlicher Kampf, der in kleinen Schritten zu Verbesserungen geführt hat.

Mit fast tauschend Seiten bekommt man hier reichlich afro-amerikanische Geschichte geboten. Dabei kann es schon mal zu Längen kommen, aber weitgehend ist die Erzählung ausgesprochen interessant. Wie alles zusammenspielt und welche Auswirkungen kleine Begebenheiten haben können. Akribisch wird beschrieben wie sich die Familien zusammenfügen. Nach und nach entwickeln sich Aileys Nachforschungen zu einem dramatischen Krimi. Phasenweise ist man geradezu mitgerissen. Man erlebt Leben, Sterben und Lieben. Das abfällige Verhalten der Weißen, das Durchhaltevermögen und die Leidensfähigkeit der Schwarzen. Deren Weg ist immer noch nicht abgeschlossen, doch sie sind vorangekommen und sie werden weiter vorankommen. Ein toller Roman, der einen ungewöhnlichen Einblick in die Geschichte Amerikas aus der Perspektive der schwarzen Amerikaner gibt.