Cover-Bild Und dann verschwand die Zeit
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 04.05.2023
  • ISBN: 9783462001969
Jessie Greengrass

Und dann verschwand die Zeit

Roman
Andrea O'Brien (Übersetzer)

Auf einer Anhöhe abseits einer kleinen Stadt am Meer liegt das High House. Dort leben Grandy und seine Enkeltochter Sally sowie Caro und ihr Halbbruder Pauly. Das Haus verfügt über ein Gezeitenbecken und eine Mühle, einen Gemüsegarten und eine Scheune voller Vorräte – die Vier sind vorerst sicher vor dem steigenden Wasser, das die Stadt zu zerstören droht. Aber wie lange noch?

Caro und ihr jüngerer Halbbruder Pauly kommen im High House an, nachdem ihr Vater und ihre Stiefmutter, zwei Umweltforscher*innen, sie aufgefordert haben, London zu verlassen, um im höher gelegenen Haus Zuflucht zu suchen. In ihrem neuen Zuhause, einem umgebauten Sommerhaus, das von Grandy und seiner Enkelin Sally betreut wird, lernen die Vier, miteinander zu leben. Doch das Leben ist anstrengend, besonders im Winter, die Vorräte sind begrenzt.  Wie lange bietet das Haus noch die erhoffte Sicherheit?

Ein atemberaubender, emotional präziser Roman über Elternschaft, Aufopferung, Liebe und das Überleben unter der Bedrohung der Auslöschung, der unter die Haut geht und zeigt, was auf dem Spiel steht.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.06.2024

Atemberaubend gute Dystopie!

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Die Welt, von der Klimakatastrophe stark gebeutelt, scheint keine Ruhe zu finden. Francesca, eine Klimaexpertin, sieht das Ende nahen und schafft für ihre Familie in einiger Abgeschiedenheit einen Rückzugsort, ...

Die Welt, von der Klimakatastrophe stark gebeutelt, scheint keine Ruhe zu finden. Francesca, eine Klimaexpertin, sieht das Ende nahen und schafft für ihre Familie in einiger Abgeschiedenheit einen Rückzugsort, der ein existenzsicherndes Leben längst möglich garantieren soll. Sie selbst überlebt nicht, aber vier Protagonist:innen treffen dort auf "High House" zusammen: Grandy und dessen Enkeltochter Sally, sowie Caro und dessen Bruder Pauly. Gemeinsam versuchen sie gegen die Bedrohung der alles vernichtenden Flut zu überleben.

Jessie Greengrass hat mit "Und dann verschwand die Zeit" eine berührende Dystopie geschaffen, die vorwiegend in das Alltagsleben der Überlebenden eintaucht. Das belastete Verhältnis von Caro zu ihrer Stiefmutter Francesca wird ebenso thematisiert, wie die Monotonie des Überlebenskampfes. Die kurzen Kapitel werden aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt - mal verfolgen die Leser:innen Caros Sicht, mal jene von Sally und zwischendurch tritt Pauly in den Mittelpunkt der Erzählung. Dies hat zur Folge, dass die unterschiedlichen Wahrnehmungen der Protagonist:innen verdeutlicht werden und ein Eintauchen in die jeweilige Gedankenwelt ermöglicht wird. Die Atmosphäre ist melancholisch, aber wirkt nur selten bedrohlich. Vielmehr versuchen die Charaktere sich von dem drohenden Weltuntergang dadurch abzulenken, dass sie sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen. Die Verhältnisse zueinander wirken distanziert und doch sind sie auf eigene Weise füreinander da. Die zwischenmenschlichen Herausforderungen scheinen oft das Bedrohendste ihrer Situation zu sein. Spannend ist auch, dass hier unterschiedliche Lebensalter mit entsprechend unterschiedlicher Lebenserfahrung aufeinandertreffen. Besonders berührend ist die Rolle von Pauly, der noch ein Kind ist und sich die Welt zurecht rückt, indem er mutmaßlich die Fürsorge für ein Reiherpärchen übernimmt. Langsam verschwinden alle Menschen aus der Umgebung - genauso wie alle Tiere und die Vorräte, die Francesca eigentlich zur Genügen angelegt hat. Die Bedrohung der untergehenden Natur rückt bedächtig näher, um die Protagonist:innen schlagartig zu überfallen. Greengrass Sprache ist beinahe poetisch, kühl und unzugänglich, aber dennoch zieht sie eine:n in den Bann und schafft eine Atmosphäre, die die Lesenden vollends einnimmt.

Mein Fazit: "Und dann verschwand die Zeit" ist eine äußerst gelungene Dystopie mit einer ganz besonderen Atmosphäre. Gekonnt verwebt die Autorin den drohenden Weltuntergang mit einer einfühlsamen, aber distanziert wirkenden Geschichte über einen langsam dahinschleichenden Existenzkampf einiger Protagonist:innen. Das Buch ist eines, mit dem man sich intensiv auseinandersetzen kann und das einen hoffen lässt, dass wir die Kurve in eine bessere Zukunft doch noch nehmen können. Ein absolutes Lesehighlight!

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Veröffentlicht am 22.01.2024

Realisitisch, bedrückend und absolut lesenswert

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Der dystopische Roman spielt in England und der Klimawandel hat die Welt nun unwiderruflich eingeholt. Der Kipppunkt ist längst überschritten und wir Menschen stehen vor unserem selbstgeschaffenen Scherbenhaufen. ...

Der dystopische Roman spielt in England und der Klimawandel hat die Welt nun unwiderruflich eingeholt. Der Kipppunkt ist längst überschritten und wir Menschen stehen vor unserem selbstgeschaffenen Scherbenhaufen.
Erzählt wird die Geschichte von Caro und ihrem Halbbruder Pauly, die mit Sally und ihrem Großvater in einem kleinen Sommerhaus überleben. Möglich ist dies, weil ihre Eltern vorgesorgt haben und so eine Autarkie auf diesem kleinen Fleck möglich ist. Ihre Situation und wie es so weit kommen konnte, schildern Caro, Pauly und Sally abwechselnd in Rückblenden. Dadurch ergeben die einzelnen Handlungsstränge mit der Zeit ein großes Ganzes und ließen mich allen Figuren sehr nahekommen.

Es ist ein bedrückender Roman, der mir nahe ging und mich beschäftigt hat. Jessie Greengrass schreibt klar, sie findet passende Worte und Sätze für die skizzierte Situation und hält uns gleichzeitig den Spiegel vor. Denn noch sind wir nicht so weit, wie die vier Menschen. Aber leider ist diese Geschichte nur zu realistisch, um die Parallelen von der Hand weisen zu können.

„Auch wenn wir es nicht laut sagten, war ihr Tod keine Katastrophe für uns, denn die würde erst eintreten, wenn unsere eigenen Gesichter gezeigt wurden – und jetzt war es so weit.“ S.159

Der Autorin ist ein eindrücklicher und absolut lesenswerter Roman gelungen, der von Menschlichkeit und Familie handelt. Er zeigt auf, wie groß unser Überlebenswill ist und was dies am Ende tatsächlich bedeuten kann.
Die Geschichte an sich rüttelt einen und die fast philosophischen Gedankengänge, die Jessie Greengrass einfließen lässt, tun ihr Übriges:

„Für mich war das ganz einfach, er war die Frage, ich die Antwort. Nie war mir in den Sinn gekommen, dass auch ein kleiner Mensch die Antwort sein könnte.“ S.39

Eine große Leseempfehlung gibt es von mir!

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Veröffentlicht am 12.01.2024

Erschreckend

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Das Cover zog mein Interesse auf sich. Nachdem ich den Kurzinhalt auf dem Cover gelesen hatte, musste ich den Roman unbedingt lesen. Die Autorin Jessie Greengrass schreibt einen atemberaubenden, emotional ...

Das Cover zog mein Interesse auf sich. Nachdem ich den Kurzinhalt auf dem Cover gelesen hatte, musste ich den Roman unbedingt lesen. Die Autorin Jessie Greengrass schreibt einen atemberaubenden, emotional präzisen Roman über Elternschaft, Aufopferung, Liebe und das Überleben unter der Bedrohung der Auslöschung, der unter die Haut geht und zeigt, was auf dem Spiel steht.
Es wird jeweils aus der Perspektive von Caro, Sally und Paul
erzählt. Die lehren uns, dass es sich bis zum allerletzten Tag, ehe die Welt in Scherben fällt, lohnt, Liebe und Glück miteinander zu empfinden und sich um alle Dinge des Lebens sorgsam zu kümmern. Wie wir heute schon erkennen, kann und sollte man den Klimawandel nicht mehr wegdiskutieren. Die Auswirkungen treffen uns heute schon. Dieser Roman ist sehr nahe an der Realität und das macht die Geschichte besonders beklemmend, denn sie zeigt uns, was uns droht. Andererseits ist sie von Anfang an spannend und packend. Dieser Roman regt zum Nachdenken an, was der Einzelne tun kann, wenn er mit den Gefahren solcher Katastrophen konfrontiert wird.

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Veröffentlicht am 19.06.2023

Eine leise Dystopie, die umso lauter nachhallt

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Um ehrlich zu sein, konnte ich mit dem philosophisch-verkopften Vorgängerroman von Jessie Greengrass „Was wir voneinander wissen“ gar nichts anfangen. Zum Glück ist mir erst jetzt während des Schreibens ...

Um ehrlich zu sein, konnte ich mit dem philosophisch-verkopften Vorgängerroman von Jessie Greengrass „Was wir voneinander wissen“ gar nichts anfangen. Zum Glück ist mir erst jetzt während des Schreibens der Rezension aufgefallen, dass es sich hierbei um dieselbe Autorin handelt, sonst hätte ich vielleicht vorschnell die Finger von „Und dann verschwand die Zeit“ gelassen. Da hätte ich wirklich etwas verpasst!

In ihrem aktuellen Roman entwirft die Autorin ein dystopisches Szenario, welches in der nahen Zukunft im Küstengebiet Großbritanniens angesiedelt ist. Gleich zu Beginn wird klar: das Meer hat sich die Küste hinauf gefressen und eine Flussmündung ist langfristig überflutet. Eine zusammengewürfelte Truppe versucht im „High House“, einem - schon dem Namen zu entnehmend - etwas erhöht liegendem Anwesen mit Garten, Wasserrad und Holzofen abgeschnitten vom Umland zu überleben. Dieses Szenario könnte man sich ganz leicht als apokalyptischen Blockbuster vorstellen, in dem sehr viel und vor allem sehr laut passiert. Aber so ist das Buch von Greengrass überhaupt nicht angelegt.

Das Figurenensemble zum Beispiel besteht aus einem Halbgeschwisterpaar. Bei Eintreffen im High House, ist Caro noch keine 20 Jahre und ihr kleiner Halbbruder Pauly erst ca. vier Jahre alt. Sie musste schon früh eine mütterliche Rolle übernehmen, war doch die leibliche Mutter von Pauly schon vor den Ereignissen, die zur Übersiedlung ins High House geführt haben, mehr ab- als anwesend. Die Klimaforscherin schien mehr Interesse daran zu haben, die Welt vor der Klimakatastrophe zu schützen, als Zeit mit ihrer Familie zu verbringen. Als die beiden im High House ankommen, leben dort aber bereits zwei Personen. Die ungefähr Mitte 20jährige Sally und ihr Großvater Grandy. Nun müssen sich diese Menschen nicht nur mit den anstehenden Naturkatastrophen arrangieren sondern auch mit sich untereinander. Greengrass lässt dabei ihre Leserschaft tief in die Köpfe drei der Protagonisten eintauchen, indem sie im wechselnden Rhythmus Sally, Caro und Pauly als Ich-Erzähler:innen pro Kapitel einsetzt. Wir erfahren dadurch immer mehr, wie es zu dieser Ausnahmesituation gekommen ist und bleiben meist ganz nah an den persönlichen Erfahrungen der Protagonist:innen.

Da sich die Autorin sowohl bezogen auf die Figuren aber auch das geografische Umfeld im Mikrobereich bewegt und gar nicht ein weltumfassendes Makrobild des Zustandes der Erde und der Menschheit entwirft (jedoch durchaus an der ein oder anderen Stelle erahnen lässt), bleibt der Roman stets sehr ruhig in seiner Erzählweise. Es müssen nicht immer die großen Dramen ausgepackt werden, um zu zeigen, was die Veränderung unserer Lebensbedingungen auf dieser Erde ganz konkret für einzelne Personen bedeuten kann. Sie präsentiert uns auch keine eindeutigen Heldenfiguren oder Bösewichte, vieles bleibt grau und diesig wie die Landschaft im Roman.

Was mich zu einer weiteren Stärke dieses Romans führt: Die ruhigen ganz detaillierten Naturbeschreibungen der Autorin lassen ganz ohne Effekthascherei ein düsteres Bild der zukünftigen, und leider nicht mehr ganz so fernen, Lebensumstände für Flora und Fauna im Kopf der Leserschaft auferstehen. Durch Erzählstil, welcher nach und nach durch die Augen der verschiedenen Figuren diese Welt für die Lesenden sichtbar macht, wird man Stück für Stück in die düstere Atmosphäre eingesogen und kann sich nur sehr schwer daraus befreien.

Wenn man schon gar nicht erst in dieser Szenerie landen möchte, die sich weit ab von romantisierten Selbstversorgungsfantasien bewegt, so bietet einem die Autorin auch keinen klaren Ausweg daraus an. Sie lässt vieles offen und behandelt letztlich auch die Frage, wie lebenswert ein Leben ist, wenn man eine Katastrophe zwar überlebt hat, dann aber auch irgendwie weiterleben muss. Den Themen nähert sich Greengrass sehr ruhig, was den Inhalt des Buches während und nach der Lektüre nicht weniger laut nachhallen lässt. Für mich ein absolut empfehlenswertes Lesehighlight, fernab von jedem Katastrophentourismus.

„Man denkt, man hat noch Zeit. Und dann hat man plötzlich keine mehr.“

5/5 Sterne

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Veröffentlicht am 04.05.2023

Dystopie der eher ruhigen Töne

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"Und dann verschwand die Zeit" von Jessie Greengrass ist eine Dystopie der eher ruhigen Töne und hat mir gut gefallen. Pauly, Caro und Sally sind Überlebende einer verheerenden Flutkatastrophe, die im ...

"Und dann verschwand die Zeit" von Jessie Greengrass ist eine Dystopie der eher ruhigen Töne und hat mir gut gefallen. Pauly, Caro und Sally sind Überlebende einer verheerenden Flutkatastrophe, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel steht und die auf der ganzen Welt dramatische Auswirkungen hatte. Die Zivilisation ist wohl in Teilen zusammengebrochen, allerdings bleibt das genaue Ausmaß unklar. Zusammen leben die drei auf High House an der Küste Englands und berichten im Wechsel davon, wie sie dorthin gekommen sind, was vor der Katastrophe passiert ist und (eher andeutungsweise) wie ihr Leben nun aussieht. Dabei gibt es wenig Spannung oder Wendungen – keine Gewalt, Action oder Machtkämpfe. Die Erzählung konzentriert sich eher auf die drei Charaktere, die unterschiedlich mit den Aspekten Schuld, Verantwortung, Überlebenskampf umgehen, und sich doch irgendwie zusammenraufen müssen, um das Überleben gemeinsam zu meistern. Dabei verzichtet Jessie Greengrass aber auf extreme Kontraste zwischen den Charakteren, was zu dieser eher ruhigen Geschichte gut passt. Diese Dystopie ist anders, aber wenn man sich darauf einlässt, ist sie durchaus lohnend.