Habe ich gleich jedem in meiner Familie empfohlen
Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019Das Buch hat wahre Begeisterungsstürme ausgelöst sodass ich super neugierig war, ob es mich auch so umwerfen würde wie die vielen begeisterten Stimmen. Und ich muss sagen, das Buch wird dem Hype wirklich ...
Das Buch hat wahre Begeisterungsstürme ausgelöst sodass ich super neugierig war, ob es mich auch so umwerfen würde wie die vielen begeisterten Stimmen. Und ich muss sagen, das Buch wird dem Hype wirklich gerecht!
Zu Beginn des Buches hat mich die fehlende Interpunktion und der dadurch zunächst ungewohnte Stil irritiert, was sich aber bereits nach einigen Seiten gelegt hat. Man gerät hierdurch viel eher in eine Art richtiggehenden Lesesog, entwickelt sich so doch ein ganz eigener Sprachrhythmus, der geradezu etwas lyrisches hat. Der Tropen Verlag und Übersetzerin Tanja Handels haben einen großartigen Job gemacht, da durch die Übersetzung nichts vom fantastischen Humor, Wortwitz und sprachlichen Background der jeweiligen Figur verloren hat.
Das Buch ist in wenige Kapitel unterteilt, in jedem Kapitel gibt es zu jeder Protagonistin einen Abschnitt. Dreh- und Angelpunkt ist Ammas Premiere und deren Gäste. Was sich zunächst simpel anhört, ist bereits nach den ersten Seiten einfach so viel mehr. Jede Figur erzählt ihre eigene Geschichte, wobei der Autorin das Meisterstück gelingt, auf wenigen Seiten die Essenz jeder Protagonistin so herauszuarbeiten, dass der Leser zu jeder von ihnen eine enge Beziehung aufbauen kann. Die Geschichten greifen ineinander, sodass sich die Geschichten ergänzen und aufeinander aufbauen. Durch die unterschiedlichen Perspektiven erhält man von jeder Seite eine Sicht auf erzählte Situationen und verdeutlicht einmal wieder, dass vieles durch Kommunikation hätte überwunden werden können, steckt doch niemand in den Schuhen des Gegenübers.
Dabei ist "Mädchen, Frau, etc" wunderbar divers und weiblich, das Buch überzeugt durch einen treffenden Einblick in das Leben von PoC. Es verdeutlicht die Herausforderungen, die sich Menschen immer noch wegen ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität oder ihrer Hautfarbe gegenüber sehen. Gerade auch wegen diesem Punkt ein wichtiges Buch, das eigentlich jeder gelesen haben sollte. In einigen Kapiteln konnte ich mich selbst wiederfinden, etwa im Sexismus der Arbeitswelt oder im Konflikt der Generationen. Durch die Erzählung der Geschichte durch mehrere Perspektiven und Generationen erhalten wir als Leser auch einen Einblick in die damalige und heutige Gesellschaft und wie sich einiges gewandelt hat - vieles aber auch nicht. Besonders für mich als jüngere Leserin, die vieles nicht persönlich erlebt hat, waren diese Einsichten sehr spannend.
Ein Buch, dass zu Recht den Booker Prize bekommen hat, ist es doch so innovativ und doch bodenständig und leicht, dass es sicher auch vielen Lesern zugänglich ist. Ein Buch, dass ich vorbehaltlich jedem empfehlen kann und welches ich gleich in meiner Familie zum Lesen weitergereicht habe.