Die Bücher aus dem Mabuse Verlag sind aus unseren Regalreihen nicht mehr wegzudenken. Am liebsten hätte ich sie alle bei uns stehen. Und am liebsten würde ich sie wieder und wieder lesen. Denn obwohl es Kinderfachbücher sind, geben sie mir als Erwachsene mindestens genauso viel.
Über das kindliche Grundbedürfnis nach Bindung habe ich bereits einige Lektüren gelesen - doch diese waren fast immer ausschließlich für Erwachsene. Lediglich "Ela, Elmo und die Zaubermomente" (ebenfalls ein Kinderfachbuch aus dem Mabuse Verlag) behandelt das gleiche Thema; nur ein bisschen enger gefasst.
"Sicherer Hafen voraus!" ist erstmal sehr komplex, weil wir vier Kinder begleiten, deren Bindungsbedürfnis unterschiedlich gestillt wird und die infolgedessen natürlich alle anders in bestimmten Situationen reagieren.
Ich persönlich finde das gut gemacht, denn so lernen Erwachsene und Kinder, dass es nicht nur den einen Weg gibt. Vor allem sehen Kinder auch, dass nicht alle Gedanken/Ängste offensichtlich sind. Es wird aufgezeigt, dass trotz der gleichen vorherrschenden Situation unterschiedliche Voraussetzungen gegeben sind und dass das Ergebnis somit ganz unterschiedlich ausfallen kann.
Man merkt dem Text an, dass die Autorinnen von ihrer Arbeit berichten. Dass sie wissen, worüber sie schreiben. Niemand wird in eine Schublade gesteckt, niemand wird diffamiert, niemand bekommt Schimpfe oder gar Schläge. Im Gegenteil: Es wird deutlich aufgezeigt, was (positiv) geschehen kann, wenn kompetente Erwachsene an der Seite der Kinder sind und agieren.
Im zweiten Teil, der sich vorwiegend an die Kinder richtet, wird aufgezeigt, wie so ein sicherer Hafen aussehen kann. Dass dieser Hafen nicht unbedingt die Eltern, dass es jedoch Erwachsene sein müssen.
Es wird eine Hilfe-Box kreiert, die einen Leuchtturm, eine Taschenlampe und einen Anker enthält. All dies wird genau erklärt.
Doch ein Satz ist der für mich wichtigste, denn man JEDEM Kind mit auf den Weg geben sollte:
»Liebe Kinder, die Erwachsenen sind dafür verantwortlich,
dass ihr ein dickes Tau zwischen euch spürt.« (S. 61)
KEIN Kind sollte die Last dieser Verantwortung auf den Schultern spüren müssen ...
Der dritte Teil ist dann an die Erwachsenen gerichtet. Dort wird teilweise nochmals ausführlicher auf die einzelnen Punkte eingegangen.
Ich als Erwachsene habe mich von Anfang an angesprochen und partiell ein wenig ertappt gefühlt. Dieses Thema ist für mich, seit ich selbst Mama bin, sehr groß. Ich weiß, dass ich noch unheimlich viel lernen und umsetzen muss, jedoch auf dem besten Weg bin. Somit kann ich sagen, dass es nicht nur für Kinder eine hilfreiche Lektüre ist, sondern auch vielleicht für Leute, die früher selbst keine (gute) Bindungsperson hatten und dies nun anders machen möchten.
Ich denke, dass wir viel vom Herzen geleitet werden können. Aber manchmal befindet sich auf dem Herzen ein Schatten, der uns hindert, der uns eventuell nicht richtig sehen und hören lässt. Spätestens dieses Werk öffnet einem die Augen (und das Herz) ...
Der Zeichenstil von Schirin Homeier trifft leider nicht meinen Geschmack. Er ist wohl eher an Kinder gerichtet. Wobei mich meine fast 6-Jährige fragte, warum manche Menschen manchmal 2 oder 3x abgebildet sind. Ich erklärte ihr, dass das Bewegung darstellen soll, doch so richtig funktioniert das nicht, weil es nicht konsequent umgesetzt ist. (und in meinen Augen auch nicht besonders schön)
Ansonsten ist dies mal wieder eine Publikation, die ich JEDEM*R ans Herz legen möchte. Nicht nur Leuten, die mit Kindern in irgendeiner Weise zu tun haben, sondern ALLEN. Denn wie oft sehen wir draußen ein Kind, welches nicht so reagiert, wie wir es erwarten? Vielleicht kann "Sicherer Hafen voraus!" die Perspektive ändern und für ein bisschen mehr Verständnis sorgen ...
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