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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.01.2024

Ein intensiver, einfühlsamer Schreibstil

Krummes Holz
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Das Cover zeigt eine sommerliche, leicht verdorrte Graslandschaft mit Weitblick und farbig bewölktem Himmel – insgesamt deutet kein Hinweis auf diesen Buchtitel hin. Wie in einem Interview mit der Autorin ...

Das Cover zeigt eine sommerliche, leicht verdorrte Graslandschaft mit Weitblick und farbig bewölktem Himmel – insgesamt deutet kein Hinweis auf diesen Buchtitel hin. Wie in einem Interview mit der Autorin erwähnt, hilft hier vielleicht das Zitat von Immanuel Kant: »Aus so krummem Holze, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden.« Deuten könnte man diese Worte mit Schwarzer Pädagogik, mit lieblosen Erziehungsmethoden verbunden mit Strafen, Kontrolle, Gewalt, Demütigungen oder Einschüchterungen während einer verwundbaren Kindheit wie hier bei Jirka, seiner 4 Jahre älteren Schwester Malene und Leander, dem Sohn des letzten Verwalters. Thematisiert werden Traumata besonders bei Jirka, die sich allmählich gegenüber Leander verwandeln in zaghafte Zuneigung – empfindsam und nachvollziehbar beschrieben. Gefühle von Angst und Begehren, aber auch Leere und Ziellosigkeit in immer noch lieblos geprägter Umgebung herrschen vor. Harkemei, ein Erntedank-Brauch stellenweise noch z.B. in Westfalen gefeiert, lassen auf den traditionellen, bäuerlichen Hintergrund schließen. Mit der erwähnten Psychiatrie-Enquete, fertiggestellt im September 1975, werden den Buchfiguren der Mutter und der von Lottchen nur kurz beleuchtet. Während die Rolle der jetzt dementen Agnes breit beschrieben ist, wird der hartgesottene Vater aus dem Leben aller mehr als verdrängt. Die Hoffnung auf Verständnis, Gehör oder Hilfe bereits lange aufgegeben, vereint die Geschwister in ihrer Not und Einsamkeit – sehr gut heraus gearbeitet.

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Veröffentlicht am 22.01.2024

Der einsame Weg zur Selbstbestimmung.

Die Hoffnung der Chani Kaufman
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Das Cover tangiert nicht direkt erkennbar den Inhalt des Buches über eine ultra-orthodoxe jüdische Gemeinde und ihre strengen Regeln. Die spannenden Szenerien spielen sich in drei Städten ab: London, Tel ...

Das Cover tangiert nicht direkt erkennbar den Inhalt des Buches über eine ultra-orthodoxe jüdische Gemeinde und ihre strengen Regeln. Die spannenden Szenerien spielen sich in drei Städten ab: London, Tel Aviv und Jerusalem. Wie jeweils sehr verschieden sich das religiöse Leben besonders für die Zweifler und Aussteiger gestaltet, wird eindrücklich am Beispiel von Chani, Rivka und ihrem ältesten Sohn Avromi beschrieben, verbunden mit Ausgrenzung, schlechtem Gewissen, Einsamkeit, Orientierungslosigkeit, sogar mit körperlicher Verletzung. Sehr erschreckend ist die Macht von Männern in dieser streng von Geboten geregelten Lebensweise und ihrer Sinnhaftigkeit, keinen Freiraum für individuelle Selbstverwirklichung bietend. Am Beispiel von Chanis Unwissenheit über den eigenen weiblichen Körper zwecks Befruchtung laufen die religiösen Regeln und die moderne Londoner Kinderwunschklinik klar auf einen schroffen Konfrontationskurs zu. Die Beschränkung der Frau auf die Rolle als Gebärmaschine, ohne klare Mitspracherechte ist einfühlsam beschrieben. Durch das Einfließen von jüdischen Begriffen und Bräuchen wirkt das Buch sehr authentisch, macht aber oft ein Nachschlagen notwendig und behindert natürlich den Lesefluss. Ein interessantes Leseerlebnis im Spannungsfeld zwischen jüdisch-orthodoxer Tradition und Moderne.

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Veröffentlicht am 19.01.2024

Fantasievoll ausgeschmückt!

Waldfeder
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Das Cover zeigt einen knorrigen, belaubten Ast im zarten Nebel vor gleißender Sonne auf weißem Hintergrund – automatisch wird der Blick auf diese magischen WALDFEDERN zentriert - zart und subtil dargeboten ...

Das Cover zeigt einen knorrigen, belaubten Ast im zarten Nebel vor gleißender Sonne auf weißem Hintergrund – automatisch wird der Blick auf diese magischen WALDFEDERN zentriert - zart und subtil dargeboten wie der Buchinhalt. Die zentralen Themen sind die erste Liebe und Mobbing in der Schule, beschrieben mit der 16-jährigen Hauptfigur Quinn. Sein sympathischer Charakter in all seiner sexuellen Unerfahrenheit und Wehrlosigkeit gegenüber den Angreifern mag jugendliche Leser mit ähnlicher Problematik sicher ansprechen. Dieses Jugendbuch mit Fantasy-Anteilen bietet ein überraschendes Ende. Eine reale, heutige Welt in Südengland wird verknüpft mit einem Rückblick ins Mittelalter als Legende um einen fliegenden Engel. Beflügelt durch das Segelfliegen und dem damit einhergehenden Gefühl von Freiheit und Frieden macht diese Idee zum Buch sehr verständlich. Der Übergang von Realität und Traum während einer Bewusstlosigkeit ist sprachlich gut gelungen. Das Spektrum an Charakteren zwischen Gut und Böse sorgt für reichlich emotionale Spannung.

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Veröffentlicht am 13.01.2024

Das Schicksal einer Familie und eines Tierreservats in Kenia steht im Mittelpunkt.

Ein kleines Stück von Afrika - Hoffnung
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Ein kleines Stück von Afrika - Hoffnung" ist der zweite und abschließende Band der Dilogie "Das endlose Land". Das Covermotiv hat Wiedererkennungswert, doch die Frauenfigur wirkt sehr deplatziert in der ...

Ein kleines Stück von Afrika - Hoffnung" ist der zweite und abschließende Band der Dilogie "Das endlose Land". Das Covermotiv hat Wiedererkennungswert, doch die Frauenfigur wirkt sehr deplatziert in der typischen Savanne Kenias, einfach zu sehr künstlich eingefügt. Auf mehreren Handlungssträngen findet sich ein luxuriöses Setting:
1926 in Kenia, die Edgecumbe Farm mit Ivys Neffen aus Schottland namens Lennox als widerrechtlicher Eigentümer, Ivys Adoptivtochter Hope mit Albinismus geboren und damit aus kulturellen Gründen in Lebensgefahr schwebend zwischen Massai und Kikuyu und Ivys nicht standesgemäßer Ehe mit dem Afrikaner Salene.
1928 in Jodhpur, Rajasthan, Indien, Ranjana - die Maharani von Rajasthan - flieht vor der Witwenverbrennung nach Kenia und sucht dort mit ihrer Dienerin Naeku Schutz.
Beide Frauen mit Anhang finden sich wieder in Nairobi im Haus eines reichen indischen Kaufmanns. Auf Ranjanas Heirat mit Lennox folgen detaillierte Beschreibungen über damalige Tierfangmethoden, für Zoos und Zirkusse gefangen - auch für Hagenbeck in Hamburg. Die Beziehung der britischen Kolonialmacht mit den Einwohnern, der latente, teils offene Rassismus wird betont, im Exempel an zwei Verfahren vor Gericht verstärkt. Mit dem Happy Valley Set, dem Spitznamen für eine Gruppe hedonistischer, größtenteils britischer und anglo-irischer Aristokraten und Abenteurer, wird die entwürdigende Behandlung der indigenen Bevölkerung hier auch sprachlich gut dokumentiert. Die einzelnen Figuren sind vielschichtig angelegt mit all ihren diversen menschlichen Schwächen und Stärken, nicht alle sympathisch.
Ein gelungener und spannender Abschluss der Dilogie.

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Veröffentlicht am 07.01.2024

Ein Politkrimi mit chinesischem Flair

Die Spiele
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Das Cover zeigt in bunten Farben die nächtliche Reklame-Beleuchtung Shanghais. Die Hauptfiguren - der IOC-Funktionär Charles Murandi aus Mosambik und der Journalist Thomas Gärtner aus Berlin - treffen ...

Das Cover zeigt in bunten Farben die nächtliche Reklame-Beleuchtung Shanghais. Die Hauptfiguren - der IOC-Funktionär Charles Murandi aus Mosambik und der Journalist Thomas Gärtner aus Berlin - treffen sich dort im Hotel anlässlich der Tagung des Internationalen Olympischen Komitees. In Zeitsprüngen vor und nach dieser entscheidenden Abstimmung rund um den suspekten Mord an Murandi geht es um Themen wie der Politisierung des Sports, um die Ein-Kind-Politik Chinas, deren Hukou-System, Geldstrafen und Sanktionen. Weiterhin stehen die Verhörtechniken chinesischer Behörden auch im Umgang mit Ausländern im Mittelpunkt. Ein weiteres interessantes historisches Thema ist die Ausbeutung mosambikanischer Vertragsarbeiter der DDR, den Madgermanes. Insgesamt geht es in diesem komplexen Politkrimi um dubiose Machenschaften der Vergangenheit und Gegenwart, um Intrigen, Geld, Korruption, Erpressung, Drohungen, Ängsten. So vielfältig wie die Handlungsorte Shanghai, Berlin, Maputo- Mosambik sind hier auch die Charaktere vieler Figuren verschiedener Länder, wobei besonders chinesische politische Verstrickungen krass beschrieben werden – überhaupt kein angenehmes Ambiente. All diese Fiktion wirkt überzeugend und schlüssig nachvollziehbar.

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