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Veröffentlicht am 21.01.2024

Kleine und große Schritte zur Selbstbestimmung

Die Hoffnung der Chani Kaufman
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Wir begleiten im zweiten Teil unsere drei Hauptfiguren und ihre Familien weiter:

Chani, die frisch und bisher glücklich verheiratet ist, aber vergeblich auf ihr erstes Kind wartet. Eine mögliche Unfruchtbarkeit ...

Wir begleiten im zweiten Teil unsere drei Hauptfiguren und ihre Familien weiter:

Chani, die frisch und bisher glücklich verheiratet ist, aber vergeblich auf ihr erstes Kind wartet. Eine mögliche Unfruchtbarkeit würde schwerwiegende Folgen für sie haben, denn ihr Mann könnte sich deshalb scheiden lassen. Dadurch würde sie innerhalb ihrer orthodoxen Gemeinschaft deutlich abgewertet werden.

Rivka hat ihre Familie zurückgelassen, da ihr das orthodoxe Leben mit all seinen aufdiktierten Regeln zu eng wurde. Dies bedeutet für sie, ihr komplettes Leben und ihre Kinder aufzugeben. Sie erfährt starke Abneigung und Ausgrenzung durch ihre ehemalige Gemeinschaft. Sie schwebt zwischen neuer Selbstbestimmtheit, schlechtem Gewissen und Einsamkeit.

Avromi, ihr gerade erwachsener Sohn, ist auf der Suche nach seinem eigenem Weg.
Er zweifelt an seinem Glauben und hat sein Selbstverständnis verloren.

Die Hauptfiguren müssen innere Konflikte aushalten und eigene Entscheidungen für ihr Leben treffen.

Das Erzähltempo ist eher langsam. Es wird sich viel Zeit auch für kleine Alltagssituationen und die Beschreibung der Umgebung genommen. Es kommen viele hebräische Begriffe und hebräischer Sprachgebrauch im Text vor, welche man in dem umfangreichen Glossar nachlesen kann.

Das Buch lässt sich grundsätzlich unabhängig vom ersten Teil lesen. Ich würde es aber empfehlen, um gerade Rivkas Lebensweg besser verstehen zu können.

Mir gefällt wieder, dass verschiedene Aspekte beleuchtet werden und die Charaktere unterschiedlich mit ihren Konflikten durch die strengen Lebensweise umgehen. Es wirkt lebensnahe.

Spannend fand ich auch die Unterschiede in den Lebensarten zwischen London, Jerusalem und Tel Aviv.

Emotional hat mich der erste Teil etwas mehr erreicht, aber ich habe mich über das Wiedersehen mit den Charakteren gefreut.

Insgesamt gibt es eine Leseempfehlung von mir.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.10.2023

Eine tolle Geschichte über eine Jugend in den Nullerjahren

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne
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Katha ist vierzehn und nicht wie andere Teenies in erster Linie mit sich selbst beschäftigt, sondern kümmert sich in erster Linie um alle anderen. Eckt nicht an, macht keinen Ärger. Sie liebt ihre kleine ...

Katha ist vierzehn und nicht wie andere Teenies in erster Linie mit sich selbst beschäftigt, sondern kümmert sich in erster Linie um alle anderen. Eckt nicht an, macht keinen Ärger. Sie liebt ihre kleine Schwester Nadine über alles und kocht nicht nur für sie, sondern sorgt auchdafür, dass sie sich aufgehoben fühlt. Die Ehe ihrer Eltern ging in die Brüche und die Mutter zieht mit Katha und Nadine in eine neue Stadt. Sie ist erreicht ihre Töchter emotional kaum und ist mit der Bewältigung der Trennung und der Arbeit ausgelastet. Der Vater interessiert sich wenig bis gar nicht für seine Töchter.

Während Katha mit ihrer Chamäleonfähigkeit schnell Zugang zu einer neuen Clique findet, tut Nadine sich schwer.

Kathas Clique trifft sich oft bei Sofie und ihrer Mutter Lica zuhause. Lica ist wie eine große Schwester für die Mädchen, hört zu, behandelt sie nicht von oben herab und baut Vertrauen auf.

Es gibt viele Episoden aus dem Leben der Mädchen: ein toter Hamster, Freibadbesuche, erste Erfahrungen mit Jungs, die neue Freundin des Vaters.
Manche sind unterhaltsam, manche sprechen auch sehr ernste Probleme an.
Die Mischung hat mir sehr gut gefallen.

Ich hab mich sehr an meine Jugend in den 00er Jahren erinnert, der Zeitgeist ist perfekt eingefangen. Der Schreibstil ist richtig toll, jugendlich leicht, aber auch mit tiefgründigen Passagen durchzogen.

Eine schreckliche Entwicklung bringt Katha dazu, sich mehr auf sich selbst zu konzentrieren.

Ich habe das Buch in mehreren Stücken gelesen, die Geschichte hat für mich keine Sogwirkung erzeugt. Für mich lebt sie eher von den Charakteren, der Sprache und meinen aufkommenden Erinnerungen.

Aus diesen Gründen eine Leseempfehlung, vor allem für alle, die in den 00er Jahren ihre Jugend oder Kindheit durchlebt haben.

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Veröffentlicht am 03.10.2023

Packende Lebensgeschichten in der DDR

Wellenkinder
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Es ist die Geschichte von Jan, Oda und Margit, eingebettet in das jeweilige Zeitgeschehen. Die Figuren verbindet ein enges Band, welches erst im Laufe der Erzählung nach und nach zum Vorschein kommt.

Jan ...

Es ist die Geschichte von Jan, Oda und Margit, eingebettet in das jeweilige Zeitgeschehen. Die Figuren verbindet ein enges Band, welches erst im Laufe der Erzählung nach und nach zum Vorschein kommt.

Jan ist spät Vater geworden, hat mit Ende vierzig einen 4jährigen Sohn und lebt in Berlin. In der Beziehung zu seiner Frau gibt es Schwierigkeiten, sie wohnen getrennt.
Die Geschichte nimmt ihren Anfang als sein Vater, zu welchem er nach dem Verschwinden der Mutter keinen Kontakt mehr hatte, starke gesundheitliche Probleme bekommt. Jan reist in seine alte Heimat nach Rügen, um nach ihm zu schauen. Außerdem tauchen nach Jahrzehnten neue Hinweise zum Verbleib seiner Mutter auf.

Oda versucht in den 1970er Jahren zusammen mit ihrem Freund aus der DDR zu fliehen. Die Flucht scheitert. In der Haft merkt sie, dass sie schwanger ist.

Margit muss als Kind während des zweiten Weltkriegs fliehen und nimmt sich auf der Flucht einem kleinen Jungen an.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Die verschiedenen Blickwinkel haben die Protagonisten:innen nahbar gemacht. Gleichzeitig gab es bis zum Schluss die Spannung, wie die verschiedenen Lebensgeschichten zusammenhängen.

Die Schicksale der beiden Frauen machen betroffen und mich hat es emotional mitgenommen. Der Schreibstil ist gut zu lesen.

Für mein Empfinden hat sich das Ende etwas zu dramatisch zugespitzt. Dies hatte ich nach dem ruhigen Beginn so nicht erwartet und war für mein Gefühl etwas zu viel.
Grundsätzlich müssen Charaktere nicht durchgehend sympathisch sein, aber Jans Frau wurde als schwierig und unempathisch dargestellt. Sodass ich nicht nachvollziehen konnte, warum er noch so an ihr hängt. Die Protagonisten sind aber authentisch und menschlich beschrieben.

Insgesamt eine Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 16.09.2023

Entstaubte Liebesgeschichte

Psyche und Eros
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Die Liebe zwischen den Menschen ist etwas Unbegreifliches für den Eros, welcher nichts weniger als der Gott der (körperlichen) Liebe ist. Eines Tages trifft ihn durch sein eigenes Missgeschick ein Fluch, ...

Die Liebe zwischen den Menschen ist etwas Unbegreifliches für den Eros, welcher nichts weniger als der Gott der (körperlichen) Liebe ist. Eines Tages trifft ihn durch sein eigenes Missgeschick ein Fluch, welcher sein Verlangen auf die junge, sterbliche Prinzessin Psyche anfacht. Doch ist es Liebe?

Psyche wächst als einziges Kind in der Königsfamilie von Mykene auf. Ein Orakel prophezeite ihrem Vater, dass sie einst ein Ungeheuer besiegen wird, das sogar die Götter fürchten. Ihr Vater setzt sich für sie ein und sorgt dafür, dass sie zu einer mutigen Kämpferin ausgebildet wird.
Das Ungeheuer lässt auf sich warten. Stattdessen tritt Eros in ihr Leben.

Die Liebesgeschichte baut sich zart auf und lässt beide über sich hinaus wachsen.
Mir gefällt gut, dass neben den Protagonisten noch viele weitere Götter eingebunden werden und man zu Beginn durch Eros Lebensgeschichte einen Einblick in die griechische Mythologie enthält, in der ich nicht sehr bewandert bin.
Die Autorin gibt der Sage eine aktuelle, weibliche Note. Es wird immer abwechselnd aus der Sicht von Psyche und Eros erzählt.

Der Schreibstil ist leicht zu lesen. Teilweise ist es etwas plakativ beschrieben.

Die Entwicklung von Psyche lässt sich als Coming of Age Geschichte lesen und es hat mir gefallen, wie sie sich von einer ungestümen, noch sehr kindlichen jungen Frau zu einer verantwortungsbewussten und einfühlsamen Erwachsenen weiterentwickelt. Sie ist mir im Verlauf sehr sympathisch geworden, wo ich anfangs leichte Schwierigkeiten hatte.

Gleichzeitig spielt auch Freundschaft eine Rolle und die Geschichte ohne ganz anders ausgegangen.

Insgesamt mochte ich die Mischung aus entstaubter Mythologie und Liebesgeschichte. Der Spannungsaufbau hat mir etwas gefehlt. Eine Empfehlung für Fans von griechischen Sagen, vielleicht eher für einen etwas jüngeren Leserkreis.

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Veröffentlicht am 17.07.2023

Familiengeschichte mit angenehmer Mischung aus Humor und Tragik

Sylter Welle
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Der Protagonist Max, um die 30, macht ein letztes Mal mit seinen Großeltern Urlaub auf Sylt. Manches ist wie früher, manches ist nicht mehr so möglich. Der Campingwagen wurde gegen eine Ferienwohnung getauscht. ...

Der Protagonist Max, um die 30, macht ein letztes Mal mit seinen Großeltern Urlaub auf Sylt. Manches ist wie früher, manches ist nicht mehr so möglich. Der Campingwagen wurde gegen eine Ferienwohnung getauscht. Ohne Zustellbett natürlich, wofür gibt es denn Decken, Kissen und Boden.

In Rückblenden erfahren wir episodenhaft einiges über die Familiengeschichte. Kleine Streitigkeiten, aber auch enger Zusammenhalt wechseln sich ab. Tragische Geschehnisse folgen auf humorvolle Episoden. Insgesamt eine Familie, wie man sie selbst kennen könnte.

Die Charaktere sind liebevoll beschrieben, immer mit einer Prise Humor. So wie man seine Liebsten eben aufzieht, wenn man schon das ganze Leben miteinander verbracht und sich gut kennt.

Die Geschichte spielt sich überwiegend in der Kindheit und Jugend von Max. In den letzten Jahren hat er seine Großeltern seltener gesehen, wie es wohl den meisten beim Erwachsenwerden geht. Es wird komplett aus der Sicht von Max erzählt, über die Gedanken der anderen Familienmitglieder erfahren wir nur indirekt etwas.

Ich hatte viel Spaß an diesem Buch. Es lässt sich leicht lesen und ist dabei voller Wärme und Witz. Aber auch Schicksalsschläge werden nach und nach unter dem Tisch hervorgekehrt, sodass es viel mehr ist als ein Buch zum Wohlfühlen. Von mir eine Empfehlung.

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