Zwischen Bleistiftstrichen und Glaubensspuren – Eine zauberhafte Winterromanze
„Das ist eben so, das Leben ist nicht bloß fabrikneu, man kann so einen abgenutzten Bleistift lieben, weil man mit ihm schöne Sachen gezeichnet und erlebt hat und weil er zu einem gehört, und ich weiß ...
„Das ist eben so, das Leben ist nicht bloß fabrikneu, man kann so einen abgenutzten Bleistift lieben, weil man mit ihm schöne Sachen gezeichnet und erlebt hat und weil er zu einem gehört, und ich weiß zumindest, dass du…“ (Seite 138)
Dieses schmale Büchlein erzählt von den feinen und behutsamen Nuancen der Liebe und des Glaubens an Gott. In einer Bibliothek mitten im Winter irgendwo in Berlin arbeitet Stefan an seiner Kunstmappe und eines Tages sieht er dort die wunderschöne Mathematikstudentin Lenja. Doch er spricht sie nicht an, stattdessen zeichnet er sie. Die Geschichte wird hauptsächlich aus der Ich- Perspektive von Stefan erzählt. Er der Atheist und sie die gläubige Christin. Ihre Familie und Freunde sind gegen die Beziehung. Schafft es ihre Verbindung dennoch zu bestehen? Als sie ihren Glauben verliert, macht Stefan sich auf den Weg ihn für sie wiederzufinden.
„Wenn die Trauer sie zu überwältigen drohte, floh sie in die Mathematik.“ (Seite 111)
Mir gefiel das Buch unglaublich gut, gerade aufgrund des zarten und beinahe poetischen Schreibstils, welcher das Wesen der Liebe, den Glaube und die Selbstfindung auf leise aber wunderbare Weise einzufangen vermag. Die Charaktere blieben in der Geschichte ein wenig blass, sie dienten mehr als Sprachrohr für die vielen Fragen über Gott und die interessanten Sichtweisen.
Ich habe Gott zum Beispiel noch nie als Außerirdischen betrachtet. Ein wenig habe ich mich mit den beiden verbunden gefühlt, Lenja welche Sicherheit in den Zahlen sieht und Nachts Matheaufgaben löst, aber auch Stefans künstlerische Sicht und die detaillierten Beschreibungen seiner Zeichnungen haben mich sehr berührt.
Der Autor Titus Müller webt hier ein ganzes feines und schönes literarisches Gemälde, das sich durch eine leise aber kraftvolle Erzählweise auszeichnet. Der Autor umgeht bei der Liebesgeschichte gängige Klischees und beschreibt eine zarte und einfühlsame Beziehung, die den Respekt und die Einzigartigkeit des anderen in den Mittelpunkt stellt. Er erzählt von einer selbstlosen Verbindung und taucht dabei in die Gedankenwelt der Charaktere ein. Er lässt Raum für Selbstreflexionen und regt dazu an, über die eigenen Überzeugungen und Beziehungen nachzudenken.
Insgesamt ist dieses Buch ein kleines aber feines Meisterwerk der Wortgewandtheit, welches den Leser auf eine Reise der Selbstfindung mitnimmt. Es werden Türen zu großen Fragen des Lebens geöffnet und dabei zum Nachdenken verführt. Ein wirklich tiefgründiges und berührendes Buch, dass mir eine Achterbahnfahrt der Gefühle beschert hat. Ich war gefangen in der Geschichte und habe viel nachgedacht, als ich es beendet hatte ließ es mich mit Wehmut aber auch Begeisterung zurück. „Wunderschön“, möchte ich leise flüstern.
⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️